Tag 1452 bis 1455: Ruhige Pferde, laute Straßen

von Heiko Gärtner
15.04.2018 07:13 Uhr

07.11.2017

Pferdefütterung

Gestern abend haben wir von unseren Nachbarn zwei riesige aber leider geschmacklich vollkommen unterentwickelte Äpfel geschenkt bekommen, die uns heute in der Früh als Wegzehrung dienen sollten. Lustlos kauten wir darauf herum, bis wir an einer Koppel mit zwei Pferden vorbei kamen, die uns neugierig anschauten.

neugierig schauen die Pferde, was außerhalb ihrer Weide so los ist.

neugierig schauen die Pferde, was außerhalb ihrer Weide so los ist.

„Wie siehts aus?“ fragte Heiko, „habt ihr Lust auf einen Apfel? Mein Fall ist er nicht so ganz!“

Er legte den Apfel auf einen Zaunpfahl, von wo aus er zunächst einmal neugierig beschnuppert wurde. Zur gleichen Zeit bot ich meinen Apfel dem zweiten Pferd an. Vorsichtig, um meine Finger nicht zu verletzen nahm er ihn an, stellte jedoch fest, dass er ihn ein klein wenig überschätzt hatte.

Zwei Pferdefreunde

Zwei Pferdefreunde

Portrait eines Pferdes mit beeindruckender Mähne

Portrait eines Pferdes mit beeindruckender Mähne

Es war ein lustiger Anblick, wie er da so auf dem riesigen Apfel herumkaute, ihn von einem Ende seines Maules zum anderen schob und nicht wusste, ob er ihn lieber herunterschlucken oder ausspucken sollte. Währenddessen hatte das zweite Pferd Heikos Apfel für sich entdeckt. Auch er biss vorsichtig zu, verlor ihn aber erst einmal aus dem Mund und musste ihn am Boden mit etwas Schlamm neu aufnehmen. Nun kauten beide synchron und es schien fast eine Art Wettkampf. Der Kampf mit dem Brocken dauerte etwa eine Minute, dann ging das Pferd erste Pferd als triumphierender Gewinner hervor. Das zweite kämpfte noch immer, hatte es aber nun geschafft, die äußere Schicht so weit herunterzunagen, dass der Apfel nun fast schon kaubar war.

der alte, verlassene Bahnhof

der alte, verlassene Bahnhof

Verfluchte Straßen

08.11.2017

Als wir vor einem guten halben Jahr die britischen Inseln betreten haben, waren wir geradezu entsetzt über den Zustand der Straßen dort. Anstelle von gewöhnlichem Asphalt war man hier dazu übergegangen regelrechte Schotterpisten mit ein klein wenig Teer zu fixieren, so dass ein Lautstärketrichter entstand, der jede noch so kleine Straße unerträglich machte. An einigen Stellen, vor allem bei große Hauptstraßen waren bewusst dicke Steine in den Asphalt eingearbeitet worden. Auf den Nebenstraßen hingegen hatte man ein noch abstrakteres Modell entwickelt. Auf die bereits vorhandene Straße wurde eine dünne Schicht flüssigen Teers aufgetragen und darauf eine dicke Schicht Rollsplitt verteilt. Das war alles. Nach eingier Zeit sorgten die normalen Autos mit ihrem Reifendruck dafür, dass sich ein Teil der Splittersteine im Teer festsetzte und mit ihrem Fahrtwind, dass die übrigen von der Straße geweht wurden. Wie man auf so eine Idee kommen konnte war uns fraglich und wir waren sicher, dass es ein Tick der Briten war, den man sonst nirgendwo auf der Welt finden würde.

Stadtkirche

Stadtkirche

Heiligenstatuen

Heiligenstatuen

Doch nun mussten wir mit erschrecken feststellen, dass diese grauenhaften Klebestraßen auch schon in Frankreich Einzug gehalten hatten. Irgendwann vor ein paar Tagen hatten wir die erste hier im Land gesehen und seither waren es immer mehr geworden. Es wirkte fast, als würden sie sich wie eine Epidemie verbreiten und nach und nach das ganze Land erobern. Angenehmes Wandern würde dann auch hier nahezu unmöglich sein. Wir können also nur hoffen, dass es ein Kurzzeittrend ist, der bald wieder aufgegeben wird.

Ein eher schlichtes Adelshaus

Ein eher schlichtes Adelshaus

Am Nachmittag erreichten wir ein kleines Dörfchen, dass sich durch seine besondere Touristenattraktion auszeichnete. Man konnte hier Pferdewagentouren buchen und dann gemütlich wie in alte Zeiten mit Pferd und Planwagen durch die Lande fahren. Mir stachen diese Touren vor allem deshalb sofort ins Auge, weil meine Eltern oft erzählt hatten, dass sie vor meiner Geburt eine solche Tour gebucht hatten und dass sie damals sehr begeistert davon waren. Ob es vielleicht sogar dieser Ort gewesen war, durch den sie dabei reisten?

Um noch deutlicher zu machen, dass meine Familiensystematik mal wieder eine größere Rolle spiele, hieß die Frau vom Bürgermeister, die wir kurz darauf trafen noch genau wie meine Mutter.

Halloween im Geisterdorf

Halloween im Geisterdorf

Bäckerei mit gruseligem Halloweenschmuck

Bäckerei mit gruseligem Halloweenschmuck

Zum Übernachten bekamen wir dieses Mal den Aufenthaltsraum der Rentner, die hier Mützen strickten oder Weihnachtsdeko bastelten. Es war eine wahre Schatzkammer an Kinkerlitzchen und Bastelmaterial, in dem wir uns erst einen Platz zum Schlafen freischaufeln mussten. Abgesehen davon war es aber ein guter Platz und wir hatten sogar eine Badewanne in der wir unsere kalten Knochen und Muskeln wieder auftauen konnten. Internet und Abendessen durften wir von einer Nachbarsfamilie beziehen. Diese hätte uns kurz zuvor auch zu sich zum Übernachten eingeladen. Nicht, weil sie unser Projekt so gut fanden oder weil wir ihnen sympathisch waren, sondern einfach nur, weil sie erkannt hatten, dass wir einen Schlafplatz brauchten. Während ich nach dem Bürgermeister gesucht hatte, hatte Heiko auf dem Platz gewartet und war dort entdeckt worden. Höflich hatte der Mann gefragt ob er helfen könne.

Der Wanderweg führt lange am Kanal entlang

Der Wanderweg führt lange am Kanal entlang.

Das Dach der Kirche wird von einem Mosaik geziert.

Das Dach der Kirche wird von einem Mosaik geziert.

Es war eine chaotische Familie, in der jeder sein ganz eigenes Päckchen zu tragen hatte, aber sie waren hilfsbereiter und auf ihre eigne Art auch höflicher und diskreter als nahezu alle anderen Menschen, die wir in letzter Zeit hier im Land getroffen haben.

Spruch des Tages: Being creative is not a hobby, its a way of life! (Spruch in einem Schaufenster)

Höhenmeter 22m / 30m / 30m / 16m

Tagesetappe: 17km / 16km / 20km / 18km

Gesamtstrecke: 27.370 ,27km

Wetter: Kälte und Dauerregen

Etappenziel 1: Gemeindehaus, Nijverdal, Niederlande

Etappenziel 2: Gemeindehaus, Raalte, Niederlande

Etappenziel 3: Gemeindehaus, Zwolle, Niederlande

Etappenziel 4: Exerzizienhaus, Meppel, Niederlande

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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