Die Kathedrale von Toul in Frankreich

von Franz Bujor
07.02.2014 23:18 Uhr
 

Heute dürfen wir die Kathedrale in Toul besichtigen!

Noch bis weit in die Nacht prasselte der Kamin zu unseren Füßen vor sich hin. Wir hatten unsere Schlafsäcke auf dem Wohnzimmerboden ausgebreitet und genossen die Wärme, die uns das brennende Holz spendete. Es ist doch deutlich spürbar, wie groß der Unterschied zwischen einer normalen Zentralheizung und einem ordentlichen Kamin ist. Und mit der Vorfreude auf die Kathedrale in Toul, war der Abend schon perfekt!

Unser Gastgeber wohnte allein in dem Haus, in dem wir ihn angetroffen haben. Er arbeitete als Koordinator in einer nahegelegenen Schleuse und war dafür zuständig, dass die Frachtschiffe passieren konnten. Das Haus wurde ihm dafür gestellt. Es war sehr schön eingerichtet und lag direkt an der französischen Mosel. Kein schlechter Deal also, wenn einen die einsame Lage nicht stört.

Unser Tag begann in etwa so, wie der letzte geendet hatte. Es war grau, windig und hin und wieder gab es kleinere und größere Regenschauer. Im Laufe des Vormittages wurde der Wind dann immer stärker, sodass wir manchmal etwas Angst hatten, ins Wasser geweht zu werden. Immerhin wehte der Wind nicht nur uns, sondern auch die Wolken davon, sodass es gegen Mittag langsam aufklarte.

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Der Hafen von Toul

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Das imposante Denkmal in Toul

 

Ein beeindruckendes Gotteshaus

Noch etwa 10 km lang folgten wir der französischen Mosel. Dann erreichten wir Toul, eine kleine Stadt mit etwa 20.000 Einwohnern. Schon von weitem sahen wir die Basilika, mit ihren zwei großen Türmen, auf denen die Dächer fehlten. Ansonsten war die Kathedrale in Toul wirklich beeindruckend, aber die Türme wirkten wie abgehakt. So als hätten sie eine Glatze oder als wäre ihnen der Hut heruntergefallen. Das wurde auch aus der Nähe nicht besser. Erst als wir direkt davor standen und das aufwendig gestaltete Portal mit den großen runden Fenstern sahen, entfaltete die Kirche ihre Pracht. Noch beeindruckender war jedoch die Rückseite. Hier befand sich einer der längsten Kreuzgänge Frankreichs. Im Sommer hätten wir als Pilger hier sogar übernachten dürfen. Im Winter durften wir es natürlich auch, nur war jetzt unsere Motivation nicht so hoch. Dazu pfiff einfach zu viel kalter Wind zwischen den Säulen hindurch. Doch der Reihe nach!

Toul ist auf jeden Fall einen Besuch wert, um die besonderen Sehenswürdigkeiten und die Festung zu erkunden! Wie zum Beispiel die Cathedrale et cloitre Saint Etienne; das Musee d'Art et d'Histoire de Toul; Collégiale Saint-Gengoult; und Remparts de Toul. Die Stadt Toul liegt im Nordosten Frankreichs, am westlichsten Punkt der Mosel , etwa 320 Kilometer östlich von Paris und 18 Kilometer westlich von Nancy. Toul wird auch vom Canal de la Marne au Rhin erschlossen, der unter Ausnutzung weiterer Kanäle eine schiffbare Verbindung aus dem Raum Paris bis an den Rhein ermöglicht.
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Die Hauptstraße von Toul

Ihr habt echt Glück!

Als wir Toul erreichten, fragten wir als Erstes in einer kleinen Pizzeria am Rande des Zentrums, nach etwas zu Essen. Die freundliche Bedienung sprach mit mir auf Englisch und bewegte ihren Chef dazu, uns eine Pizza zu machen.

„Ihr habt echt Glück!“, sagte sie, „das hier ist zufällig die beste Pizza in ganz Frankreich!“ Wir haben natürlich noch nicht jede Pizza hier probiert, aber diese hier war wirklich so lecker, dass man dies ohne schlechtes Gewissen behaupten durfte.

Da es mal wieder zu regnen begann, setzten wir uns unter das Vordach einer nahegelegenen Förderschule. Gegenüber von uns war gerade Unterricht. So spannend war er offenbar nicht, denn wir zogen die gesamte Aufmerksamkeit aller Personen im Klassenraum auf uns. Die der Lehrerin mit eingeschlossen. Und das nur, weil wir lustige Wagen dabei hatten und uns zum Pizza essen in ihrem Pausenhof versteckten. Als wir zum Abschied nach oben winkten, war es die Lehrerin, die den Gruß als erste erwiderte. Erst dann winkten auch die Schüler.

 
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Hier seht ihr den Kreuzgang im Kloster in Toul

 

Eine sonderbare Verbindung mit den Werten

Unsere nächste Station war eine große Kirche in der Nähe der Kathedrale von Toul. Sie war nicht besonders beeindruckend, aber dennoch auf ihre Art bemerkenswert. Das interessante an ihr war, dass sie komplett durch andere Gebäude zugebaut war. Lauter kleine Läden und Büros waren direkt an die Kirchenmauern oder sogar in die Kirche hineingebaut worden. Der Anblick erinnerte mich an die Kirche in St. Avold. Diese war zwar nicht ganz so verbaut gewesen, teilte sich ihr Gebäude aber mit einer großen Bank. Eine sonderbare Verbindung zwischen den geistlichen und den irdischen Werten. Wenngleich man sagen muss, dass die Symbolik durchaus treffend ist.

Anschließend suchten wir die Basilika und die Touristeninformation. Wir fanden beides nebeneinander und so teilten wir uns auf. Heiko machte ein paar Fotos, ich fragte nach einem Schlafplatz. Zur Basilika habe ich alles gesagt, was es zu sagen gibt und die Fotos sprechen für sich selbst. Also erzähle ich von meinem Gespräch in der Information. Die Dame die dort arbeitete, kam ursprünglich aus Bonn und war hierhergezogen, weil sie einen Franzosen geheiratet hatte. Das sie mich perfekt verstand, führte aber leider nicht dazu, dass sie besonders hilfreich war. Wieso waren eigentlich alle Menschen auf unserer Reise hilfreicher als die, die dafür bezahlt wurden? Es gäbe zwar Familien, die Pilger aufnehmen, aber dort müsse man sich mindestens drei Tage zuvor anmelden. Sie könne dort jetzt nicht einfach so anrufen. Doch, meinte ich, das könne sie schon, denn bislang war es für die Familien ja auch immer in Ordnung gewesen. Mit einigem Murren ließ sie sich überreden. Die Dame am anderen Ende der Leitung hätte uns gerne aufgenommen, konnte aber nicht, da sie krank war.

 
Auch die Orgel ist nicht gerade dezent.

Auch die Orgel ist nicht gerade dezent.

Daran hätte auch eine Voranmeldung nichts geändert. Andere Möglichkeiten sah die Touristeninformantin keine. Außer einigen billigen Hotels vielleicht. Überhaupt wusste sie sehr wenige Dinge, die einem Pilger geholfen hätten. Was sie aber wusste war, wo der Pfarrer wohnte. Nämlich hinter der Kirche am Kreuzgang. Der Pfarrer war zwar nicht da, aber der Besuch des Kreuzganges lohnte sich trotzdem. Anschließend besuchte ich die Touristeninformation noch einmal um mitzuteilen, dass unser Versuch gescheitert war.

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Der Altar in Toul ist beeindruckend

Ob es denn keinen anderen Menschen in dieser Stadt gab, der irgendwie in Verbindung mit der Kirche oder der Kathedrale in Toul stand, wollte ich wissen. Einen Dekan vielleicht, oder einen Diakon, einen Kirchenvorstand, einen Vertrauensmenschen, eine Ordensschwester, einen Mesner oder sonst irgend jemanden. Sie verneinte alles. Entweder hatte sie also keine Lust mir zu helfen, oder der arme Pfarrer war in dieser 20.000 Kopf großen Gemeinde wirklich alleine für alles verantwortlich. Letzteres würde zumindest erklären, warum er nicht zu Hause war. Da ich einsah, dass ich hier auf Granit biss und da unsere Füße noch immer wander tauglich waren, ließ ich mir von ihr zumindest noch den Weg aus der Stadt erklären.

Geben ist bekommen!

Kurze Zeit später kamen wir an einer Dönerbude vorbei, bei der wir nochmals Halt machten, um zu fragen, ob es nicht eine Möglichkeit gab unser bisher eher spärliches Abendessen aufzubessern. Da der Mann an der Theke behauptete, nur Französisch zu sprechen, kratzte ich all meine Sprachkenntnisse zusammen um ihm zu erklären, was ich wollte. Daraufhin hielt er mir einen 20 minütigen Vortrag auf Englisch darüber, dass er uns nicht unterstützen wolle, weil er schließlich Geld verdienen müsse und weil er es für unmoralisch hielt, ohne Arbeit und Geld leben zu wollen. Seine Argumentation war vollkommen verständlich und es war ja auch sein gutes Recht uns abzulehnen. Trotzdem fand ich seine Ausführungen etwas übertrieben. Vor allem störte es mich, dass er mich immer wieder aufforderte, ihm zu erklären, war wir eigentlich taten, mir aber dann nicht zuhörte. Schließlich unterbrach ich ihn, bedankte mich herzlich für seine Zeit und ging. Eine Sache viel mir dabei aber noch einmal besonders auf. Nahezu immer, wenn wir irgendwo mit unserer Bitte um Nahrung abgelehnt worden waren, waren die Restaurants, Cafés oder Läden leer gewesen. Und zwar nicht die Art von leer, die entsteht, wenn gerade nicht die richtige Tageszeit herrscht, sondern die Art, die zeigt, dass das Geschäft insgesamt nicht besonders gut läuft. Je besser ein Geschäft lief, desto spendabler waren auch die Besitzer. Oder andersherum: Je freundlicher und spendabler die Besitzer waren, desto besser lief auch das Geschäft. Geben ist bekommen! Und wer geht schon gern in ein Restaurant mit einem knauserigen Inhaber?

 
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Der größte Kreuzgang in Toul

 

In einem Café mit Bäckerei eine Straße weiter, machten wir ganz andere Erfahrungen. Hier bekamen wir nicht nur Baguette geschenkt, sondern wurden auch noch auf einen Kaffee eingeladen. Die Chefin plauderte erst noch eine ganze Weile mit uns, dann setzte sie sich wieder zu anderen Gästen an den Tisch. Das dieses Café hervorragend lief, verwundert da kaum.

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Der Jakobsweg in Toul führt direkt an der Kathedrale vorbei

 

Nach unserer kleinen Stärkung verließen wir Toul und die Kathedrale in Toul und wanderten an einem kleinen Kanal entlang in Richtung Westen. Dort erreichten wir nach knapp zwei Stunden den Ort Foug, wo wir sogar Teil eines Wahlkampfes wurden. Jedenfalls gibt es einige Indizien, die das vermuten lassen. Im Rathaus traf ich auf einen älteren Herren, der seine Kindheit und seine Armeezeit in Deutschland verbracht hatte und der uns einen Schlafplatz in einem Sportheim organisierte. Er führte uns durch den Ort bis zum Heim und verpasste es dabei nicht, jeden Bürger, dem wir begegneten zu grüßen und ihm zu erzählen, was er gerade tat. Später drehten wir noch eine kleine Runde durch die Ortschaft und kamen an einem Veranstaltungshaus vorbei. Hier trafen wir den Herren wieder. Als wir ihn fragten, war hier gerade los sei, erklärte er uns, dass er eine Wahlveranstaltung für den neuen Bürgermeister gegeben hätte, die nun gerade beendet sei. Falls wir seiner Kampagne mit unserer Bitte wirklich helfen konnten, haben wir das gerne getan, denn er machte einen durchaus sympatischen und kompetenten Eindruck.

toul sehenswuerdigkeiten

Die Sehenswuerdigkeiten von Toul können sich sehen lassen

 

Das Sportheim selbst war nicht gerade luxuriös. Genau genommen war es eher eine verschimmelte, marode Bude, in der die Farbe von der Decke bröckelte. Aber anders als in der Jugendherberge, sahen wir das diesmal entspannt. Es ist warm, ruhig und trocken. Was will man mehr? Nach der interessanten Besichtigung der Kathedrale in Toul, liesen wir den Tag ausklingen.

Spruch des Tages: Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain)

Tagesetappe: 21 km

Gesamtstrecke: 832,77 km

Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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