Tag 931: Wie finde ich inneren Frieden?

von Heiko Gärtner
30.08.2016 04:29 Uhr

Fortsetzung von Tag 930: (Hier geht es zum Gesamtartikel)

Auch die Krankheiten, die wir in unser Leben ziehen, hängen sehr stark von unserem Wutzyklus ab. So lässt sich beobachten, dass manche Menschen immer wieder starke, schmerzhafte und schwerwiegende Krankheiten oder Körpersymptome in ihr Leben ziehen, andere hingegen so gut wie überhaupt nicht. So bekam Heiko stets für jedes Vergehen gegenüber seiner Seele und seinem Gottbewusstsein einen direkten Faustschlag von seinem Körper zu spüren. Angefangen von einer Nierenkolik über eine Gehirnhautentzündung und Borreliose bis hin zum Tinnitus, der ihn mehrfach bis an den Rand des Selbstmordes brachte. Ich hingegen hatte zwar immer wieder kleine Krankheiten, die mich schwächten und noch weiter in meine Opferrolle brachten, aber nie wirklich große, schmerzhafte oder leidvolle. Mein Körper spiegelt mir meine Vergehen gegen meine Seele stets auf einer subtilen Ebene, die ich zwar wahrnehmen kann, die mich jedoch zu keiner Konsequenz zwingen. So habe ich Krampfadern in den Beinen und am Brustkorb, eine verengte Vorhaut, eine Trichterbrust, die mir das Atmen schwer macht, eine schlechte Durchblutung, durch die meine Hände und Füße taub werden und eine extreme Sehschwäche. Alles sind Krankheitssymptome, die mich unsensibler machen und dazu führen, dass ich noch mehr gegen meine Herzensstimme verstoßen kann. Je weniger ich sehe und fühle, je weniger Energie ich habe und je schlechter mein Körper mit Sauerstoff versorgt wird, desto mehr lasse ich automatisch über mich ergehen und desto weiter lasse ich mich von meinem Lebensweg abbringen. Gleichzeitig werde ich dadurch aber auch rein körperlich zu einem immer besseren Opfer, dass Gefahren immer schlechter wahrnehmen und einschätzen kann und das auch immer weniger in der Lage ist, sich gegen einen Angriff zu verteidigen. Heikos Krankheiten hingegen führten dazu, dass er immer sensibler und empfindlicher wurde, was Seelenverstöße und Energieräuber anbelangte. Durch den Tinnitus wurde es ihm nahezu unmöglich, Situationen auszuhalten, die er als unangenehm empfand und die ihm Energie raubten. Sobald er sich zu lange in eine solche Situation begab, zeigten ihm seine Ohren mit einem unerträglichen Warnsignal, dass er gerade dabei war, sich selbst zu schädigen. So wie mich meine Krankheiten in meinem Opfersein unterstützen, führten seine Krankheiten also dazu, dass er noch schneller Grenzen setzen musste, wodurch sie auch sein Tätersein unterstützen. Bei mir dienten die Krankheiten also in erster Linie dazu einen Druckgeber von außen in Form eines Täters einzuladen und anzuziehen. Bei Heiko waren die Krankheiten selbst der Druckgeber und Sanktionator.

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Auch hier gibt es also eine Regelmäßigkeit, die ins Auge sticht. Die Menschen, die am Anfang ihres Lebens Druck von Außen bekommen haben, weil sie zu sich standen und dem Schmerz des äußeren Widerstandes getrotzt haben, bekommen dann später nach dem Switch Druck von innen in Form von leidvollen Krankheiten. Diejenigen, die am Anfang den Druck von Innen bekamen, also von sich selbst, weil sie sich verbogen und ihre Seele selbst verstümmelt haben, bekommen dann später den Druck von außen. Krebs ist dabei noch einmal ein Sonderfall, da die Tumore selbst keine wirkliche Krankheit, sondern eine Schutzfunktion des Körpers sind. Dies an dieser Stelle vollkommen auszuführen würde wieder einmal den Rahmen sprengen, aber eine kurze Erklärung möchte ich trotzdem einfügen. In der Schulmedizin gehen wir davon aus, das Tumore entartete Zellen sind, die sich bis in die Unendlichkeit vermehren und dadurch den Körper von innen heraus zerstören. Dies ist so jedoch nicht richtig. Natürlich lässt sich beobachten, dass die Zellen in einem Tumor sehr stark wachsen und sich vermehren, doch geschieht dies nicht grundlos, unkontrolliert oder bis in alle Ewigkeit. Am einfachsten lässt es sich am Beispiel von Lungenkrebs erklären. Stellt euch einmal vor, ihr wärt eine Maus, die einem Fuchs begegnet. Sobald ihr ihn wittert, schaltet euer Körper sofort ein Notfallprogramm ein, das euch in eine Alarmbereitschaft versetzt, denn nun hängt euer Leben davon ab, dass ihr so schnell wie möglich in eurer Mausehöhle verschwindet. Der Körper stößt Adrenalin aus, der Herzschlag verschnellert sich und eure Lungenbläschen weiten sich, damit mehr Sauerstoff in die Muskeln gelangt und ihr leistungsfähiger werdet. Ihr seit nun in der Lage, einen Sprint in Höchstgeschwindigkeit hinzulegen und im Mauseloch zu verschwinden. Sobald ihr dort angekommen seit, stellt sich der Körper wieder auf sein Normalprogramm um. Es dauert einen Moment, bis ihr euch wieder erholt habt und dann seit ihr wieder genauso entspannt und relaxt wie zuvor. Dieses Notfallprogramm, das bei einer Todesgefahr auftaucht existiert in jedem Lebewesen und damit auch in uns Menschen. Durch unsere zivilisierte Lebensweise gibt es jedoch einen entscheidenden Unterschied. Für die Maus gibt es nur reale Gefahren, denen sie entweder entkommt oder nicht. In jedem Fall ist die Situation aber bereits nach wenigen Minuten oder auch nur Sekunden beendet. Für uns Menschen existieren hingegen eine ganze Palette voller Lebensbedrohungen, die keine reale Ursache haben, vor der wir weglaufen könnten. So wird unser Leben vielleicht durch ein nahegelegenes Atomkraftwerk bedroht, von dem wir glauben, dass es jeden Moment explodieren könnte. Vielleicht kommt die Todesgefahr aber auch durch eine Exklusivmeldung in den Nachrichten, die vor Terroranschlägen in unserer Heimatstadt warnt. Oder sie kommt in Form einer Nachricht von unserem Arzt, der uns mitteilt, dass wir eine tödliche Krankheit haben und nur noch wenige Monate leben werden. Wenn wir diese Nachrichten glauben und die Gefahr als real ansehen, aktiviert unser Körper automatisch das gleiche Notfallprogramm, wie bei der Maus. Der Unterschied ist nur, dass wir vor der Gefahr nicht fliehen können, so dass dieses Programm über Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre hinweg läuft. In dieser Zeit bekommt unsere Lunge permanent das Signal, dass sie volle Leistung bringen und immer mehr und noch mehr Sauerstoff in den Körper pumpen muss. Um diese Dauerbeanspruchung auf Maximalbetrieb bewältigen zu können, muss sie neues Personal einstellen, sprich neue Zellen ausbilden. Es kommt also zu einem vermehrten Zellwachstum in der Lunge, welches wir als Tumor wahrnehmen und für eine Ansammlung entarteter Zellen halten. Sobald es uns gelingt, der Todesgefahr zu entkommen, in dem wir beispielsweise erkennen, dass der Arzt sich geirrt hat, dass die Terrorwarnung nichts als Panikmache war oder dass das Atomkraftwerk geschlossen wurde, kehrt unsere Lunge in den Normalbetrieb zurück und baut die überflüssigen Zellen wieder ab. Diese werden dann in den meisten Fällen als tuberkulöser Husten in Form von blutigem Schleim ausgeschieden. Nach dem gleichen Prinzip wie der Lungenkrebs entstehen auch alle anderen Krebsarten in unserem Körper, wobei jedes Mal ein anderer Konflikt auftritt, der das jeweilige Organ betrifft und zu Höchstleistungen antreibt. Die Tumore selbst lösen dabei in der Regel keine Schmerzen und auch keine Probleme aus, es sei denn, dass sie so groß werden, dass sie auf ein anderes Organ drücken, Nerven einklemmen oder eine Blutzufuhr unterbrechen. Der Schmerz und das Leid entstehen in den meisten Fällen jedoch erst durch die “Therapie” des Arztes in Form von Operationen, Chemotherapien und Bestrahlungen. Auf diese Weise führt also auch der Krebs dazu, dass eine Verletzung durch einen Dritten von außen stattfindet, durch die Selbsthass abgebaut werden kann. So wie der eigentliche Tumor selbst sind auch die anderen Krankheiten, die der Verbieger vorzugsweise in sein Leben zieht, eher wenig schmerzhaft und werden meist nicht einmal richtig als Krankheiten angesehen. Dazu gehören allgemeine Schwäche, Energielosigkeit, Kreislaufschwäche und der gleichen mehr. Sie Sie führen aber fast alle dazu, dass automatisch der Druck und die Verletzung von außen steigt, weil sie den Verbieger schwächen und seine Lethargie fördern, wodurch er immer mehr dazu neigt, äußere Gewalteinwirkungen einfach zuzulassen. Gleichzeitig zieht er aber auch Krankheiten und Schwächen an, die ihn unaufmerksam, unachtsam und in gewisser Weise blöd machen. Er wird kurzsichtig, taub, gefühlsarm, unkonzentriert und dergleichen mehr, wodurch er automatisch jeden seiner Mitmenschen auf die Nerven gehen muss. Sein ganzer Organismus richtet sich also darauf aus, die Wut von anderen auf sich zu lenken, um so den Selbsthass abbauen zu können. Er wird zu einem Tollpatsch, der aufgrund seiner Unsensibiliät und seiner Unaufmerksamkeit kaum selber Lebensfähig ist und daher immer die Hilfe von anderen braucht. Auch hier steckt wieder ein System mit einem Sinn dahinter. Als Kind hat er sich dafür entschieden, sein Sein aufzugeben, weil er Angst hatte, sonst seine Eltern zu verärgern und nicht mehr geliebt zu werden. Er hat sich also ganz bewusst in ein Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Eltern begeben. Das Prinzip, das dahinter steht lautet: „Wenn ich unselbstständig bin und ihr mich umsorgen müsst, dann habt ihr das Gefühl wichtig und wertvoll zu sein, meine Eltern. Dadurch seit ihr zufrieden und wenn ich euch zufrieden mache, bekomme ich eure Liebe als Gegenleistung, die ich zum Überleben brauche.“ Auf diese Weise richtet sich nun das gesamte Leben des Menschen darauf aus, in einer Abhängigkeit von anderen zu existieren und er braucht stets den Rockzipfel zum festhalten, um aufrecht stehen zu können. Darauf richten sich sowohl seine bewusst und unbewusst gewählten Lebensstrategien als auch seine körperlichen Eigenschaften aus. Der Körper eines Menschen, der dadurch überlebt, dass er im Wald scheue Tiere fängt, entwickelt automatisch scharfe und feine Sinne, die ihm das Aufspüren seiner Beute ermöglichen. Ein Mensch, der dadurch überlebt, dass er von anderen Menschen versorgt wird, entwickelt auf die gleiche Weise körperliche Funktionen, bzw. Fehlfunktionen, die ihm diese Art der Lebensführung erleichtern. So wie der eine den idealen Jägerkörper entwickelt, entwickelt der andere den idealen Parasitenkörper. Sobald er sein Elternhaus verlässt, wird dies jedoch zum Problem, da er nun auf sich gestellt ist, aber weder mental noch körperlich die Voraussetzungen besitzt, sich eigenständig am Leben zu halten. Also muss er sich nun neue Wirte suchen, die er anzapfen und von denen er sich versorgen lassen kann, um auf diese Weise zu überleben.

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Der Standhalter hingegen bleibt auch nach der Wende relativ stark, bekommt nun aber lauter Krankheiten, die ihn Schmerzen und die ihm Druck geben, so dass sie ihn noch mehr dazu drängen, die Wut nach außen zu bringen. Er bekommt Krankheiten, durch die er Durck von außen immer schlechter aushalten kann, so dass er immer schneller Grenzen setzt. Er bekommt Tinnitus, Kopfschmerzen, Überempfindlichkeit, verschiedene Schmerzen und ähnliches mehr. Also alles, was dazu führt, dass man sofort auf sich achtet und keinen Energieraub mehr zulässt. Sein Körper treibt ihn also immer mehr dazu, möglichst schnell zu explodieren und die Wut nach außen zu bringen, so dass sie abgebaut werden kann. Das heißt im Klartext: So wie es für den Verbieger nun an der Zeit ist, den Selbsthass abzubauen, in dem er Leid und Schmerz von außen auf sich zieht, ist es nun für den Standhalter an der Zeit, die alte Wut loszulassen und sie abzubauen, in dem er sie nach außen abgibt. So hat Heiko als Kind bzw. junger Erwachsener den Energieraub und die Sticheleien über sich ergehen lassen und sich lange Zeit nicht dagegen gewährt, wodurch er die Wut gegenüber seiner Peiniger immer weiter aufgestaut hat. Nun sorgen die Krankheiten wie der Tinnitus dafür, dass diese Strategie nicht mehr funktioniert und er den Energieraub sofort unterbinden muss. Dadurch baut sich automatisch auch die alte Wut ab, wodurch er immer mehr in den Frieden zurückkehrt. Doch es steckt noch mehr dahinter. Das Lernprinzip, das sich darin verbirgt ist es, zu erkennen, dass alles einen Sinn hat. Keine Krankheit, kein Energieraub und keine Stichelei war etwas Negatives. Alles waren wichtige und richtige Schritte auf dem Weg zum Erwachen gewesen und sind es auch jetzt noch immer. Anders als ich, der zunächst versucht hatte, alle Lernprinzipien aus seinem Leben zu verbannen, hatte Heiko sie bewusst eingeladen, in dem er sich bewusst für den Weg zur Erleuchtung entschieden hatte. Somit mussten nun auch immer wieder Situationen auftauchen, in denen er seine Lernschritte bewusst gehen konnte. Und dazu gehörte eben auch, den Energieraub durch andere zu erkennen und zu unterbinden.

Natürlich sind sowohl Verbieger als auch Standhalter Archetypen. Jeder Mensch trägt stets beide Aspekte in sich und zieht so immer auch beide Gegenparte an. Kein Mensch verbiegt sich zu 100% und hält niemals einem Druck stand, so dass es nicht auch hin und wieder Prügel von außen bekommt, durch die er eine auswärts gerichtete Wut aufbaut, die es abzubauen gilt. Und kein Mensch hält immer aller Prügel stand, ohne sich jemals zu verbiegen und zu verraten, so dass er einen Selbsthass aufbaut, der durch die Kasteiung wieder abgebaut werden muss. Auch dies kann man in der SM-Szene wieder sehr gut beobachten, da es hier viele Menschen gibt, die bewusst zwischen beiden Rollen hin und her switchen und gerade daraus die größte Lust und aber auch die größte Heilung erzielen. Dennoch trägt jeder von uns einen Part in sich, der den Hauptaspekt ausmacht und daher eine besondere Präsenz hat. Wie in allem gibt es dabei natürlich abstufungen. Einige Menschen sind extrem in einem Wutzyklus verhaftet, andere sehr stark im anderen und wieder andere haben beide relativ gleichmäßig aufgebaut. So fiel mir immer wieder auf, dass es sich auch für mich sehr befreiend und erleichternd anfühlte, wenn ich mal Dampf ablassen konnte um beispielsweise einen nervigen Trunkenbold zu vertreiben, der mich beim Schreiben störte. Auch die Wut gegenüber meinen Eltern in Worte zu fassen und nach außen zu geben, fühlte sich befreiend und erleichternd an. Wichtig ist also zu verstehen, dass es in jedem Menschen unterschiedliche Arten der Wut gibt. Die Kernwut, die die uns hauptsächlich von unserem Erwachen fernhält, liegt in der Entscheidung begraben, ob man ein Standhalter oder ein Verbieger sein will. Doch wir sind relativ komplexe Wesen mit vielen widersprüchlichen Gedankenmustern im Kopf und ziehen daher auch später immer wieder Situationen in unser Leben, die neue Wut aufbauen. Diese wollen ebenfalls abgebaut und verarbeitet werden, und dies kann auch durch die gengenteiligen Mechanismen geschehen. Bei Heiko und mir sowie auch bei Heidi war jedoch relativ klar, dass Heiko sehr stark im Standhalter-Prinzip und wir beiden anderen extrem stark im Verbiegerzyklus beheimatet waren. Für uns war klar, dass wir nicht abwarten wollten, bis uns das Leben eine Gewaltsituation schenkt, in der wir unkontrolliert eine geballte Ladung zum Wutabbau bekamen. Viel mehr hatten wir das ohnehin schon ein paar mal leidlich erfahren dürfen. Allein die Art und Weise, auf die wir dieses System in den letzten Tagen und Wochen gelöst hatten, war bereits alles andere als Optimal. Es konnte doch keine Lösung sein, dass wir uns nur dann gegenseitig heilen konnten, wenn wir uns zuvor das Leben zur Hölle gemacht hatten. Auch die Krankheitszyklen konnten auf Dauer keine Lösung sein, denn wir waren ja aufgebrochen, um uns zu heilen und nicht, um immer ausgefeiltere Krankheiten auszubilden, durch die wir unterbewusst unsere inneren Wutzyklen abbauen konnten. Aus dem unbewussten Weg des Gedankenmagnetismus musste ein bewusster Weg werden, den wir gezielt kanalisieren konnten, so dass er für alle zielführend, heilsam und stimmig war.

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Bereits beim letzten Besuch von Heidi, war das Thema Schmerz und Geißelung in der Beziehung aufgetaucht. Für beide fühlte es sich vollkommen stimmig an, ein Fetischpaar zu sein, das sich über das Spiel von süßem Schmerz gegenseitig heilte. Und doch tauchten damit sofort auch wieder Ängste und Gedankenstimmen auf. “Das ist keine Liebe. Das ist Geiselung. So was macht man nicht. Man darf sich nur streicheln und Blümchensex haben. Das muss alles sanft sein. Heilung ist immer weich!” All diese Worte wurden uns von klein auf ins Gehirn gehämmert und sie blockieren uns dabei heil zu werden und uns gegenseitig zu heilen. Ist das nicht pervers? Wir haben Angst davor wahrhaftig zu sein und das zu leben, was sich in unserem Herzen richtig anfühlt. Komisch oder? Dabei war jedoch auffällig, dass alle von Heikos Beziehungen, in denen es härter zur Sache ging und in denen das Spiel von lustvollem Schmerz auf ganz natürliche Weise entstanden war, immer sehr viel harmonischer und tiefer waren, als jene in denen nur Sanftheit erlaubt war. Hier kippte die Wage sofort auf eine Seite und es musste zur Trennung kommen. Es war einfach keine Heilung an Board sondern nur eine Anhäufung von Frustenergie und Nervenergie. Fassen wir also noch mal zusammen: Jede Fremdverletzung die wir als Opfer-Menschen erfahren können, ist wutabbauend und damit heilsam. Wenn wir dies jedoch nicht verstehen und annehmen können, produzieren wir dadurch auch ein neues Trauma, und lösen einen neuen Gottkonflikt aus, der uns wieder von unserem Erwachensweg wegführt. Wenn wir also nicht so weit erleuchtet sind, dass wir den Sinn hinter den Verletzungen wahrnehmen und zu 100% in bedingungsloser Liebe annehmen können, kann auf diese Weise keine Heilung stattfinden. Darum ist es wichtig, den Weg des Wutabbaus zu kanalisieren. Hier aber steht uns nun wieder die Gesellschaft im Weg, denn selbst wenn wir dies erkannt haben, tragen wir durch die Gesellschaftsbewertungen von gut und böse, Täter und Opfer so viele Glaubenssätze im Kopf, dass wir uns sowohl als Schläger als auch als Geschlagene nicht gut fühlen. Allein die Worte machen uns oft schon verrückt. Sie sind so negativ belegt das man es kaum aushält. Ein Biss ins Genick ist für die meisten Liebespaare absolut anheizend. Auch ein Klaps auf den Po oder ein Kratzen über den Rücken. Kanalisieren wir es, ist es plötzlich pervers. Wie kann das sein? Diese Fragen hatte nicht nur ich sondern auch Heiko im Kopf. Dennoch war es genau der Weg, der sich richtig anfühlte. Mehr noch, es war der einzige Weg, um auf harmonischem Wege überhaupt in die Freiheit und in den inneren Frieden zu gelangen. Dabei stellten wir für mich fest, dass Selbstkasteiung nicht so wirksam ist, wie empfundene Fremdkasteiung. Klar ist alles eins und doch gibt man sich selbst nicht so viel Schmerz, als wenn es ein Dritter tut. Diese Erfahrung hatten wir bereits beim Needlen und Schröpfen gemacht. Wenn man sich selbst mit einem Nadelroller die Haut behandelte, dann war man dabei automatisch vorsichtiger. Wenn es ein anderer machte, konnte dieser viel tiefer und damit auch viel effizienter zustechen. Das gleiche galt auch für Fußreflexionsmassagen, Schröpfen und vieles mehr. Spannend ist hier, das wir hier nie auf die Idee kommen würden, das wir trotz des immensen Schmerzes nicht an eine Heilbehandlung glauben. Ohne Schmerzen kann man eben oft nicht heilen heißt es oft. Doch wenn es um die Kasteiung oder Wutabbau geht, heißt es, das kann man doch nicht machen. Als mir bewusst wurde, dass auch diese Formen der Heilbehandlungen, die schmerzhaft waren, die Wut in mir abbauten, war ich zunächst begeistert und wollte das Prinzip schon gleich darauf umlenken. Regelmäßiges Needlen, regelmäßige Fußmassage, regelmäßige Lymphdrenage und regelmäßiges Kampftraining, bei dem ich ordentlich einstecken konnte, erschienen mir gute und humane Optionen zum Wutabbau zu sein. Das waren sie auch und doch waren es schon wieder nur Muschiangebote, die ich hier abgab. Klar waren sie heilsam und klar bauten sie Wut ab. Doch im gesamten hatte ich von der Wut in meinem inneren und von dem Hass auf mich selbst gerade einmal 0,015% abgebaut. Diese Taktik alleine würde also niemals ausreichen. Es war ein Weg, um ein kleines bisschen in die richtige Richtung zu gehen, dabei aber schon wieder so viel Schmerz wie möglich auszuweichen. Es mussten also wesentlich effektivere Angebote her. Von den 0,015%, die ich bereits abgebaut hatte, gingen etwa 95% ohnehin bereits auf Heikos Konto. Und ein Großteil davon hatte sich wahrscheinlich wiederum jetzt in den letzten Wochen gelöst. So unorthodox Heikos Methoden als Heiler auch waren und so oft er sie auch selbst anzweifelte, so sehr funktionierten sie doch. Er war eben ein Coyote und dieser ging nun einmal ungewöhnliche und unorthodoxe Wege, die für alle anderen auf den ersten Blick abstrakt, wenn nicht sogar verstörend sein mochten. Jeder Versuch, meine Wut durch Schreien oder aggressives Verhalten abzubauen, das sich nicht gegen mich selbst richtete, hatte hingegen nicht funktioniert. Natürlich war es in diesen Momenten oft wichtig, meine Gefühle nach außen zu bringen und nicht herunterzuschlucken. Doch sie halfen mir nicht dabei, meinen Selbsthass abzubauen. Anders war es jedoch, als ich mit 19 oder 20 Jahren mit ein paar Kumpels auf die Idee kam, eine Art Fightclub zu gründen, bei dem wir uns auf oder nach Partys in gegenseitiger Einvernehmlichkeit prügelten, um Schmerz zu erfahren und uns zu spüren. Damals schämte ich mich dafür und doch merkte ich bereits zu dieser Zeit, dass es mich befreite und erleichterte. An diesen Abenden ging ich immer mit einem guten Gefühl nach hause. Sonst war das nach Feiern selten der Fall.

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Nun galt es also einen Weg zu finden, mit dem wir alle drei unsere Wut wirklich effektiv abbauen und uns so gegenseitig heilen konnten. Dabei kamen wir zunächst auf zwei zentrale Hauptpunkte, die wahrscheinlich in nächster Zeit noch durch weitere ergänzt werden. Der erste ist ein Ritual, bei dem ich durch eine große Anhäufung von Schmerz sehr viel Wut auf einen Schlag abbauen kann. Es ist der besagte Sonnentanz, den ich vorhin bereits einmal erwähnt habe. Spannend dabei ist, dass auch diese Idee nicht neu ist und dass sie aus mehrerlei Hinsicht zu der aktuellen Situation passt. Dass der Sonnentanz ebenfalls in einer direkten Verbindung mit der Überlieferung über die weiße Büffelkalbsfrau steht, fanden wir erst später heraus. Er ist das heiligste Ritual der nordamerikanischen Indianervölker, das durch die Büffelkalbsfrau gebracht wurde. Wenn also Heidis Lebensaufgabe direkt mit der Büffelkalbsfrau verbunden ist und Heikos die des roten Büffels der Reinigung ist, gibt es also auch hier schon wieder eine Verbindung, zwischen Heikos, Heidis und meinem Weg zum Gottbewusstsein. Heidi ist die Bringerin der heiligen Rituale, die die weibliche, annehmende Kraft verkörpert. Heiko ist derjenige, der auf den Tisch haut und den Gegner in seine Schranken weist. Und ich bin als Bindeglied der, der im Ritual der Büffelkalbsfrau den Schmerz als Geschenk annimmt und sich so auf genau die Weise vom Gegner befreit, die Heikos Heilerprinzip entspricht. Soweit zumindest die Theorie, denn bis ich zu einem Sonnentanz bereit bin, muss ich noch viel von meiner Angst vor Schmerz, Verletzung und Tod verlieren. Vor viereinhalb Jahren haben wir in unserer Wildnisschule eine Ausbildung zum Heilersein gegeben und an einem Seminarwochenende war es dabei um die Vergabe von indianischen Namen gegangen. Schon damals hatte also die Idee im Raum gestanden, den alten Namen als Symbol der Wandlung in einen neuen Lebenszyklus abzustreifen und einen neuen zu wählen, so wie es in vielen indigenen Kulturen Gang und Gebe ist. Die Aufgabe war es damals, tief in sich hineinzuspüren und die eigene Intuition nach einem Namen für die anderen Seminarteilnehmer zu befragen. Dabei war Heiko bei mir auf den Namen “Sonnentänzer” gestoßen, ohne dass er es sich zu diesem Zeitpunkt so recht hatte erklären können. Damals hatte er gesagt: “Ich weiß nicht warum, aber bei dir kommt es mir so vor, als wäre irgendwann in deinem Leben der Zeitpunkt, dass du durch Schmerz deinen Weg finden musst, um deinen elendigen Verstand auszuschalten, damit du endlich fühlen kannst. Dazu tauchte vor meinem inneren Auge gerade das Ritual des Sonnentanzes auf, von dem ich mal durch einen Mann erfahren habe, der ihn getanzt hat.” Erst jetzt im Nachhinein wird mir bewusst, wie heftig dieses Zusammenspiel ist, mit dem sich alles langsam vorbereitete und nun immer mehr an Klarheit gewinnt. Durch reinen „Zufall“ (den es ja nicht gibt) hatte Heiko viele Jahre zuvor einen Mann getroffen, der an einem Sonnentanz teilgenommen hatte. Für Weiße ist die Teilnahme inzwischen offiziell verboten, da zu viel Schindluder mit dem heiligen Ritual getrieben wurde. Die Chance, einen Nichtindianer zu treffen, der nicht nur bei einem solchen Tanz dabei war, sondern wirklich als Teilnehmer dabei mitgemacht hatte, geht also gegen null. Es gibt weltweit vielleicht noch hundert Zivilisationsmänner, die diese Erfahrung gemacht haben. Wie sehr wollte das Leben also, dass Heiko einem von ihnen begegnete, der ihm dann auch noch auf so einprägsame Weise davon erzählte, dass es ihm sofort im Gedächtnis hängen geblieben ist. Und zwar nicht als barbarische Quälerei, sondern als ein wirkungsvolles und heilsames Ritual, das eine tiefe Befreiung bewirken kann. Der Mann, der ihm davon berichtete, war so erfüllt von diesem Freiheitsgefühl, dass er bereits damals sagte, dass er auf jeden Fall noch weitere Male an dem Sonnentanz teilnehmen wolle. Doch die Begegnung selbst war noch nicht einmal das größte Mysterium, denn Heiko hatte in seinem Leben schon viele außergewöhnliche Menschen getroffen. Und doch war es genau diese Begegnung, die ihm spontan in den Sinn kam, als wir uns damals über indianische Namen unterhielten. Es hätte tausende von Möglichkeiten gegeben, die auf ihre Art nicht weniger passend waren. Ich hätte den Namen von Tieren, Pflanzen oder gar Steinen bekommen können, die meine Stärken, Schwächen oder Eigenschaften widerspiegelten, doch der Name, der Gewählt wurde lautete „Sonnentänzer“. Und nun tat sich plötzlich ein Weg vor mir auf, der mich genau dorthin führen sollte. Als Heiko mir das damals erzählte, lief mir sofort ein kalter Schauer über den Rücken und ich hoffte inständig, dass ich ein solches Ritual niemals machen müsste. Dennoch blieb es von da an immer in meinem Geist präsent und als das Thema mit dem Wutaufbau aufkam, war mir sofort klar, dass dies dazugehören würde. Es war kein Schritt, der jetzt sofort kam, aber wenn wir Nordamerika bereisten und dort einen Indianerstamm trafen, der dieses Ritual noch zelebrierte, dann war ich mit dabei. Ich weiß zwar jetzt schon, dass ich heulen werde wie ein Schlosshund und allein bei dem Gedanken daran, mache ich mich bereits jetzt in die Hose, aber ich spüre deutlich, dass es zu mir gehört und dass es wichtig für mich ist. Ich brauche dieses Extrem, um wirklich anzuerkennen, dass ich nicht mein Körper bin, dass ich nicht dieser Mensch bin, sondern ein Teil des Gottbewusstseins und das alles nur ein Traum und eine Illusion ist.

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Bereits beim ersten Mal Hören hatte ich schon einen gewaltigen Respekt vor diesem Ritual, doch da ich noch keine konkrete Vorstellung davon hatte, um was es eigentlich ging, hielt sich meine Angst noch in Grenzen. Erst viele Tage später nahm ich mir die Zeit, um mich wirklich darüber zu informieren, was ein Sonnentanz ist. Es geht nicht einfach nur darum, ein bisschen um einen Baum zu tanzen und sich dabei irgendwelche Haken durch die Haut zu stechen. Aus Sicht eines Zivilisationsmenschen wie mir ist es das wahrscheinlich intensivste und heftigste Ritual der nordamerikanischen Indianerstämme das es gibt. Die meisten Indianer sehen das wahrscheinlich ein bisschen anders, denn im Grunde ist es nur ein Ritus, um die Sonne zu begrüßen und zu ehren, nachdem die kalte Winterzeit vorbei ist. Es ist ein Initiationsritus für Jugendliche, durch den sie als Jäger oder auch als Heiler anerkannt werden. Und es ist vor allem deshalb ein Ritual, an dem auf diese Weise nur Männer teilnehmen, weil sie sich selbst hierdurch eine Schmerzerfahrung erschaffen wollen, die der der Frauen durch ihre Periode und das Gebären ebenbürtig ist. Eine Idee dahinter ist es also, sich durch den Schmerz des Sonnentanzes in die Frauen einfühlen zu können, um zu verstehen, wie sie sich bei einer Geburt fühlen. Ich muss allerdings sagen, dass es auf mich schon sehr heftig wirkt und ich seit ich davon erfahren habe, dass dieses Ritual einen festen Platz in meinem Leben hat, deutlich stärker am Rummuschen bin, als jede Frau die sich auf eine Geburt vorbereitet. Der Sonnentanz wird bereits seit mehr als 1000 Jahren in fast allen nordamerikanischen Indianerstämmen praktiziert und ist wie erwähnt eine der sieben Traditionen, die die Lakota damals von der weißen Büffelkalbsfrau bekommen haben. Obwohl die weißen Siedler immer wieder versucht haben, ihn abzuschaffen oder zu verbieten, gaben die Indianer ihn nie auf und praktizieren ihn auch heute noch. Um ihn zu bewahren mussten die Lakota und andere Stämme viele Risiken und Kompromisse eingehen. Es gab Zeiten, in denen man eingesperrt oder getötet werden konnte, wenn man als Indianer seine heiligen Rituale praktizierte. Später, als wie wieder erlaubt wurden, stellte die US-Regierung die Bedingung auf, dass Sonnentänze nur noch öffentlich abgehalten werden durften. Das heiligste Ritual der Indianer wurde nun also zu einer Touristenattraktion für Schaulustige, die für 25Cent Eintritt zusehen durften, um sich über die geisteskranken Wilden lustig zu machen, die sich aus voller Absicht selbst verletzten. Noch später schlug die Abscheu der weißen Siedler dann in eine Faszination um und wurde nun bei Adrenalinjunkies zu einem beliebten Sport, wobei diese natürlich nichts von den Hintergründen und der Heiligkeit verstanden, die dem Ritual innewohnte. Darum begannen die Indianerhäuptlinge schließlich, den Sonnentanz allen Nichtindianern zu verbieten. Er ist wie gesagt ein Ritual bei dem ein Junge zum Krieger oder Medizinmann wird. Dabei gehen die Tänzer jedoch nicht nur symbolisch durch den Tod, in dem sie sich ein paar Haare ausreißen oder ein feierliches Gelübde ablegen, bei dem sie einen neuen Namen bekommen. Der Tod ist ein realer Bestandteil des Rituals, nicht in dem Sinne, dass die Tänzer wirklich sterben, aber im Sinne davon, dass sie einen todesähnlichen Zustand erreichen, in dem sie ins Void also ins Allbewusstsein der bedingungslosen Liebe eintauchen und dabei ihren Verstandesgegner vollständig brechen können. Auch hier wird mir bewusst, dass ich tief in mir schon immer gespürt habe, dass ich eines Tages einen solchen Nahtod brauchen werde, um wirklich in meine Kraft zu kommen. Doch ich hatte nie geglaubt, dass es gleich so heftig werden würde. Auf der anderen Seite ist mir schon auch bewusst, dass mein Verstand so hart ist, dass er mich immer wieder selbst austrickst und da ich mich schon immer habe austricksen lassen, ist es klar, dass irgendwann einmal ein Paukenschlag kommen muss, wenn ich mich jemals befreien will. Es ist wie mit der Kindererziehung. Ich habe meinem Verstandesgegner niemals Einhalt geboten, sondern ihn mir immer auf der Nase herumtanzen lassen. Nach dreißig Jahren nun zu sagen: “Bitte lieber Verstandesgegner, könntest du von nun an leise sein und die Kontrolle über mein Leben abgeben, damit nun nur noch mein Herz und mein Gottbewusstsein das Ruder übernehmen können?” wird wahrscheinlich nicht viel bringen. Oder besser: Es bringt ganz sicher nichts, denn auf diese Weise habe ich es ja schon oft genug versucht. Doch was genau ist nun so ein Sonnentanz? Die angehenden Krieger oder Heiler, die an einem Sonnentanz teilnehmen, durchstechen sich die Haut entweder an zwei oder drei stellen mit großen Pflöcken oder Haken, oder an vielen Stellen mit kleineren. Diese Durchstechungen nennt man Piercings und wenn ich das nicht falsch verstanden habe, dann kommen auch unsere modernen Piercings ursprünglich aus dieser Tradition. Vielleicht habe ich deshalb seit jeher so eine immense Ablehnung gegen diese Art des Körperschmucks. Schon als Kind kamen in mir immer wieder unwillkürlich Bilder hoch, wenn ich einen Ring oder etwas anderes gesehen habe, das irgendwie zur Zierde in der Haut steckt. Die Bilder bestanden immer daraus, dass die Ringe auf irgendeine Weise aus der Haut gerissen werden und jedes Mal lief mir dabei ein kalter Schauer über den Rücken, weil ich mir sofort den immensen Schmerz vorstellte, den das verursachen musste. Nie hätte ich aber gedacht, dass dies einmal eine Rolle in meinem Leben spielen könnte und dass es bei mir ganz bewusst darum ging, die Piercings aus der Haut zu reißen. Doch das Herausreißen ist nur der Höhepunkt des Sonnentanzes. Bis dahin ist es zunächst noch ein langer und nicht weniger heftiger Weg. Als Erstes werden die Piercings gestochen. Traditionell werden hierfür entweder Holzpflöcke oder Bärenkrallen verwendet. Dann werden diese Piercings mit langen Schnüren an einem Baum befestigt, um den die Tänzer dann herumtanzen. Das Ritual wird grundsätzlich im Sommer zur größtmöglichen Hitzezeit veranstaltet und die Tänzer tanzen insgesamt vier Tage ohne Schatten, Wasser oder Nahrung, bis sie so sehr in Trance sind, dass sich ihr Verstandesgegner vollkommen auflöst und die Grenzen zwischen den Welten verschwimmen. Über den genauen Ablauf konnte ich noch nicht viel herausfinden, nur dass in einzelnen Runden getanzt wird und es dazwischen immer wieder Pausen gibt. In diesen Pausen werden verschiedene Heilungsrituale durchgeführt, bei denen auch die Zuschauer Heilung erfahren können. Am Ende der vier Tage reißen sich die Tänzer ihre Piercings auf unterschiedliche Weise aus der Haut, je nachdem in welcher Tradition der Tanz abgehalten wird. Einige lassen sich dabei mit voller Kraft in die Schnüre fallen, so dass es einen ordentlichen Ruck gibt, der die Haut aufreißt und die Krallen und Pflöcke ins Freie befördert. Andere Hängen sich an den Schnüren am Baum auf, bis ihre Haut nachgibt, reißt und sie zu Boden fallen. Wieder andere ziehen am Ende einen Büffelschädel an den Schnüren durch den Präriesand, bis die Piercings ausreißen und in einer vierten Variante werden sie durch Pferde herausgerissen. Doch auch damit ist die Zeremonie noch nicht vorbei. Wer einmal an einem Sonnentanz teilnimmt, gibt damit das Versprechen ab, mindestens vier Sonnentänze in seinem Leben zu tanzen. Als ich das las, verzerrte sich mein Gesicht zu einer einzigen Angstfratze. Wie sollte ich das nur überstehen, wenn ich bereits bei einem Kratzer von einem Dornenbusch zu flennen beginne? Sofort kam in mir das Gefühl auf, das nicht durchstehen zu können und dabei einfach kaputt zu gehen. Komischer Weise mache ich mir dabei am meisten Sorgen um die zerrissene Haut. Sie wird ja wieder heilen und bis auf ein paar Narben wird am Ende nichts übbrig bleiben und doch habe ich eine Höllensangst vor diesen offenen Wunden. Ok, und vor der Tatsache, dass ich vier Tage lang Krallen und Holzpflöcke in der Haut stecken habe, an denen ständig gezogen wird und dass ich ohne einen Schluck Wasser und ohne einen Bissen Nahrung in der prallen Sonne im Kreis tanzen soll, habe ich mindestens genauso viel Angst. Wenn ich das wirklich durchstehen will, dann muss ich mich noch wirklich ernsthaft darauf vorbereiten. Doch für den Abbau meines Selbsthasses und den Weg aus meiner Verplantheit und Unaufmerksamkeit konnte der Sonnentanz nicht alles sein. Irgendwann, wenn es an der Zeit war, würde es auf mich zukommen, doch bis dahin musste es auch Alltagsroutinen geben, durch die wir die Wut Stück für Stück abbauen konnten und durch die wir auch die Scham für unser Opfersein und Tätersein verloren. Auch dabei kamen wir wieder auf einen Schluss, den wir bereits vor langer Zeit schon einmal gefunden hatten. In Neumarkt gab es eine Phase, in der ich meine Angst verlieren wollte, Frauen anzusprechen. Um das zu bewerkstelligen machten wir damals ein Spiel daraus. Damals waren wir zu dritt, denn neben Heiko und mir lebte noch unser Praktikant bei uns, der für solche Aktionen ohnehin wie geschaffen war. Ich bekam ein Zeitfenster von fünf Minuten und wenn ich es nicht geschafft hatte, in dieser Zeit eine Frau anzusprechen, dann bekam ich von beiden meiner Freunde einen kräftigen Schlag auf die Schulter. Die erste Viertelstunde war meine Angst vor dem Versagen noch größer als die vor dem Schmerz. Dann tat meine Schulter so sehr weh, dass ich es endlich schaffte, mich zu überwinden.

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Ein ähnliches Prinzip erschufen wir auch vor genau zwei Jahren in Spanien. Damals wie heute ging es darum, mein nerviges Verpeilt- und Unkonzentriertsein abzulegen. Wir führten daher ein, dass ich für jeden Fehler, den ich machte, für jedes Verschusseln, Vergessen oder Verdaddeln, sofort zehn Liegestütze machen musste. Beides, sowohl die Variante mit dem Schulterschlag als auch die mit den Liegestützen hatte gut funktioniert und war für eine gewisse Weile ein wichtiges Instrument geworden. Dann hatten wir es jedoch aus irgendeinem Grund wieder aufgegeben. Es hatte sich eingeschlichen, die Strafe immer weiter zu verdrängen und irgendwann wussten wir nicht einmal mehr, dass wir das System überhaupt einmal hatten. Das Problem dabei war, dass dieses System aus der damaligen Sicht nur mir etwas brachte, Heiko aber nicht. Die ersten Male war es belustigend für ihn und es machte ihm Spaß, mir beim Punpen zuzusehen. Doch was hatte er sonst noch davon? Nichts! Wir brauchten dieses Mal also ein System, bei dem wir regelmäßig im Alltag eine Sühne einführen konnten, bei der die gleiche Aktion sowohl meine als auch Heikos Wut abbaute und somit uns beiden etwas brachte. Wie dieses System bei Heiko und Heidi aussehen sollte, war relativ klar, denn als Partner hatten sie die volle Palette er sexuellen Spielrichtungen zur Auswahl. Aber das kam für uns natürlich nicht in Frage. Stattdessen kamen wir auf ein anderes Konzept, das darauf basierte, dass ich mich in der Regel wie ein parasitäres, energieraubendes Arschloch verhielt. Jedes Mal, wenn ich von nun an wieder in dieses Muster rutsche, bekomme ich daher von Heiko ein paar auf die Finger. Wie das genau aussehen wird müssen wir noch erproben. Also ob es wirklich ein Schlag auf die Hand ist, oder wieder einer auf die Schulter oder etwas in der Art. Das Konzept hat jedoch für uns beide – und später, wenn sie bei uns ist auch für Heidi – ganz entscheidende Vorteile, so dass wir alle davon profitieren. Heiko lernt auf diese Weise, jede Form des Energieraubes sofort zu erkennen und zu unterbinden. Wann immer wir zu Parasiten werden und er es merkt, gibt es ein paar hinter die Löffel und es wird sofort klar, dass wir so nicht weitermachen können. Gleichzeitig verhindert er so auch, dass er wie sonst zu lange wartet und dadurch Wut und Unzufriedenheit aufstaut, die dann in einer großen Explosion ans Licht müssen. Er kann also sowohl verhindern, dass sich neue Wut anstaut und kann gleichzeitig die alte Wut abbauen. Gleichzeitig bekommt er als Leidensdruckaufbauender Part nun ein Gespür für die Rolle des Druckgebers. Er kann sich nun also in gewisser Weise in die Krankheiten und die Leidensverursacher einfühlen, die er selbst bekommen hat. Dadurch fällt es ihm nun leichter, den eigenen Leidensweg, den er durchlebt hat anzunehmen und zu ehren, da er nun zum einen erkennt, wie heilsam dieser Weg ist, und zum anderen sieht, dass es dem Schüler keinen Deut besser geht. Bislang kam immer wieder die Frage in ihm auf, warum er so viel Leid in Form der Krankheiten erfahren musste, obwohl er sich doch auf seinen Lebensweg begeben hatte, während es anderen augenscheinlich gut ging, obwohl sie permanent gegen ihr Herz und ihre Seele handelten. Auch wenn er stets wusste, dass dies Ebenfalls einen Sinn haben musste, kam doch immer wieder ein Gefühl von Ungerechtigkeit in ihm auf. Nun aber konnte er erkennen, dass jeder den gleichen Leidensweg gehen muss, um zur Erleuchtung zu gelangen und dass weder der des Standhalters noch der des Verbiegers besser oder schlechter ist. Es ist pari, denn auch wenn die Wege unterschiedlich aussehen, geht jeder auf seine Weise doch stets den gleichen Weg. Jeder kommt unbewusst auf die Welt und muss dann durch den Lernprozess ins Licht gehen, wobei zunächst ein Schmerzpotential auf- und später wieder abgebaut wird. Man kann sich diesen Schmerz selber schenken oder man bekommt ihn geschenkt. Doch egal für welche Variante man sich entscheidet, das Schmerzpotential selbst, das benötigt wird bleibt immer gleich. Warum? Ganz einfach. Alles ist eins, folglich gibt es auch nur ein Bewusstsein und einen Erwachensweg. Wir alle sind Facetten des gleichen Diamanten, Phantasien des gleichen Geistes und Zellen des gleichen Körpers. Was für einen gilt, gilt somit für alle. Wie im Innen so im Außen, wie im Kleinen so im Großen. Die Außenwelt ist stets nur ein Spiegel unseres eigenen Inneren. Folglich kann alles im Außen immer nur das widerspiegeln, was wir im Inneren tragen und somit entspricht jeder Erwachensweg in seiner Intensität immer unserem eigenen. Anders geht es nicht. Dies ist der Prozess, um in die Erleuchtung zu kommen. Wenn man erkennt, dass immer das gleiche Maß an Schmerz bzw. Leid zum Lebensweg dazu gehört, um zu erkennen, dass beides nicht real ist, ist es plötzlich egal, ob es durch einen selber kommt oder durch einen dritten. Dies macht es bedeutend leichter, es anzunehmen. Denn Leid entsteht nicht wirklich durch den Schmerz, den Verlust oder die unangenehme Situation, sondern viel mehr durch unsere Weigerung, die Dinge so anzunehmen wie sie sind. Ein Mensch, der den Schmerz annehmen und als Schritt zum Erwachen ansehen kann, leidet unter einem herben Verlust oder einer starken körperlichen Verletzung weniger, als ein anderer unter einem eingerissenen Fingernagel, den er nicht als Sinnvoll und Zielführend ansehen kann.

Gleichzeitig führt das Bewusste achten auf den Energieraub und damit auch auf den eigenen Energiehaushalt dazu, dass man sich selbst auf diese Weise immer feiner kalibriert und sensibilisiert, um sofort jede negative Schwingung oder Handlung zu erkennen. Und genau hierin liegt auch der erste Vorteil für uns. Das energieraubende Arschlochverhalten ist ja keine aktiv gewählte Handlung. Wir beschließen nicht, dass wir unproduktiv, tollpatschig abwertend oder energieraubend sein wollen, sondern tun dies automatisch aufgrund von eingeschliffenen Mustern. Oft merken wir es überhaupt nicht oder wenn, dann erst lange Zeit später, wenn wir schon nichts mehr daran ändern können. Durch das direkt fühlbare Feedback wird dieser Automatismus unterbrochen und wir bekommen die Gelegenheit, uns ganz bewusst zu entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen. Die alt eingeschliffenen Muster kommen also aus dem Unbewussten ins Bewusste und können nun direkt erkannt und damit auch verändert werden. Es ist wie bei Kindern, die über eine sehr lange Zeit keine Erziehung bekommen haben und dadurch immer mehr außer Rand und Band geraten sind. Ihre Verhaltensmuster durch die sie sich selbst und anderen schaden, haben sich dadurch so sehr eingeschliffen, dass sie sie nicht mehr ohne weiteres stoppen können. Es ist, als hätte sich in ihrem Gehirn eine Verbindungsstraße gebildet, die dieses Verhalten produziert. Je länger es ungestört laufen kann, desto mehr verbreitert sich die Straße, bis sie schließlich zu einer sechsspurigen Autobahn wird. Selbst wenn die Kinder nun erkennen, dass ihr Verhalten schädlich ist, können Sie die Autobahn nun nicht mehr einfach verlassen und in den Trampelpfad einbiegen, der zu ihrem Herzensweg führt. Selbst wenn sie es wollen, sitzen die alten Muster nun so tief, dass sie automatisch an dem Pfad vorbeirauschen, noch ehe sie ihn überhaupt richtig bemerken. Um die Möglichkeit zu bekommen, den kleinen Pfad wieder einzuschlagen brauchen sie etwas, das sie mit voller Wucht ausbremst. Dies geht nicht mehr mit einem sanften Bitte Bitte. Sie brauchen die direkte Sanktion um zu merken, was sie gerade tun. Nur wenn man eine dicke Steinmauer mitten auf die Autobahn im Kopf baut, in die sie ungebremst einschlagen, können sie noch stoppen und erkennen, was der wahre Weg ist. Und nicht anders ist es bei uns. Die alten Muster haben sich über dreißig Jahre hinweg eingeschliffen und sollen nun wieder aus unserem Verhaltensreportoir aussortiert werden. Das klappt nicht mit einer Nagelschere. Sie sind so tief und fest verwurzelt, dass man eine Axt benötigt, um sie aus dem Boden zu schlagen. Und dies ist zwangsläufig mit Schmerz verbunden.

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So sehr mir die Aussicht auf regelmäßige Sanktionen auch Angst macht, spürte ich doch deutlich, dass dies genau die Unterstützung auf meinem Lernweg ist, nach der ich schon so lange und verzweifelt gesucht habe. Gleichzeitig erhalten wir so auch einen direkten kognitiven Zusammenhang zwischen dem Aussaugen und Schädigen eines anderen und unserem eigenen Leid. Denn durch die Spiegelgesetze kann man niemand anderem schaden, ohne dabei auch sich selbst zu schaden. Jedes Mal, wenn ich über die persönliche Grenze eines anderen trete, wenn ich ihn energetisch aussauge, ihn abwerte oder ihn von oben herab betrachte, trete ich automatisch über meine eigene Grenze, sauge mich energetisch aus, werte mich ab und betrachte mich selbt von oben herab. Normalerweise geschieht dies, ohne dass ich es merke, doch durch das Schmerzfeedback wird es mir nun direkt bewusst. Und schließlich führt diese Form des Schmerzhaften Feedbacks automatisch auch dazu, dass wir uns an den Schmerz gewöhnen und somit die Angst vor ihm verlieren. Zurzeit verbinde ich mit Schlägen noch immer die Angst, nicht geliebt zu werden und daher sterben zu müssen. Wird dies jedoch zu einer kontrollierten Routine, wird mehr und mehr klar, dass Schmerz ganz im Allgemeinen nur ein liebevoll gemeinter Wegweiser ist, der mir hilft, auf meinem Weg zur Erleuchtung und zum Erwachen zu bleiben. Der erste Schritt dabei ist, dass ich zunächst einmal mein Arschlochverhalten und mein Parasitentum verliere, so dass ich überhaupt erst einmal zu einem selbstverantwortlichen und eigenständigen Wesen werden kann, das in der Lage ist, Lernfortschritte zu machen. Mit der Zeit wird mir dann mehr und mehr bewusst, dass ich den Schmerz nicht zu fürchten brauche, sondern kann ihn mit Freude annehmen. Damit diese Form der Schmerztherapie aber wirklich heilsam ist und nicht in einer unkontrollierten Selbstzerstörung oder Körperverletzung endet, durch die letztlich wieder lauter neue Schäden entstehen, gibt es einige Punkte, die man dabei beachten muss. Vor allem dem “Choleriker” also dem ausführenden Part fällt dabei eine große Verantwortung zu, mit der er umgehen können muss. Seine Aufgabe ist es, dem anderen, so viel Schmerz zuzufügen, dass dieser lernen und heilen kann, dabei aber nicht verletzt wird und keine Schäden davonträgt. Erwischt er falsche Körperbereiche oder lässt er sich von seiner Wut so sehr leiten, dass er die Kontrolle verliert und über das Maß hinaus schlägt, kann er den anderen verletzen und schädigen. Ist er hingegen zu sanft oder nimmt sich aus Mitleid zu sehr zurück, wird die ganze Übung sinn- und wirkungslos, weil es weder zu einem Lernerfolg, noch zu einem Wutabbau oder zu einer Heilung führt. Auch wenn es im ersten Moment seltsam klingt, ist diese Variante für das Opfer bzw. den Verbieger die weitaus größere Gefahr. Denn nun, da er den Schmerz als Lernmentor einmal angenommen hat, wird er ihn auch erhalten. Lässt er sich durch den bewusst gewählten Sanktionator also zu wenig bestrafen, schummelt er oder flieht er vor dem Schmerz, bekommt er ihn auf eine andere Weise, die er sich nicht aussuchen kann. Nun greift die Schöpfung wieder direkt ein und potenziert die Sanktion um ein vielfaches, so dass dem Verbieger klar werden muss, dass sie sich nicht verarschen lässt. Auf diese Weise kommen nun vielleicht Vergewaltiger, Gewalttäter, Unfälle, Krankheiten oder Schicksalsschläge in das Leben des Verbiegers, die ihn tausend mal härter treffen, als es die selbstgewählte Sanktion durch den Mentor getan hätte. Auch wenn es ein spielerischer Umgang mit der Wut und den daraus entstandenen Handlungen ist, ist es doch kein Spiel. Um einen Heilerfolg zu erzielen, muss es ernst genommen werden und dafür ist es wichtig, dass der Schmerzempfangende so viel Schmerz spürt, dass er ihn als Konsequenz ernst nimmt und daher genügend Leidensdruck erhält, um seinen alten Autopiloten-Modus der eingefahrenen Verhaltensmuster zu verlassen. Die Rolle des Ausführenden kommt einem am Anfang oft leichter vor, da er ja keinen Schmerz ertragen sondern nur zufügen muss. Doch es erfordert nicht nur ein immenses Einfühlungsvermögen, sowie wesentliche anatomische Grundkenntnisse, sondern auch die höchste Form der bedingungslosen Liebe, jenen Menschen Schmerz zuzufügen, die einem besonders nahe stehen, weil man sie damit auf ihrem Erwachensweg unterstützt. Jeder Schlag könnte bedeuten, dass der Geschlagene einem die Ausführung krumm nimmt und deswegen vielleicht sogar die Beziehung beendet. Nur wenn man so bedingungslos lieben kann, dass einem dies egal ist, weil einem der Lernerfolg des anderen mehr bedeutet, als die Beziehung an sich, kann man zu einem wirklich hilfreichen Schmerztherapeuten werden. Auf der anderen Seite erfordert das Zulassen der Schmerzzufügung ein extrem starkes Vertrauen in den Ausführenden. Denn man liefert sich in diesem Moment vollkommen seiner Obhut aus und lässt es zu, dass man Schmerzen bekommt, ohne sich dabei jedoch vor einer Verletzung zu fürchten. Nur wenn man A vollkommenes Vertrauen in seinen Wut-Abbau-Partner hat und B zu 100% bei sich ist, also genau weiß, dass der Schmerz nicht aufgrund des anderen sondern als Konsequenz der eigenen Handlungen entsteht, kann man die Schmerztherapie als ein Heilmittel annehmen. Sobald man innerlich das Gefühl hat, im Moment der Schmerzzufügung ein Opfer zu sein, das von einem anderen misshandelt wird, führt die Therapie dazu, dass neue Wut und neue Schuldzuweisungen aufgebaut werden, so dass kein Heilerfolg mehr stattfindet. Den größten Erfolg hat diese Methode zum Wutabau dann, wenn beide Partner erkennen, dass alles eins ist und dass sie somit auch nur mit sich selbst arbeiten. Der Choleriker baut seine Wut nach außen ab, weil er als Kind die Erfahrung gemacht hat, dass er von anderen aufgund seines Seins verprügelt wurde. Doch weder damals noch heute gab oder gibt es andere. Alles ist eins. Als Kind hat er sich also selbst für sein Sein verprügelt, wobei er die prügelnden Hände ins offensichtliche “Außen” gelegt hat. Heute kann er seine Wut nun dadurch abbauen, dass er einem anderen Schmerzen zufügt, wobei dieser andere ebenfalls nur ein ausgelagerter Teil von ihm selbst ist. So wie er als Kind also von sich selbst geschlagen wurde, kann er nun als Ausgleich sich selbst schlagen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Der Verbieger hat als Kind seine eigene Seele zerstört, um anderen zu gefallen. Auch diese anderen war er selbst und somit bekommt er nun als Ausgleich einen körperlichen Schmerz von sich selbst, gewissermaßen um seine Seele zu rächen. Der Schmerzzufügende, ist also aus dieser Perspektive nichts anderes als ein Stellvertreter des eigenen, inneren Kindes, das sagt: “Wenn du auf diese Weise gegen dich handelst, dann fühlt sich das für mich so schmerzhaft an. Willst du das oder willst du stattdessen lieber lernen, du selbst zu sein und nach deinem Herzen zu leben? Auf der praktischen Ebene muss man beim Zufügen von Schmerzen zwischen verschiedenen Arten von Körperstellen unterscheiden. So gibt es Bereiche, die sehr empfindlich und verletzlich sind, da hier Venen, Nervenbahnen, Sehnen oder Lymphbahnen verlaufen, da sich hier Gelenke oder Kapseln befinden oder da empfindliche Organe darunter liegen. Hierzu zählen unter anderem der Hals und Nackenbereich, das Gesicht, der Kopf (er ist zwar stabil aber Schläge in diesem Bereich schädigen das Gehirn und das ist nicht besonders heilsam), die Oberseite der Finger sowie die Knie. Ein relativ leichter Schlag auf den Kehlkopf beispielsweise reicht aus, um jemanden zu töten. Derartige Punkte werden weder beim Spanking, also im SM noch bei der Schmerztherapie zum Wutabbau verwendet. Denn in beiden Fällen soll ja niemand verletzt werden, sondern nur gezielten Schmerz spüren, der Heilung und/oder Lust erzeugt. Andere Zonen unseres Körpers sind hingegen relativ unempfindlich, sowohl was das Schmerzempfinden als auch was die Verletzbarkeit angelangt. Wieder andere hingegen sind sehr schmerzsensibel, ohne dass es dabei aber zu einer Verletzung kommt. Es sind in der Regel die Zonen, in denen sich auf energetischer Ebene Altlasten und unverdaute Gefühle angesammelt haben. Hier verbirgt sich in gewisser Weise ein seelischer oder emotionaler Schmerz, der nicht gefühlt und daher auch nicht verarbeitet wurde und der nun durch den Schmerz fühlbar und damit auflösbar gemacht werden kann. Altlasten aus vergangenen Beziehungen sammeln sich vor allem im Brustbereich an den beiden Punkten, die sich jeweils unter den Schlüsselbeinen befinden. Wer also wie ich, viele offene Themen mit allen möglichen Beziehungspartnern hat, seien es nun Freunde, Eltern, Liebespartner, Geschwister, Klassenkameraden oder was auch immer, der wird äußerst sensibel darauf reagieren, wenn ihm hier in die Haut gekniffen wird. So kam bei mir sofort ein brennender Schmerz auf, als Heiko ein Stück Haut mit den Fingern packte, anzog, drehte und wieder zurückschnellen ließ. Innerhalb von Sekunden entstanden hier nun Blutergüsse. Das gleiche geschah an der Rückseite meiner Oberarme. Hier war der Schmerz sogar noch weitaus stärker und es brannte auch noch lange Zeit später. Um ehrlich zu sein, brennt es auch jetzt noch. Andere empfindliche Stellen, reagierten vor allem auf schnelle Schläge mit der flachen Hand, also aufs Abklatschen. Hier könnte man, wenn man nicht ohnehin schon so sensibel reagiert wie ich, auch ein Lineal oder etwas Vergleichbares zur Hilfe nehmen, um der ausführenden Person die Arbeit etwas zu erleichtern und um deren Hände zu schützen. Denn die Sanktion soll ja den Verbieger treffen und nicht den Standhalter.

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Als wir heute mit verschiedenen Schmerzpunkten und Techniken herumexperimentierten, wurden mir mehrere Dinge bewusst. Zum Einen ist meine Angst vor dem Schmerz noch weitaus größer als ich dachte und sie steigert sich mit jeder neuen Schmerzerfahrung. Beim ersten Mal kann ich mühelos standhalten und zucke kaum zusammen. Beim zweiten Mal wird es bereits deutlich schwieriger und beim dritten Mal bin ich bereits so ängstlich, dass ich mich zusammenkauern will wie ein Igel. Dabei wurde mir noch einmal bewusst, dass wirklich sehr stark die Angst vor dem Tod hinter der Angst vor dem Schmerz stand. Klar tat es weh und war unangenehm, doch schlimmer war, dass in mir automatisch der Gedanke aufkam, dass ich dabei kaputt gehen würde. Wenn etwas weh tut, dann zerstört es automatisch meinen Körper und ich muss sterben. Diese Angst stieg mit jedem neuen Schmerzempfinden an und machte dadurch den Schmerz selbst auch immer unerträglicher. Spannend ist, dass ich mit zunehmender Angst auch immer unkontrollierter und unaufmerksamer wurde, und damit immer weniger auf die Angriffe reagieren konnte. Ich war nur noch dabei, mich tot zu stellen und gab so ein immer besseres Opfer ab. Wieder einmal wurde klar, dass auch die Wutzyklen nichts anderes sind, als Jagd. Es gibt die Jäger und die Gejagten, also diejenigen, die angreifen und diejenigen, die angegriffen werden. Um überhaupt ins Leben kommen zu können, muss man zunächst einmal erkennen, zu welcher Gruppe man selbst gehört. Wenn man ein Reh ist, und permanent versucht, einen auf gefährliches Raubtier zu machen, kann das genauso wenig gut gehen, als wenn man ein Löwe ist und so eine Angst vor dem Jagen hat, dass man am liebsten mit jeder Gazelle nur knuddeln würde. Es ist wie in der Kampfkunst und in der Sexualität. Die einen leben davon, dass sie angreifen, bzw. ihren Sexualpartner erjagen wollen, die anderen davon, dass sie ausweichen und sich verteidigen, bzw. dass sie von ihrem Partner erjagt werden wollen. Beide Rollen sind zwar komplett konträr und gegenläufig, aber auch komplett gleichwertig. So wie in der Natur ein Beutegreifer nicht besser oder schlechter ist als ein Fluchttier, ist auch bei uns Menschen der Gejagte nicht besser oder schlechter als der Jäger. Man kann aber sehr wohl gut in seiner Rolle sein, oder eben auch nicht. Angst führt in beiden Fällen dazu, dass man seine Rolle nicht richtig annehmen kann und daher Leid auf sich zieht. Ein Jäger, der Angst davor hat, zuzupacken, kann keinen Jagderfolg erzielen und somit auch nie wirklich ins Leben kommen. Ein Gejagter, der Angst vor dem Schmerz und den Tod hat, kann sich dem Jäger nicht stellen und somit ebenfalls nie ins leben kommen. Die Angst, wie wir sie kennen und nahezu permanent in uns tragen, gibt es in der Natur nicht. Ein Krokodil hat keine Angst davor, ein Gnu zu fassen und mit der Todesrolle unter Wasser zu ziehen. Er geht nicht vorsichtig und ängstlich an die Sache heran, weil er fürchtet, sich dabei selbst verletzen zu können oder weil er Gewissensbisse hat, da er nun ein Gnu töten wird. Ebenso wenig hat aber das Gnu Angst davor, an die Wasserstelle zu treten, obwohl es weiß, dass dort Krokodile lauern. Wenn es von einem angegriffen wird, dann verteidigt es sich mit aller Kraft, springt hoch, tritt um sich zieht sich zurück oder springt vielleicht sogar ins Wasser um dem Angreifer mit einer Flucht nach vorne zu entkommen. Beide, Gnu und Krokodil befinden sich vollkommen in ihrem Gottbewusstsein, wissen, dass das Leben eine Illusion ist und haben daher keine Angst vor dem Tod. Nur so können sie in diesem Spiel zwischen Jäger und Beute bis zum Ende alles geben. Wir Menschen haben jedoch meist sowohl als Angreifer als auch als Beute Angst vor dem was geschieht oder geschehen wird und preschen daher nie mit all unserer Kraft aber auch mit unserer gesamten Konzentration, Aufmerksamkeit und Raffinesse vor. In meinem Fall hatte ich sogar bei diesen kleinen Klapsen schon so große Angst, dass ich mich wie ein Igel zusammen rollte. Anders als einem Igel brachte mir diese Strategie aber nicht das geringste, da ich ja keine Stacheln hatte. Wie aber hätte ich auch in der Lage sein sollen, anders zu reagieren? Ich hatte mich als kleines Kind mit vier oder fünf Jahren dazu entschlossen, ein Angsthase und Duckmäuser zu werden und hatte dies bisher mit einer beinharten Konsequenz durchgezogen. Meine „Verteidigungsstrategie“ war immer die selbe. Ich erstarrte zur Salzsäule, schaltete jedes Gefühl und jede Empfindung aus und wartete ab, bis die Situation vorüber war. Dass ich mit dieser Strategie so lange überleben konnte lag nur daran, dass ich in einem Umfeld aufwuchs, in dem es so gut wie keine Gefahren gab. In der Natur wäre ich damit gleich am ersten Tag draufgegangen. Bei mir hingegen bestanden die Gefahren nicht aus Wesen, die mir nach dem Leben trachteten, sondern lediglich aus Sticheleien, die mir meine Schulzeit zur Hölle machten. Hätte ich mich einmal gewehrt und eine klare Grenze gezogen, hätte ich das Mobbing in dieser Form beenden können. Doch ich ließ alles wie ein betäubtes Drogenopfer über mich ergehen und machte mich damit selbst zur lebenden Piniata. Die selbe Strategie war es auch, durch die Frauen in eine Vergewaltigung geraten und diese über sich ergehen lassen. Eine Frau, die aktiv, bewusst und frei von Angst ist, kann nicht vergewaltigt werden. Wenn der Scheidenmuskel verkrampft, ist er so stark, dass er einen Penis einklemmen kann, so dass man ihn nicht mehr frei bekommt, bis er sich wieder entspannt. Auf die gleiche Weise kann eine Frau theoretisch auch mit einer bewussten Verspannung dieses Muskels jedes Eindringen in sich verhindern. Um sie überhaupt vergewaltigen zu können, muss der Mann zudem seine empfindlichsten Körperteile preisgeben und macht sich damit extrem verwundbar. Ohne die Panik, die Todesangst und die Starre, durch die die Frau die Vergewaltitung über sich ergehen lässt, wäre es ihr also ein leichtes, den Mann zumindest soweit außer Gefecht zu setzen, dass sein Penis für die nächste Zeit unbrauchbar wird. Damit riskiert sie natürlich, dass sie nun auf andere Weise Schmerz zugefügt bekommt, da der Mann nun auch noch stocksauer sein wird. Die Gefahr, dadurch vielleicht sogar getötet zu werden ist also höher und genau dies ist der Grund für das erstarren. Wäre ihr der Tod jedoch egal, so wie dies bei der vom Krokodil angegriffenen Gazelle der Fall ist und würde sie sich mit all ihrer Aufmerksamkeit und Kraft verteidigen, könnte sie nicht vergewaltigt werden und hätte sogar eine reale Chance, den Vergewaltiger zu überrumpeln. Egal ob es nun also um Vergewaltigungen oder andere Formen von Angriffen ging, die Strategie einfach hinzuhalten und zu warten bis alles vorbei war, war in jedem Fall die, die am meisten Leid brachte. Selbst wenn man so aus der Situation selbst am glimpflichsten hervorgegangen ist, begleitet einen doch weiterhin die Selbstverurteilung darüber, dass man nicht einmal versucht hat, die eigene Haut zu schützen.

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Doch genau dies war immer meine Strategie gewesen. So gut wie nie hatte ich mich irgendeiner Angst gestellt, sondern immer nur neue hinzugefügt. Dementsprechend hoch war also nun das Angstlevel und damit auch das Schmerzpotential, das in mir steckte. Es würde eine ganze Weile dauern, diese Angst nun durch die Schmerztherapie wieder abzubauen, doch zum ersten Mal in meinem Leben, sah ich den Anfang eines Weges, der mich wirklich weiterbringen konnte. Spannenderweise stellte sich auch heraus, dass die Schläge und Kniffe nicht nur auf der geistig-emotionalen Ebene heilsam waren, weil sie die Wut abbauten, sondern auch auf der Körperlichen. Seit wir auf die Reise aufgebrochen waren, hatte ich gemerkt, dass meine Durchblutung immer schlechter wurde, dass ich immer mehr Wasser im Körper einlagerte und das teilweise sogar meine Finger und meine Zehen taub wurden, weil sie nicht mehr mit ausreichend Sauerstoff versorgt wurden. Die obersten Hautschichten an Zehen und Fingern waren bereits so schlecht durchblutet, dass sie bei längerem Kontakt mit Wasser aussahen wie bei einer Wasserleiche. Sie quollen auf und lösten sich teilweise sogar ab, so als wären diese Hautschichten bereits vollkommen abgestorben. Bereits bei den ersten Klatschern auf meine Oberschenkel, meinen unteren Rücken und meine Arme zeigte sich, dass die Hautstellen nicht nur sofort heiß und rot wurden, sondern auch teilweise bis auf einen Zentimeter anschwollen. Mein Körper bekam also sofort den Impuls, dass an diese Stelle nun das Leben zurückgekehrt war und dass sie daher mit Blut und Sauerstoff versorgt werden mussten. Gleichzeitig konzentrierten sich hier auch die Wassereinlagerungen, die die Schwellungen verursachten. Das eingelagerte Wasser trat also aus den tieferliegenden und damit unbemerkten Lagerschichten gewissermaßen an die Oberfläche, wurde fühlbar und damit von meinem Körper auch leichter abbaubar. In dem Maße, in dem die Schmerztherapie also meine Wut auf mich selbst abbaut, heilt sie auch meinen Körper von den Wassereinlagerungen und Durchblutungsstörungen. Besser geht es ja eigentlich gar nicht.

Fortsetzung folgt...

Spruch des Tages: Nur wenn wir die Wut in uns wirklich auflösen, kann innerer Friede entstehen.

Höhenmeter: 190 m Tagesetappe: 28 km Gesamtstrecke: 16.548,27 km Wetter: sonnig und heiß Etappenziel: Zeltplatz hinter einem Maisfeld, nahe 60444 Cherepkivtsi, Ukraine

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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