Kälteeinbruch in Deutschland

von Heiko Gärtner
03.10.2018 07:32 Uhr
 

Es wird wieder Winter!

Heute haben wir die ersten Schlittschuhläufer in einer der Städte auf unserem Weg gesehen. Damit ist es nun wohl wirklich Winter. Allerdings scheinen die Außentemperaturen dabei weniger ein Problem zu sein, als die Unterkühlung innerhalb der Menschen. Obwohl wir in Deutschland sind, wird es gerade immer schwerer, noch gute Schlafplätze aufzutreiben. Und das, obwohl wir alles im Voraus planen, um nicht in der Eiseskälte vor verschlossenen Türen zu stehen. Doch obwohl wir in einem Handyzeitalter leben in dem eigentlich jeder allzeit erreichbar sein müsste, verbringen wir zurzeit Stunden damit, mit Anrufbeantwortern und Mailboxen zu sprechen.

 
Auf dieser eigensinnigen Schwebebrücke mussten wir auf die andere Seite wechseln.

Auf dieser eigensinnigen Schwebebrücke mussten wir auf die andere Seite wechseln.

 
Der erste Frost bedeckt das Land

Der erste Frost bedeckt das Land.

 

Und selbst wenn etwas fest organisiert ist, heißt es noch nicht, dass dies auch eine Garantie darstellt. Heute beispielsweise wurden wir dreimal von einem Gebäude ins nächste weiter geschickt, weil die Verantwortlichen immer irgendeine Veranstaltung übersehen hatten. Dabei hätte es sogar eine Pilgerherberge gegeben, die vollkommen frei und ungenutzt war. Doch die Stadtinterne Regelung verlangte, dass hierfür eine Gebühr entrichte werden müsste, zu der wir nicht bereit waren. Letztlich landeten wir in einem Mehrzweckhäuschen mitten auf dem Friedhof.

Eine verschneite Stadt am Fluss

Eine verschneite Stadt am Fluss.

 
Heiko der Winterpilger

Heiko der Winterpilger.

 

Ohne Ausländer geht es nicht...

Auch die Essenssuche wird schwieriger. Die Menschen haben immer mehr das Gefühl, in einem Mangel zu leben, und daher nicht mehr einfach frei geben zu können. Interessanterweise betrifft dies hauptsächlich die Deutschen. Wenn man einen Griechen oder einen Türken trifft, der bei uns sein Restaurant oder seine Imbissbude eröffnet hat, dann bekommt man fast immer etwas geschenkt. Und dies in der Regel noch mit einem sehr guten Gefühl. Es ist nicht so, dass diese Menschen einen Teil ihres Hab und Guts für einen opfern. Es ist viel mehr, dass sie sich freuen, beitragen zu können und dafür eine spannende Geschichte zu hören. Auch wenn hier viele rein Faktisch vielleicht ärmer sind, als der deutsche Durchschnittsbürger, haben sie das Gefühl reich zu sein, weil es ihnen insgesamt gut geht.

Bettelmönch an der Dänischen Küste

Auch für den Bettelmönch Franz Bujor wird der Kälteeinbruch eine Herausforderung.

 

Unerwarteter Reichtum

In diesem Zusammenhang haben wir gerade noch einen spannenden Fakt herausgefunden. Was glaubt ihr, wie viel Geld jeder Mensch zur Verfügung hätte, wenn wir alle finanziellen Mittel der Erde gleichmäßig unter allen Menschen aufteilen würden? Ich selbst tippte auf einen Berg Schulden von ein paar Tausend Euro, da unser Finanzsystem ja angeblich rein auf der Erschaffung von Schulden basiert. Doch das ist ein Irrtum. Würde man wirklich alles Kapital und alle Schulden gegenrechnen und in 7 Milliarden gleich große Haufen verteilen, hätte jeder Mensch der Erde rund 1,1 Millionen Euro zur Verfügung. Sämtlicher Mangel, sämtliche Armut und jede Not ist also vollkommen künstlich erzeugt und basiert lediglich darauf, dass eine Handvoll Menschen Billiarden von Euro oder Dollar horten und aus dem regulären Geldfluss fernhalten.

Wäre das Geld auf der Erde gleichmäßig verteilt, könnte jeder damit genauso um sich werfen, wie dieser Bauer mit seinem Mist.

Wäre das Geld auf der Erde gleichmäßig verteilt, könnte jeder damit genauso um sich werfen, wie dieser Bauer mit seinem Mist.

 

Eisige Kälte

Währenddessen wird es hier immer kälter und der Glaube, dass es den eben beschriebenen Reichtum nicht gibt, lässt uns in einem permanenten Mangelzustand leben. Sogar in Deutschland beginnen wir nun, die Heizungen in der Nacht auszuschalten und nehmen es in Kauf, dass sämtliche Gemütlichkeit verloren geht, weil wir hoffen, dadurch etwas Geld sparen zu können.

Heiko und Franz beim Wandern in Schleswig-Holstein

Heiko und Franz beim Wandern in Schleswig-Holstein.

 
Das Pilgern wird auch für Heiko immer mehr zur Schneewanderung

Das Pilgern wird auch für Heiko immer mehr zur Schneewanderung.

 

Die Bauern, die bis zum Kälteeinbruch Probleme mit ihren viel zu schlammigen Feldern hatten, freuen sich hingegen riesig über den Bodenfrost, denn nun können sie endlich ihre Jauche ausfahren. Besonders sinnvoll erscheint das zwar nicht, denn sie kann nun ja nicht mehr in den gefrorenen Boden einziehen. Stattdessen fließt der Tierdung mit all seinen Medikamenten und Chemikalien direkt in die Gräben und Flüsse. Aber das scheint hier keinen zu stören.

Der Schneeflug räumt die Straße frei.

Der Schneepflug räumt die Straße frei.

 

Deutschland stirbt aus

Eine weitere Entdeckung die wir in letzter Zeit immer wieder machen ist die, dass Deutschland mehr und mehr auszusterben scheint. Es gibt immer mehr leer stehende Häuser und teilweise kamen wir sogar durch ganze Innenstädte, die dem Verfall überlassen worden waren. Mehr und mehr kommt in uns der Gedanke auf, dass es vielleicht kein Zufall ist, dass plötzlich so viele Flüchtlinge in unser Land kommen. Denn häufig sind es genau diese Bezirke, die zuvor am Aussterben waren, die nun wieder bevölkert werden. Natürlich entstehen so auch leicht Brennpunkte, aber es entsteht zumindest überhaupt irgendwas.

Verlassener Bauernhof

Viele der wunderschönen Bauernhäuser stehen bereits leer.

 

Digitale Generation

Am letzten Tag vor unserem Übertritt nach Dänemark wurden wir von einer Pfarrersfamilie eingeladen. Beim gemeinsamen Mittagessen kamen wir ins Gespräch mit den beiden Kindern. Der Junge war etwa 11 Jahre als, das Mädchen war um die 15. Beide erzählten uns von ihrem Verhalten in der digitalen Welt des Handys und des Computers.

Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen

Zunächst hielten wir den Jungen für den Computernerd, denn er zockte täglich etwa zwei bis zweieinhalb Stunden an verschiedenen Computerspielen. Irritierenderweise waren Computerspiele selbst dabei gar nicht so sehr sein Ding. Er spielte schon auch, aber deutlich lieber schaute er sich auf YouTube Videos an, bei denen andere Ihren Bildschirm filmten, während sie zockten. Man spielt heute also nicht mehr selber am Computer, sondern schaute anderen dabei zu. Alles in allem verbrachte der Junge damit aber nicht einmal ein Drittel der Zeit, die seine Schwester mit chatten, skypen und „stalken“ verbrachte. Zu unserer Überraschung erfuhren wir, dass Facebook heute fast schon so eine Art Börse für alte Leute war.

Virtuelle Kreditkarten sind optimal für Kinder

Computer sind für die meisten Kinder heute kaum mehr wegzudenken.

 

Snap-Chat

Der neuste Trend was jetzt Schnap-Chat, eine Plattform, auf der man seinen Freunden Bilder zeigen konnte, die dann nach 3 Sekunden wieder verschwanden. Die Sache hatte natürlich so einen gewissen "Mission:Impossible-Style", leuchtete uns aber trotzdem nicht ganz ein. Der einzig erkennbare Vorteil war, dass man nun relativ gefahrlos auch intime oder peinliche Fotos verschicken konnte. Aber eben auch nur relativ, denn das Programm hielt den Empfänger nicht davon ab, innerhalb der ersten 3 Sekunden entweder eine Bildschirmkopie zu erstellen, oder die Bilder einfach separat abzuspeichern.

 
Spruch des Tages: Ihr habt Glück, das hätte eigentlich meine Beerdigung sein sollen!

(Kommentar einer Pfarrerin, die uns einen Platz gab. Sie bezog sich dabei auf den Umstand, dass sie diese Beerdigung hätte halten sollen und dann keine Zeit für uns gehabt hätte)

Höhenmeter 80m / 170m / 120m / 130m

Tagesetappe: 17km / 30km / 25km / 35km

Gesamtstrecke: 29.907,27km

Wetter: Überwiegend sonnig und warm

1628. Tag - Etappenziel: River Motel, Haparanda, Schweden

1629. Tag - Etappenziel: Gästezimmer der Kirche, Kemi, Finnland

1630. Tag - Etappenziel: Ferienhaus „Ravintola Pappilan Pehtoori, 3km südlich von Simo, Finnland

1631. Tag - Etappenziel: Ferienhütte auf dem Campingplatz, 3km südlich von Kuivaniemi, Finnland

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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