Tag 900: Knietief im Schlamm

von Heiko Gärtner
19.07.2016 20:06 Uhr

24.05.2016

Heute begannen wir unsere Wanderung gleich als erstes einmal mit einem Umweg. Kaum hatten wir unseren Ort verlassen, erwischten wir an einer Kreuzung die falsche Abzweigung und wanderten erst einmal 150 Höhenmeter auf einen Berg, auf dem wir nicht sein wollten. Nicht dass er nicht schän gewesen wäre, aber er lag leider nicht in unserer Richtung. Es half also nichts, das, was wir gestern bereits an Strecke von dieser Tagesetappe vorgezogen hatten, verbrachten wir nun mit dem hin und herwandern, ohne dabei voranzukommen.

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Doch der Umweg hatte den Vorteil, dass wir daduch zur Mittagszeit einen kleinen Ort erreichten, in dem es einen Bahnhof und auch ein Hotel gab. Zu unserer eigenen Überraschung wurden wir eingeladen, die Nacht in einem Hotelzimmer zu verbringn und bekamen dabei sogar ein großartiges Mittagessen. Es war das beste Essen, das wir in Bulgarien bislang bekommen hatten und es sollte auch das beste Essen bleiben, das wir diesen Sommer überhaupt bekommen würden. Jedenfalls bis jetzt. Mn weiß ja nie, was noch kommt. Die junge Dame, die für die Hotelgäste zuständig war (also ausschließlih für uns, da wir die einzigen Gäste waren) deckte uns einen Tisch im Freien und brachte uns eine heiße Stahlplatte mit bruzelndem Gemüse und Hähnchenstreifen darauf. Ich weiß nicht, wie es zubereitet worden war, aber es war offensichtlich eine Spezialität der Region und dieses Mal sogar eine, die den Namen Spezialität verdient hatte. Kaum hatten wir aufgegessen, begann sich der Himmel auch schon wieder zu verdunkeln und am Nachmittag regnete es wieder einmal wie aus Fässern. Nun waren wir für unser Hotelzimmer gleich doppelt dankbar, denn im Zelt hätten wir keine angenehme und ruhige Nacht erlebt.

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25.05.2016 Es regnete die ganze Nacht hindurch und auch am nächstn Morgen prasselte es noch immer. Zunächst wanderten wir dick verpackt in unsere Regenkleidung eine kleine Straße entlang, die sich jedoch kurz darauf in einen Sandweg verwandelte. Bereits in den letzten Tagen hatten wir uns immer wiedr gefragt, wie diese Lehm- und Sandpisten bei Regen überhaupt noch passierbar waren. Nun wussten wir es: Gar nicht! Die Straße war eine reine Rutschbahn, auf der man wie auf Schmierseife dahinglitt. Ohne unsere Wagen hätten wir uns gleich mehrfach auf den Hintern gesetzt und vielleicht würden wir noch immer versuchen, irgendwie aus dem Schlammparadies zu entkommen. Die ersten Meter rutschten wir fast automatisch in ein Tal hinunter, was zugegebenerweise sogar echt spaßig war. Weniger spaßig war jedoch, dass wir aus diesem Tal auch wieder hinaus mussten und nun gegen den Schlamm und die Schwerkraft ankämpften die uns beide einfach gefangenhalten wollten.

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Und jede Minute, die wir im Schlamm steckten, wurde er weicher und weicher, denn noch immer fiel Tonnenweise Wasser vom Himmel, das alles noch weiter aufweichte. Als wir schließlich doch oben ankamen, waren wir heilfroh, hier wieder auf eine Asphaltierte Straße zu treffen. Doch nun standen wir vor dem nächsten Dilemma. Die Straße führte in zwei Richtungen. Links ging es den Berg hinab ins Tal, wo irgendwann die Hauptstraße auf uns wartete, die uns Schlammfrei, umwegig und mit starkem Verkehr ans Ziel bringen konnte. Rechts ging es weiter den Berg hinauf ins nächste Dorf, wo uns dann ein weiterer Schlammweg erwartete, der uns auf direktem Weg in unsere Zielortschaft führte. So sehr uns der kurze Aufenthalt in der Schlammgrube auch eine Lehre war, so wenig sagte uns die Hauptstraßenalternative zu, weshalb wir uns trotzdem auf das Spiel mit dem Wetter einließen. Zunächst ging es gut. Die Straße blieb eine Straße. Dann wurde sie ein Schtterweg, der noch immer leicht zu passieren war. Schließlich war er jedoch nicht mehr, als eine Spur auf einer Wiese, die steil den Berg hinau führte. Auch dies war noch immer einigermaßen passierbar. Wir hatten zwar nach wenigen Metern komplett durchweichte Füße und das Ziehen der Wagen gegen den Graswiderstand war mehr als nur anstrengend, aber wir kamen voran. Dann aber wendete sich das Blatt und nun bekamn wir genau das, was wir bereits befürchtet hatten. Vor uns lagen rund 6km reine Schlammpiste. Der Waldweg war von den Kühen, den Traktoren und Harvestern so zerstört worden, dass sich teilweise metertife Löcher darin befanden. Bis zu den Knien und teilweise sogar bis zur Hüfte versanken wir in den schlammigen Pfützen und bald schon waren wir so voller Lehm, dass wir locker als Sumpmonster durchgehen konnten.

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Plötzlich tauchte vor uns ein kleiner Feuersalamander auf, der dieses absolute Sauwetter liebte wie nichts zweites. Doch auch er war mit dem Gebirge aus Schlamm und Lehm etwas überfordert. So wie der Salamander entwickelten aber auch wir langsam Spaß daran, uns durch dieses Schlammwirrwar zu manövrieren. Wir fühlten uns wie kleine Kinder, die stundenlang im Matsch spielen konnten. Erst als sich die Lehmkonsistenz änderte und sich der Schlamm nun auch noch an unseren Reifen anheftete, so dass diese blockierten und wir kaum noch in der Lage waren, die Wagen vorwärts zu schleifen, erhielt unsere Matschfreude einen Dämpfer. Langsam war der Zeitpunkt erreicht, an dem es genug des guten war. Bis hier hin hatte es wirklich Spaß gemaht doch nun wünschten wir uns wieder eine normale Straße, auf der wir ganz normal gehen konnten. Wie als Zeichen, dass wir durchhalten sollten, tauchte nun ein Reh vor uns auf und schaute uns mit großen Augen an. Wenig später erreichten wir eine Wiese, hinter der sich ein Dorf und auch eine Asphaltstraße befand. Auf einer kleinen Freifläche schlugen wir unser Zelt auf. Wieder einmal gönnte uns der Regen dafür eine kurze Pause und für 10 Minuten kam sogar kurz die Sonne durch. Dann regnete es erneut. Es waren nun bereits mehr als 24 Stunden, in denen das Wasser ununterbrochen vom Himmel fiel.

Spruch des Tages: Dinge, die Kinder auf der ganzen Welt lieben: Im Schlamm spielen, durch Pfützen hüpfen, mit Wasser panschen, ...

Höhenmeter: 310 m Tagesetappe: 21 km Gesamtstrecke: 15.898,27 km Wetter: sonnig und heiß Etappenziel: Zeltplatz neben einer Sandböschung, direkt hinter 907280 Topalu, Rumänien

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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