Tag 1273: Die Dynamik des Lebens

von Franz Bujor
04.11.2017 07:32 Uhr

Fortsetzung von Tag 1272:

Lektion 8: Die Dynamik des Lebens zulassen
Der Bär als Krafttier hilft einem dabei den eigenen Weg zu finden.

Auch das Tattoo entwickelt seine eigene Dynamik.

Nachdem dies geklärt war konnten wir uns nun wirklich an die zweite Runde in Sachen Tattoo machen, wobei wir auch hier gleich wieder vor einem neuen Problem standen. Aus einem mir bis heute nicht schlüssigen Grund wollte der Bär, den ich in der Nacht nachgezeichnet hatte nicht in das bereits vorhandene Tattoo passen. Wie man es auch drehte und wendete, er fügte sich nicht ins Gesamtbild. Jedenfalls nicht ohne weiteres, denn schließlich fand Heiko eine Möglichkeit, ihn so einzubetten, dass er trotz allem seinen Platz bekam. Wieder ging es anscheinend darum, den starren, vorgefertigten Plan, den man im Kopf hatte, loszulassen und das Leben mit all seiner Dynamik und seinen Eigenheiten zuzulassen. Erst jetzt wird mir bewusst, wie sehr auch dies ein zentrales Thema von mir ist. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich versuche, starrköpfig einen einmal eingeschlagenen Weg durchziehen zu wollen und krampfhaft an etwas festhalte, von dem ich weiß, dass es niemals funktionieren wird. Oft sind es nur winzige Änderungen, die benötigt werden, um innerhalb von Sekunden zum Erfolg zu kommen, doch aufgrund meiner Starrsinnigkeit und Engstirnigkeit kann ich sie nicht sehen und erst recht nicht annehmen. Gerade in den letzten Tagen beispielsweise ist Müdigkeit ein immenses Thema. Dadurch, dass wir aufgrund der Umstände meist erst sehr spät ankommen, kann ich meine Zwischenschlaffrequenzen nicht einhalten, wodurch mir beim Schreiben oft die Augen zufallen. Ich kämpfe dann wie ein Löwe gegen die Müdigkeit an, kippe literweise Kaffee in mich hinein und bin oft sauer auf mich, wenn ich mich dennoch mit geschlossenen Augen über der Tastatur wiederfinde, während einer meiner Finger einen beliebigen Buchstaben bis in die Unendlichkeit auf den Word-Seiten entstehen lässt. Dabei hat die Müdigkeit jedoch nichts mit meinem körperlichen Zustand zu tun. Es ist eine mentale Einstellung, die dazu führt, dass ich automatisch müde werde, sobald ich mich an den Computer setze. Wohlgemerkt setze, denn wenn ich im Stehen oder im Knien schreibe, bleibe ich ohne Probleme wach. Und genau das ist das Thema. Ich quäle mich im Sitzen, prügle und verurteile mich selbst für meine Müdigkeit, gegen die ich nicht ankommen kann und könnte das Problem durch eine simple Positionsänderung vollständig lösen.

Der Bär als Krafttier hilft einem dabei den eigenen Weg zu finden.

Der Bär als Krafttier hilft einem dabei, den eigenen Weg zu finden.

 
Verbinden mit dem eigenen Krafttier

Den Rest des Tages und die erste Hälfte der Nacht verbrachten Shania und ich in einem kleinen Nebenraum der Kirche damit, die äußeren Linien meines Krafttieres auf meinem Rücken entstehen zu lassen. Wie bereits erwähnt, war dies um ein vielfaches schmerzhafter als die Linien, die am Vortag gezogen wurden. Es gelang mir jedoch nach einer Weile, mich zumindest du einem winzigen Anteil mit dem Bären zu verbinden und ihn als Krafttier auf meinem Rücken zu spüren. Gleichzeitig lernte ich noch einmal einiges über den mentalen Umgang mit Schmerz. Die Erkenntnisse zu diesem Thema habe ich euch aber noch einmal separat im Artikel „Mentale Schmerzüberwindung“ zusammengefasst.

Fortsetzung folgt...

Spruch des Tages: Das Leben hat seine eigene Dynamik

Höhenmeter: 85 m

Tagesetappe: 23 km

Gesamtstrecke: 23.369,27 km

Wetter: überwiegend trocken und windig

Etappenziel: Kirchenzentrum, Kirkintilloch, Schottland

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Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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