Tag 876: Wandern in Bulgarien

von Heiko Gärtner
25.05.2016 02:36 Uhr

07.05.2016

Unser Hotelier hatte so ein schlechtes Gewissen, dass er uns erst abgelehnt hatte und dann vom Bürgermeister persönlich aufgefordert worden war, uns doch aufzunehmen, dass er uns heute morgen sogar noch ein kleines Lunchpaket zurecht machte. Vor uns lag nun eine etwa 20km lange Strecke, bis zum ersten Ort in Bulgarien. Auf dem Weg wurden wir drei Mal misstrauisch von Polizisten angeschaut, die jedoch jedes Mal zufrieden weiterzogen, sobald sie erfuhren, dass wir aus Deutschland und nicht aus Syrien waren. Auch jetzt sahen wir noch immer keinen Flüchtling und das änderte sich auch an der Grenze nicht. Die Warnungen vor den Massenaufläufen, die es hier geben sollte und der damit einhergehenden Gefahr, dass man überfallen und des Passes beraubt werden könnte, damit die verzweifelten Fliehenden den Hauch einer Chance hatten, ins nächste Land weiter zu kommen, waren also vollkommen an den Haaren herbeigezogen. An der Grenze warfen die Beamten einen kurzen Blick auf unsere Ausweise und winkten uns dann durch. Der bulgarische Beamte war sogar so freundlich, uns einen Stempel zu geben, nachdem wir ihn darum gebeten haben, obwohl dieser rechtlich betrachtet natürlich nicht nötig war. Aber er macht sich ganz gut neben den anderen.

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Landschaftlich war unser erster Eindruck von Bulgarien nicht schlechter als der von Griechenland. Wir befanden uns inmitten eines beeindruckenden Gebirges, dessen Gipfel noch immer verschneit waren. Wenn man bedenkt, dass wir in ein paar Tagen bis auf 1400 Höhenmeter aufsteigen müssen, macht das noch nicht unbedingt ein gutes Gefühl, aber es sieht chick aus. Seltsamer weise war auf der Straße nach der Grenze deutlich mehr Verkehr als zuvor, obwohl es ja noch immer die gleiche Straße war.

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Die Menschen machten mehrheitlich einen freundlichen Eindruck, doch die Dörfer selbst wirkten schon wieder deutlich ärmlicher und spatarnischer als in Griechenland. Es wirkte ein bisschen wie in Bosnien. Viele Häuser waren aus Lehm oder hatten keinen Putz und keine echte Fassade. Andere waren uralt und vergraut. Dennoch waren sie fast immer gepflegt und den Umständen entsprechend schön gemacht. Nur dass man hier einen Schlafplatz finden konnte, konnten wir uns noch nicht wirklich vorstellen. Zwischendurch gab es aber auch immer wieder neue und hoch moderne Häuser mit detailreich verzierten Gärten, die irgendwie nicht richtig ins Gesamtbild passen wollten. Auch die Autos waren erstaunlich nobel und teuer für eine Region in dem die Menschen augenscheinlich so arm waren. Es gab auch einige Eselkarren und Pferdekutschen sowie rostige Klapperkisten, die sich kaum noch auf den Rädern halten konnten. Doch daneben waren auch jede Menge Limousinen von Mercedes, BMW, VW, Ford und sogar ein Bentley. Straßen und Häuser schienen den Menschen also nicht so wichtig zu sein, Autos hingegen sehr.

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Für die erste Nacht hatten wir dann aber doch ordentlich Glück, was unsere Schlafsituation anbelangte. Wir kamen an einem Kloster vorbei, in dem wir übernachten dürfen.

Spruch des Tages: Der Anfang ist schon mal nicht schlecht!

Höhenmeter: 260 m Tagesetappe: 22 km Gesamtstrecke: 15.418,27 km Wetter: überwiegend sonnig Etappenziel: Zeltplatz in einer verlassenen Einfahrt, kurz vor 5340 Kmetovtsi, Bulgarien

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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