Tag 1233: So leicht gerät man unter Terrorverdacht

von Heiko Gärtner
31.08.2017 06:57 Uhr

19.05.2017

Kein Gepäck in der Öffentlichkeit stehen lassen

Heute wurden wir wieder einmal unter Terrorverdacht gestellt. Wir kamen auf unserer Wanderung durch eine Kleinstadt, die nicht besonders schön war, dafür aber einiges an Läden und Sehenswürdigkeiten bot. Um uns etwas umzuschauen stellten wir die Wagen in einem Park ab, doch noch ehe wir dessen Ausgang erreicht hatten, wurden wir von einem Security-Man aufgehalten.

„Stopp! Sie können Ihr Gepäck hier nicht stehen lassen!“ rief er hinter uns her.

„Wie bitte?“ fragte Heiko erstaunt über die plötzliche Ruhestörung.

„Ihr Gepäck! Es könnte eine Bombe enthalten und darf daher nicht unbeaufsichtigt im Park stehen gelassen werden!“ erklärte er.

Dann führte er aus, dass es vor einigen Tagen eine Terror-Warnung gab, durch die alle zur extremen Wachsamkeit aufgefordert wurden. Es sei aber keine Schutzmaßnahme aufgrund der vergangenen Anschläge, sondern eine Warnung in Bezug auf etwas neues.

„Und Sie denken, dass sich ein Terrorist ausgerechnet dieses Kaff hier aussuchen würde?“ fragte Heiko ungläubig, „Ich meine die Stadt ist doch grauenhaft! Wie will man hier noch etwas kaputt machen. Der ganze Bereich hier besteht aus Betonbunkern und Wohnklötzen in denen niemand leben will. Die einzigen, die ein Interesse daran haben, hier alles in die Luft zu sprengen, sind diejenigen, die darin wohnen!“

Der Sicherheitsbeamte unterdrückte ein Lächeln und entgegnete: „Naja, wir haben ja auch Stadtteile mit einer gehobeneren Schicht!“

Später stellten wir fest, dass er damit Recht hatte, wobei sich „gehoben“ in diesem Fall hauptsächlich auf die Höhe, des Stadtteils bezog und nicht auf die Menge an Geld auf den Konten der Bewohner.

Bomben sind OK, solange man bei ihnen ist

„Können wir die Wagen dann dort drüben abstellen?“ fragten wir und deuteten auf eine Grünfläche, die nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich des Beamten fiel.

„Mh“, entgegnete er, „von meiner Seite ist das in Ordnung, aber dort ist das Museum und die haben ebenfalls Sicherheitspersonal, das möglicherweise etwas dagegen hat!“

„Na Super! Dann stehen wir in drei Minuten wieder vor dem gleichen Punkt!“ kommentierte Heiko.

„Sie können Ihre Wagen hier schon abstellen!“ lenkte der Mann nun ein, „sie dürfen nur nicht unbeaufsichtigt sein. Wenn also immer einer hier bleibt ist es kein Problem!“

„Wirklich?“ fragte Heiko noch erstaunter als zuvor, „Na das ist mal konsequent. Euch ist schon klar, dass ihr auf diese Weise versucht, Selbstmordattentate zu verhindern. Also selbst wenn ich nun wirklich so ein Attentäter wäre, dann wäre es doch kein Problem für mich, den Wagen einfach zu sprengen, wenn ich daneben sitze. Das einzige Problem wäre natürlich, dass ich damit niemandem schaden würde, außer mir selbst, diesen Bäumen und der Bank hier. Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist: Ihr Park wird aus irgendeinem Grund von nahezu jedem gemieden. Es ist außer Ihen und uns niemand hier, was möglicher Weise an Ihrem Umgang mit Gästen liegt. Ich würde also im schlimmsten Fall diese Bänke zerstören und ein paar Eichhörnchen obdachlos machen. Und ja, die Bank ist unbequem, aber auch wieder nicht so grauenhaft, dass sich deshalb der Aufwand lohnen würde.“

Regel Nummer 1: Immer die Identität verraten

Als wir den Park mit unseren Wägen verließen, fiel uns noch eine Unsinnigkeit an dieser Argumentationskette auf. Würde ein Terrorist wirklich seine Internetseite in riesiger Schrift auf den Wagen schreiben, wenn er ein Attentat plant. So nach dem Motto: „www.attentat24.org – Ihr zuverlässiges Bomben-Portal!“ Wir waren schon ein sehr komisches Volk!

Wenn suspektes Gepäck unbeaufsichtigt zurückgelassen werden soll, dann dort wo es sich lohnt.

Nach einer ordentlichen und vor allem fettigen Portion Fish and Chips verließen wir die Stadt wieder. Wir hatten die Wagen in der Zwischenzeit mitten vor dem Haupteingang der Kirche im Zentrum geparkt, von minütlich rund 40 Fußgänger und 50 Autos vorbei kamen, darunter auch vier mal Beamte von der Polizei. An dieser Stelle hatte jedoch niemand ein Problem mit unseren Wagen und einer eventuell davon ausgehenden Terrorgefahr.

Im weiteren Verlauf kamen wir durch zwei kleine Orte und an einem Kongresszentrum der Walser Universität vorbei. Alle drei boten uns jedoch keinen Schlafplatz. Die beiden Orte aus dem irritierenden Grund, dass die Kirchen hier an Privatpersonen verkauft und zu gewöhnlichen Wohnhäusern umgebaut wurden. Das Hektar große, millionenschwere Zentrum der Universität weil es von einem spießigen, kleinkarierten Bürokraten verwaltet wurde.

Übernachten durften wir schließlich in einer Kapelle etwas abseits des Weges, die einer Methodistischen Gemeinde gehörte. Bis um 21:00 Uhr sprachen wir mit den verschiedensten Personen, die alle nichts gegen unsere Anwesenheit hatten, aber sich auch nicht trauten, uns ohne Erlaubnis von noch höherer Stelle ein sicheres OK zu geben. Letztlich war es dann jedoch die Putzfrau, die die Verantwortung übernahm, uns den Platz zusicherte und sogar noch etwas zum Essen vorbei brachte.

Spruch des Tages: Man kann nie vorsichtig genug sein!

Höhenmeter: 430 m

Tagesetappe: 25 km

Gesamtstrecke: 22.597,27 km

Wetter: sonnig

Etappenziel: Methodistische Kapelle, SY16 3EH Tregynon, Wales

Hier könnt ihr uns und unser Projekt unterstützen. Vielen Dank an alle Helfer!

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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