Glauben Krebsärzte an den Erfolg der Chemotherapie?

von Heiko Gärtner
29.04.2018 06:54 Uhr

19.-20.11.2017

Seit Tool befinden wir uns nun wieder auf bekannten Wegen. Oder besser: Auf Wegen, die uns bekannt sein sollten, weil wir hier zu Beginn der Reise schon einmal entlanggewandert sind. Seltsamerweise kam uns das meiste davon kein bisschen bekannt vor. Im Gegenteil, es wirkte eher wie eine Gegend, die wir ganz bewusst auch damals schon hätten auslassen wollen. Obwohl wir größtenteils auf Fahrradwegen laufen durften, war der schier ohrenbetäubende Lärm der Autobahn und einiger weiterer Straßen überall präsent. Es gab nahezu keinen Moment, an dem es irgendwo ruhig oder angenehm gewesen wäre.

Der Blick auf die Mosel

Der Blick auf die Mosel

Die einzige Ausnahme bildeten hier die Städte selbst, die zwar auch keine Ruhepole waren, die aber zumindest schon einmal den Lärm von außen abschirmten. Erst als wir Pont-a-Mousson erreichten, kamen auch Streckenabschnitte, an die wir uns direkt erinnern konnten. Hier haben wir damals Picknick gemacht! Diese vermüllte Ecke unterhalb der Brücke haben wir als Toilette verwendet! Das ist übrigens ein besonderes Phänomen: Es gibt kaum etwas an das man sich so gut erinnert, wie die Stellen an denen man pinkeln oder ein Geschäft verrichten musste. Vielleicht ist das wirklich noch ein Überbleibsel aus der Zeit, in der wir unsere Ausscheidungen noch zum Revier Markieren benutzt haben.

Pont a Mousson auf der gegenüberliegenden Moselseite.

Pont a Mousson auf der gegenüberliegenden Moselseite.

Auch an einen Weg, auf dem wir uns böse verlaufen hatten, konnten wir uns noch gut erinnern, obwohl wir es dieses Mal schafften, auf dem richtigen Weg zu bleiben.

Die Innenstadt von Pont a Mousson mit Marktplatz und Brunnen.

Die Innenstadt von Pont a Mousson mit Marktplatz und Brunnen.

Die Kirche in der Innenstadt von Pont a Mousson.

Die Kirche in der Innenstadt von Pont a Mousson.

Pont-a-Mousson selbst unterschied sich verglichen mit seiner Umgebung erstaunlich wenig von unseren Erinnerungen. Vor vier Jahren hatten wir hier nur eine kurze Rast und ein paar Bilder von den beiden Kirchen gemacht. Heute versuchten wir einen Schlafplatz aufzutreiben, was uns nach einigen Startschwierigkeiten auch gelang. In der Hauptkirche lief gerade noch die Messe, wodurch wir nach einiger Wartezeit in der Lage waren, sowohl mit dem Pfarrer als auch mit einigen Gemeindemitgliedern zu sprechen. Und wie schon oft in größeren, französischen Städten entpuppte sich der Pfarrer als weit weniger hilfreich als seine Gemeinde. Während er nur an die beeindruckend bemalte Decke starrte und immer wieder die Frage „Wo kann ich euch nur unterbringen? Wo kann ich euch nur unterbringen?“ sowie der Kommentar: „Schwierig, schwierig, schwierig!“ wiederholte, kam ich in Kontakt mit einem Ärzte-Ehepaar, das uns ohne große Umschweife zu sich nach Hause einlud.

Die Brücke, der Pont a Mousson ihren Namen verdankt.

Die Brücke, der Pont a Mousson ihren Namen verdankt.

Abgesehen von einem warmen Schlafplatz und einem guten Essen brachte uns diese Einladung auch ein recht interessantes Gespräch zum Thema Krebs ein. Unser Gastgeber war nämlich Onkologe und zu Beginn der Gespräche ein 100%iger Verfechter der allgemein angewandten Holzhammermethoden der Schulmedizin. Im späteren Verlauf, kamen wir jedoch darauf, dass seine Frau selbst an Brustkrebs erkrankt war und er sich bei ihrer Behandlung strikt gegen eine Chemotherapie ausgesprochen hatte. Auch Bestrahlungen hatte sie aus ungeklärten Umständen nicht bekommen, sondern war lediglich operiert worden.

Blick auf die Innenstadt von Pont a Mousson

Blick auf die Innenstadt von Pont a Mousson

Seltsamerweise war es bei ihr nach der Operation nicht zu Streuungen oder erneuten Ausbrüchen gekommen, obwohl ja, der offiziellen Ansicht (auch ihres Mannes) nach, die Chemo und die Bestrahlung wichtig waren, um zu verhindern, dass sich bei der OP übersehene Krebszellen sofort wieder ausbreiten konnten. Was seine Frau nun letztlich von allen anderen Patienten unterschied und warum sie daher eine andere Behandlung brauchte, darüber konnten wir leider wenig in Erfahrung bringen. Aus irgend einem Grund blieb unser Gastgeber hier sonderbar schwammig und lenkte dann das Thema recht geschickt auf etwas anderes um.

Eines der Kraftwerke von Pont a Mousson.

Eines der Kraftwerke von Pont a Mousson.

Das Verhalten des Onkologen passte damit genau in das Muster, das wir auch zuvor schon erlebt hatten und das durch verschiedene Studien offiziell bestätigt wurde. Repräsentativen, anonymen Umfragen zufolge gaben 97 % aller Ärzte, die sich primär mit Krebspatienten beschäftigen an, dass sie selbst niemals eine Chemotherapie machen und diese auch unter keinen Umständen einem engen Freund oder Verwandten anraten würden. Ein Ergebnis, dass zum Nachdenken anregen sollte, findet ihr nicht?

Der Marktplatz von Pont a Mousson.

Der Marktplatz von Pont a Mousson.

Spruch des Tages: Das du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem Patienten zu! 

 

Höhenmeter 7m / 7m / 13m / 10m

Tagesetappe: 18km / 10km / 14km / 10km

Gesamtstrecke: 27.743,27km

Wetter: Kalt und Windig

Etappenziel 1: Evangelisches Gemeindehaus, Hohenlockstedt, Deutschland

Etappenziel 2: Gemeindehaus der Kirche, Hohenwestedt, Deutschland

Etappenziel 3: Seemannsmission, Rendsburg, Deutschland

Etappenziel 4: Privathaus der Bürgermeisterin, Schleswig, Deutschland

17.11.2017

Heute gab es mal wieder ein Deja-vú-Erlebnis. Nach 8km der Wanderung kamen wir nach Toul, eine kleine Stadt mit großer Stadtmauer und noch größerer Basilika. Vor knapp drei Jahren haben wir die Stadt auf dem Weg nach Santiago schon einmal besucht. Anders als bei den Doppel-Besichtigungsorten, wussten wir hier bereits vor Betreten der Stadt, dass wir sie kannten, doch konnten wir uns nur noch vage daran erinnern. Wo wir hier übernachtet hatten, wollte uns beispielsweise einfach nicht einfallen. Auch nicht, als wir nach der Kathedralenbesichtigung in der Touristeninformation mit einer deutschsprachigen Frau sprachen.

Das innere der Kirche von Toul

Das innere der Kirche von Toul

Der Wandermönch Franz von Bujor zu Besuch in der Kathedrale von Toul

Der Wandermönch Franz von Bujor zu Besuch in der Kathedrale von Toul

Sie vermutete, dass sie uns damals in einer Herberge namens L'Arche untergebracht hatte, was nun aber leider nicht mehr möglich sei, da man nun auch dort bezahlen müsste. An eine derartige Arche erinnerten wir uns nicht, dafür kam uns die Frau aber immer mehr bekannt vor und langsam glaubten wir uns sogar zu erinnern, dass wir damayyls keine besonders guten Erfahrungen mit ihr gemacht hatten. Später schauten wir dann noch einmal in unserem eigenen Tagebuch nach und waren überrascht, was es dort zu lesen gab. Anders als heute waren wir von der Basilika über alle Maßen begeistert. Heute hingegen waren wir nur leicht beeindruckt. Nicht, dass es nicht ein imposantes Gebäude gewesen wäre, aber es war so sehr heruntergekommen und verfallen, dass der Anblick fast eher ein Trauerspiel als ein Vergnügen war.

Die Kathedrale von Toul

Die Kathedrale von Toul

Dann kam der Teil über die Frau von der Touristeninformation. Es war tatsächlich die gleiche Person, die wir auch heute getroffen hatten und unsere Erfahrungen waren damals kein Stück besser gewesen. Wenn ihr möchtet könnt ihr hier noch einmal alles im Detail nachlesen: „Tag 37: Im Kreuzgang“.

Fakt war auf jeden Fall, dass sie uns damals nicht einmal im Ansatz, auf besagte Arche hingewiesen hatte. Sie hatte, wie auch heute, von Vorn herein behaupte, es gäbe in der ganzen Stadt keine Möglichkeit und wolle. Uns jetzt zu offenbaren, dass es damals etwas gegeben hätte, das sie uns ganz bewusst verheimlicht hatte, grenzte nun schon an Hohn.

Das Rathaus von Toul

Das Rathaus von Toul

Zum Glück waren wir dieses Mal aber nicht darauf angewiesen, hier einen Platz zu finden, denn unser Bürgermeister von Gestern hatte uns bereits einen Schlafplatz organisiert. Einen Ort weiter trafen wir uns mit einem anderen Bürgermeister der und in ein Hotel einlud.

18.11.2017

Rendezvous mit einer Bisamratte

Heute hatten wir eine ganz besondere Begegnung mit einer Bisamratte, die sich neben dem Kanal ins Gras gekuschelt hatte. Sie saß so entspannt und relaxed dar, dass wir nicht einmal sicher waren, ob sie uns überhaupt wahrnahm. In aller Ruhe konnten wir die Wagen abstellen, die Kamera herausholen und Heiko konnte sich bis auf einen Meter an sie heranpirschen. Hin und wieder schnupperte sie etwas intensiver in unsere Richtung, aber ansonsten zeigte sich mit keiner Regung, das sie uns bemerkt hatte. Entweder sie wusste, dass wir absolut harmlos waren, oder aber ie war steinalt und hatte grauen Star. So genau konnten wir das nicht sagen. Als Heiko jedoch versuchte ihr die Barhaare zu streicheln, sprang sie mit einem Satz auf und befand sich auch schon im Wasser . Dort zog sie eine elegante Runde und kam sofort wieder zurück an Land, ganz so als wollte sie sagen, dass ihr diese elend kalte Brühe, einfach zu viel wurde.

Zwischen den Welten

Außer der Bisamratte ga es heute leider nur wenig Schönes auf unserer Strecke. Wir befanden uns nun direkt auf Höhe von Nancy und hier lief plötzlich alles zusammen, angefangen bei der Autobahn und den beiden Schnellstraßen, bis hin zu lärmenden Papierfabriken, Helikoptern, Baustellen und den obligatorischen Freischneidern. Alles in allem war es hier so unglaublich unangenehm, dass wir uns nicht vorstellen konnten, je auch nur einen Meter in diesem Gebiet zurückgelegt zu haben. Ich weiß noch, dass wir damals gesundheitlich wie psychisch ordentlich angeschlagen waren, und doch hatten wir diese Region nicht als so unangenehm empfunden.

Bisamratte blickt in die Kamera

Bisamratte blickt in die Kamera

Lächelnde Bisamratte

Lächelnde Bisamratte

Das konnte an mehreren Gründen liegen. Entweder waren wir damals bei weitem weniger sensibel für Störfaktoren, was aber unwahrscheinlich ist, oder der Lärm und die Atmosphäre der Negativität hatten seither enorm zugenommen. Oder aber, es war wirklich so, dass wir zwei verschiedene Welten besucht hatten, die jeweils auf unsere geistige Situation angepasst waren.

Spruch des Tages: Manches ändert sich eben doch nicht.

Höhenmeter 13m / 8m / 13m / 18m

Tagesetappe: 12km / 9km / 16km / 10km

Gesamtstrecke: 27.743 ,27km

Wetter: Kalt und Windig

Etappenziel 1: Jugendräme der Kirche, Bremerhaven, Deutschland

Etappenziel 2: Gemeindehaus der Kirche, Bad Bederkesa, Deutschland

Etappenziel 3: Gemeindehaus der Kirche, Hemmoor, Deutschland

Etappenziel 4: Evangelisches Gemeindehaus, Krempe, Deutschland

15.-16.11.2017

Dies ist definitiv der härteste Winter unserer Reise! Seit Tagen liegen die Temperaturen in der Nacht nun schon unter Null Grad, so dass am Morgen regelmäßig alles vereist ist. Gegen 12:30 Uhr am Mittag also zur wärmsten Zeit des Tages hatten wir heute drei Grad. Ich denke das sagt schon relativ viel. Zum Glück bekamen wir relativ schnell einen Saal, in den wir uns zurückziehen konnten. Dieses Mal war es eine recht gewagte Mischung aus Bibliothek und Kreativraum für den örtlichen Rentnerverein. Dass dies Krieg geben musste war fast vorprogrammiert und es gab viele Indizien, die das bestätigten. Die Bibliothekarin, die stets um Ordnung bemüht war, hatte überall Zettel hinterlassen auf denen sie erklärte, dass man in ihrer Abwesenheit auf keinen Fall ein Buch berühren durfte. Die Rentner ihrerseits hatten überall Glitter und Spuren von Strick und Bastelmaterialien zurückgelassen, gewissermaßen als Akt der Revolotion gegen die Ordnung der Bibliothekarin.

Alte Rohrfabrik

Alte Rohrfabrik

Leider ist es wieder einmal ein Platz mit nur einem Raum. Der einzige abgetrennte Nebenbereich ist die Toilette und hier befindet sich ein großes Loch als Lüfter in der Wand, wodurch es dort die gleiche Temperatur hat wie draußen

Großindustrie

Großindustrie

Da hatten wir gestern mehr Glück. In Neuf Maisons einer kleinen aber grauenhaft unruhigen Stadt an der Mosel bekamen wir das Gemeindehaus der Kirche in dem wir auf fünf verschiednenen Räumen auswählen konnten, die alle beheizt waren.

Großindustrie am Hafen

Großindustrie am Hafen

Der Kontakt mit dem Pfarrer war spartanisch, aber wir durften sein Internet nutzen und erfuhren ein erschreckendes Detail über die Kirche. Seit einigen Jahren wurde diese nur noch Vormittags geöffnet, weil es am Nachmittag zu gefährlich war um sie offen zu lassen. Nicht aufgrund von Verbrechern, Streunern oder anderen Fremden, sondern aufgrund der Schüler. Sobald diese aus der Schule kamen, war ihnen so langweilig, das sie in eine Art Zerstörungswut verfielen und zu randalieren begannen. Ist das nicht eine heftige Aussage? Von allen möglichen Wesen, die uns gefährlich werden könnten, fürchten wir tatsächlich am meisten vor unseren eigenen Kindern! Nicht das man ihren Frust in einer Stadt wie dieser nicht verstehen konnte, aber dennoch war dies in meinen Augen eine mehr als nur bedrohliche Aussage.

Als Schwanenpärchen sieht alles rosig aus, aber was ist, wenn der Stroch jetzt noch ein Kind bringt?

Als Schwanenpärchen sieht alles rosig aus, aber was ist, wenn der Stroch jetzt noch ein Kind bringt?

Spruch des Tages: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Niemand! Und wer hat Angst vor seinen Kindern? …

 

Höhenmeter 4m / 9m / 6m / 6m

Tagesetappe: 12km / 14km / 13km / 12km

Gesamtstrecke: 27.595 ,27km

Wetter: Kälte, gelegentliche Schauer, reichlich Wind

Etappenziel 1: Evangelisches Gemeindehaus, Schillig, Deutschland

Etappenziel 2: Katholisches Gemeindehaus, Sengwarden, Deutschland

Etappenziel 3: Gemeindehaus, Cäciliengroden, Deutschland

Etappenziel 4: Gemeindehaus, Schweiburg, Deutschland

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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