Fürstentum Liechtenstein

von Heiko Gärtner
28.11.2016 01:05 Uhr
17.11.2016 Heute erreichten wir das Fürstentum Liechtenstein. Zu unserem Erstaunen sah es in etwa so aus, wie wir uns eigentlich Andorra vorgestellt hatten. Dafür war Andorra in etwa so gewesen, wie wir es von Liechtenstein erwartet hätten. Als man uns vor knapp drei Jahren von Andorra erzählte, hatten wir das Bild eines saftigen, grünen Tals inmitten der Berge vor Augen. Und genau das ist Liechtenstein. Das Fürstentum hatte ich mir hingegen immer als eine kleine, abgelegene Bergregion vorgestellt, die man zu Fuß kaum erreichen konnte. So haben wir am Ende dann trotzdem beides erlebt, nur eben anders herum.   Gleich nach unserem Aufbruch trafen wir uns an einer Brücke mit Dominik, einem Reporter der Voralberger Nachrichten. Anders als die meisten Reporter, die uns bislang interviewt haben, setzte er sich nicht mit uns in die Redaktion oder auf den Stadtplatz, sondern begleitete uns für eine weite Strecke bei der Wanderung. Es war daher ein vollkommen anderes Interview und hatte viel mehr die Form eines freundschaftlichen Besuchs, als die eines formellen Treffens. Gleichzeitig war Dominik so auch unser Wanderführer, da er sich in dieser Gegend recht gut auskannte. Kurz vor der Liechtensteiner Grenze wurden wir von einer Dame angesprochen, die mit ihrem Hund spazieren ging. Wenige Tage zuvor hatte man hier Schilder aufgestellt, die es Hundeführern verboten, ihre Hunde frei laufen zu lassen. Die Frau hatte sich natürlich nicht daran gehalten und war prompt von einem Polizisten überrascht worden. In der Hoffnung, dass er ihren Fehltritt nicht bemerkte, war sie wie eine Verrückte hinter ihrem Hund hergesprintet und hatte versucht, ihn wieder einzufangen. Unter anderen Umständen wäre dies auch sicher keine dumme Idee gewesen, doch sie hatte erst am Vortag eine schwere Herzbehandlung bekommen und nun war sie so erschöpft und fertig, dass sie mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. Für einen kurzen Plausch mit uns reichte es aber trotzdem noch. Die Grenze von Österreich nach Liechtenstein war nicht wirklich spürbar. Es gab einen kleinen See, mit einer Fußgängerbrücke darüber und schon waren wir in Land Nummer 29. Hier verabschiedeten wir uns dann von unserem Begleiter, der sich von einem Kollegen abholen ließ. Wir selbst gingen weiter auf die Berge und auf Vaduz zu, den Regierungssitz des Fürstentums. Auffällig waren vor allem die vielen Firmen, die hier ansässig waren. Hilti beispielsweise hatte sogar einen eigenen Bahnhof und auch das Firmengebäude von ThyssenKrupp war nicht zu übersehen. Keine der Firmen war jedoch sonderlich beeindruckend. ThyssenKrupp beispielsweise bestand fast ausschließlich aus einem Parkhaus, während man die Büro- und Firmengebäude kaum erkennen konnte. Dominik hatte uns bereits darauf hingewiesen, dass wir hier sehr viele „Briefkästen“ vorfinden würden. Diese Firmen waren zwar ein bisschen größer, aber im Grunde waren sie nichts anderes. Sie standen hier nicht, weil Liechtenstein so ein günstiger Wirtschaftsstandort war, sondern weil es steuerliche und finanzrechtliche Vergünstigungen gab, wenn man seinen Hauptsitz hier und nicht irgendwo anders hatte. Und dafür brauchte man nun mal nicht viel mehr, als einen Briefkasten und eine offizielle Anschrift.   Kurz vor Vaduz kamen wir an einer italienischen Kirchengemeinde vorbei und erwischten durch einen glücklichen Zufall gerade noch den Pfarrer, der bereits im Gehen war. Er stellte uns einen Seminarraum und eine Küche zur Verfügung und ließ uns dann erst einmal eine Weile allein. Als er später wieder zurück kam, zeigte er uns das Buch eines Liechtensteiner Pfarrers, der auf ganz ähnliche Weise wie wir eine Pilgerreise durch ganz Europa bis nach Israel gemacht hatte. Auch er war im traditionellen Mönchsgewand unterwegs gewesen und hatte in vielen Bereichen ähnliche Erfahrungen gemacht wie wir. Sein Buch ist unheimlich schön aufgemacht und erzählt seine Geschichte sehr anschaulich. Für alle, die unseren Blog oder generell ausgefallene Reiseerfahrungen mögen ist es absolut empfehlenswert. Wenn ihr wollt, könnt ihr hier einmal einen Blick darauf werfen: Tagebuch eines Jerusalem Pilgers Spruch des Tages: So klein und schon ein Fürstentum Höhenmeter: 630 m Tagesetappe: 16 km Gesamtstrecke: 19.298,27 km Wetter: heiter bis wolkig und windstill, Temperaturen um die 15°C Etappenziel: Kloster Einsiedeln, Einsiedeln, Schweiz Hier könnt ihr uns und unser Projekt unterstützen. Vielen Dank an alle Helfer!
Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.