Schneechaos: Bilder vom größten Schneesturm unseres Lebens
In den vergangenen Wochen haben wir unser Haus nun Schritt für Schritt immer mehr von einer abgeranzten Drogenbaracke in ein gemütliches und wohliges Zuhause verwandelt. So langsam fühlen wir uns hier auch richtig wohl und haben nun das Gefühl, endlich angekommen zu sein. „Jetzt kann der arktische Winter kommen!“, meinte Heiko zum Spaß, als wir die letzten Verdrahtungen für unsere Infrarotkabine erledigt hatten.
Damit war der Umbau des Hauses nun vorerst abgeschlossen. Wir hatten drei separate Arbeitsbereiche, ein gemütliches Wohnzimmer, eine große Badewanne, eine voll funktionstüchtige Küche, einen kühlen, dunklen Vorratsraum, eine Sauna und nun auch eine Infrarotkabine. Was wollte man mehr? Was uns jedoch nicht klar war, war die Tatsache, dass die Natur Heikos Ausruf ein bisschen zu wörtlich nahm und gleich am kommenden Tag den Schneefall des Jahrhunderts schickte. Bereits in den Wochen zuvor hatte es immer wieder geschneit und die ganze Welt war von einer fantastischen weißen Schicht überzogen, die ihr dieses magische und zugleich beruhigende Etwas verlieh. Für mich als Norddeutschen war das bereits mehr Schnee, als ich es außerhalb von Skiurlauben her kannte. Doch was nun passierte, übertraf alles, was wir uns je hätten vorstellen können.
Leise rieselt der Schnee
Es begann mit ein paar harmlosen Schneeflocken am Abend und der merkwürdigen Aussage einer Nachbarin. Damit wir unseren Prinzipien der Reise trotz unserer neuen Sesshaftigkeit zumindest ein bisschen treu bleiben konnten, und damit wir überhaupt die Möglichkeit hatten den Winter hier zu überstehen, hatten wir eine Kooperation mit einem kleinen Supermarkt im Nachbarort aufgebaut. Dieser erlaubte es uns, die aussortierten Lebensmittel, die sonst in der Tonne landen würden, zu verwenden, wenn wir sie selbst abholten und quasi vor der Vernichtung retteten. Da der Supermarkt jedoch 25 km entfernt lag und die winterlichen Straßenverhältnisse eine Anreise mit dem Fahrrad unmöglich machten, begann ich von unserem Ort in den Nachbarort zu trampen. Manchmal funktionierte das gut, manchmal eher weniger, aber ich bin bisher immer an- und auch wieder zurückgekommen. Dabei hatte ich mit der Zeit herausgefunden, dass es einige Nachbarn gab, die die wie ich regelmäßig von einem Ort zum anderen mussten, die aber ein Auto besaßen und mitunter noch einen freien Platz hatten. So konnte ich also immer wieder nach einem Mitfahrservice fragen, wenn ich meine Lebensmittel-Rettungstouren früh genug plante. So war es auch an diesem Tag, an dem ich Katharina über Facebook anschrieb um zu fragen, ob sie am nächsten Morgen nach Bredbyn fahren und mich mitnehmen würde.
„Vergiss es!“, lautete die überraschende Antwort. „Morgen wird überhaupt niemand irgendwo hinfahren!“
Zunächst verwunderte mich diese Aussage und ich dachte schon einen kurzen Moment lang, ich hätte sie vielleicht verärgert. Aber nach nur etwa zwei Stunden verstand ich vollkommen, was sie gemeint hatte. Die vereinzelten Schneeflocken waren zu einem schier undurchdringlichen weißen Vorhang geworden. Im Sommer hätte man gesagt, „Es schüttet wie aus Eimern!“, doch nun war es kein Regen, sondern Schnee. Dazu war ein heftiger Sturm aufgekommen, der es tatsächlich vollkommen unmöglich machte, das Haus zu verlassen.
So ging es die ganze Nacht. Am Morgen ließ der Sturm wieder nach und der Schneefall ging auf ein Maß zurück, bei dem man sogar einzelne Lücken zwischen den Flocken ausmachen konnte. Das ermöglichte es uns zum ersten Mal, das volle Ausmaß dieses Schneechaos wahrzunehmen.
Eingeschneit! Der Schneesturm des Jahrhunderts
Das ist kein Witz! Und es ist auch keine bewusst reißerische Überschrift, um euch bei der Stange zu halten. Wir waren tatsächlich vollkommen eingeschneit! Vor unserem Haus befindet sich eine Stahltreppe mit fünf Stufen, sodass man den guten Meter Höhenunterschied bis zur Eingangstür überwinden kann. Doch diese war nun vollständig verschwunden. Je nachdem, wie der Sturm die Schneemassen verteilt hatte, waren diese zwischen einem und drei Metern hoch. Die Welt vor unserer Tür, wie wir sie kanten, gab es nicht mehr. Es gab nur noch ein einziges, undefinierbares Weiß.
Expedition im Tiefschnee: Erste Bilder vom Schneechaos
Bislang hatten wir geglaubt, dass es ein nettes Feature war, dass wir Schneeschuhe bekommen hatten. Es hatte Spaß gemacht, mit ihnen abseits der geräumten Wege ein wenig durch die schwedische Wildnis zu wandern. Dass wir jedoch einmal tatsächlich auf sie angewiesen sein würden, weil wir ohne Schneeschuhe nicht einmal mehr aus dem Haus kämen, hätten wir hingegen nicht gedacht. Doch genau so war es! Allein unser eigenes Grundstück zu verlassen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Und tatsächlich ging es auch danach nicht viel anders weiter. Die Straßen waren zu großen Teilen noch gar nicht geräumt und wenn, dann nur spärlich. Unsere Briefkästen waren fast vollständig verschwunden und mit den Autos unserer Nachbarn sah es nicht viel besser aus. Die Ortschaft war Menschenleer. Doch wir waren schließlich nicht extra nach Schweden ausgewandert, um einen arktischen Winter zu erleben, um diesen dann rein durchs Fenster hindurch zu beobachten. Wir wollten raus und diese Schneemassen selbst kennenlernen.
Was wir dabei erlebten, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Schaut euch dazu also am besten unsere Bilder an!
Der Schneesturm geht weiter
Auch während unserer Wanderung hatte der Schneefall nicht aufgehört, wenngleich er im Verhältnis zum Schneesturm der Nacht nun geradezu niedlich wirkte. Doch der Frieden wehrte nicht lange. Schon auf dem Rückweg spürten wir, wie es wieder stärker wurde und in der Nacht setzte sich der Schneefall noch einmal genauso fort, wie am Vortag. Insgesamt schneite es damit knapp drei Tage ohne Unterbrechung durch. Selbst für diese Region in Schweden war das ein neuer Rekord. Es gab hier durchaus in fast jedem Winter meterhohen Schnee, aber so viel in so kurzer Zeit hatten selbst die alteingesessenen Schneehasen unter unseren Nachbarn noch nicht erlebt. Und auch nachdem es aufgehört hatte, herrschte noch immer ein gewisses Schneechaos. Denn nun begannen die Aufräumarbeiten, bei denen die Schneemassen mit großen Traktoren und Baggern von der Straße geräumt wurden. Wir hatten Glück, dass wir direkt an der Ortsstraße lagen, denn die Nebenstraßen blieben zum Teil noch drei oder vier Tage vollkommen unpassierbar.