Die Atomstrom-Lüge – Teil 1

von Heiko Gärtner
30.03.2015 10:40 Uhr

Vor ein paar Tagen hatten wir euch ja versprochen, noch etwas mehr Licht in die Sache mit der Kernenergie zu bringen. Da wir nun wieder etwas Zeit haben und es über unsere Erlebnisse gerade nicht besonders viel zu berichten gibt, ist es nun wohl an der Zeit, das versprechen einzulösen.

Um in dieses Netz aus Verwirrungen, Lügen, Vorurteilen, Fehlinformationen und Halbwissen irgendwie ein bisschen Klarheit zu bringen, sollten wir uns zunächst einmal fragen, was wir über Atomkraft überhaupt wissen. Das spannende bei diesem Thema ist nämlich, dass man zwar in der ganzen westlichen Zivilisation fast niemanden findet, der keine Meinung dazu hat, dass es aber so gut wie keinen Menschen gibt, der überhaupt etwas darüber weiß. Wir glauben, dass wir etwas wissen, doch was wissen wir wirklich?

Was also wissen wir wirklich über die Sicherheit der Kernenergie?

Die Antworten, die wir auf diese Frage bekommen, verlaufen auf verschiedenen Ebenen. Auf der obersten Ebene gibt es eigentlich keine Gefahren. Glaubt man den Konzernchefs und den Politikern, ist alles soweit sicher. Natürlich sind die Kraftwerke, die wir in Deutschland haben schon etwas älter, um genau zu sein bis zu 45 Jahre alt, aber die Technik ist ja immer wieder aktualisiert worden und somit sind die Kraftwerke, die noch in Betrieb sind auch heute noch offiziell „sicherheitstechnisch auf dem aktuellen Stand“. Das klingt tatsächlich etwas unglaubwürdig, wenn man bedenkt, was sich in dieser Zeit alles verändert hat. Andererseits funktionieren die Autos aus der damaligen Zeit auch heute noch oft zuverlässiger als die neuen Modelle. Dies allein ist also kein Argument. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich leider, dass bei den Kraftwerken nicht ganz so sauber gearbeitet wurde, wie etwa bei einem alten Mercedes. Angefangen bei maroder Elektronik über spröden Stahl bis hin zu fehlenden Schutzhüllen, gibt es fast in jedem deutschen Kernkraftwerk Sicherheitsmängel, die nichts mit einem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zu tun haben. Würde man die 17 Kraftwerke, die seit damals noch in Betrieb sind, heute auf die gleiche Weise bauen, bekämen sie keine Zulassung mehr. Das klingt dann wiederum schon gar nicht mehr so sicher. Auch die Liste der Pannen und der Probleme, die es in den bis zu 45 Betriebsjahren in fast jedem Kraftwerk gegeben hat, trägt nicht unbedingt dazu bei, dass man sich mit einem Kernkraftwerk in der Nähe besonders wohl fühlt. Statistisch gesehen gibt es mehrmals täglich in irgendeinem Kernkraftwerk irgendwo auf der Welt ein mittleres oder größeres Problem und auch die deutschen Kraftwerke sind davon nicht ausgenommen. Im Schnitt kommt es hier etwa alle drei Tage zu einem sicherheitsrelevanten Ereignis, das beim Bundesamt für Strahlenschutz gemeldet werden muss. Jährlich kommen so also zwischen 100 und 200 Störfälle zusammen und seit der ersten Inbetriebnahme eines deutschen Kraftwerkes im Jahre 1965 sind es nun bereits mehr als 6.0000. Darunter sind jedes Jahr auch einige Probleme, die einen schwereren Unfall auslösen könnten. Teilweise reichten hierfür sogar schon mittelschwere Unwetter, um beispielsweise mit einem Blitzschlag die Stromversorgung und auch den Notstrom ausfallen zu lassen. Im Dezember 2001 beispielsweise hatte eine Wasserstoffexplosion im Kernkraftwerk Brunsbüttel ein Rohr auf einer Länge von drei Metern in Stücke gerissen, dass sich direkt neben dem Reaktordruckbehälter befand. Der Betreiber sperrte damals die Leitung ab, ließ den Reaktor selbst aber weiterlaufen, da das Kraftwerk durch den harten Winter gerade saftige Gewinne abschmiss. Erst als das Kieler Sozialministerium massiven Druck machte, wurde der Reaktor herunter gefahren und musste anschließend 13 Monate vom Netz bleiben. Die Publikationen der Atomkraftgegner sind voll mit solchen Beispielen, doch auch aus erster Hand haben wir einige Informationen darüber bekommen können, die diese Aussagen bestätigen. Ein Freund von Heiko arbeitet in einem Kernkraftwerk. Als Heiko ihn nach der Fukushima-Katastrophe fragte, wie er die Sicherheit in den Deutschen Kraftwerken einschätzte meinte er in einem ruhigen Ton: „Heiko, wenn du wüsstest, wie oft wir einen Vorfall melden müssten, dann hätte die Bevölkerung nur noch Panik. Aber glaub mir, dass ist alles halb so wild.“

„Halb so wild!“ hatte Heiko damals seine Empörung kaum zurückhalten können, „Das kannst du doch nicht ernst meinen!“

„Heiko, mach dir keine Sorgen, bereits seit über dreißig Jahren kommt es andauern zu Pannen. Nicht selten müssen wir sogar einmal einen Atommeiler ausschalten. Aber das ist nicht so schlimm, die anderen liefern genug Strom.“

Damals war Heiko so von der Gefährlichkeit der Kernkraft überzeugt gewesen, dass er seinen Freund nur für einen Spinner halten konnte. Sarkasmus war die einzige Art, mit der er darauf reagieren konnte: „Naja, wenn das so ist, dann haben wir ja kein Problem. Ist ja wirklich nicht gefährlicher, als wenn ein Luftballon platzt.“

Doch was hatte der Freund wirklich damit gemeint? Er war kein milder Wohltäter, der sein leben riskierte, damit die Welt genügend Strom hatte. Er war jemand, dem sein Wohlstand und aber auch sein Leben wichtig waren. Wenn er also in einem Atomkraftwerk arbeitete und fast täglich mit schweren Pannen zu tun hatte, ohne dass er sich deswegen Sorgen machte, dann musste es dafür einen Grund geben. Klar, Gehirnwäsche konnte natürlich ein guter Grund sein, aber war es das wirklich? Wenn wir ehrlich waren, dann mussten wir zugeben, dass nicht nur die Atom-Lobby gute Arbeit geleistet hatte. Die Anti-Atom-Bewegung hatte es genauso geschafft, ein Bild von Atomkraft zu propagieren, das sich tief in unsere Köpfe eingebrannt hatte. Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit der Zukunft unserer Gesellschaft beschäftigte, jeder, der irgendwo im sozialen Bereich tätig war, jeder, dem Menschen nicht egal waren und der nicht nur auf Profit pochte, war fast dazu verpflichtet, gegen Atomkraft zu sein. Wer eine solch riskante Technik, die unseren Planeten für Jahrmillionen zerstören und unbewohnbar machen konnte, guthieß, der konnte nur ein absoluter Spinner sein. Aber war es wirklich möglich, dass jeder Mensch, der sich beruflich mit Kernenergie auseinandersetzte, keine Ahnung von dieser Materie hatte und dessen Gefährlichkeit vollkommen unterschätzte, während jeder andere die Wahrheit erkannte? Möglich war es, doch besonders wahrscheinlich war es nicht. Denn die wenigsten Atomgegner haben sich wirklich mit diesem Thema intensiv auseinander gesetzt. Die landläufige Meinung lässt sich eigentlich in drei kleinen Worten zusammenfassen, die uns von den freundlichen gelben Aufklebern mit der Sonne im Hintergrund überall entgegenstrahlen: „Atomkraft – Nein Danke!“ Und wenn jemand an dieser Einstellung etwas auszusetzen hat, dann ist er spätestens seit Tschernobyl und Fukushima nicht mehr ganz richtig im Kopf. Aber ist es nicht etwas gefährlich, ein so großes Thema auf eine so kurze, massenwirksame Parole zusammenzustauchen? Erinnert das nicht ein bisschen zu stark an „Ausländer raus!“ und ähnliche Schlagworte mit denen man Massen dazu brachte, Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht tun wollten? All diese Parolen bergen jedoch eine riesige Gefahr, nämlich die, dass man aufhört Fragen zu stellen und anfängt blind auf ein Ziel zuzulaufen. Aber kann es nicht sein, dass wir vielleicht auch in diesem Bereich belogen werden? Gibt es vielleicht noch jemanden, der ein Interesse daran hat, dass die Atomenergie nicht die Hauptenergiequelle unserer Zivilisation wird? Abgesehen von Umweltschützern, die es ernst meinen?

Und noch eine Gefahr ist eingetreten. Wenn ein Mensch, der sich mit Atomkraft beschäftigt automatisch ein Böser Mensch ist, dann kann man ihm nicht mehr offen begegnen und kann auch nicht mehr in einen Austausch mit ihm gehen um wirklich zu verstehen, was hier eigentlich gespielt wird. Mit der Antwort „Atomkraft nein Danke!“ sind soweit eigentlich alle Fragen geklärt. Das Zeug ist gefährlich, tödlich und kann unseren Planeten für immer zerstören. Also weg damit!

Doch vielleicht lohnt es sich doch, ein paar Fragen zu stellen.

Es gibt unzählige Studien, die die Schädlichkeit von Handystrahlung beweisen und doch macht sich niemand einen Kopf darum. Selbst Mikrowellen werden noch immer verwendet, obwohl seit Jahren klar ist, dass es sämtliche Lebensmittel für unseren Körper unbrauchbar macht. Jedes Jahr werden tausende neuer, giftiger Chemikalien erfunden, denen wir überall ausgesetzt sind und die uns Krank machen. Bei all diesen Stoffen und Strahlen wird die Gefährlichkeit, obwohl sie so leicht messbar ist heruntergespielt oder verheimlicht. Warum macht man das Selbe nicht auch einfach bei der radioaktiven Strahlung? Sie ist komplett unsichtbar und ihre Folgeschäden sind teilweise erst nach Jahren sichtbar. Es hat Jahrzehnte gedauert, um einen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Rauchen herzustellen, wieso hat man es also so eilig damit, zuzugeben, dass Radioaktivität Krebs verursacht. Wenn man die Gefahr von Kernkraft vertuschen wollte, dann könnte man es ohne Probleme machen. Warum also wird es nicht getan?

Das gleiche ist es mit den Kastortransporten. Eine einzige, großangelegte Kampagne, die propagiert, dass die Aufgebrauchten Brennstäbe keine Gefahr mehr darstellen würde, wenn sie gut gemacht ist, das Thema von Tisch bringen und man könnte die strahlenden Dinger einfach heimlich irgendwo hin kippen, wo es kein Schwein sieht. Nichts anderes macht man ja mit hoch toxischem Sondermüll auch und auch hier kräht kein Hahn danach. Oder habt ihr in letzter Zeit schon einmal eine Katastrophenmeldung darüber gehört, dass unsere Nachfahren in hundert oder tausend Jahren noch immer unter den Medikamentenabfällen leiden werden, die unser Trinkwasser verseuchen? Wohl kaum, doch jedes Mal wenn irgendwo ein Castor von A nach B transportiert wird, gibt es ein riesen Tamtam. Warum? Wäre es für eine Industrie wie die Atomindustrie nicht ein Kinderspiel, die Transporttermine z verheimlichen und die Stecken so zu verlegen, dass es niemand merkt? Oder soll es zu einer Massendemonstration kommen, die uns die Gefahr dieser Stoffe wieder ins Gedächtnis ruft?

Wie kommt es, dass die Atomlobby über Jahrzehnte hinweg einen so schlechten Ruf hat. Unsere Großeltern haben schon gegen sie demonstriert und unsere Kinder werden es wahrscheinlich noch immer machen. Selbst die Lebensmittelindustrie und die Kleidungsindustrie, die bei ihrer Produktion nicht nur Menschen und Tiere quälen und als Sklaven behandelt, sondern uns tattäglich mit einer Extraportion Gift versorgen, schaffen es, ihren guten Ruf nach einem Skandalreport innerhalb von kurzer Zeit wieder herzustellen. Warum bedient sich die Atomindustrie also nicht der gleichen Methodik? Wenn es möglich ist, eine gesamte Weltbevölkerung glauben zu lassen, dass sie von Killerviren bedroht wird, die noch niemand jemals gesehen hat und für die es nicht einen einzigen Beweis gibt, dann müsste es auch möglich sein, die gleichen Menschen davon zu überzeugen, dass es eine neue, vollkommen ungefährliche Atomenergie gibt, die mit der alten nichts mehr zu tun hat. Warum also wird das nicht gemacht?

Besser noch! Derartige Technologien gibt es ja wirklich. Man müsste also nicht einmal lügen, sondern nur Werbung betreiben und sie in Betrieb nehmen. Doch stattdessen bleiben sie im Verborgenen und die alten Kraftwerke werden weiter betrieben. Und dies wiederum führt gleich zur nächsten Frage: Warum werden die Kraftwerke in Deutschland nicht modernisiert und auf den neusten Stand gebracht, so dass sie wirklich sicher sind. Die Kosten für solche Maßnahmen würde eh der Steuerzahler tragen, der Konzern hätte also keinen Nachteil dadurch, sein Ruf wäre aufpoliert und er könnte seinen Gewinn durch das Ausbleiben der Ausfälle sogar noch erhöhen? Was also hindert ihn daran?

Und zu guter Letzt: Sind Energiekonzerne wirklich so rücksichtslos und blöd, dass sie Atomkraftwerke in Erdbebengebiete bauen, ohne über die Gefahren nachzudenken? Ist es wirklich ihr Ziel, die Welt einem unkalkulierbaren Risiko auszusetzen nur für ein bisschen Profit, dass sie sich auch ohne dieses Risiko mit anderen Methoden beschaffen könnten?

Oder steckt vielleicht mehr dahinter? Etwas, das wir nicht sehen, weil wir uns so sehr darauf versteifen, gegen Atomkraft zu sein, dass wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen können?

Fortsetzung folgt ....

 

Spruch des Tages:

REAL EYES

REALIZE

REAL LIES

Höhenmeter: 7

Tagesetappe: 17 km

Gesamtstrecke: 8204,77 km

Wetter: Sonnig und windig

Etappenziel: Gemeindehaus, 30014 Cavárzere, Italien

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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