Tag 1564 bis 1567: Rentnertreffen


02.01.2018
Das neue Jahr beginnt, wie das alte endete: Mit einer ordentlichen Portion Regen. Es wäre ja auch ein Hohn, wenn hier am Ende noch so etwas wie Gemütlichkeit aufkommen würde! Wo käme man denn da hin?
Zum Glück ist man in Deutschland ja miese Wetter ja gewöhnt und weiß sich zu helfen. So wurden wir von unserem Pastoralreverenten erst einmal zum Frühstück eingeladen und verbrachten den halben Vormittag dadurch in der warmen und trockenen Küche des Gemeindehauses. Die dicken Regentropfen prasselten von außen an die Scheiben und ernteten dafür nichts als ein erhabenes Lächeln, das so viel sagte wie: „Haha, ihr kriegt uns nicht!“
Walbert, der Pastoralassistent war ein interessiervter und gebildeter Mann, in dem ebenfalls die Sehnsucht nach der großen, weiten Welt brannte. Viel fehlte nicht und er wäre gleich mit uns mit gekommen, da konnten auch die kalten Regentropfen nicht schrecken. Doch was der Regen nicht vermochte, erledigten dann Famile, Beruf und Verpflichtungen. Man kann schließlich nicht einfach so mir nichts, dir nichts davonwandern! Oder doch?
Zum Abschied gab es noch ein Beweisfoto für das Kirchenblatt. „Man weiß nie, wofür die Kirche hier so ein Bild noch brauchen kann!“ meinte er. Als wir kurz darauf aufbrachen, war es wieder trocken und wir konnten recht gemächlich durch den eisigen Wind genn Norden ziehen. Vielleicht hätten w ir uns die Schadenfreude gegenüber der Regentropfen aber dennoch schenken sollen, denn es hatte schon einen leichten Beigeschmack von Heimtücke, dass sie zurückkehrten, nur wenige Meter bevor wir die schütende Kirche unseres Zielortes erreichten. Gerade früh genug, um uns noch anständig nass zu machen, aber so spät, dass wir das Gefühl bekamen, Regenkleidung würde sich nun nicht mehr lohnen.
Nachdem wir nun schon den halben Vormittag verquatscht hatten, fanden wir und am Nachmittag unverhoffterweise erneut in einem Kaffeekränzchen wieder. Denn im Gemeindehaus unserer Wahl gab es seit nunt 32 Jahren jeden 1. Dienstag im Monat das Kaffee-Trinken der alten Damen, was sich irritierender Weise wirklich aufs Kaffee-Trinken beschränkre. Wir hatten bei einer solchen Veranstaltung mit Kuchen und Keksen gerechnet, aber die brachten sich nur einige Besucherinnen selber mit. Offiziell gab es Kaffee, nicht mehr und nicht weniger.
Die beiden Damen, die uns herein gelassen hatten und die für die Organisation des Treffens zuständig waren, baten uns darum vor der Gruppe einen kleinen Vortrag über unsere Reise und alles dazugehörige zu halten. Eine Bitte, der wir natürlich gerne nachgingen und bei der wir am Ende wie üblich, wieder einmal viel mehr erzählten, als wir eigentlich wollten. Im Flug waren zweieinhalb Stunden vergangen und noch immer hatten die Damen Fragezeichen in ihren Augen, die aufgelöst werden wollten.
Wir berichteten von allem, was uns in den letzten vier Jahren so begegnet war. Von heiligen Orten, von der Berufung aufzubrechen, von der Begegnung mit besonderen Menschen oder Wesen, von Armut und Reichtum, von unseren Hilfsprojekten, von der Kunst, ohne Geld zu leben und gleichzeitig Spenden zu aquirieren, von Sklaven auf unseren Gemüsefeldern, von der Kunst, wahres Vertrauen zu erlernen und von vielem mehr. Am Ende waren sich alle einig darüber, dass eauf jeden Fall etwas unternommen werden müsste, und dass es nichts Wichtigeres gab als Solidarität und Hilfsbereitschaft. Es war gut, dass es nocht Organisationen gab, die etwas taten, und s war gut, dass Menschen auf sie aufmerksam machten und sie unterstützten. Dann ging jede mit einem guten Gefühl nach Hause. Auf die Idee, selbst eine Initiative zu ergreifen und beispielsweise etwas zu spenden kam jedoch nur eine einzige Frau. Und die gab das Geld uns, für einen Kaffee und nicht den Spendenorganisationen für ihre Arbeit. Irgendwie kurios, wenn man bedenkt, dass wir am Morgen beim Frühstücken 100€ gespendet bekommen haben, je zu gleichen Teilen für den Aufbau unserer Reise und für Survival International. Auf der einen Seite saß man gemütlich beim Frühstück und bekam fürs Nix-Tun 100€ und auf der anderen Seite hielt man einen 2,5 Stündigen Vortrag, tat also etwas, das in unserer Gesellschaft tatsächlich als Arbeit anerkannt ist und bekam dafür umgerechnet einen Stundenlohn von 5€. Da versteh mal einer dieses System!
Auf der anderen Seite muss man narürlich sagen: 13€ sind 13€ und das sind genau 13€ mehr als wir erwartet hatten. Vor allem aber hatte der Vortrag den Erfolg, dass wir am Abend noch eine ordentliche Portion Currywurst mit Pommes gebracht bekamen. Was also will man mehr?
Was uns dann letztlich aber noch weit mehr freute als ie Currywurst war Herbert, der Mann unserer Essensspenderin, den wir bei dieser Gelegenheit kennenlernen durften. Er war so ein vergnügter, föhlicher und herrlicher Opa, wie ihn sich jedes Kind erträumt. Mit einem Mal verstanden wir wieder, warum wir uns über die Rentnertrupps, die wir immer wieder auf dem Weg trafen so freuten. Nichts gegen die alten Damen, sie waren tolle Leute, aber man muss trotzdem zugeben, dass bei den Männen im gleichen Alter häufig noch etwas mehr Elan dahinter steckt. Schon beim letzten Kaffeekranz hatten wir uns gefragt, warum niemals Männer anwesend waren. Jetzt wurde uns klar dass dies nicht an der mangelnden Motivationsbereitschaft der Herren lag, sondern daran dass sie andere Pläne hatten. Auch hier in der Gemeinde trafen sich die Männer nicht zum Kaffee-Trinken, sondern zum Radeln, zum Fischen, zum Boule-Spielen, für Skart-Tourniere oder ähnliches. Und Männer wie Herbert waren es, die dafür garantierten, dass es dabei immer heiter und lustig zuging.
Spruch des Tages: Abwarten und Tee trinken
Höhenmeter 180m / 220m / 130m / 190m
Tagesetappe: 20km / 30km / 16km / 18km
Gesamtstrecke: 29.245,27km
Wetter: Überwiegend sonnig, Schneeschmelze bricht herein, viele Wege noch unpassierbar aufgrund der Schneemassen
Etappenziel Tag 1564: Pfarrhaus, Mora, Schweden
Etappenziel Tag 1565: Ferienhütte, Oxberg, Schweden
Etappenziel Tag 1566: Gemeindehaus der Kirche, Älvdalen, Schweden
Etappenziel Tag 1567: Gemeindehaus der Kirche, Åsen, Schweden
