Tag 1157: Essenseinladung

von Heiko Gärtner
20.03.2017 23:28 Uhr

04.03.2017

Heute trafen wir seit langem mal wieder einen Menschen, mit dem wir Deutsch sprechen konnten. Er hieß Jean-Claude und war der Bürgermeister eines kleinen Dorfes namens Jazeneuil. Wir erwischten ihn gerade noch zufällig kurz bevor er Feierabend machen und das Rathaus absperren wollte und nach einem kurzen Einführungsgespräch lud er uns ins einzige Restaurant seines Ortes zum Mittagessen ein. Zuvor hatte er für uns den Kontakt zu einer älteren Dame hergestellt, die uns das alte Pfarrgemeindehaus als Schlafplatz zur Verfügung stellte. Nun saßen wir gemeinsam zu viert im Restaurant und warteten auf unser Essen. Zu Beginn gab es ein reichhaltiges Salat- und Vorspeisenbuffet und als Hauptgericht bekamen wir je ein Rindersteack mit Pommes. Dummerweise waren wir mit den Geflogenheiten nicht so ganz vertraut und bestellten es deshalb „medium“, was in Frankreich offenbar bedeutete, dass es einmal kurz neben die Pfanne gelegt wurde. Für unsere Erfahrungen war es also etwas gewöhnungsbedürftig, aber geschmeckt hat es trotzdem.

Jean-Claude hatte bis zu seiner Pensionierung als Grundschullehrer gearbeitet und hatte dafür einen Großteil seiner Zeit in Deutschland und Afrika gelebt. Ursprünglich stammte er aus dem Elsas und obwohl er damit gebürtiger Franzose war, hatte er die Französische Sprache erst in der Schule gelernt, da seine Eltern mit ihm nur im Elsässer Dialekt gesprochen hatten. Dies war einer der Gründe, warum er sich der deutschen Kultur immer mehr zugehörig fühlte, als der französischen. Am meisten hatte ihn jedoch seine Zeit in Arfrika fasziniert, von der er eigentlich nur nach Europa zurückgekehrt war, weil seine Söhne hier studieren wollten. Direkt nach dem Beginn seiner Rente hatte er sich breitschlagen lassen, das Amt des Bürgermeisters hier im Heimatort seiner Frau zu übernehmen. So richtig begeistert war er davon nicht, denn es war eine Menge Arbeit und es sorgte dafür, dass er nun schon wieder nicht die Freiheit hatte, die er eigentlich gerne haben wollte. Als wir von unserer Reise erzählten, wurde er etwas wehmütig, denn es zog ihn von ganzem Herzen wieder hinaus in die Welt. Doch er hatte auch etwas Angst davor und sein Verstand gab ihm 1000 gute Gründe, warum es für ihn nun doch nicht mehr das richtige sei. Dennoch war er begeistert von der Idee, uns zu einem späteren Zeitpunkt einmal auf unserer Reise zu besuchen. Vielleicht wenn wir ein- zweihundert Kilometer weiter sind. Vielleicht konnte er dann einmal einen Motorradausflug machen und uns ein Stück begleiten.

Später am Nachmittag kam die ältere Dame noch einmal mit dem Pfarrer vorbei, der sehen wollte, wer da so in seinem Haus herumstrolchte. Er war ein kleiner, lustiger und kugelrunder Mann, der in vielerlei Hinsicht das perfekte Pondon zu unserem schmalen, hochgewachsenen Bürgermeister war. Am Abend besuchte uns die Dame, die wir nun bereits als Oma anerkannt hatten ein drittes Mal und versorgte uns mit einem großen Berg an Lebensmitteln, die mich davor bewahrten, bei diesem Hundswetter noch einmal hinaus in die Kälte zu müssen.

Spruch des Tages: Es ist nie zu spät um ein Abenteuer zu beginnen

Höhenmeter: 10 m Tagesetappe: 14 km Gesamtstrecke: 21.213,27 km Wetter: bewölkt, kalt und regnerisch, hin und wieder leichter Sonnenschein Etappenziel: Umkleidekabine des Fußballplatzes, 79500 Saint-Vincent-la-Châtre, Frankreich

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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