Tag 898: Wie bei Reinhold Messner

von Heiko Gärtner
18.07.2016 21:46 Uhr

22.05.2016

Tag 898: Wie bei Reinhold MessnerTag 898: Wie bei Reinhold MessnerAuch die Nacht durch regnete es ohne Unterlass und am Morgen war es noch immer trübe und bewölkt, so dass wir unsicher waren, ob es nicht jeden Moment wieder neu beginnen würde. Der Dauerregen brachte uns in ein Dilemma, durch das wir nun an einem Scheideweg standen. Vor uns lag eine kleine Bergstraße, die auf dierekten Wege durch ein langgezogenes Tal hinauf ins Gebirge führte. Bis ins nächste Dorf waren es auf diesem Weg 22km und es war sicher ein ruhiger und schöner Pass. Er war jedoch nicht asphaltiert und wenn er nur halb so schlammig und lehmig war, wie die Weg zuvor, würde er bei diesem Wetter unpassierbar sein. Die Alternative war die Hauptstraße, die jedoch stark befahren war und außerdem einen Umweg von weiteren 18km ausmachte. Besonders verlockend war dies also auch nicht. Also: No Rist, No Fun! Wir sind schließlich nicht auf diese Reise aufgebrochen, um vor jeder Herrausforderung auf eine Hauptstraße zu fliehen. Wie sich herausstellte war die Entscheidung absolut richtig. Der Weg war ganz neu gemacht und frisch geschottert worden und hätte besser kaum sein können. Alle paarhundert Meter standen sogar Hinweisschilder für die Besonderheiten der hiesigen Natur am Wegesrand. Von den Einheimischen nutzte das niemand und so vermuteten wir, dass es sich bei dem gesamten Nationalpark wahrscheinlich um eine Ausgleichsfläche für die solarfelder handelte.

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Die Straße schlängelte sich entlang eines Wildwasserbachs, der wunderschön über die schroffen Felsen ins Tal schoss. Die ersten zehn Kilometer waren wir noch guten Mutes und freuten uns über die schöne Strecke. Dann stellte sich langsam die Erschöpfung ein und wir mussten feststellen, dass am Ende der Kraft noch sehr viel Strecke übrig war. Wir wollten schon fast aufgeben und einfach wieder umkehren, um den Rest unseres Lebens unten vor dem Berg im Tal zu verbringen, als sich die Straße plötzlich in eine matschige und pampige Holzfällerroute verwandelte. Wir hatten den Gipfel erreicht. Hier war der Nationalpark zu Ende und der normale Nutzwald begann, weshalb die großen Baumerntemaschinen fleißig dabei waren, alle Wege wieder kaputt zu machen. Die letzten Meter bis zum absoluten Gipfel wurden also noch einmal die anstrengendsten des ganzen Aufstiegs. Ich weiß nicht, ob ihr die Aktion von Hape Kerkeling kennt, bei der er oben auf dem Gipfel des Matterhorns (vielleicht auch eines anderen wirklich hohen Berges, so genau erinnere ich mich gerade nicht) einen Kiosk errichten ließ, um Reinhold Messner einen Streich zu spielen. Als dieser dann nach einem stundenlangen, stapaziösen und riskanten Aufstieg den Gipfel erreichte, strahlte ihm der verkleidete Hape entgegen und pries seine frischen Hotdogs und die aktuelle Tageszeitung an, die er gerade kurz von unten vom Tal heraufgeholt habe. Ungefähr so, wie sich Herr Messner bei dieser Aktion gefühlt haben muss, fühlten wir uns nun auch, als wir oben auf dem Gipfel plötzlich ein Restaurant mit dem Namen Partizanska Pesen erblickten, in dem dutzende Touristen ihren Wochenendausflug zelebrierten. Anders als Reinhold müssen wir aber zugeben, dass wir uns über diesen Stilbruch freuten, denn so bekamen wir immerhin einen guten Gifelschmaus in Form einer warmen Suppe. Für einen Moment riss dabei sogar die Wolkendecke auf uns die Sonne strahlte auf uns hernieder.

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Dann folgte ein Abstieg, der ebenso holprig weiterging, wie er auf dem Gipfel begonnen hatte. Untern kamen wir in einen kleinen Ort, vor dem wir zelten konnten. Einen Minimarkt gab es ier nicht und so mussten wir unser Abendessen bei Privatpersonen erfragen, was weitaus schwieriger war, als wir vermutet hätten. Besonders vielseitig wurde es nicht, aber wir bekamen immerhin 20 Eier, die wir zu einem Riesenomlet verarbeiten konnten. Kaum hatten wir unser Zelt aufgebaut, begann es schon wieder zu regnen. Langsam fragten wir uns ernsthaft, wo dieses ganze Wasser nur herkam.

Spruch des Tages: Wie zur Hölle kommt denn eine Imbissbude auf diesen Berg?!?

Höhenmeter: 230 m Tagesetappe: 20 km Gesamtstrecke: 15.851,27 km Wetter: schwühlwarm, später Regen und Gewitter Etappenziel: Mehrzweckraum des Rathauses, 907250 Rasova, Rumänien

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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