Fährfahrt über die Elbe

von Heiko Gärtner
02.10.2018 06:20 Uhr
 

Um noch weiter in den Norden Richtung Dänemark zu gelangen, mussten wir erneut mit einer Fähre übersetzen. Dieses Mal galt es, mit einer Fährfahrt über die  Elbe zu kommen um nicht in einem großen Bogen ganz außen um Hamburg herum wandern zu müssen.

Ein modernes Fischerboot überholt uns auf der Fährfahrt über die Elbe

Ein modernes Fischerboot überholt uns auf der Fährfahrt über die Elbe

Eine Seefahrt die ist lustig...

Die beiden Fährmänner waren zwei lustige Leute. Nachdem wir an Bord gegangen waren, sprach uns sofort der erste von ihnen an. Er war dafür zuständig, die Leinen zu lösen und die Fähre ins Laufen zu bringen. Als er hörte, wie wir unterwegs waren, sagte er: „Da müsst ihr auf jeden Fall einen Rabatt heraushandeln. Für Wanderer wie euch ist eine Fährfahrt, nämlich normalerweise umsonst!“

frachtschiff

Frachtschiffe von beeindruckender Größe verlassen die Elbe in Richtung Übersee.

  Kurz darauf kann der Mann mit den Tickets und bat uns um unsere Gebühr. Wir fragten ihn, was es mit der Freifahrtregel für Wanderer auf sich hatte, stießen dabei jedoch auf herben Protest. Der Kassierer wusste von nichts und fragte uns, wer uns diesen Schwachsinn denn erzählt habe.

„Dein Kollege!“, sagten wir.

„Oh!“, antwortete er, „Der Mann hat keine Ahnung! Er ist nur ein Hartz-IV-Empfänger, den wir mit diesem Job vor der Straße bewahren. Er ist erst seit einigen Wochen bei uns und muss erst lernen wie die Dinge hier funktionieren.“

Ein weiteres großes Frachtschiff.

Ein weiteres großes Frachtschiff.

 

Während er das sagte, achtete er darauf, dass auch sein Kollege ihn hören konnte. Dieser wurde sofort aufmerksam und kam zu uns herüber.

Die Wohnhäuser in Schleswig-Holstein sind bedeutend schöner als die in Ostfriesland.

Die Wohnhäuser in Schleswig-Holstein sind bedeutend schöner als die in Ostfriesland.

 

„Ihr Verräter!“, schimpfte er humorvoll, „ihr dürft doch nicht sagen, dass ihr diese Information von mir habt!“

Ein schönes Haus am Nordseedeich.

Ein schönes Haus am Nordseedeich.

 

Die beiden neckten sich noch eine Weile hin und her, bis wir schließlich verstanden, dass sie bereits viele Jahre lang Kollegen und beste Kumpel waren. Sie hatten eine Art Spiel daraus entwickelt, sowohl sich selbst als auch ihre Gäste zu verarschen.

Im Endeffekt gestattete uns der Kassierer dann aber dennoch umsonst mitzufahren.

Hier lässt es sich gut wohnen.

Hier lässt es sich gut wohnen.

 

Beliebte Abkürzung

Wir erfuhren, dass wir großes Glück hatten, zu dieser Jahreszeit übersetzen zu wollen. Im Sommer könnte es passieren, dass man fast einen halben Tag warten musste, um aufs Schiff zu gelangen. Die beiden betrieben die einzige dauerhaft funktionierende Fähre in diesem Bereich der Elbe. Es hatte immer mal wieder Versuche gegeben eine zweite Linie zu installieren. Doch nur genau an dieser Stelle war die Elbe schmal genug um bequem übersetzen zu können, während gleichzeitig die nächste Brücke so weit weg war, dass sich für die reisenden eine Überfahrt lohnte. Damit waren alle Konkurrenten gezwungen, deutlich schlechtere Strecken zu wählen und ihre Vorhaben waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Ein Traumhaus an der Nordsee.

Ein Traumhaus an der Nordsee.

 

Die schönste Seite des Nordens

Als wir die gegenüber liegende Uferseite erreicht hatten, staunten wir nicht schlecht. Zum ersten Mal verstanden wir, warum die Menschen von der Nordsee so begeistert waren. Wir hatten uns immer vorgestellt das Ostfriesland eine kleine gemütliche Region voller Fischerdörfer war, in der jedes Haus mit Ried gedeckt war. Dementsprechend enttäuscht waren wir dann, als wir Ostfriesland wirklich kennenlernten. Jetzt aber fanden wir hier im Süden von Schleswig-Holstein genau die Häuser, die wir in Ostfriesland erwartet hätten. Auf saftig grünen Hügeln reite sich ein Reetdachhaus an das nächste. Es gab keine Zäune und keine Mauern. Jeder Platz wirkte idyllisch und strahlte eine Seefahrerromantik aus wie wir sie noch nicht erlebt hatten. Hier konnte man sich wohlfühlen!

Ein wirklich gemütliches Wohnhaus.

Ein wirklich gemütliches Wohnhaus.

 

Ganz offensichtlich waren also die Bilder, die wir im Kopf hatten nicht aus Ostfriesland, sondern aus Schleswig-Holstein.

Typisches Haus an der holsteinischen Nordseeküste.

Typisches Haus an der holsteinischen Nordseeküste.

 
Unser erstes Dorf in Schleswig-Holstein.

Unser erstes Dorf in Schleswig-Holstein.

 

Ganz so idyllisch blieb es natürlich nicht. Auch hier wurden die schönen Häuser schon bald wieder mehr und mehr durch Betonbauten und Bausünden ersetzt. Dennoch blieb uns die Seefahrer- und Fischeratmosphäre bis an die dänische Grenze erhalten.

Reeddachhäuser prägen hier das Landschaftsbild.

Reetdachhäuser prägen hier das Landschaftsbild.

 
Dank dieser Häuser ist Schleswig-Holstein bei Touristen so beliebt.

Dank dieser Häuser ist Schleswig-Holstein bei Touristen so beliebt.

 
Ein Landhaus mit Reetdach.

Ein Landhaus mit Reetdach.

 
Ein Bauernhaus in Schleswig-Holstein

Ein Bauernhaus in Schleswig-Holstein.

 
Ein norddeutsches Haus mit Reetdach.

Ein norddeutsches Haus mit Reetdach.

 
Spruch des Tages: Wer hätte gedacht, dass das wahre Ostfriesland in Schleswig-Holstein liegt?
  • Höhenmeter 90 m / 160 m / 100 m / 140 m
  • Tagesetappe:  21 km / 29 km / 18 km / 33 km
  • Gesamtstrecke: 29.800,27 km
  • Wetter: Überwiegend sonnig und warm
  • 1624. Tag  - Etappenziel: Gemeindehaus, Morjärv, Schweden
  • 1625. Tag - Etappenziel: Kapelle, Korpikå, Schweden
  • 1626. Tag - Etappenziel: Kirche, Björkfors, Schweden
  • 1627. Tag - Etappenziel: Hütte auf dem Campingplatz, Kukkolaforsens, ca.3 km südlich von Karungi, Schweden
Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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