Arbeitseffektivität

von Heiko Gärtner
27.05.2017 20:08 Uhr

03.04.2017

Das ich nicht unbedingt der schnellste bin, ist ja nicht gerade neu, aber im Moment scheint meine Langsamkeit und vor allem mein Ineffektivität ein neues Höchstmaß angenommen zu haben. Laut den Muskeltests liegt meine Arbeitseffektivität gerade einmal bei 0,001% von dem was ich eigentlich leisten könnte. Zu 90% ist dies die Folge von einer bewussten Beeinflussung und zu 10% kommt es von meinem höheren Selbst. Die Frage ist nur, wie gehe ich nun damit um?

Was sind die Probleme?

1. Ich bin nicht bei der Sache. Irgendetwas blockiert meine Konzentration, so dass ich immer wieder abschweife mich verliere und verheddere. Ich beginne mit etwas, und kurz darauf driften meine Gedanken ab, so das plötzlich Zeit vergangen ist, ohne dass ich weiß, wo sie hin ist. 2. Ich habe keinen Fokus und keine Absicht. Mir fehlt ein klares Ziel oder eine klrare Ausrichtigung, so dass ich zielgerichtet auf etwas hinarbeiten kann. Ich sehe nur einen riesigen Berg Arbeit, der irgendwie erledigt werden will und der sich anfühlt wie ein Monster, das in meinem Nacken sitzt. Obwohl es keinen erkennbaren Grund dafür gibt, fühle ich mich immer gestresst und gehetzt und versuche daher so schnell und knapp wie möglich alles abzureißen, ohne aber einen gezielten Plan zu verfolgen. (Für den habe ich ja keine Zeit.) Wenn ich dann merke, dass ich nicht so schnell voran komme, wie ich es mir wünsche, versuche ich, die Zeit wieder einzuholen indem ich länger arbeite und weniger schlafe. Dadurch werde ich dann natürlich müde, was die Arbeitseffektivität auch nicht gerade erhöht.

Um mir die Möglichkeit zu geben, selbst etwas mehr über dieses Thema herauszufinden, stellte Heiko mir die Aufgabe, innerhalb von 10 Minuten die ersten drei Seiten eines französischen Kinderbuchs auswendig zu lernen, das zufällig in unserem Gemeindesaal lag. Im ersten Moment verstand ich den Sinn der Aufgabe nicht, vor allem, da sie mir vollkommen unmöglich erschien. Aber ich versuchte es trotzdem. Zehn Minuten lang strengte ich mich an wie ein Ochse, um so viel wie nur möglich von den französischen Sätzen in mein Hirn zu hämmern, obwohl ich das meiste kaum verstand. Am Ende schaffte ich es, die ersten drei Sätze der ersten Seite auswendig aufzusagen. Wenn ihr mich jetzt bitten würdet, das gleiche zu tun, muss ich allerdings sagen, dass ich es wieder vergessen habe, Meine Leistung wirkte jämmerlich, war aber schon einmal 4% effektiver als normal. Wobei man natürlich erwähnen sollte, dass auswendig lernen zu meinen größten Stärken gehört. Es ist die Strategie, mit der ich mich immer am Besten durchs Leben schmuggeln konnte. Fühlen, Begreifen, Verinnerlichen, Anwenden, Hinterfragen und Rückfolgern waren Dinge, die mir immer verhältnismäßig schwer vielen. Aber durchs auswendig lernen konnte ich viel davon wett machen und den Eindruck erwecken, ich hätte doch etwas verstanden und verinnerlicht. So betrachtet waren 4% nun also auch wieder keine Glanzleistung. Trotzdem war es spannend, wie viel es ausmachte, wenn ich eine klare Aufgabe mit Zeitvorgabe hatte, durch die automatisch eine Absicht in mir gesetzt wure.

Weit spannender war aber, was ich alles nicht machte und was mir die letztn 96% nahm. Obwohl mir von der ersten Sekunde klar war, dass die Aufgabe so wie sie mir gestellt wurde vollkommen unmöglich war. Dennoch kämpfte ich dagegen an und verbrachte die nächsten 10 Minuten damit etwas zu tun, das scheitern musste. Ebenso hätte ich aber auch kreativ mit dem Problem umgehen und mir andere Wege zur Lösung suchen können. 10 Minuten beispielsweise hätten usgereicht, um den Text grob zu übersetzen, den Inhalt zu verstehen und ihn dann als ganzen sinngemäß wieder zu geben. Das wäre keine komplette Erfüllung der Aufgabe gewesen, wäre dem aber am nächsten gekommen und hätte außerdem dazu geführt, dass ich nun wüsste, worum es in der Geschichte überhaupt ging. Und genau das kostet mir ebenfalls so viel Zeit, die ich anders sinnvoll nutzen könnte.

Das Festbeißen an einer Problematik, das Konzentrieren auf die Problemstellung und die Angst im Nacken, es nicht lösen zu könne. Ich setze also durchaus einen Fokus, nur eben gezielt auf alles, was nicht hilfreich ist. Gerade wird mir auch klar, warum ich permanent verspannt bin. Verspannungen sind stets die muskuläre Manifestation von Unflexibilität, Sturheit, Verbortheit und geistiger Starre. Ich bilde mir immer ein, dass ich doch offen und flexibel bin, aber wenn es drauf ankommt erstarre ich in einem einzigen Lösungsansatz, selbst wenn ich merke, dass ich damit gegen die Wand fahre.

Spruch des Tages: Wer nicht weiß, wohin er will, geht stets die dreifache Strecke

Höhenmeter: 130 m Tagesetappe: 15 km Gesamtstrecke: 21.804,27 km Wetter: Sonnig und relativ warm Etappenziel: Gemeinderaum des Rathauses, 80132 Quesnoy le Montant, Frankreich

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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