Tag 1520 bis 1523: Dort wo alles begann

von Heiko Gärtner
22.05.2018 01:18 Uhr

02.-05.12.2017

In den letzten Tagen erreichten wir die beiden Städte Gerolstein und Prüm, mit denen wir noch immer eine besondere Verbindung haben. Vor rund sieben Jahren haben wir hier von den Jugendherbergen aus Kindergruppen geleitet. Teilweise waren es normale Schulklassen, die eine besondere Klassenfahrt in der Natur mit erlebnis- und wilsnispädagogischen Elementen gebucht haben, teilweise waren es spezielle Gruppen mit speziellen Problemen, wie Drogenabhängigkeit, Jugendkriminalität und ähnlichem. Sowohl Heiko als auch ich arbeiteten damals unabhängig von einander für eine Organisation, die hier in der Eifel tätig war und dabei verschiedene Häuser betreute, darunter eben auch die in Prüm und Gerolstein.

Der Bahnhof von Gerolstein

Der Bahnhof von Gerolstein

Ich war damals noch fast immer trampender Weise unterwegs und kam eines Abends recht spät in Prüm an, wo ich am nächsten Tag eine Schulklasse betreuen sollte. Zu meinem großen erstaunen wurde mir an der Rezeption mitgeteilt, dass leider kein Zimmer für mich gebucht wurde. Das war nicht untypisch, da unsere Arbeitgeber war herzensgute Menschen aber leider keine Organisationstalente waren und gerne mal das ein oder andere vergaßen. Als Notlösung bot mir die junge Rezeptionistin einen Platz in einer Umkleidekabine an, in die man eine Matratze legen könne. Ich war einverstanden, da es besser war als überhaupt nicht zu schlafen und trat wenig später mit einer großen, sperrigen Matratze unter dem Arm in die Garderobe. Wieder wurde ich überrascht, denn anstatt se wie erwartet leer vorzufinden, stolperte ich über eine Matratze die bereits am Boden lag und auf der ein Mann saß und etwas in seinen Computer tippte.

Gerolstein im Schnee

Gerolstein im Schnee

„Oh!“ sagte er nur knapp, „gut dass du da bist, ich arbeite hier gerade an einem wichtigen Text und bin nicht sicher, ob er auch für Leute verständlich ist, die sich mit dem Thema nicht auskennen. Hör kurz zu!“

Noch immer stand ich mit der Mattratze in der Tür und wir begannen nach der kurten Lesung eine intensive Diskussion über den Inhalt des Textes, der tatsächlich äußerst interessant war. Nach einer knappen Stunde meinte der Mann: „Oh, wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt!“

Das Gymnasium von Prym befindet sich im alten Klostegebäude

Das Gymnasium von Prüm befindet sich im alten Klostegebäude

Er reichte mir die Hand, nannte seinen Namen und wir beschlossen nach getaner Arbeit erst einmal eine Pizza essen zu gehen.

So habe ich Heiko kennengelernt.

Der Dom in Prym war früher Mitelpunkt vieler Aktionen auf unseren Klassenfahrten

Der Dom in Prüm war früher Mitelpunkt vieler Aktionen auf unseren Klassenfahrten

Abgesehen von unserem Pizza-Restaurant in dem wir auch heute wieder eine Pizza bekamen, und von unserer Jugendherberge erkannten wir jedoch nur wenig wieder. Sowohl Gerolstein als auch Prüm hatten wir damals als kleine, verschlafene Nester empfunden. Heute hingegen waren es laute und turbulente Städte für uns, in denen wir uns nicht mehr richtig wohl fühlten. Prüm wurde außerdem gerade umgebaut und war eigentlich nur noch eine riesige Baustelle, die an einer Hauptstraße lag. Auf der anderen Seite ab es dann aber auch immer wieder Momente, im denen wir regelrecht in Erinnerungen schwelgten. In Gerolstein beispielsweise war dies alte, leicht verranzte Grillbude unten an der Straße, die von einer schrulligen aber lieben alten Dame geführt wurde und in der wir wie früher eine riesige Portion Currywurst mit Pommes vor dem kleinen Holzofen aßen.

Aus dieser Perspektive sieht doch gleich alles ganz anders aus.

Aus dieser Perspektive sieht doch gleich alles ganz anders aus.

Während wir unsere Nacht in Gerolstein im Gemeindehaus der evangelischen Kirche verbrachten, verließen wir Prüm nach einer ausgiebigen Stadtbesichtigung wieder und wanderten noch einmal 4km bis nach Neuprüm, wo wir in einem Kloster untergebracht wurden, das heute gleichzeitig als Schule genutzt wurde. Auch dieses zeigte noch einmal, wie sehr sich die kirchlichen Einrichtungen verändert hatten. Vor nicht einmal 100 Jahren hatte sich an dieser Stelle eine Mönchsschule mit mehr als 100 Novizen und vielen Mönchen befunden. Heute hatten die vier verbliebenen Mönche gerade noch je eine Kammer und einen gemeinsamen Aufenthaltsraum, der sich mitten zwischen den Klassenräumen befindet.

Was wäre die Eifel ohne ihre alten Burgen?

Was wäre die Eifel ohne ihre alten Burgen?

Nur für den Fall, dass ihr vielleicht Lehrer oder Pädagogen seid, die Klassenfahrten und Teamtrainings in der Eifel gibt es übrigens noch immer. Falls ihr danach auf der Suche seit könnt ihr ja einmal einen Blick auf die Website unserer alten Arbeitgeber werfen: www.arduinna.de

Spruch des Tages: Alles ist steter Wandel

 

Höhenmeter 110m / 75m / 230m / 180m

Tagesetappe: 12km / 32km / 38km / 27km

Gesamtstrecke: 28.504,27km

Wetter: Sonnig und teilweise sogar warm

Etappenziel Tag 1520: Katholische Gemeinde, Helsingborg, Schweden

Etappenziel Tag 1521: Katholisches Pfarrhaus, Ängelholm, Schweden

Etappenziel Tag 1522: Gemeindehaus der Kirche, Laholm , Schweden

Etappenziel Tag 1523: Katholisches Pfarrhaus, Halmstadt, Schweden

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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