Tag 341: Eiskalte Nächte
Die vergangene Nacht war die erste, in der es wirklich gefroren hat. Als wir heute Morgen aufbrachen, waren die Gräser, Blätter, Bäume, Autos und Schilder von einer dünnen Eisschicht überzogen. Wir hatten also mehr als nur großes Glück, dass wir einen warmen Schlafplatz bekommen hatten. Andernfalls hätten wir ordentlich kalte Zehen gehabt. Dennoch waren wir froh, auch unser kleines Mobiles-Haus, in Form unseres Zeltes dabei zu haben. Denn so wussten wir stets, dass wir jederzeit eine Notunterkunft errichten könnten, wenn uns der Gott der Schlafplätze einmal nicht hold war. Vor allem jetzt, wo eine Reihe wirklich kalter Nächte auf uns zukam, war dies beruhigend.
Auf dem Weg durch den kalten aber sonnigen Winterwald mussten wir dann noch einmal an die unterschiedlichen Erfahrungen in Sachen Wildcampen zurückdenken, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht hatten.
Schlafsack-Extremtest
Darunter waren viele kalte Nächte gewesen, in denen wir gefroren hatten, wie die Schlosshunde. Heiko erinnerte sich beispielsweise an einen Wildniskurs in Polen, den er einmal geleitet hat. Damals war ihm sogar die Trinkflasche eingefroren und aufgeplatzt. In der härtesten Nacht hatten sie einen Extrem-Test mit ihren Schlafsäcken durchgeführt. Sie wollten testen, bis zu welchen Minusgraden man es wirklich in einem 3-Jahreszeiten-Schlafsack aushält, der eine Extremtemperatur von -15°C angibt. Man kann ganz klar sagen, das „Extrem“ hier eine optimistische Formulierung ist. Nach der halben Nacht mussten sie raus und ein Feuer anzünden, sonst hätten sie heute keine Finger und Zehen mehr.
Gehüllt in eine Rettungsdecke
Eine meiner Extremnächte verbrachte ich ebenfalls auf einem Survivaltraining, allerdings in der Nähe von Neumarkt. Wir waren damals vollkommen ohne Schlafausrüstung unterwegs und hatten lediglich zwei Rettungsdecken sowie unsere vom Regen durchnässte Kleidung. Jede Viertelstunde bimmelte die nahegelegene Kirchturmglocke. Fast so als wollte sie uns verhöhnen, mit der Betonung darauf, wie langsam diese Nacht vorüberging. Auf jeden Fall wurde uns klar, warum auf den Verpackungen "Rettungsdecke" und nicht "Kuscheldecke für kalte Nächte" steht.
Am Rande der Apokalypse
Ein anderes Erlebnis hatte Heiko auf Neuseeland gehabt. Damals war er als stellvertretender Expeditionsleiter mit einer Gruppe unterwegs gewesen und war den Wildpfaden in den Dschungel gefolgt. Eines Abends zog ein Gewittersturm auf, der härter war, als alle, die er je erlebt hatte. Das Wasser schoss durch das Zelt hindurch als hätten sie es mitten in einem Fluss gebaut. Nur auf einer Art Turm aus Rucksack und Isomatten konnten sie noch sitzen, ohne Nass zu werden. Und das war wichtig, denn die rings um einschlagenden Blitze setzten das Wasser immer wieder unter Strom. Dieses Mal war es keine der kalten Nächte, aber trotzdem eine der härtesten.
Nie wieder kalte Nächte im Freien verbringen?
Mein aller erster Urlaub, in Sachen Wildcampen war eine Reise nach Norditalien, wo ich gemeinsam mit einem Freund 10 Tage durch die Wälder wanderte. Teilweise bauten wir unser Zelt auf, teilweise deckten wir uns auch nur mit einer Plane zu. Aber die meisten Nächte waren so oder so, dermaßen kalt, dass wir ohnehin kein Auge zugebracht haben. Damals beschloss ich, dass ich von dieser Art zu reisen endgültig die Schnauze voll hatte. So etwas machst du nie wieder! Schwor ich mir.
Aber bereits drei Wochen nach meiner Heimkehr wurde mir klar, dass neben den kalten Nächten und einiger Ungemütlichkeit vor allem positive Erinnerungen geblieben waren. Ich hatte das erste Mal echte Freiheit erlebt. Und dies war eine Erfahrung, die man nicht so einfach wieder aufgibt.