Tag 1226: Die Botschaft der Krähe
12.05.2017
Wenn es hier einmal regnet, dann regnet es richtig! So seltsam das Kloster auch war, in dem wir hier gelandet waren, so dankbar waren wir doch darüber, einen Platz im Trockenen zu haben. Binnen Minuten sammelte sich das Wasser auf dem Kirchenvorplatz und die Tropfen spritzten wieder nach oben. Heute in der Früh hatte es zwar wieder nachgelassen, aber die Straßen waren trotzdem teilweise noch Knöcheltief überflutet. Auch dies war wieder eine Sache über die man sich in Italien offenbar zu Unrecht lustig gemacht hatte. Dort war Regen immerhin selten und man konnte vielleicht gerade noch nachvollziehen, warum man die Straßen wie langgezogene Badewannen baute. Hier hingegen hätte man meinen sollen, die Leute wüssten, wie man mit Regen umgeht. Und trotzdem gibt es keinen Ablauf an den Straßen sondern nur eine Böschung die das Wasser schön auf der Fahrbahn hält. So kam es, dass wir bereits nach wenigen Metern nass waren, obwohl von Oben kaum mehr Wasser nach kam.
Bereits zum zweiten Mal in zwei Tagen sahen wir heute eine Rabenkrähe, die wie wild in einer Hecke herumflatterte, so als hätte sie sich verfangen. Sie war panisch und flatterte was das Zeug hielt, kam jedoch kein Stück voran. Als Heiko näher ging, um zu schauen, ob sie verletzt oder irgendwo eingeklemmt war, stellte er bei de Male fest, dass weder das eine noch das andere der Fall war. Sie war frei und hätte einfach davon fliegen können und doch war sie voller Panik und kam nicht von der Stelle. Es war fast, als wüsste sie nicht, dass sie frei ist.
Fast die gleiche Situation hatte uns Shania gestern von sich selbst beschrieben. Sie fühlte sich so, wenn sie ihrer alltäglichen Arbeit nachging und in den letzten zwei Tagen hatte sie zwei Mal den gleichen Traum, der fast genau diese Situation darstellte. Die Büsche waren kein Gitter sondern boten ausreichend Lücken zum gehen. Auch war die Krähe ein guter Flieger und hätte ohne Probleme ihren weg ins Freie finden können. Doch irgendetwas hielt sie davon ab, wie eine unbekannte Macht, die verhinderte, dass sie ihre Fähigkeiten erkannte und nutzte.
Wir befinden uns nun kurz vor der Grenze nach Wales und werden England daher in ein oder zwei Tagen vorerst wieder verlassen. Der Regen von gestern und heute scheint schon so etwas wie die Einstimmung gewesen zu sein, denn nach dem was uns die Einheimischen berichten, ist Wales neben seiner Geschichte, seiner Unberührtheit und seinen Bergen vor allem für seinen Regen bekannt.
Spruch des Tages: Oft lassen wir uns von etwas einsperren, das nur aussieht, wie ein Gefängnis, aber gar keine echten Wände hat.
Höhenmeter: 360 m
Tagesetappe: 17 km
Gesamtstrecke: 22.475,27 km
Wetter: erst bewölkt, dann heftiger Regen mit Gewitter
Etappenziel: Seminarraum im Kloster, Clehonger, England
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