Tierbekanntschaften - Was dir deine Krafttiere mitteilen wollen

von Franz Bujor
28.03.2018 06:49 Uhr

12.10.2017

Von Rehen, Füchsen, Papageien und Hobbits

Heute war wieder ein Tag der besonderen Begegnungen. Gleich in der Früh querten wir ein großes Militärgelände, das wir gestern nicht hatten durchqueren können, da es aufgrund einer Übung vollständig gesperrt gewesen war. Nun war es wieder freigegeben und außer uns war es menschenleer. Das wussten offenbar auch die Rehe, denn überall sonst herrschte hier in Frankreich gerade Jagdsaison. Bereits in den letzten Tagen hatten wir schon erstaunlich oft Rehe gesehen, was sicher auch kein Zufall war. Doch hier auf diesem geschützten von der Jagd ausgenommenen Gelände waren es gleich hunderte, die sich tummelten. Sie tollten über die weiten Wiesen und hatten nicht eine Spur von Angst. Als sie uns sahen, blickten sie kurz zu uns herüber, identifizierten und als ungefährlich und hüpften munter weiter. Es lag so viel Leichtigkeit und Eleganz in ihren Bewegungen, dass Heiko und ich fast ein bisschen neidisch wurden.

Die Botschaft des Rehs

In Anbetracht der Menge und Nähe in denen uns die Rehe begegneten, wollten wir dann doch einmal nachschauen, was sie denn für eine Botschaft für uns hatten. Einiges wussten wir bereits über das Reh, doch es schien, als wäre wieder einiges an neuen Informationen dabei. So galt das Reh in der europäischen Mythologie und in unseren alten Märchen, Sagen und Legenden in der Regel als eine geheimnisvolle Verführerin. Das beispielsweise war uns neu! Und doch war es auch naheliegend, denn gerade durch seine schüchterne Art löst es in Männern einen Beschützerinstinkt aus, der sie herbeilockt. Den Erzählungen nach, kann das Reh dabei tief in das Herz und in die Seele blicken und so Wünsche und Sehnsüchte erkennen, die nicht einmal der Mensch selbst richtig versteht. Als hilfreiches Wesen nutzt das Reh diese Fähigkeit jedoch nicht zum Negativen. Viel mehr führt es einen an Orte, an denen eine tiefe Wandlung möglich ist, die man sich zwar irgendwo innerlich ersehnt hat, die man aber selbst noch nicht greifen oder definieren kann.

Rehe liegen entspannt an ihrem Ruheplatz

Rehe liegen entspannt an ihrem Ruheplatz

Die Botschaft geht aber noch weiter, denn gleichzeitig warnt das Reh auch vor etwas, das einem sehr nahe geht und von dem man noch nicht genau sagen kann, ob es einem wohlgesonnen ist oder nicht. Hier sollte man eine intuitive Entscheidung treffen und nicht länger mit dem Kopf versuchen, die Situation zu analysieren. Vertraut einfach auf eure innere Rehstimme, denn sie wird instinktiv die richtige Entscheidung für euch treffen.

Ein verspieltes Reh im Rapsfeld – ein gern genommener Gesprächspartner!

Ein verspieltes Reh im Rapsfeld – ein gern genommener Gesprächspartner!

„Das ist ja mal eine hilfreiche Beschreibung!“ meinte ich daraufhin trocken, „Ich bin ja jetzt schon verwirrt von den viele Gehirnstimmen in meinem Kopf, wie soll ich denn da jetzt noch die Rehstimme heraushören?“

“Du kannst ja mal versuchen, sie ausrufen zu lassen“, meinte Heiko scherzhaft.

„Du meinst so in etwa wie: Rehstimme, bitte zur Information! Rehstimme Bitte!“

Rehe im Wald

Rehe im Wald

Leider hat auch dies noch nicht so richtig funktionieren wollen, aber was nicht ist kann ja noch werden. Tendenziell würde ich sagen, dass es dabei um das Thema mit dem Selbst-Annehmen und dem Versagen geht, das mich gerade beschäftigt.

Die Botschaft des Fuchses

Etwas später begegneten wir einem Fuchs, der gleich zweimal direkt vor uns auf der Straße und dann quer über das Feld lief. Beim zweiten Mal kam er zurück und rannte direkt in seinen Bau, der sich nur wenige Meter vor uns in der Wegböschung befand. Noch nie zuvor habe ich einen Fuchs so lange und genau beim Laufen beobachten können. Er war wirklich wie ein Pfeil und bis auf wenige Sprünge, bei denen er Hindernisse überwinden musste, vollführte er eine gleitende Bewegung, durch die er fast mit seiner Umgebung verschmolz.

Neugierig schaut uns der Fuchs an.

Neugierig schaut uns der Fuchs an.

Die besondere Fähigkeit des Fuchses ist das Tricksen, Tarnen und Täuschen. Auch ihm geht es darum, die tieferliegende Wahrheit hinter einer oberflächlichen und verwirrenden Fassade zu entdecken. Ob sich auch dies wieder auf die Symptomatiken bezieht? Also darauf, zu erkennen, dass das, was offensichtlich schmerzhaft und negativ erscheint, eigentlich ein Bote für Heilung und Entwicklung ist. Gleichzeitig geht es auch darum, selbst zum Trickser zu werden und die Grenzen der Realität aufzuweichen, sodass man die alten Muster schließlich doch noch abstreifen kann.

Die Kirche unseres kleinen Übernachtungsdorfes

Die Kirche unseres kleinen Übernachtungsdorfes

Zu Gast im Hobbithaus

Am Mittag trafen wir den Bürgermeister eines kleinen Dorfes, der uns zu sich nach Hause einlud. Er war ein kleiner, weißhaariger Mann, der von seiner ganzen Art ein bisschen an einen Hobbit erinnerte. Seine Frau war Halbvietnamesin, hatte die gleiche Größe und passte auch sonst in jeder Hinsicht zu ihrem Mann. Die beiden lebten etwas außerhalb des Ortes in einem verwinkelten, alten Bauernhaus, dessen Türstöcke ungefähr auf der Höhe unsere Knie lagen. Es war voll gestellt mit lauter Erinnerungen, Artefakten und Mitbringseln aus aller Welt und doch wirkte es gemütlicher und wohnlicher als nahezu alle Häuser, die wir in letzter Zeit gesehen hatten. Oftmals gab es keine Türen, sondern nur Vorhänge, die Heizung funktionierte nicht, weshalb ausschließlich mit den Kaminen geheizt wurde und man musste permanent Obacht geben, sich nicht den Kopf zu stoßen. Kurz es war wirklich wie in einem Hobbithaus. Außer uns und unseren Gastgebern lebten hier zudem noch ein Papagei, der sprechen konnte, ein Hund, der ewig schlief und zwei Katzen, von denen die eine offensichtlich in meinem Zimmer wohnte.

schnell fliegender Bläuling

schnell fliegender Bläuling

Leider mussten Christian und seine Frau am Nachmittag arbeiten, weshalb wir noch einmal ins Rathaus zurückkehrten, wo wir uns im Bürgermeisterbüro niederließen. Es dauerte keine halbe Stunde, bis Heiko meinte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich jemals in so einem Büro gearbeitet haben soll! Es ist ja unmöglich, sich hier zu konzentrieren!“

Kleine, alte Steinkirche

Kleine, alte Steinkirche

Es stimmte. Dort lief der Kopierer, hier bereiteten drei Frauen die Weihnachtsdeko vor, da wurde umgebaut und permanent stiefelte jemand herein, der irgendetwas wollte. Es war nichts Großartiges oder übertriebenes, nur ein ganz normales Mehrpersonenbüro mit normalem Betrieb. Und doch war es kaum auszuhalten. Heiko fackelte daher nicht lange und wechselte seinen Arbeitsplatz nach draußen auf den Spielplatz, wo er sich regensicher unter ein Spielhäuschen setzte. Der Bereich war kaum 70 Zentimeter hoch und das einzige, an das man sich anlehnen konnte war eine scharfkantige Eisenplanke, die sich in den Rücken bohrte, aber es war trotzdem noch immer angenehmer hier, als im Büro.

Ich schaffte es zunächst noch, die Störungen auszublenden, spürte jedoch, dass ich immer müder und kraftloser wurde. Je mehr ich in den Halbdämmerzustand abglitt, desto lauter und bedrohlicher wurden die Stimmen und Störungen um mich herum. Schließlich musste auch ich raus und suchte mir einen Platz an einer Bushaltestelle, bis wir schließlich zurück ins Hobbithaus konnten.

Spruch des Tages: Folge der Rehstimme!

Höhenmeter 90m / 310m / 75m / 250m

Tagesetappe: 14km / 14km / 13km 17km

Gesamtstrecke: 26.737,27km

Wetter: herbstlich, kalt, bewölkt, nass, neblig, ungemütlich

Etappenziel 1: Jesuiten-Kloster, Trier, Deutschland

Etappenziel 2: Versammlungshaus der Ortsgemeinde, Kordel, Deutschland

Etappenziel 3: Hotel „Altes Pfarrhaus“ , Auw an der Kyll, Deutdchland

Etappenziel 4: Bürgerhaus der Stadt, Bittburg / Erdorf, Deutschland

Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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