Höre immer auf dein Bauchgefühl!


20.09.2017
Heute schenkte uns das Leben eine der vielleicht wichtigsten Lektionen, die man überhaupt bekommen kann und die wir unbedingt an euch weitergeben möchten. In der Theorie kannte ich das Konzept bereits, aber heute wurde es wirklich klar und spürbar.
Ihr müsst wissen, dass wir Menschen von Natur aus intuitive Wesen sind, denen man eigentlich nichts vormachen kann. Jeder Mensch spürt sofort, ob etwas angenehm oder unangenehm ist, ob es ihn bereichert oder nicht und vor allem, ob er eine Wahrheit oder eine Lüge hört. Der einzige Grund, warum wir auf eine Lüge hereinfallen ist unsere eigne Gier. Wenn wir etwas dringend wollen und sei die Absicht dahinter noch so nobel, dann sind wir in der Lage, unsere Intuition vollkommen auszuschalten und alle Warnhinweise zu ignorieren. Wir verhalten uns ein bisschen, wie ein Drogenjunkie, der genau spürt, dass die Rauschgifte seinen Körper zerstören, der dieses Empfinden jedoch vollkommen ausblendet, weil sich seine ganze Aufmerksamkeit nur noch im die Suchtbefriedigung dreht.
Ich selbst kannte das Gefühl ganz gut von mir, wobei es vor allem dann aufkam, wenn ich hoch motiviert war. Es gab so viele Dinge, die ich gerne erledigen wollte und ich hatte richtig Lust darauf, anzukommen, mich an den Computer zu setzen und durchzustarten.
Prompt tauchten natürlich genau die Situationen auf, die mir meine Gier spiegelten.
Um möglichst wenig Zeit zu verlieren, wählten wir heute einen Zielort aus, den wir kurz vor 12:00 Uhr erreichen würden, so dass das Rathaus auf jeden Fall geöffnet haben musste. Anders als sonst schlenderten wir also nicht gemütlich wie zwei Wildkatzen vor uns hin, sondern schauten immer wieder auf die Uhr und beschleunigten unsere Schritte, um gerade noch rechtzeitig anzukommen. Nun waren wir jedoch gestresst und ausgelaugt und nicht freudig entspannt wie sonst. Prompt sage uns das Rathaus ab, wodurch der ganze Stress des Vormittages hinfällig wurde.
Um die Sache zu kitten versuchte ich auf andere Weise im gleichen Ort einen Schlafplatz aufzutreiben, was mich auch schließlich gelang. Ein Barkeeper hatte uns an ein befreundetes, älteres Pärchen vermittelt, das wir nun besuchten. Gleich zur Begrüßung eröffnete uns die Frau, dass ihr Mann mit dem Besuch gar nicht einverstanden war und als dieser vor die Tür trat, machte auch er keinen Hehl daraus. Alles, die Straße, das Haus, die alten Leute, alles schien uns anzuschreien: „Geht weiter! Das bringt hier nichts!“ Doch die Idee, den Nachmittag zum Arbeiten zu haben, war so präsent, dass ich diese Schreie überhörte.
So verbrachten wir die nächsten Stunden in einem kleinen ungemütlichen Raum direkt neben der Hauptstraße. Die Fenster, die uns von der Straße trennten hatten den einzigen Effekt, dass ihre Scheiben jedes Mal im Tackt klirrten, wenn außen ein LKW vorbeirauschte. Geräusche abschwächen war hingegen weniger ihr Ding.
Nach gut drei Stunden hätte uns eigentlich ein Mann abholen und zu unserem wirklichen Schlafplatz bringen sollen. Als er auch nach 4 Stunden noch nicht da war, ging ich zurück zu der Bar, dessen Besitzer den Kontakt vermittelt hatte und fragte noch einmal nach dem Stand der Dinge. Unser Gastgeber steckte irgendwo auf der Autobahn fest und kam vermutlich innerhalb der nächsten Stunde. Vielleicht aber auch erst in zwei oder drei Stunden, je nachdem, wie sich der Stau entwickelte.
Diese Nachricht bestätigte nur, was wir von Anfang an wussten: Der Platz hier war einfach nichts für uns. Der alte Mann war in den vergangenen Stunden noch immer nicht aufgetaut und sah uns noch genauso missmutig und ablehnend an, wie bei unserer Ankunft. Die Atmosphäre war kalt und unangenehm und das obwohl der Platz selbst bei einer Traumfamilie schon grenzwertig gewesen wäre. Noch eine Stunde in diesem Unbehagen verbringen zu müssen und dann keine Ahnung zu haben, ob es hinterher besser würde, waren einfach nicht die Aussichten, auf die wir uns gefreut hatten. Da war es doch 1000x besser trotz der späten Stunde wieder aufzubrechen und notfalls im Zelt zu schlafen, wo wir wenigstens für uns waren und eine Filmnacht veranstalten konnten.
Also bedankten wir uns bei der alten Dame für ihre Einladung, packten unsere Sachen und brachen noch ein zweites Mal zu einer Wanderung auf. Diese Mal jedoch wanderten wir bereits in die Dämmerung hinein. Ein Umstand der unser Vertrauen noch einmal mehr auf die Probe stellte.
Nach einigen Fehlschlägen gelangten wir schließlich zur Familie des stellvertretenden Bürgermeister, die uns zwei Gästezimmer anbot. Obwohl es nun bereits 20 Uhr war, als wir unsere Quartiere bezogen und obwohl wir im Anschluss noch gemeinsam mit unseren Gastgebern zu Abend aßen, war die kurze verbleibende Zeit die wir hier zum Arbeiten nutzen konnten, noch immer produktiver und effektiver als die vier Stunden im Lärmhaus zuvor. Sich diesen Vergleich noch einmal auf der Zunge zergehen zu lassen, sagte viel über die Lebenssituationen aus. Es macht einfach keinen Sinn, irgendetwas erzwingen zu wollen. Entweder eine Situation passt so wie sie ist und dann fühlt sie sich gut an, oder sie passt nicht und dann bringt es auch nichts, irgendeinen Kompromiss zu suchen oder gegen das Unbehagen anzukämpfen. Es vergeudet nur Zeit und Lebensfreude. Auf der einen Seite waren wir stolz auf uns, wie konsequent wir in diesem Bereich schon geworden sind, denn vor zwei Jahren wären wir einfach bei der Oma und ihrem Miesmuffelmann geblieben. Auf der anderen Seite zeigte uns die Situation aber auch, dass wir noch immer deutlich strikter werden konnten und sollten, wenn wir wirklich zu uns stehen wollten.
Lektion des Tages: Höre auf dein Bauchgefühl! Wenn sich eine Situation nicht gut anfühlt, dann kann sie auch nichts Gutes oder Positives hervorbringen.
Höhenmeter 130m / 230m
Tagesetappe: 23km + 13km
Gesamtstrecke: 25.921,27km
Wetter: sonnig und warm
Etappenziel 1: Holländisches Gästehaus, Epiry, Frankreich
Etappenziel 2:, Gemeinderaum der Stadt, Mhere, Frankreich
