Tag 1002: Wandern im Weinviertel

von Heiko Gärtner
27.09.2016 22:59 Uhr

16.09.2016

Sowohl wir als auch Günther hatten eigentlich gehofft, dass wir uns beim Frühstück noch einma treffen würden. Bevor er am Abend gegangen war, hatte er uns zwei Gutscheine für je ein Frühstück in der gegenüberliegenden Bäckerei geschenkt und er hatte fest geplant, dort zu uns zu stoßen. Doch wie es schien, war die Nacht etwas zu kurz geworten und so konnte er seinen Wäcker nicht dazu bringen, ihn wirklich aus dem Bett zu schmeißen. Spannend war es jedoch, nach so langer Zeit wieder einmal in ein deutsches bzw. österreichisches Café zu gehen. Wir hatten uns oft gefragt, ob die Cafés bei uns wohl genauso unangenehm waren, wie in anderen Ländern und ob wir es früher nur nicht so wahrgenommen hatten, oder ob sie sich stark unterschieden. Tatsächlich merkten wir nun, dass ersteres der Fall war. Es war bei weitem nicht so unangenehm wie in Spanien oder Italien, aber als schön empfansen wir es dennoch nicht. Auch hier brummte die Kühltruhe mit dem Eis im Hintergrund die von der Musik des Radios überdeckt werden sollte. Un darüber wiederum legten sich die Stimmen der anderen Besucher, die alle gemeinsam ein durchaus beachtliches Stimmengewirr ergaben. Es war so, dass man hier sitzen und frühstücken konnte, was in anderen Ländern unmöglich gewesen wäre, aber es war noch immer kein Ort, der einem Kraft und Energie gab oder der auf irgendeien Weise heilsam war.

Anders war es mit dem Wandern selbst. Dies war hier wieder echtes Wandern und wir verstanden sofort wieder, warum wir es immer so gerne gemacht hatten. Das Österreich in diese Region hatte zwar nichts mit dem zu tun, wie man sich Österreich eigentlich vorstellte, aber das war ddefinitiv nicht negativ. Es gab viele Hüge, weite Felder und vor allem jede Menge Weinplantagen. Kurz vor unserem Zielort tauchten sogar die ersten Schilder mit einer Jakobsmuschel auf. Wir waren nun also wieder einmal offizielle Jakobspilger. Nach entspannten und angenehmen 15km erreichten wir den Ort Falkenstein, der einer der berühmtesten Weinorte in ganz Österreich war. Der Pfarrer wohnte zwar im Nebenort, aber ich bekam seine Nummer von einer Kindergärtnerin namens Rosi, die gerade noch ein paar Nachmittagskinder betreute. Eine knappe halbe Stunde später traf uns der Pfarrer am Rathausplatz. Eigentlich hatte er geplant, uns eine Pension zu bezahlen, doch an diesem Wochenende war gerade Weinfest im Ort und dadurch war alles ausgebucht. Also zogen wir wieder einmal in den Pfarrsaal, der ebenfalls vollkommen neu errichtet worden war. Zu unserer großen Freude hatte Rosi in ihrem Kindergarten eine Waschmaschine, die wir nutzen durften, so dass unsere Kleidung nun wieder einen halbwegs passablen Eindruck macht. Am Abend machten wir noch einen kurzen Abstecher über das Weinfest. Es erstreckte sich über eine sogenannte Kellergasse, also eien Straße, an der lauter Weinkeller und Winzereien lagen. Lustiger Weise bekamen wir hier zwei Mal etwas zu Essen von Menschen, die uns bereits kannten. Eine ältere Dame, die Gemüse verkaufte, hatte mich am Nachmittag im Kindergarten mit einem Berg Schmutzwäsche auf dem Arm gesehen. Einer jüngeren Frau war ich am Vortag aufgefallen, als ich in Wildendürnbach vor der Schule stand. Die Welt war hier schon wirklich klein und man konnte fast nichts tun oder lassen, ohne dass gleich darauf alle von einem erfuhren.

Spruch des Tages: Alles wär nur halb so schwer, wenn´s a bisserl leichter wär! (Spruch an einer Hauswand)

Höhenmeter: 90 m Tagesetappe: 16 km Gesamtstrecke: 18.286,27 km Wetter: sonnig und warm, zeitweise bewölkt Etappenziel: Privates Gästezimmer, 3644 Emmersdorf an der Donau, Österreich

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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