Der Pilgerweg nach Vadstena: Das "Santiago" von Schweden
Vor zwei Jahren haben wir auf unserem Weg durch Schweden den Heimatort der heiligen Elisabeth angeschaut, einer von zwei Schwedinnen, die je zur Heiligen ernannt wurden. Nun habe ich gewissermaßen ein Wiedersehen mit der guten Dame, denn ich habe den Ort erreicht, in dem sich ihr Kloster befand und noch immer befindet. Er heißt Vadstena und ist gewissermaßen das Santiago de Compostela von Schweden. Er ist das Ziel einiger Rad- und Pilgerwege und zudem ein Ort, an den jedes Jahr zahlreiche Touristen mit Bussen und Autos anreisen.
Damit gehört Vadstena zu den beliebtesten Touristen- und Pilgerzielen in Schweden. Der Ort liegt am Vättern-See und beherbergt neben dem Kloster und einer großen Kathedrale auch eine trotzige alte Burg, eine kurze aber nette Einkaufsmeile und ein großes Pilgerzentrum in dem ich die Nacht über wohnen durfte.
Der schwedische Pilgerweg nach Vadstena
Der Haupt Pilgerweg, der durch Schweden nach Vadstena führt, zieht sich von Kolmården an der Ostsee rund 250 km über Krokek, Åby, Norrköping, Söderköping, Linköping und Skänninge bis hier her. Auch wenn nicht alle Wege hier nach Vadstena führen, wird die Stadt dank ihrer Geschichte und der beachtlichen Bauwerke liebevoll „Das Rom des Nordens“ genannt. Für alle, die Rom kennen muss man jedoch dazu sagen, dass die Erwartungen nicht zu hoch sein sollten. Denn Vadstena ist wirklich eine nette Ortschaft und für schwedische Verhältnisse durchaus ein kulturelles Zentrum. Es ist aber weder eine Großstadt noch ein Touristenparadies und somit mit der Römischen und italienischen Hauptstadt nicht wirklich zu vergleichen.
Dafür findet man hier aber auch deutlich mehr Ruhe und Zeit zum Verweilen und Entspannen, als in der hektischen, großen Stadt im Süden.
Andere Pilgerwege führen beispielsweise aus dem Süden des Landes hier her. Einen davon bin ich zuvor bereits ein Stück gewandert, als mich meine Route unter anderem durch Lund führte.Die Geschichte der schwedischen Heiligen
Anders als in ihrem Geburtsort erfuhr ich hier in Vadstena sogar ein bisschen was darüber, warum die Heilige Elisabeth denn nun zur Heiligen ernannt wurde.
Die Geschichte beginnt rund 600 Jahre zuvor mit der ersten schwedischen Heiligen Birgitta.
Als Gemahlin eines einflussreichen Fürsten erlebte sie zunächst alles andere als ein nonnenhaftes Dasein. Wie wir es ja auch von Franz von Assisi und einigen anderen Heiligen schon kennen. Ob das wohl auch eine Voraussetzung ist, um später heiliggesprochen zu werden? Auch sie selbst stammte bereits aus einer sehr wohlhabenden und einflussreichen Familie und ihr Leben ist (wie ebenfalls bei Heiligen nicht unüblich) voller Widersprüche.
Das Leben der Heiligen Birgitta
So lebte sie zunächst einmal ihr prunkvolles Leben und wurde dabei Mutter von acht Kindern. Nach dem Tod ihres Mannes soll sie, den Erzählungen zum ersten Mal eine göttliche Eingebung bekommen haben. Schon kurz darauf folgten weitere und bis zu ihrem Tod sollen es sogar 600 bis 700 Offenbarungen gewesen sein. Schließlich verstand sie sich selbst als direktes Sprachrohr von Jesus Christus, der sie unter anderem dazu aufforderte, in Vadstena eine große Klosterkirche bauen zu lassen. Außerdem sollte sie passend dazu natürlich auch ein Kloster bauen und einen entsprechenden Orden gründen. Die Bauzeit der Kirche dauerte 60 Jahre und wurde 1430 beendet. Birgitta bekam davon also nur noch die ersten Anfänge mit, denn sie selbst starb bereits 1373.
Friedensstiftung und Ablasshandel
Neben der Ordensgründung war sie auch politisch sehr aktiv und trat als Friedenstifterin und Vermittlerin zwischen Frankreich und England im Hundertjährigen Krieg ein. Was ihren Bezug zur Kirche anbelangte, war sie etwas geteilter Meinung. Auf der einen Seite versuchte sie, den im französischen Exil in Avignon sitzenden Papst wieder zur Rückkehr nach Rom zu bewegen, um den Einfluss der Kirch wieder zu stärken. Auf der anderen Seite verurteilte sie aber auch lautstark den Hang zu Prunk und Überfluss, mit dem sich die Kirche umgab. Und wieder auf der anderen Seite war sie selbst eine begeisterte Nutzerin des Ablass-Systems. So bot sie reichen Mitbürgen eine Verkürzung ihrer Qualen im Fegefeuer an, wenn diese nur ausreichend dafür zahlten. Wobei sie sowohl Geld als auch Grundbesitz annahm. Damit finanzierte sie dann unter anderem den Aufbau des Klosters in Vadstena, das dank dieser Taktik zum größten Grundbesitzer in ganz Schweden wurde.
Reformation, Schließung und Neueröffnung
Rund 200 Jahre florierten der Orden und das Kloster, das neben Nonnen auch Mönche und Priester beherbergte. Dann kam 1527 die Reformation und der schwedische König wurde anstelle des Papstes zum Oberhaupt der schwedischen Kirche ernannt. In den nächsten Jahren wurden fast alle Kirchen reformiert oder geschlossen und der katholische Glaube wurde für die kommenden Jahrhunderte verboten. 1550 mussten dadurch zunächst die Brüder und 45 Jahre später dann auch die Schwestern das Kloster verlassen.
Erst rund 400 Jahre später wendete sich das Blatt mit dem Auftreten von Elisabeth Hesselblad erneut. Denn diese gründete zunächst den Erlöserorden der heiligen Birgitta neu und ließ dann 1963 auch das Kloster wieder eröffnen. Heute leben und wirken hier acht Birgittinerinnen Schwestern. Ein Teil des Klosters wird heute zudem als Museum genutzt, in dem man auch die Geschichte der beiden Heiligen nachvollziehen kann.
Pilgern mit Tradition
Auch die heilige Birgitta war ihrerseits bereits eine sehr aktive Pilgerin, weshalb es durchaus passend ist, dass Vadstena heute wieder zum Zentrum und Ziel des schwedischen Pilgergeschehens geworden ist. Neben dem Bereits erwähnten Pilgerweg gibt es auch einen Radweg mit knapp 100 km Länge, der einmal um den nahegelegenen Tåkern-See führt. Das Pilgerzentrum arbeitet zudem daran, die Pilgerwege weiter auszubauen und sogar bis nach Dänemark und Deutschland fortzuführen. Zurzeit gibt es aber auch innerhalb von Schweden noch genug zu tun, denn große Teile der bereits festgeschriebenen Pilgerwege hier sind noch nicht vollständig ausgeschildert.
Weiterführende Informationen zum Pilgerort Vadstena
Alles in allem sind sowohl die Pilgerwege als auch Vadstena selbst einen Besuch wert. Für weitere Informationen könnt ihr einmal einen Blick auf die Homepage des Pilgerzentrums werfen. Hier erfahrt ihr alles über den genauen Routenverlauf der Pilgerwege, sowie über Schlafgelegenheiten und über das Kloster selbst.