Der Bär als Krafttier

von Franz Bujor
31.08.2017 05:37 Uhr

Fortsetzung von Tag 1231:

Der Geist kontrolliert den Körper

Bei mir war es eine Aufgabe, die mir noch einmal weitere wichtige Erkenntnisse eingebracht hat. Ich sollte 7 Minuten lang in der mittleren Liegestützposition ausharren, also mit den Armen im 90° Winkel. An einem Stück habe ich das natürlich nicht geschafft, sondern nur scheibchenweise in kleinen Abschnitten von 3 bis 30 Sekunden. Dabei wurden aber die Themen Zeit, Präsenz, Konzentration und Fokus noch einmal sehr deutlich.

Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass es Heiko einen Heiden-Spaß gemacht hat, mir zuzusehen und meine Glanzleistung mit lauter lustigen Sprüchen zu kommentieren. „Oh, ich hätte nicht gedacht, dass du schon zusammenbrichst, noch bevor du überhaupt in die Liegestützposition gehst. Dachte immer, dass man einen Muskel auch benutzen muss, damit er angestrengt wird.“ Irgendwann lag ich dann wie Tod auf unserem Kirchenboden, spürte meine Arme nicht mehr und hatte keine Idee, wie ich jemals wieder aufstehen sollte. Und ja, es muss echt lustig ausgesehen haben.

Die Themen Zeit, Präsenz, Konzentration und Fokus wurden beim Liegestütz noch einmal sehr deutlich.

Die Themen Zeit, Präsenz, Konzentration und Fokus wurden beim Liegestütz noch einmal sehr deutlich.

 

Ohne Fokus, aber mit Handbremse

Ich glaube, mir hätte es auch Spaß gemacht, mir dabei zuzusehen und mich dabei zu verarschen. Spannend war aber, dass diese kleinen Kommentare vollkommen ausgereicht haben, um mich komplett aus der Konzentration zu bringen. Einige Male konnte ich meine Kraft zentralisieren und meinen Fokus so legen, dass ich es länger ausgehalten habe, als zuvor. Dann ein Satz oder auch nur ein Wort: „90°!“, oder „Rücken grade!“ oder „Jetzt hast du's fast geschafft! Nur noch sechseinhalb Minuten!“ Und Zack! Keine Kraft, sofortiger Zusammenbruch. Jede noch so kleine Ablenkung reicht aus, um mich aus dem Konzept zu bringen. (Wie jetzt zum Beispiel gerade ein juckendes Ohr, dem ich mich mitten im Satz widmen musste, sodass ich erst einmal vergaß, was ich eigentlich schreiben wollte.)

Ich denke, das ist schon mal ein Bestandteil der Handbremse.

Der Fokus entscheidet

Der zweite war, dass ich zwar durchaus einen Fokus setzen kann, diesen aber nie besonders geschickt setze. Direkt auf den Schmerz zum Beispiel. Wenn meine Arme vor Anstrengung zu brennen anfangen, dann konzentriere ich mich genau auf dieses Brennen und mache es dadurch immer stärker und stärker. Als Heiko mir die Aufgabe gab, mich stattdessen zwar auf meine Finger am Boden zu konzentrieren, den Fokus dabei aber auf alle Muskeln in meinem Körper zu legen, die ihre geballte Kraft nutzen, um mich oben zu halten, wurde es bedeutend leichter. Es tat weniger weh und ich hatte mehr Kraft und hielt länger durch. Hier ist auch ein wichtiger Punkt: Sobald irgendwo ein Schmerz, ein Leid oder ein Problem ist, konzentriere ich mich darauf und verstärke es dadurch, anstatt mich beispielsweise auf meine Kraft zu konzentrieren, oder auf die Lösung oder die Punkte, in denen ich keinen Schmerz spüre. Somit kämpfe ich also immer gegen mich selbst an und verringere meine eigene Kraft auf ein Minimum.

Die Konzentration auf das Positive und Kraftvolle bündeln.

Die Konzentration auf das Positive und Kraftvolle bündeln.

 

Zwischen einem Augenblick und der Ewigkeit

Der dritte Punkt war mein Bezug zurzeit. Wenn Heiko sagte: „Den letzten Teil musst du nun ohne Absetzen schaffen, sonst fangen wir von diesem Zeitpunkt noch einmal von vorne an!“, ohne mir aber eine Zeit zu geben, wie lange ich durchhalten musste, gab ich jedes Mal ein paar Sekunden vor dem Ziel auf. Einmal sogar eine einzige Sekunde. Wenn ich jedoch wusste, wie lange es klappen musste, dann erreichte ich da gesteckte Ziel immer mit letzter Kraft. Dies brachte uns darauf, dass es in meiner Vorstellung kein Zeitgefühl in diesem Sinne gibt. Zeit ist für mich eine vollkommen unbekannte Größe, die ich in nur zwei unterschiedliche Werte einteile: kurz und ewig. Die Frage im Zusammenhang mit Zeit lautet also immer: Ist es so kurz, dass ich es aushalten und hoffen kann, dass der nächste Moment besser wird, oder dauert es ewig, sodass ich mich entweder daran gewöhnen oder mir einen Ausweg suchen muss. Dazwischen gibt es nichts. Er gibt kein herantasten und keine Zeitabschnitte, sondern nur ein „Alles oder nichts.“ Genauso versuche ich auch zu lernen oder mich zu entwickeln. Entweder es klappt gar nichts, oder es muss 100 % sein. Kleine, bewusste Schritte erkenne ich nicht und kann sie daher auch nicht gehen. Da ich mir die 100 % in der Regel aber nicht zutraue, bleibe ich die meiste Zeit da stehen, wo ich bin und ärgere mich dann.

Die Zeit als Verbündeter

Das zweite spannende war, dass Zeit für mich ein Gegenspieler ist, zu dem ich einen sehr negativen Bezug habe. Zeit ist immer entweder das, was mir durch die Finger rinnt, ohne dass ich es nutzen kann, oder das, was nicht rumgehen will und mich im Leiden festhält. Die Gefühle sind also entweder: „Scheiße, scheiße, ich bin zu langsam!“ oder „Oh Gott, wie lange noch! Nur schnell vorbeigehen, denn dann wird alles besser!“

Sehr sinnvoll, oder?

Hier merke ich, dass das gerade noch der schwerste Punkt für mich ist. Es geht darum, die Zeit als Werkzeug zu nutzen, sie als Geschenk, als Freund und als Unterstützung anzusehen. Ich muss irgendwie ein Gefühl für sie bekommen, um mit ihr tanzen zu können. Um sie überhaupt kennenzulernen und um zu spüren, wie ich mich in ihr bewege. Lernen, mich über den Moment, aber auch über den Fluss der Zeit zu freuen. Ich will sie am liebsten immer festhalten oder anhalten, weil mir alles zu schnell geht. Und dann wieder anschubsen und beschleunigen, wenn sie meiner Meinung nach zu langsam ist. Ich kann sie nicht fließen lassen und mich ihrer Strömung hingeben, wie ein Schwimmer in einem Fluss.

Dies zu lernen, ist wohl eine meiner aktuellen Aufgaben. Spannend dabei ist, dass ich bislang immer Angst hatte, wenn es um Entwicklungsschritte ging, weil ich nie wusste, was da auf mich zukommt. Gerade ist zum ersten Mal ein Gefühl von Freude dabei, wo ich Lust bekomme, hier wirklich mehr über mich und über die Zeit herauszufinden.

Das Gefühl für Zeit ist für jedes Wesen anders oder nicht vorhanden.

Das Gefühl für Zeit ist für jedes Wesen anders oder nicht vorhanden.

Weitere Austestungen

Im Anschluss haben wir dann noch einige weitere Dinge ausgetestet. Die erste Frage lautete: Soll mein Branding noch einmal nach geschnitten werden, an den Stellen, an denen die Narben kaum oder gar nicht sichtbar sind?

Es ist nun zu großen Teilen verheilt und das ohne Komplikationen oder komische Wulstnarben. Das meiste sieht sehr gut aus, aber an einigen Stellen ist es so gut verheilt, dass man fast gar nichts mehr sieht. Damit es seine Kraft entwickeln kann, sollte es daher noch einmal an einigen Stellen etwas überarbeitet werden. Allerdings sollen wir hier noch abwarten, was uns Quentin noch an Informationen dazu schickt. Wenn es so weit ist, soll bei Heiko gleich in einem Abwasch auch die nächste Hautwucherung entfernt werden.

Krafttier Bär

Der zweite Punkt bezog sich vor allem auf Shania. Sie hatte ja vor einigen Tagen eine Krafttierreise gemacht, die uns aus irgendeinem Grund ebenfalls sehr stark beeinflusst hatte. Durch ihre letzte Mail verstanden wir jetzt auch warum. Sie hatte in ihrer Vision nicht nur ihr eigenes, sondern auch das Krafttier von Heiko und mir gesehen. Ihres war der Rabe und Heikos war, wie wir ja bereits wussten, der Wolf. Ich jedoch hatte bislang nie eine Ahnung, welches mein eigenes Krafttier ist. Als Shania jedoch von dem Bären erzählte, auf dem sie durch die Welt reiten durfte und der wie ein beschützender Freund und Bruder für sie war, spürte ich sofort, dass dieser Bär zu mir gehörte.

Zum ersten Mal stand kein Fragezeichen mehr hinter dem Tier. Mir war klar, das ist es. Noch nicht mein Dodem, also noch nicht das Tier, mit dem ich im Geiste verbunden bin und das sich meiner angenommen hat, um mich zum Erwachen zu führen. Aber mein Krafttier, also das, was als Unterstützer, Berater, Freund und Kraftgeber an meiner Seite steht. Das zu hören, fühlte sich wirklich gut an! Auf dieser Ebene bin ich nun also auch einen riesigen Schritt weiter und wer weiß, wann ich da von selbst drauf gekommen wäre. Spannend, dass der Bär bei meinem Tattoo das zentrale Tier genau auf meinen Beziehungswirbeln sein wird. (OK, das wäre auch ein Hinweis gewesen, aber daran habe ich nicht gedacht!) Hier haben wir übrigens ausgetestet, dass Shania bei ihrem nächsten Besuch die Linien mit der Hand tätowieren soll und dass ich zuvor selbst im Photoshop die Vorlage erstellen soll.

Der Bär steht als Krafttier für Lebenskraft, Mut und Instinkt

Der Bär steht als Krafttier für Lebenskraft, Mut und Instinkt.

 

Gleichzeitig kamen wir jedoch darauf, dass Shanias Dodem eine Katze, bzw. ein Raubkatzenwesen ist. Bei unseren Austestungen kam heraus, dass es sich aber nicht um eine „herkömmliche“ Raubkatze handelt, sondern um das Kind eines weiblichen Geparden und eines männlichen Pumas. Seit langem war klar, dass sie als einen ihrer Wandlungsschritte auch ihre Augen mit Permanent Make-up unterstreichen sollte. Nun verstanden wir, warum und wie genau dies sein sollte. Das Make-up soll ihnen insgesamt ein katzenhaftes, also geparden-puma-mischlingshaftes Aussehen verleihen.

 

Spruch des Tages: Oh grandfather bear, why won´t you come here...

Höhenmeter: 490 m

Tagesetappe: 27 km

Gesamtstrecke: 22.572,27 km

Wetter: sonnig

Etappenziel: Kapelle, kleines Dorf vor S Y16 4JN Mochdre, Wales

Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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