Tag 622: Zwillingsseelen

von Heiko Gärtner
19.09.2015 02:23 Uhr

 Fortsetzung von Tag 621:

Es war anders und doch so vertraut. Es ging nicht um das Außen es ging um den Seelenkern den ich an diesem Tag erblicken durfte. Es war eine Frau die einen Seelenweg hinter sich hatte der den meinigen spiegelte. Sie war wie mein Spiegelbild im Wasser. Wir waren Spiegelpartner und wussten nicht, wie wir dieses Gefühl beschreiben sollten. Auch Paulina saß zuhause und dachte über diese kurze aber doch intensive Begegnung nach. Leider hatte sie vergessen wie unser Blog hieß. Ja ich weiß, das ist ihr übliches Thema was mich so oft zur Weißglut bringt das sie sich einfach nichts merken kann. Sie grübelte, so wie auch ich grübelte. Was war das? Warum will ich den anderen Menschen wiedersehen? Wir wussten es nicht! Es war keine Geilheit. Ich finde diese Person so heiß und begehrenswert, dass ich sie unbedingt vernaschen muss. Nein, es war ein Gefühl von: Man hat etwas miteinander zu tun. Als ich nach drei Tagen Recherchen im Netz mit den überdimensionalen Angaben von: Paulina, lebt in Nürnberg und hatte einen roten Rucksack mit Holzmuschel, eine Paulina fand die ihr verdammt ähnlich sah sendete ich ihr eine Mail. Ich schrieb ihr wie ich mich fühlte und ob sie diese Gefühle verstehen konnte. Es ging mir nicht um eine Beziehung oder eine Liebschaft ich wollte den Menschen einfach kennenlernen und mein Gefühl bestätigen das wir etwas miteinander zu tun haben. Da man in Facebook nur jemanden direkt in seinen Postkasten schreiben kann wenn man mit ihm befreundet ist, fiel meine Mail unter „Sonstiges“ hinten über. Da fast niemand den Postkasten in Facebook SONSTIGES überhaupt kennt, dauerte es einen gefühlten Monat, bevor ich eine Antwort von Paulina bekam. Ihr ging es genauso. Sie schrieb einen Text der mein Herz zum singen brachte. Ich weiß nicht warum und doch war es so. Ich hatte nie die Option darin gesehen, dass wir irgendwann ein Paar werden und gemeinsam um die Welt laufen, um das native Wissen der Urvölker zusammenzutragen und unser Heilersein leben wollen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet in Nürnberg eine Frau leben kann, die an solch einer Abstraktheit gefallen findet und dies seit ihrer frühsten Kindheit im Herzen trägt? So war ich stets davon überzeugt das es solch einen Menschen nur in der Ferne gibt. Und so musste ich erst 4000 Kilometer wandern, bis mir diese Person begegnen durfte. Warum?

Ich sagte doch, solch eine Person gibt es nur in der Ferne. Ergo konnte mir die Schöpfung Paulina nicht früher vorbei schicken. So mussten wir uns am anderen Ende der Welt treffen obwohl wir nur ein paar Kilometer auseinander wohnten. Wir hielten uns in den gleichen Lokalitäten auf, kletterten gerne und hatten viele gemeinsame Interessen und waren wir uns nie begegnet. Als sie uns dann spontan in Spanien für einen 10 tägigen Kurzurlaub besuchte, wussten wir, das Paulina etwas mit unserem Leben zu tun hatte. Als sie ankam und ihr Ritual zur Findung ihres Frauseins machte, stiegen hunderte von Störche vor uns auf. Es kommt Zuwachs in die Herde. So erlebten wir unzählige Tierbegegnungen, die wir nicht erklären konnten und nur ein Hinweis für unsere Heilerübereinkunft sein konnte. Und doch zweifle ich heute daran, ob Paulina den Weg des Heilers gehen kann. Aber nicht nur ich Zweifel daran. Mein Zweifel wird durch ihren genährt. Als wir sie befragten und sagten „Kannst du dir vorstellen, dass du diesen Weg beschreiten kannst?“ begann sie schwer zu atmen und die Tränen schossen ihr ins Gesicht.

„Ich weiß nicht“, war ihre Antwort. Als wir ihre Muskeln austesteten kam heraus, dass sie sich nicht mal zu einem einzigen Prozent selbst vertraute, dass sie den Weg finden könnte. Als wir jedoch fragten ob es ihre Bestimmung sei und ob sie die Gaben, also die Fähigkeit besitzen würde, hatte sie die vollkommene Kraft. Ich hoffe nun das die Schöpfung uns helfen wird, so das sie den Weg finden wird. Als sie sich damals von mir verabschiedete, sprachen wir über die mystischen Begebenheiten, die uns zusammengebracht hatten. Wir konnten nicht glauben wie viele abgefahrene Sachen passiert waren und wie oft die Schöpfung direkt mit uns über die Tierboten und dem Wetter kommunizierte. Als Abschiedsgeschenk übergab sie mir ihren größten Schatz, eine halbe Jakobsmuschel.

„Schau her Heiko“, hatte sie gesagt, „ich habe die andere Hälfte. Irgendwann werden sich die zwei Teile wieder vereinen. Klar geht nun jeder seinen Weg und doch glaube ich das wir irgendwann wie die Muschelhälften zusammen finden können, auch wir wieder zusammen finden können.“

Wir waren offen und doch wussten wir, dass ein magisches Band um uns geschlungen war. Es gab keine Verpflichtungen und doch wussten wir, dass es einen Magnetismus gab. Es war, wie es war. Seit sie mir die Geschichte zu den Muschelhälften offenbarte, trug ich sie nun 11 Monate bei mir und hütete sie wie meinen Augapfel. Warum? Weil ich an die Magie des Ozeans der Liebe glaube. Auch sie kam nach dem Jakobsweg am Ende der Welt an um etwas an diesem Platz loszulassen. Bei ihrem ersten Jakobsweg war Paulina tottraurig, das sie nicht bis ans Ende der Welt laufen konnte, da die Termine zu knapp gelegt waren. Durch einen Zufall fand sie eine Gruppe mit einem Nürnberger, die noch ans Ende der Welt mit dem Kleinbus fahren wollte, bevor es nach hause ging. Paulina dachte sich: „Für so wenig Geld nach hause zu kommen ist doch klasse!“ Und so war sie schon mit der kleinen Gruppe auf dem Weg an den westlichsten Punkt von Spanien. An der schroffen Küste angekommen, schlenderte die Gruppe über den goldgelben Strandboden und hielt Ausschau nach Jakobsmuscheln. Alle fanden wunderschöne ganze strahlend weiße Jakobsmuscheln. Nur Paulina nicht. Sie fand nur eine halbe Muschel. Zu erst dachte sie: Die will ich nicht, die ist nicht vollkommen. Doch dann sah sie, sie genauer an und erkannte, dass die Muschel etwas mit ihr zu tun hatte. Sie war nicht ganz. So wie sie nicht ganz war. Mit diesem Gefühl fuhr sie heim und versprach sich das sie bald zum Jakobsweg zurückkommen wollte um bis ans Ende der Welt zu laufen. Schon einige Monde später machte sie sich auf den portugiesischen Weg nach Santiago. Doch dieses Mal war nicht Santiago das wahre Ziel sondern der Strand am Ende der Welt. So begegneten wir uns auf dem portugiesischen Pilgerweg. Dies wäre bis jetzt noch nichts Spannendes, doch die Spannung liegt im Detail verborgen. Da wir nicht den Weg zueinander finden konnten weil wir zu sehr in unseren eigenen Lebensthemen und Ängsten verstrickt waren half uns die Schöpfung auf die Sprünge. Als Paulina am Strand ankam stolperte sie schon nach wenigen Momenten über eine Muschelhälfte. Ihr fiel es wie Schuppen von den Augen.

„Letztes Jahr war ich noch nicht so weit und heute glaube ich daran, dass ich meinen Spiegelpartner finden werde!“

Für sie war die zweite Muschelhälfte, die ich nun als Beweis der Darmaverbindung in den Händen hielt, das Symbol dafür, dass sie bereit war, für eine Beziehung zweier Dualseelen. Was sie nicht wusste war, dass ich ihr nach dem Treffen einige Tage zuvor schon geschrieben hatte und sie nur die Mail in dem Postkasten unter „Sonstige Nachrichten“ finden musste. Doch wir wären nicht Paulina und Heiko wenn es nicht noch mystischer weiter gehen würde. Da sie dieses mal zum Capo Finesterre zu Fuß gelaufen ist, musste sie auch dort übernachten. Als sie sich am Abend in ein Café setzte, um ein Getränk zu sich zu nehmen, fragte ein älterer Herr, ob sie sich nicht zu ihm setzen wolle. Was dann geschah war unglaublich. Nach der Erkenntnis am Strand berichtete der graumelierte Mann, dass er hier am Capo Finesterre seine Dualseele gefunden hat und das hier an diesem Platz alles möglich ist. Egal ob wir den Weg finden oder auch nicht, dass wir eine gemeinsame Bestimmung in uns tragen steht nun mal ohne jeden Zweifel fest.

Nach dem Ritual in den Bergen war ich erleichtert und freudig zu gleich. Ich hoffte es hat sich das gelöst was gelöst werden sollte.

Es war unglaublich was ich mit Paulina in den ersten Tagen ihrer Ankunft erlebte. So lag ich am Morgen nach der Jugendattacke und notierte mir, was mir nach der traumdurchzogenen Nacht noch einfiel. Zu dieser Zeit hatte ich noch keine Ahnung das diese geschriebenen Sätze etwas mit Hans zutun haben könnten und am darauffolgenden Abend eine Geistesaustreibung mit Paulina anstehen würde. In mir war der Satz:

„Wenn ich aus einer nervigen Situation ausbreche und verschwinde um wieder in den Raum des Friedens einzutauchen, mag man mich nicht mehr.“

 

Fortsetzung folgt...

Spruch des Tages: Jeder Mensch ist ein Spiegel unserer eigenen Seele

Höhenmeter: 180 m

Tagesetappe: 12 km

Gesamtstrecke: 10.937,27 km

Wetter: sonnig, leicht bewölkt

Etappenziel: Zeltplatz auf einer Wiese, in der Nähe von Carrallukë, Kosovo

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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