Gegenseitiges Vertrauen

von Heiko Gärtner
20.02.2018 07:38 Uhr

25.08.2017-27.08.2017

Wenn hier ein Ort klein ist, dann ist er auch unkomplex. Selbst dann, wenn das Rathaus geschlossen hat. Heute brauchten wir nur bei einem beliebigen Anwohner zu fragen, der uns zum Sohn des Bürgermeisters führte. Dieser wiederum fuhr mich kurz zum Haus seines Vaters und der gab uns die Schlüssel für das Rathaus. Hier durften wir dann alles nutzen, den Konferenzsaal, ebenso wie das Sekretatiat incl. Internetzugang.

Fuschsbau mit Sand vor dem Eingang

Am Wegesrand entdeckten wir einen großen Fuchsbau.

„Naja, ich denke wir können euch ja trauen!“ meinte die Sekretärin nur kurz und drückte uns den Schlüssel in die Hand.

Ein Fuchsbau mit vielen Eingängen und weitverzweigten Höhlen

Ein Fuchsbau mit vielen Eingängen und weitverzweigten Höhlen

Zwei Tage später erlebten wir das Gleiche mit einer Privatfamilie. Kurz bevor wir den Ort erreichten, an den wir eigentlich gehen wollten, trafen wir auf ein älteres Pärchen in einer Pferdekutsche. Sie sprachen uns an und wir plauderten ein bisschen, da wir jeweils fasziniert von der Reisemethode der anderen waren. Nur das Pferd langweilte sich und wollte weiter. Schließlich luden uns die Beiden in ein Gästezimmer und ein nicht mehr verwendetes Wohnzimmer in ihrem Haus ein. Kaum hatten wir uns eingerichtet, verschwanden sie auch schon wieder, denn sie hatten eigentlich vor gehabt mit der Kutsche ihren Sohn zu besuchen. Das taten sie nun auch und ließen uns im Haus alleine, ohne auch nur den Gedanken daran, dass wir etwas klauen oder kaputt machen könnten. Es gab also doch noch so etwas wie vertrauen und es war schön zu sehen, wie frei und leicht es einen Menschen machte. Ihr Haus war vollgefüllt mit allem möglichen Gerümpel von dem nichts einen echten Wert hatte, aber sie fühlten sich hier wohl. Anders als in so vielen Luxusvillen in Großbritannien spürte man hier Leben. Die Leute waren einfach gerne hier und aufgrund der eigenen Zufriedenheit gab es keinerlei Misstrauen anderen gegenüber. Als sie schließlich zurückkamen, schauten sie kurz bei uns vorbei, fragten, ob alles gut sei und gingen dann wieder eigenen Tätigkeiten nach um uns den unseren zu überlassen.

Das taubetropfte Soinnennetz funkelt im Schein der Sonne

Das Spinnennetz funkelt im Schein der Sonne

Gestern war es ähnlich entspannt. Wir bekamen einen Kommunionsunterrichtsraum vom Pfarrer und waren den Rest des Tages für uns. Es war ein schäbiger Raum, so wie wir es von diesen Räumen gewohnt waren, aber wir mussten feststellen, dass wir es sogar ein bisschen vermisst hatten. Irgendwie hatten sie immer ihren ganz eigenen Charme, mit den halbfertigen Bildern an der Wand, den kaputten Schränken und dem Spielzeug, das irgendwo in einer Ecke herum lag.

Vor dem grauen Wolkenhimmel wirkt die Kirche Regelrecht bedrohlich.

Vor dem grauen Wolkenhimmel wirkt die Kirche Regelrecht bedrohlich.

Im inneren ist die kleine Dorfkirche jedoch hell und Freundlich

Im Inneren ist die kleine Dorfkirche jedoch hell und Freundlich

   

Gerade wo wir nun so viel Zeit geschenkt bekamen, war es umso ärgerlicher, dass ich sie im Moment aufgrund meiner Müdigkeit nur so schlecht, oder besser überhaupt nicht nutzen konnte.

Spruch des Tages: Es gibt ihn noch, den Glauben an das Gute im Menschen.

Höhenmeter 120 m

Tagesetappe: 11 km

Gesamtstrecke: 25.589,27 km

Wetter: regnerisch, kühl

Etappenziel: Kommunionssaal der Kirche, Châtillon sur Indre, Frankreich

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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