Facebook Freunde kaufen

von Heiko Gärtner
18.07.2019 03:15 Uhr

Hättet ihr gedacht, dass man heute sogar Facebook Freunde kaufen kann? Bislang kannte ich solche Praktiken eigentlich nur aus der Schule. Man verschenkt sein Pausenbrot, macht die Hausaufgaben von jemand anderem mit oder lässt ihn die eigenen abschreiben. Alles nur, um den anderen dazu zu motivieren, einen als Freund wahrzunehmen. In unserem digitalen Zeitalter von heute, in denen reale Freunde dank Facebook und Instagram vollkommen überflüssig geworden sind, gibt es da nun anscheinend andere Methoden.

Man erkennt die Beliebtheit eines Menschen heute nicht mehr daran, wer in der Pause mit ihm abhängt oder wer beim Mittagessen neben ihm sitzt. Man erkennt es an der Anzahl der Freunde, Fans und Follower in den sozialen Medien. Das ist natürlich auch viel praktischer, denn diese Zahlen sind viel klarer und Eindeutiger. Außerdem ist es ehrlicher, denn in der Schule wusste man ja sonst nie, wer sich wirklich zu den Freunden zählte, und wer einfach nur so tat, weil er sich einen Vorteil davon erhoffte. Heute ist das anders, denn die Freundschaftsanzeige bei Facebook lügt nicht!

Oder doch?

Social Media hat heute einen zentralen Platz in unserem Leben

Social Media hat heute einen zentralen Platz in unserem Leben.

Virtuelle Kontakte und Freunde

Dass nicht jeder, mit dem man auf Facebook befreundet ist, auch wirklich ein echter Freund ist, dürfte inzwischen jedem klar sein. Jeder will ja möglichst gut dastehen und so bestätigt man in der Regel jede Anfrage pauschal. Hauptsache es wirkt nicht so, als wäre man ein ModF – ein Mensch ohne digitale Freunde.

Seit Instagram hinzugekommen ist, sieht die Sache natürlich noch einmal etwas anders aus. Hier braucht man keine Freunde mehr, sondern Follower. Man könnte das ganze auch Stalker nennen, aber die offizielle Übersetzung lautet wohl Fans. Je mehr Menschen einem folgen, desto mehr sagt das über die Qualität der eigenen Bilder und über die eigene Beliebtheit aus. Zumindest in der Theorie, denn wer sich eine Weile mit dem Thema beschäftigt merkt sehr schnell, dass die Bildqualität schon einmal keine Rolle spielt. Viel mehr gibt es verschiedene Tricks, Techniken und Regeln die man beherrschen muss, um sich eine Folger-Schlange anzueignen.

Vor lauter Handykonsum nehmen wir die Außenwelt nur noch wenig wahr.

Vor lauter Handykonsum nehmen wir die Außenwelt nur noch wenig wahr.

Der Beruf des Influencers

Was als nette Spielerei und Aufmerksamkeits-Hascherei begann, hat sich heute jedoch längst in ein knallhartes Business verwandelt. Während Facebook früher einmal dazu da war, sich auf dem Laufenden zu halten, wohin Betty gerade in den Urlaub gefahren ist und was Olaf heute zum Mittag hatte, findet man heute kaum noch einen Post, der nicht den Zusatz „gesponsort“ trägt. Mit anderen Worten: Facebook ist eine Werbeplattform geworden, bei dem es weit weniger um den Kontakt zu Freunden oder Scheinfreunden, als viel mehr um das bekannt machen von Produkten, Marken und Meinungen geht.

Instagram ist in dieser Hinsicht sogar noch krasser. Spätestens seit der Begriff „Influencer“ geprägt und zu einer allgemein bekannten Berufsbezeichnung gemacht wurde ist klar, dass die sozialen Medien nicht nur dazu diesen, unser Sozialleben zu zerstören, sondern dass sie auch die gesamte Marktwirtschaft revolutioniert haben. Früher konnte man sicher sein, dass ein Produkt bekannt und berühmt wurde, wenn man es häufig genug in den Werbeblocks auf RTL und Co zur Primetime unterbrachte. Heute hingegen scheint es, als sei Fernsehwerbung nur noch etwas für alte Leute, die nicht mit einem Handy umgehen können.

Als Influencer kann man heute von überall auf der Welt mit Instagram Geld verdienen

Als Influencer kann man heute von überall auf der Welt mit Instagram Geld verdienen.

Werbung im klassischen Sinne wird abgelöst

Werbung findet nun in einem Rahmen statt, der spezifischer, indoktrinierender und unübersichtlicher ist, als je zuvor. Es geht nicht mehr darum, einen Werbespot zu filmen, bei dem jeder erkennt, dass es sich um Werbung handelt. Es geht viel mehr darum, seine Produkte so zu platzieren, dass jeder sie sieht und als positiv wahrnimmt, ohne dabei aber zu merken, dass er gerade umworben wird.

Das Prinzip dahinter wird als sogenanntes "Storytelling" bezeichnet. Storytelling als Marketingstrategie meint, dass man den Kunden nicht mehr mit Vorteilen, Argumenten oder offensichtlicher Werbung zu überzeugen versucht, sondern ihn in mit einer Geschichte in den Bann zieht. Je mitreißender und emotionaler sie ist, desto wirkungsvoller ist sie auch, da Menschen dazu neigen, Kaufentscheidungen vor allem nach dem Gefühl zu tätigen. Mit anderen Worten: Wenn mir der Hersteller erklärt, warum sein Produkt gut und kaufenswert ist, dann kann mich das zwar überzeugen, aber ich kann auch sehr leicht abblocken. Bekomme ich von einem dritten hingegen eine Geschichte präsentiert, die mich fasziniert und an der ich dran bleiben möchte, dann bin ich auch viel schneller bereit, mir Produkte anzuschaffen, die mich in dieser Geschichte fasziniert haben. Ob es sich dabei um eine Erzählung, einen Text, einen Film oder einfach um Bilder handelt, ist vollkommen egal. Wichtig ist nur, dass es mich emotional berührt. Wie gut das klappt, erkennt man beispielsweise an sämtlichen Merchandise-Produkten dieser Welt. Niemand würde so viel Geld für Actionfiguren, T-Shirts, Sammelkarten und ähnliches ausgeben, wenn ihn die Story hinter dem Produkt nicht begeistert hätte.

Genau hier kommen dann die Influencer ins Spiel. Je mehr Follower sie haben, desto größer ist ihr gesellschaftlicher Einfluss und desto wertvoller sind sie folglich als Werbebotschafter. Das haben auch die Firmen erkannt und so kam es, dass man als erfolgreicher Influencer heute viel Geld durch Werbeaufträge verdienen kann. Wer sich auf die richtige Zielgruppe spezialisiert und einen Folger-Kreis im fünf- bis siebenstelligen Bereich hat, kann mit einem einzigen Foto mehrere Tausend Euro verdienen.

Aber warum erzähle ich euch das alles?

Anstelle von klassischer Werbung tritt heute Produktplatzierung im Zusammenhang mit sogenanntem "Storytelling".

Anstelle von klassischer Werbung tritt heute Produktplatzierung im Zusammenhang mit sogenanntem "Storytelling".

Reich werden mit Instagram und Co.

Bis gestern waren dies auch für uns nur relativ interessante Informationen über einen neuen Trend in den Medien, der uns irgendwie beeinflusst und irgendwie auch nicht. Heute wurden wir jedoch zum Mittagessen in eine Gruppe von jungen Jugendbetreuern eingeladen, die ein Sommerprogramm der Kirche für die Kinder der Stadt veranstalteten. Einer von Ihnen studierte gerade Werbedesign und war ein wahrer Crack in Sachen Sozial-Media. Wir dachten ja bislang, dass wir tatsächlich auch einiges über das Thema wissen, doch was er uns erzählte, stellte alles in den Schatten.

Immer mehr Menschen versuchen sich deshalb als Influencer.

Immer mehr Menschen versuchen sich deshalb als Influencer.

Hättet ihr gedacht, dass man sich heute tatsächlich Freunde und Follower kaufen kann? Und damit meine ich nicht die alte Schulbrot- oder Hausaufgaben-Variante, sondern tatsächliches Kaufen. Man bezahlt einen Betrag an eine etwas dubiose Mittelfirma mit Sitz in einem Land, dessen Namen man in der Regel nicht aussprechen kann und erhält dafür erst einmal nichts. Dann, in den nächsten Tagen, und wenn das System gut läuft und man hochwertige „Freunde“ gekauft hat, auch noch über Wochen und Monate, steigt nach uns nach diese schicksalshafte Zahl die einem den eigenen, digitalen Beliebtheits-Koeffizienten anzeigt. Wir wollten es erst gar nicht glauben, weshalb uns unser Gesprächspartner eine Beispielseite zeigte, auf der wir wirklich hätten Freunde, Likes und Follower kaufen können. Wenn ihr ebenfalls einen Beweis braucht, könnt ihr ja mal auf "Poprey" schauen. Das ist so eine Beispielseite.

Alles ist käuflich

Doch das ist noch nicht alles. Im Bereich der sozialen Medien kann man eigentlich so ziemlich alles kaufen, was man sich vorstellen kann. Angefangen bei Abonnenten, Likes und Views auf YouTube über Freunde, Fans und „Gefällt mirs“ bei Facebook bis hin zu Followern und Likes auf Instagram.

Die Kosten für diese Art der Freundschaftspflege fallen dabei sehr unterschiedlich aus, je nachdem was man für Ansprüche hat. Am teuersten und besten sind Freunde, Likes und Fans, die von realen Personen aus Deutschland stammen, und sich langsam aufbauen. Denn diese erwecken am ehesten den Eindruck, als handele es sich um reale Fürsprecher.

Günstiger und leichter zu bekommen, sind hingegen solche, die ihre Adresse in Indien, Afrika oder anderen Bereichen der Welt haben, in denen man von hier aus schwer nachvollziehen kann, ob es diese Menschen tatsächlich gibt oder nicht. Möglich ist dabei beides. Einige Freundesverkäufer arbeiten anscheinend mit echten Menschen zusammen, die für einen Hungerlohn angestellt werden, um den ganzen Tag lang nichts anderes zu tun, als Beiträge, Seiten oder Fotos zu liken. Unser Erklärbär vom anderen Tischende bezeichnete sie treffender weise als „Klicksklaven“.

Durch unsere Social Media Versessenheit entstehen in ärmeren Ländern sogar Klicksklaven

Durch unsere Social Media Versessenheit entstehen in ärmeren Ländern sogar Klicksklaven.

Die Risiken des Freunde-Kaufs

Andere Anbieter hingegen verzichten vollkommen auf Realpersonen und entwickeln sogenannte Bots. Hierüber generieren sie dann die Konten, die automatisch ihre Feundesanfragen und Likes verteilen. Das Problem dabei ist nur, dass diese Fake-Konten relativ leicht von YouTube, Facebook und Instagram enttarnt werden können und daher ein gewisses Risiko mit sich bringen. Denn wenn der Betreiber der Sozialnetzwerke merkt, dass man hier schummelt, kann es leicht passieren, dass einem das Konto gesperrt wird. In diesem Fall hat man dann Geld ausgegeben und dadurch nicht nur nichts gewonnen, sondern sogar alles verloren, was man sich bislang auf legalem Wege aufgebaut hat.

Ebenso kann es einem bei den gekauften Freunden passieren, dass nicht man selbst, sondern sie mit der Zeit enttarnt und dann gelöscht werden. Dadurch verringert sich die Zahl der Freunde bzw. Follower dann unter Umständen ebenso schnell wieder, wie sie zuvor gestiegen ist.

Als uns der Jugendbetreuer von der Geschichte erzähle, tauchten bei mir zunächst nur Fragezeichen im Kopf auf. Warum sollte jemand Geld ausgeben, damit er mehr Follower, Likes oder Freunde hat? Vor allem, wenn diese gar nicht echt waren und einem nicht einmal Anerkennung geben konnten, wenn man sie sich wünschte. Sie waren ein bisschen wie die digitale Version von imaginären Freunden, nur dass man zu diesen wenigstens noch einen persönlichen Bezug hatte. Aber dann wurde mir klar, dass es ja längst nicht mehr nur um die Freunde selber ging, sondern um verschiedene Dritte, die nun glaubten, ich wäre berühmt und beliebt. Der junge Mann gab uns folgendes zu bedenken.

Virtuelle Freunde treten an die Stelle von realen Kontakten

Virtuelle Freunde treten an die Stelle von realen Kontakten.

Warum sind Freunde und Likes so wichtig, dass man dafür Geld bezahlt?

Wenn man eine Person des öffentlichen Lebens ist, wird heute von einem erwartet, dass man einen gut funktionierenden Account in nahezu jedem sozialen Netzwerk hat. Man kann kein Schauspieler oder Politiker mehr sein, der im Fernsehen Millionen von Einschaltquoten bringt, aber bei Facebook nur drei Freunde hat. Es kann sich aber auch nicht jede halbwegs berühmte Persönlichkeit leisten, einen Beauftragten oder gar eine ganze Abteilung für die Pflege seiner Online-Profile abzustellen. Und ja, genau das gibt es und es wird häufig gemacht.

Aber das ist noch nicht alles! Hättet ihr gewusst, wie viel ein Instagram-Post Wert sein kann, wenn man genug Freunde bzw. Follower hat, die ihn sich anschauen? Für uns waren diese Beträge zunächst vollkommen unvorstellbar, doch wenn man in der obersten Liga der Influencer mitspielt, kann man für einen einzelnen Post bereits vier-, fünf- oder gar sechsstellige Beträge bekommen. Als kleine Nummer, die sich eine gewisse Fangemeinde aufgebaut hat, bekommt man immerhin mit etwas Glück bereits einige Produkte gestellt, die man aus seinen Posts zeigen soll und dann behalten darf. Aber letztlich ist das Influencer-Business damit natürlich nicht viel anders, als die Schauspiel- oder Musikszene. Millionen von Menschen versuchen hier Fuß zu fassen, ohne jemals auch nur ein bisschen in Richtung Erfolg schnuppern zu können. Anderen gelingt es, sich eine ganz solide Basis zu erschaffen, mit der sie leben oder sich zumindest etwas hinzuverdienen können und einige wenige schaffen den Durchbruch, der sie zu Facebook-, YouTube oder Instagram-Stars macht und ihnen Ruhm, Beliebtheit und Reichtum einbringt.

Auch Likes kann man heute kaufen

Auch Likes kann man heute kaufen.

Doch dazu braucht man eben Fans und Follower und die kommen leider nicht so leicht, wie man es oft gerne hätte. Zumindest nicht bei jedem. Und selbst wenn, heißt es nicht, dass der Account dadurch auch wirklich floriert. Manchmal muss eben nachgeholfen werden und sei es nur als kleine Starthilfe am Anfang. Denn in unserer Gesellschaft gibt es ein seltsames Phänomen, das man als Mitläufermentalität bezeichnen kann. Wir folgen oder liken nicht einfach irgendetwas, nur weil es uns gefällt. Wir suchen uns gezielt die Sachen raus, die bereits beliebt sind. Je mehr Freunde oder Likes also jemand hat, desto mehr wird er auch in Zukunft bekommen.

Mit vielen Followern bei Instagram kann man viel Geld verdienen

Mit vielen Followern bei Instagram kann man viel Geld verdienen.

Ist Freundes-Kauf Betrug?

Wenn man nun bedenkt, wie viel Geld man mit Instagram durch Werbeaufträge verdienen kann, wenn man ausreichend Freunde hat, dann grenzt das Erfinden, bzw. Kaufen solcher virtuellen Fans wie ein Betrug. Rechtlich befindet man sich dabei wohl in einer Grauzone. Es kommt dabei vor allem darauf an, wer man ist und wie man die Fans nutzt. Als Privatperson spricht rechtlich nichts dagegen, sein Profil durch einen solchen Kauf ein bisschen aufzuputschen. Verdient man damit Geld oder steht man mit und um dem Profil im öffentlichen Leben, sieht die Sache hingegen etwas anders aus. Hier sollte man sich in jedem Fall zuvor informieren, wo man gerade rechtlich steht.

Ist das Kaufen von Facebook Freunden illegal

Ist das Kaufen von Facebook Freunden illegal?

Spruch des Tages: Heutzutage kann man wirklich alles kaufen!

Tagesetappen:

1. Etappe: 18 km, 40 Höhenmeter, Ziel: Heim für Menschen mit besonderem Pflegebedarf, Trani, Italien

2. Etappe: 11 km, 30 Höhenmeter, Ziel: Ehemaliges Kapuzinerkloster, Bisceglie, Italien

3. Etappe: 12 km, 20 Höhenmeter, Ziel: Basilica della Madonna dei Martiri, Molfetta, Italien

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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