Wanderwege von Aachen nach Maastricht

von Heiko Gärtner
17.06.2018 06:58 Uhr

15.12.2017

Von Aachen aus führte uns unsere Reise direkt weiter in Richtung holländische Grenze. Dabei kamen wir zunächst an der Aachener Uni vorbei die ein gesamtes Stadtviertel umfasst. Es war etwas seltsam, die Studenten auf ihrem Weg in die Vorlesungen zu beobachten und es weckte sehr gemischte Gefühle in uns. Auf der einen Seite spürte man hier in den Menschen noch immer einen Funken, der sonst bei den meisten bereits verloren gegangen zu sein schien. Auf der anderen Seite spürte man aber auch, sie sehr auch hier die Gleichschaltung funktionierte.

Barbella-Shop Aachen

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Chemielavor der Uniklinik Aachen

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Alle strömten wie ein dressierter Bienenschwarm auf die Unigebäude zu und jeder einzelne schien dabei nichts weiter als ein funktionierendes Zahnrad in einer großen Maschine zu sein. Freudige Gesichter sahen wir so gut wie keine, von de etwas wie Begeisterung oder Enthusiasmus ganz zu schweigen. Man ging nicht in die Uni, weil es das war, was man liebte. Man machte es einfach, weil es dazu gehörte. Es gab keinerlei Individualität, jedenfalls keine echte.

Wo kommt denn der Science-Fiction-Horror-Film her?

Am meisten beeindruckte uns jedoch die Medizinische Hochschule die mit all ihren Kesseln und Schläuchen auf dem Dach aussah, als käme sie direkt aus einem Science-Fiction-Horror-Film der 60er Jahre. Frankenstein hätte dieses Zentrum als sein Labor geliebt. Das einzige, was man sich nicht vorstellen konnte war, das hier irgendjemand geheilt oder zu einem heiler ausgebildet wurde. Zu einem Analytiker, der den Menschen als eine Ansammlung von austauschbaren Einzelteilen oder als das Ergebnis von mehr oder minder gut funktionierenden chemischen Prozessen sieht, da ja, aber ein Heiler, der seelisch, spirituell und körperlich versteht was mit einem Menschen los ist, der sich in ihn hineinfühlen und ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann, das war nur schwer vorstellbar.

Hinter der Stadt begann eine ausgedehnte Hügellandschaft, durch die sich unser Weg recht idyllisch hindurch schlängelte. Kaum merklich passierten wir dabei die holländische Grenze und kamen in die ersten kleinen Vororte unseres kleinen Nachbarlandes. Viel weiter kamen wir an diesem Tag nicht, denn durch Zufall entdeckten wir ein Kloster in dem wir unterkommen konnten. Unsere ersten Reiseerfahrungen mit den Niederlanden waren also schon mal recht gut.

Der Bahnhof von Maarstricht

Der Bahnhof von Maastricht

Besonders ideal war, dass die Klosterbrüder gleich auch schon einen Kontakt zu einem Pfarrer in Maastricht herstellen konnten, so dass auch unsere nächste Nacht gesichert war. Das war auch wichtig, denn Maastricht war eine vollkommen unübersichtliche und gnadenlos überlaufene Stadt in der wir uns ohne das feste Arrangement nur schwer zurecht gefunden hätten. Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit schien hier jeder verrückt zu spielen, denn der halbe Ruhrpott hatte sich anscheinend gleichzeitig auf den Weg über die Grenze gemacht, um hier seine Weihnachtsgeschenke zu finden. Das große Städte ungemütlich waren, weil hier zu viel Verkehr herrschte, waren wir ja schon gewohnt, aber dass wir von Fußgängermassen regelrecht überrollt wurden, war neu.

Unser Übernachtungsplatz war eine Art Villa Kunterbunt kurz vor dem Zentrum der Stadt. Zu unserem Glück war die Hauptstraße, die direkt an unserem Fenster vorbeiführte gerade aufgrund von Bauarbeiten stillgelegt worden, denn so etwas wie eine Schallisolierung bot das Haus leider gar nicht.

Leider war uns unser Glück in Sachen Schlafplatzvorausplanung von nun an nicht mehr so hold. Holland entpuppte sich als weitaus schwieriger, als ursprünglich gedacht, denn der Pfarrer wollte seine Kollegen nicht anrufen und auch sonst ließ sich nichts organisieren. Als wir unser Ziel nach drei Stunden Wanderung am Kanal entlang erreichten, verstanden wir auch warum. Der hier zuständige Pfarrer war der mit Abstand unfreundlichste und unverschämteste Kerl, dem wir in diesem Zusammenhang je begegnet waren. Dass uns jemand nicht helfen wollte kam ja durchaus öfter vor. Aber dieser Mann setzte sich aktiv dafür ein, dass wir keinen Schlafplatz bekamen indem er uns jeden Kontakt zu seinen Gemeindemitgliedern untersagte, die gerade zum Kaffeetrinken in der Kirche versammelt waren.

Schließlich warf er uns sogar hinaus und erteilte uns Hausverbot in der Kirche, weil wir wissen wollten, wie er zu dieser Haltung kam. Besonders gut tat ihm diese Einstellung allerdings nicht, denn wie sich herausstellte stand er damit in seiner Gemeinde eher alleine da. Kurz nachdem ich zu Heiko zurückgekehrt war, bekamen wir eine Einladung in das örtliche Hotel „Kastel Elsloo“, das direkt unten am Kanal gelegen war. Die Zimmer dort waren erst ab 15:00 Uhr frei und so machten wir noch einen kleinen Abstecher durch die Stadt, wo wir zunächst im Café Coocoo ein Mittagessen bekamen und kurz darauf vom Café Oos Heim sowie vom Asia-Restaurant eine Zusage für ein Abendessen. Wohin wir dabei auch kamen, überall fragte man uns nach unserer Geschichte und jedes Mal war man entsetzt über diese unverschämte Art des Pfarrers. Mit Sonderrabatten war es für ihn nun wohl erst einmal vorbei und vor der nächsten Messe würde er sich eine ordentliche Standpauke anhören dürfen.

Spruch des Tages: Alles was man aussendet, kehrt stets zu einem zurück.

 

Höhenmeter 50m / 80m / 70m / 160m

Tagesetappe: 17km / 23km / 19km / 25km

Gesamtstrecke: 28.792,27km

Wetter: Heiter bis Wolkig, Temperaturen knapp über Null Grad, Schnee am Wegesrand

Etappenziel Tag 1540: Gemeindehaus der Kirche, Kvänum, Schweden

Etappenziel Tag 1541: Gemeindehaus der Kirche, Skara, Schweden

Etappenziel Tag 1542: Gemeindehaus der Kirche, Källby, Schweden

Etappenziel Tag 1543: Gemeindehaus der Kirche, Forshem, Schweden

   
Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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