Tag 685: Meditation um Loszulassen – Teil 1

von Franz Bujor
17.11.2015 21:24 Uhr

Fortsetzung von Tag 684:

Als wir in den letzten Jahren vor unserer Reise zu der Gruppe von Medizinleuten hinzustoßen durften, die sich immer wieder in Österreich traf um das antike Wissen über Energieheilung weiterzugeben, haben wir dabei auch einiges über die energetische Ebene zwischenmenschlicher Beziehungen gelernt. Auch wenn wir glauben einen Körper zu besitzen, sind wir doch in erster Linie geistige, also energetische Wesen und als solche wie bereits erwähnt alle miteinander verbunden. Doch auch wenn wir in unserem Gottsein alle eins sind, nehmen wir auf der Erde trotzdem unsere Rollen ein, in denen wir uns als körperliche Wesen wahrnehmen, so dass sich Gott selbst aus den unterschiedlichsten Perspektiven betrachten kann. Auf der Ebene der bedingungslosen Liebe sind wir also alle eins. Gleichzeitig sind wir aber auch Teile einer Einheit, die miteinander in Bezug stehen können. Ähnlich wie die Zellen eines Körpers. Alle Zellen zusammen bilden den ganzen Körper und jede Zelle für sich genommen enthält den kompletten Bauplan des ganzen. Die einzelnen Zellen untereinander gehen aber auch jede für sich bestimmte Beziehungen mit Nachbarzellen ein um so beispielsweise ein Nervensystem, eine Leber oder ein Auge zu bilden. Jede Zelle des Auges ist dabei auch wieder mit dem ganzen System vernetzt, so dass sie auch in Beziehung mit der Leber und dem Nervensystem steht. Daher bekommen wir gelblich braune Augen, wenn wir einen Leberschaden haben und Schmerzen, wenn wir uns mit dem Finger ins Auge piksen.

Nicht anders ist es auch bei den Bewohnern dieses Planeten und bei allen Wesen im Universum. Wir sind alle auf einer göttlichen Ebene miteinander verbunden und haben zusätzlich noch verschiedene energetische Verbindungen auf anderen Ebenen. Diese Verbindungen kann man sich in etwa vorstellen wie Kordeln oder Schnüre, die von einem Menschen zu einem anderen führen. Wann immer wir etwas oder jemandem Aufmerksamkeit schenken oder mit ihm irgendeine Form der Verbindung eingehen, erzeugen wir eine solche Kordel. Es kann sein, dass wir eine Kordel zwischen uns und einem Stein erzeugen, wenn wir ihn fasziniert anschauen und ihm unsere Aufmerksamkeit schenken. Ebenso bauen wir Kordeln zu Menschen, die wir treffen, mit denen wir uns unterhalten, die uns aufregen, faszinieren oder erstaunen, mit denen wir uns umarmen, streiten oder mit denen wir schlafen. Einige dieser Kordeln lösen sich automatisch wieder, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Wir wechseln unsere Aufmerksamkeit vom Stein auf eine hübsche Frau und vergessen den Stein wieder, so dass auch unsere Verbindung zu ihm erlischt. Andere Kordeln bleiben hingegen bestehen und können ein Leben lang anhalten. Wieder andere bleiben eine gewisse Zeit inaktiv, um dann wieder neu zum Leben zu erwachen. Dies ist besonders häufig der Fall, wenn sich Paare trennen und danach für sehr lange Zeit nicht mehr sehen. Beide glauben dann, dass es keine Verbindung mehr zwischen ihnen gibt. Sie sind vielleicht anderweitig verheiratet, haben Kinder und ein Haus oder leben enthaltsam als Pfarrer, ohne überhaupt noch an den damaligen Partner zu denken. Kommt es aber nach all der Zeit wieder zu einer neuen Begegnung, fließt auch wieder neue Energie durch die Kordel und die alte Begeisterung für einander flammt wieder auf.

Im Idealfall sind die Kordeln reine, klare Verbindungen, durch die die Energie frei hin und her fließen kann. Doch dies ist nicht immer der Fall. Haben wir beispielsweise eine Beziehung, die darauf beruht, dass ein Beziehungspartner den anderen ausnutzt, ihm Angst macht oder seine permanente Aufmerksamkeit fordert, dann kann es sein, dass die Energie in den Kordeln nur noch von einer Person in die andere, nicht aber wieder zurück fließt. Es ist dann keine symbiotische Beziehung mehr, sondern eine parasitäre. In diesem Bereich sind alle nur erdenkbaren Formen möglich und es spiegeln sich darin alle möglichen Formen von Beziehungen wieder, die es zwischen Wesen im Universum geben kann.

Wenn wir uns trennen oder wenn eine Person plötzlich aus unserem Leben verschwindet, dann kann es sein, dass die Kordel zu dieser Person noch immer bestehen bleibt. Wie gesagt, eine Person, die von uns gegangen ist, ist niemals wirklich weg, auch dann nicht, wenn sie tot ist. Es ist daher nicht selten, dass wir noch immer eine starke Verbindung zu einem Menschen haben, den wir vielleicht in unserer Kindheit das letzte Mal gesehen haben und der vielleicht schon seit vielen Jahren verstorben ist. Wie wir diese Verbindung wahrnehmen hängt dabei allein von unserer inneren Einstellung ab. Haben wir das Gefühl, dass uns der Mensch belastet, dass die Trennung uns noch immer schmerzt oder dass wir uns durch sie Energielos und Ausgelaugt fühlen, dann halten wir wahrscheinlich eine Energieverbindung aufrecht, die uns schwächt und die sowohl uns als auch den anderen gefangen hält. Haben wir hingegen eine wohliges, leichtes und angenehmes Gefühl, wenn wir an die Person denken, dann gibt es vielleicht noch Kordeln über die wir mit ihr in einem positiven Austausch verbunden sind. Dies kann jedoch nur dann geschehen, wenn wir ohne Groll, Angst, Enttäuschung und Ärger mit der Person verbunden sind und wenn alle negativen, kraftraubenden Kordeln und Verstrickungen gelöst sind.

Fühlen wir uns durch die Trennung hingegen so verletzt, dass wir glauben, mit allem Mitteln versuchen zu müssen, den anderen innerlich festzuhalten, dann bauen wir auf diese Weise Energiekordeln auf, die uns wie Fesseln aneinander binden. Wir lassen nicht wirklich los und so kann weder unsere eigene Seele, noch die des anderen wirklich frei werden. Die Angst verhindert aber auch eine freie und klare Verbindung zwischen uns. Wir produzieren also durch das Nicht-Loslassen-Können Leid und verhindern gleichzeitig das, was wir uns am meisten wünschen, nämlich einen angenehmen und friedvollen Kontakt.

Wenn wir diesen Kontakt bereinigen und unsere Seelen von dem Leid befreien wollen, dann müssen wir bereit sein, wirklich loszulassen und alle energetischen Kordeln zwischen uns und dem anderen zu durchtrennen. Dies können wir dann mit gutem Gewissen tun, wenn uns bewusst ist, dass wir auf der göttlichen Ebene noch immer untrennbar verbunden sind. Wir können den anderen also nicht verlieren, wir verlieren nur das ungute Gefühl, das zwischen uns steht.

Genau das hatten wir nun vor. Wir wollten alle Kordeln und Verbindungen zwischen uns und Paulina kappen, die uns im Ärger, in Schuld, im Groll, in der Enttäuschung und in Wut zusammenfesselten um so ihrer und unserer Seele die Freiheit zu schenken, die sie benötigten. Dazu wollten wir uns in der Meditation noch einmal mit Paulina treffen, um sie dieses Mal ganz bewusst und bejahend, also mit einem positiven Gefühl gehen zu lassen.

Wieder legten wir uns hin und deckten uns mit unseren Schlafsäcken zu. Nicht dass das viel gebracht hätte, so dünn wie sie zu diesem Zeitpunkt waren, aber es gab einfach ein wohligeres Gefühl. Wir schlossen die Augen und richteten unsere Aufmerksamkeit nach innen. Tief und gleichmäßig atmeten wir ein und aus und achteten darauf, dass wir die Luft weit bis in unsere Bäuche gleiten ließen.

„Spüre, wie dein Fokus immer weiter nach innen geht!“ begann Heiko mit ruhiger, kräftiger Stimme dir Führung durch die Meditation. Spüre dein Herz und richte deine ganze Aufmerksamkeit darauf. Du siehst, wie in seinem Inneren ein helles, klares, weißes Funkeln erstrahlt. Es ist das Licht der bedingungslosen Liebe, das in deiner eigenen Seele leuchtet. Konzentriere dich auf dieses Licht und lass es immer heller und heller erstrahlen, bis es deinen ganzen Körper erfüllt. Es strahlt weiter und immer weiter und erfüllt nun auch den Raum um dich herum. Das Licht wird nun zu einer weißen, hellen Lichtsäule, die dich umgibt und in der du sicher und geborgen verweilen kannst. Das Licht geht immer weiter nach oben und verbindet sich dort mit der Urquelle allen Seins, während es auf der anderen Seite immer weiter nach unten strahlt, bis es mit dem lebendigen Kern von Mutter Erde verschmilzt. In diesem Raum, dieser Säule aus Licht bist du nun vollkommen sicher und geschützt, so dass du gefahrlos mit allen Energien umgehen kannst.

Nun laden wir gemeinsam alle Helferwesen ein, alle Spirits, Krafttiere, Hüter, Geistheiler, Engel und alle anderen, die sonst noch helfen wollen, uns bei dieser Meditation zu unterstützen.

Spüre nun, wie du mit dem Licht selbst immer weiter nach unten gleitest. Dein Körper rutscht einfach durch den Boden hindurch und sinkt immer tiefer und tiefer in die Erde hinab. Es ist angenehm warm und du spürst wie du von Mutter Erde in vollkommener Geborgenheit aufgenommen wirst. Tiefer und tiefer sinkst du, bis du ganz im Zentrum angekommen bist, an einem Ort tief im inneren deiner selbst. Du schaust dich um und entdeckst eine Tür, durch die du in einen Raum gelangst. Gehe nun auf die Tür zu, öffne sie und betrete den Raum. Stell dich mitten in den Raum hinein und spüre deine Präsenz in diesem Raum. Spüre die Luft hier, fühle den Boden unter deinen Füßen und schaue dich um. Vor dir befindet sich eine zweite Tür. Schau sie dir genau an. Hinter dieser Tür verbirgt sich der Eingang für Paulinas Seele in dein Unterbewusstsein. Fühle noch einmal tief in dich hinein und prüfe, ob du bereit bist, ihr jetzt zu begegnen und sie in Liebe, in Offenheit, Freundlichkeit und Wohlwollen Willkommen zu heißen.

Wenn du soweit bist, dann rufe sie beim Namen und lade sie herzlich zu dir in diesen Raum ein. Stell dir dabei nichts vor, sondern warte einfach und beobachte, was passiert. Sie wird von ganz alleine die Tür öffnen und zu dir in den Raum treten. Du musst nichts tun.“

Die Tür öffnete sich langsam und eine Gestalt kam herein. Es war Paulina, wenngleich sie nicht vollkommen klar als Paulina zu erkennen war. Es war keine klare, eindeutige Vorstellung, sondern viel mehr eine Erscheinung, eine fast geisterhafte Präsenz. Doch es war Paulina. Gleichzeitig trat jedoch auch meine Mutter durch die Tür herein, ebenso geisterhaft und vage, aber ebenso präsent.

„Atme tief ein und aus und begrüße die Seele, die dich nun besucht“, fuhr Heiko fort, „ganz gleich, ob du sie klar und deutlich in ihrem Körper siehst oder eher verschwommen, schematisch oder geisterhaft. Begrüße sie mit deiner inneren Stimme, indem du ihr folgende Worte sagst: ‚Hallo Paulina! Danke dass du meinem Ruf gefolgt und hergekommen bist. Ich habe dich hierher eingeladen, weil ich mir wünsche, dass wieder Frieden, Klarheit und Freiheit zwischen uns herrscht und weil ich loslassen will, was zwischen uns passiert ist. Danke, dass du hier bist! Ich danke dir für alles, was du mir geschenkt hast, für jede Erfahrung, egal ob sie angenehm oder unangenehm, freudig oder schmerzhaft war! Ich weiß, dass alles was ich gemeinsam mit dir erfahren und erlebt habe auf Wunsch unserer Seelen geschah und dass es dazu beiträgt, dass wir wachsen und die Liebe ausdehnen können. Es war eine wichtige und bereichernde Zeit, die wir zusammen erlebt haben. Ich bin nun bereit, alles was je zwischen uns passiert ist bejahend und mit Liebe als einen wichtigen Teil meines Lebens anzunehmen. Und ich nehme auch unsere Trennung bejahend und liebevoll als einen wichtigen Teil meines Lebens an. Ich weiß, dass es keine Schuld gibt, doch ich weiß auch, dass wir beide noch immer Schuldgefühle in uns tragen. Daher bitte ich dich nun, mir jetzt alles zu vergeben, das ich jemals dir gegenüber gesagt, getan oder gedacht habe, das nicht in Liebe war. Sowohl in diesem, wie auch in allen vorherigen oder noch folgenden Leben. Ich bitte dich, mir zu verzeihen und deine Schuldgedanken loszulassen. Bitte vergib mir!

Obwohl es keine Schuld gibt, spüre auch ich, dass ich Schuldgedanken dir gegenüber hege und daher möchte auch ich dir nun alles vergeben, das du mir gegenüber jemals gedacht, gesagt oder getan hast, das nicht in Liebe war, egal ob es in diesem oder in irgendeinem anderen Leben geschehen ist oder noch geschehen wird. Wahrscheinlich sind wir uns in diesem Leben nicht zum ersten Mal begegnet und wahrscheinlich war es auch nicht das letzte Mal, auch wenn wir in den anderen Leben möglicherweise vollkommen andere Rollen hatten oder haben werden.'

Spüre tief in dich hinein und fühle, dass sowohl deine eigene Seele als auch die von Paulina genau wie alle anderen in Wirklichkeit aus reiner, bedingungsloser Liebe bestehen, dass wir alle Teil des gleichen, unendlichen Lichtes sind und dass wir ewig bestehen werden. Wir sind pure Liebe, pures Licht und diese Liebe, sowie auch die Liebe zwischen uns wird ewig bestehen.

Hier und heute bist du nun bereit, hinter die Masken und Fassaden der Persönlichkeit und der Rollen zu schauen, die wir alle im Film unseres Lebens spielen. Du bist bereit, dich selbst genau wie auch die Seele, die dir gegenüber steht als das göttliche Wesen zu betrachten, das du wirklich bist. Spüre dass du dieses unendliche, göttliche Wesen bist und spüre auch die unendliche, göttliche Präsenz von Paulina.

Wenn du es fühlen kannst, dann sprich wieder mit deiner inneren Stimme in klaren, kraftvollen und bewussten Sätzen weiter: ‚Ich möchte mich nun gemeinsam mit dir aus allen alten Verstrickungen lösen, die wir uns zusammen erschaffen haben und die sowohl dich als auch mich in Unfreiheit, Schwere und Leid gefangen halten. Darum löse ich dich jetzt aus allen Versprechungen, allen Verpflichtungen, allen Bündnissen, Flüchen, Verkettungen, Vernetzungen, Beschwörungen und Abhängigkeiten, die wir beide jemals miteinander eingegangen sind, sowohl in diesem wie auch in allen anderen, früheren oder folgenden Leben. Alles, was ich von dir zu mir genommen habe, all deine Energien, all deine Lasten, Schulden, Kräfte und Seelenanteile, alles was zu dir gehört, gebe ich dir nun wieder zurück!’“

Fortsetzung folgt...

 

Spruch des Tages:

„Wenn dir jemand eine Pistole auf die Brust setzt und dir sagt, dass du keine Wahl hast, dann bedeutet das nicht, dass du keine Wahl hast. Du kannst dich immer entscheiden, ob du seiner Drohung nachgehen und tun willst, was er dir sagt, ob du dich verweigerst und riskierst dass er dich erschießt oder ob du eine der unendlich vielen Möglichkeiten wählst, um ihn zu entwaffnen oder zu überzeugen, dass er dich gar nicht bedrohen will.“ (Frei nach Harvey Spector, Suits, amerikanische Fernsehserie)

Höhenmeter: 430 m

Tagesetappe: 23 km

Gesamtstrecke: 12.211,27 km

Wetter: leicht bewölkt

Etappenziel: verlassenes Pfarrhaus ohne Strom, 75020 Nova Siri, Italien

Hier könnt ihr unser und unser Projekt unterstützen. Vielen Dank an alle Helfer!

Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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