Tag 1173: Wie erzeugen wir uns Leid?

von Heiko Gärtner
25.04.2017 22:10 Uhr

Heute ist nicht allzu viel vorgefallen und es gibt an und für sich nichts zu berichten. Ich möchte deshalb an dieser Stelle einen Text teilen, den wir bereits vor einigen Monaten in der Tschechei geschrieben haben, den wir bislang noch nicht veröffentlichen konnten, der aber für das Verständnis von Krankheit, Leid, Heilung und Gesundheit sehr wichtig ist. Wir haben schon öfter beschrieben, dass Krankheiten und Leiden, die in unserem Leben auftauchen, ähnlich wie ein Wegweiser dazu dienen, uns in Richtung unserer Lebensaufgabe und unseres Erwachens zu lotsen. In vielen Bereichen ist das auch richtig, aber es gibt dabei dennoch eine Sache zu bedenken, die in den meisten Büchern zu diesem Thema ausgelassen wird: Nicht alles, was an Leid und Schmerz in unser Leben tritt, ist ein Wegweiser, der uns in Richtung Sein führt. Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Leid, also von Sanktionen die wir uns selbst direkt oder indirekt, also über Krankeiten, Unfälle oder die Einwirkung anderer zufügen.

Die erste Sorte ist die Sprache unseres Herzens, bzw. unseres höheren, göttlichen Selbst. Wenn wir gegen unser Herz verstoßen bekommen wir verschiedene Hinweise, die uns auf den Verstoß aufmerksam machen. Zunächst geschieht dies noch vollkommen ohne jedes Leid. Die erste Stufe ist das Bauchgefühl, also unsere Intuition, die uns sagt, dass mit einer Situation etwas nicht passt. Wenn wir sie überhören oder ignorieren bekommen wir als zweite Stufe einen Traum, der uns die Situation noch einmal spiegelt. Wenn wir auch den ignorieren folgt eine besondere Begegnung und erst danach bekommen wir direkte, spürbare Hinweise in Form von Kranheiten.

Der zweite Mechanismus, der Schmerz und Leid in uns Produziert ist Schuld. Schuld entsteht immer dann, wenn wir gegen einen angelernten Glaubenssatz handeln und damit etwas tun, von dem wir glauben, dass wir es gesellschaftlich betrachtet nicht tun sollten. Oder wenn wir etwas nicht tun, von dem wir glauben, dass wir es gesellschaftlich tun sollten. Das Maß für Schuld ist also nicht unsere Intuition und unser Gottinstinkt, die uns sagen, was wir tun müssen, um die Liebe auszudehnen, in unser Sein zu kommen, unserem Darma zu folgen und damit zu einem hilfreichen Partikel des Allbewusstseins zu werden. Es ist eine anerzogene Moralvorstellung, die wir von unseren Eltern übernehmen und die durchaus vollkommen im Widerspruch zu unserem Darma und unserem Gottbewusstsein stehen kann.

Im Falle von Heiko kam bei seiner Geburt das Gefühl in ihm auf, dass er sein Leben nur dann verdient hatte, wenn er bestimmte Bedingungen erfüllte. Dazu gehörte vor allem, dass man keinem anderen Menschen Schmerzen zufügt, oder ihnen Unannehmlichkeiten bereitet. Wann immer Heiko also etwas tut, wodurch ein anderer Leid erfährt, oder auch nur erfahren könnte, baut dies in ihm Schuld auf. Anders als die Zeichen für die Herzensverstöße, die erst freundlich warnen, bevor sie unangenehm werden, führt das Schuldgefühl zu einer sofortigen Sanktion und damit zu sofortigem Leid. Dabei entsteht die Schuld aber auch dann, wenn Heiko etwas macht, wodurch ein anderer auf seinem Lebensweg vorangeschubst wird, so dass dieser ins Lernen kommen kann. In fast allen Fällen ist dieses Lernen un Erwachen aber mit Schmerz und Unannehmlichkeiten verbunden und dies wiederum, verstößt gegen Heikos inneren Moralkodex. Jedes Mal also, wenn er seine Heilertätigkeit ausführt und jemandem einen Schritt weiterhilft, wodurch für den Betroffenen auch bestimmte Unannehmlichkeiten entstehen, baut Heiko nach seinem inneren Gefühl also Schuld auf und beginnt sofort mit einer Selbstsanktionierung.

In seinem Fall besteht diese Sanktionierung meist aus dem Tinnitus. Immer handelt es sich dabei aber um körperliches oder emotionales Leid. Aus diesem Grund wurde auch der Tinnitus fast immer lauter und stärker, wenn er eine Beziehung mit einer Partnerin hatte, mit der er sich gegenseitig auf dem Lebensweg voranbringen wollte. Der Grundglaubenssatz lautete: "Ich darf niemanden krank machen und auch nichts tun, durch das er krank werden könnte!" Durch die gemeinsame Arbeit an den Lebensthemen in der Beziehung passierte jedoch stets genau das. Die Partnerinnen erwachten, bekamen zum ersten Mal ein Gefühl dafür, wer sie wirklich waren und dass sie bislang nur eine Maske getragen hatten und zogen somit auch die ersten Symptome an, mit deren Hilfe ihr Herz sie in Richtung Gottbewusstsein führen wollte. Aus Heikos Perspektive war er als Impulsgeber nun also dafür verantwortlich, dass sie Schmerz, Leid oder andere Unannehmlichkeiten erfuhren. Auch wenn er wusste, dass dies etwas Positives ist und letztlich dazu führt, dass sie ins Erwachen kommen können, verstieß es doch gegen den Moralkodex, führte zu Schuld und musste bestraft werden.

Ähnliche Glaubenssätze besitzt fast jeder von uns und alle verursachen auf die eine oder andere Weise Leid, wenn wir gegen sie verstoßen. Einen ebenso gravierenden und präsenten Glaubenssatz übernehmen wir in der Regel als Kinder von unseren Eltern. Aufgrund ihrer Erfahrungen haben sie zumeist eine recht klare Vorstellung davon, was wichtig war, um in dieser Welt überleben zu können. Nur wenn man auf eine gewisse Weise lebt und sich auf eine gewisse Weise verhält, kann man genug Geld verdienen, gesund bleiben, eine Partnerin bekommen, alt werden und gut leben. Versucht man hingegen einen anderen Weg, kann dies nicht funktionieren, man muss also scheitern und dies bedeutet, dass man früher stirbt. Heiko entschied sich damals, seinen Eltern zu 100% zu glauben, dass man nur auf diese Weise leben kann. Dennoch spürte er später, dass dies zwar ein Weg war, der für seine Eltern funktionieren mochte, dass es aber ganz und gar nicht sein Weg war. Sein Herz zeigte ihm also immer wieder, dass er einen anderen Weg einschlagen sollte. Er saß nun also im Dilemma. Wenn er seiner Moralvorstellung des Lebensweges seiner Eltern folgte, dann rebellierte sein Herz. Folgte er hingegen seinem Herzen, führte dies dazu, dass er den Glaubenssätzen der Eltern widersprach. Wenn diese aber mit ihrer Überzeugung wirklich Recht hatten, bedeutete dies aber, dass Heiko damit sein Leben aufs Spiel setzte und letztlich viel früher sterben würde, als ihm angedacht war. Warum? Weil es in seiner Überzeugung ja nur den Lebensweg seiner Eltern gab, der einem ein langes und gesundes Leben zusicherte. Sobald er ihn verließ, musste dies zwangsläufig einen frühen Tod zur Folge haben. Frühzeitig zu sterben bedeutete aber, dass er seinen Eltern eine Menge Kummer und Leid bescherte und dieses widerum würde sie Krank machen. Jedes Mal, wenn er also seinem Herzen folgte, bedeutete dies für ihn automatisch dass er früher sterben und damit seine Eltern ins Unglück stürzen würde. Dies verstieß jedoch gegen den Grundsatz, niemanden Krank machen zu dürfen und somit baute sich auch hier wieder eine Schuld auf, die sofort und umgehend Sanktioniert wurde. Das heißt im Klartext: Wenn er gegen sein Herz verstieß, dann bekam er dafür nur einen leichten Wink, dass er dabei war, vom Weg abzukommen. Folgte er seinem Herzen jedoch, bekam er sofort einen Schlag in die Fresse, der durch die Schuld ausgelöst wurde.

Bewusst erleben wir dieses Dilemma meist zum ersten Mal in der Schule. Hier haben wir das erste Mal das Gefühl, etwas machen zu müssen, das für uns keinen Sinn ergibt und das wir deshalb auch nicht tun wollen. In unseren Augen bringt uns dieses Schulbank-Gedrücke auf unserem Lebensweg nicht weiter. Gleichzeitig ist es aber auch eine gesellschaftliche Verpflichtung, die man eingehen musste, wenn man nicht untergehen und sterben wollte. Dieses Moral-Ich sagt uns, dass wir die stupiden Gedichte auswendig lernen sollte, die uns unsere Lehrer aufgeben. Unser Herz hingegen sagt, dass dies Zeitverschwendung ist und dass wir lieber hinaus in den Wald gehen oder etwas spielen sollten. Zu diesem Zeitpunkt sorgen jedoch unsere Eltern und Lehrer Mutter dafür, dass wir dem Schulweg folgen. Wenn wir uns dagegen weigern, bekommen wir Hausarrest, Fernsehverbot, Ermahnungen und hin und wieder auch einen hinter die Löffel. Die Schuld, die durch die Weigerung aufgebaut wird, wird dadurch also sofort wieder abgebaut, so dass keine anderen Sanktionen nötig sind. Später, wenn es dann in Richtung Beruf geht, wird dieser Zwiespalt immer größer und damit steigt auch die Schuld an, die sich in uns aufbaut, wenn wir versuchen, unserem Herzen zu folgen. Nun fallen jedoch Eltern und Lehrer als Sanktionatoren weg und somit müssen wir uns für den Schuldabbau selbst bestrafen. In Heikos Fall kam es dadurch zum ersten Mal zum Tinnitus.

Fortsetzung folgt...

Spruch des Tages: Folge ich der Verpflichtung oder meinem Herzen?

Höhenmeter: 230 m Tagesetappe: 12 km Gesamtstrecke: 21.494,27 km Wetter: sonnig und frühlingshaft, teilweise mit kaltem Wind Etappenziel: Gemeindesaal der Stadt, 72400 Saint Aubin des Coudrais, Frankreich

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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