Experimentelle Archäologie

Das Steinzeit Experiment

Können wir noch immer so leben, wie unsere Vorfahren in der Steinzeit? Und wie genau haben die Menschen damals überhaupt gelebt?
Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu finden ist das Ziel der experimentellen Archäologie.
Am 07.07.2010 um 07:07 Uhr in der Früh brach Heiko Gärtner zusammen mit seinem Großesel Alfredo und seinem Wandergefährten auf, um als Steinzeitmensch bis nach Santiago de Compostela und darüber hinaus ans „Capo Finstere“ zu wandern – ans sprichwörtliche Ende der Welt. Im Gepäck hatte er nichts, was nicht auch unseren Vorfahren in der Steinzeit zur Verfügung gestanden hätte.
Ein selbst gefertigtes Messer aus Feuerstein, Kleidung aus Büffelleder, einen Schlafsack aus Fellen, eine Notration Trockenfleisch mit Nüssen und eine Lederne Trinkflasche mit etwas Quellwasser.

Alles rund um das Steinzeit-Projekt

Eines der wahrscheinlich größten Probleme unserer Zeit, ist unsere Entfremdung von der Natur. Wir uns so weit von ihr entfernt, dass wir uns nicht einmal mehr vorstellen können, wie unsere Vorfahren einst gelebt haben. Viele Jahrtausende lang war die Natur kein Feind für uns. Sie war keine Wildnis, vor der man sich fürchten musste. Ebenso wenig war sie unser Opfer, das wir nach Herzenslust zerstörten und ausbeuteten. Sie war unsere Heimat und zugleich unsere Freundin, die uns mit allem versorgte, was wir brauchten. Doch was geschah mit dieser Verbindung?
Um das herauszufinden startete ich mein Steinzeit-Projekt. Ich wollte leben wie in der Steinzeit und dabei dem uralten Medizin- und Energiepfad folgen, der bereits damals von unseren Vorfahren begangen wurde, um dem Verlauf der Milchstraße bis ans Ende der bekannten Welt zu folgen. Heute ist dieser Weg unter dem Namen „Camino de Santiago“ bekannt und berühmt. So wagte ich das Steinzeit-Experiment, in dem ich rund hundert Tage lang täglich ca. 35 km Wegstrecke zurücklegen wollte, um dabei zu leben, wie in der Steinzeit. Mein Experiment war ein besonderes Beispiel für experimentelle Archäologie, denn durch diese Reise konnte ich, allein durch das eigene Nachempfinden, Erkenntnisse über das echte Leben in der Steinzeit gewinnen.
Im Folgenden findet ihr alle Informationen zu diesem Projekt sowie weiteres wissenswerte über das Leben in der Steinzeit.
Tagebuch Steinzeitprojekt
Steinzeitprojekt Filme
Steinzeitprojekt Bilder

Leben wie in der Steinzeit – Im Ledergewand bis ans Ende der Welt

Das Steinzeit Experiment beginnt

Ehe ich mich versah, stand ich mit meinem Großesel, meinem Reisegepäck und meinem Wandergefährten in der Einfahrt zum Haus meiner Eltern und winkte noch einmal zum Abschied. Vor mir lagen rund 3000 km und ca. 100 Tage der Ungewissheit. Doch genau das war ja auch die Idee hinter der experimentellen Archäoligie.

Archäologische Irrtümer

Dabei wurde mir schnell klar, dass das Feuer machen in der Steinzeit unmöglich, wie allgemein angenommen mit Feuersteinen geschehen sein konnte. Diese Technik hatte man erst viele Jahrtausende später im Mittelalter verwendet. Auch was Jagdtechniken sowie das Angeln anbelangte, konnte ich viel von meinem Steinzeit-Experiment lernen. Dadurch, dass wir durch unsere Zivilisation in Europa fast alles an natürlichem Reichtum vernichtet und durch eine Art Vorgarten ersetzt haben, wurde meine Reise zu einem Survival Trip, bei dem er immer wieder zeigen musste, dass ein echter Überlebenskünstler in ihm steckt.
Heiko Gärtner bei seinem Steinzeit-Experiment

Zeiten ändern sich

So konnten unsere steinzeitlichen Vorfahren beispielsweise noch aus jeder Pfütze trinken, da diese klar und rein war. Heiko hingegen musste fast immer auf Methoden der Wasseraufbereitung zurückgreifen, wenn er nicht krank werden wollte.

Vom Steinzeit-Experiment zur zeitgenössischen Sozialstudie

Nach gut zwei dritteln der Strecke hatte er für sich einen guten Eindruck darüber gewonnen, was ein Leben wie in der Steinzeit bedeutete. Daher änderte er das Grundkonzept der Reise noch einmal und wechselte von der experimentellen Archäologie zu einer zeitgenössischen Sozialstudie. Er tauschte seine bewährte und lieb gewonnene Steinzeitausrüstung gegen ein einfaches Notfallequipment ein und lebte von nun an als Berber. Um das Ende der Welt zu erreichen, legte er schließlich sogar all seine Besitztümer ab und marschierte mit nichts als der Kleidung, die er am Leibe trug weiter.
Heiko Gärtner imitiert einen Hirsch beim Grasen

Hart, Wild und Frei!

Es wurde eine der härtesten und zugleich eine der intensivsten Zeiten seines Lebens, in denen er seine Intuition schulen und seinen Körper trainieren musste, um gegen alle Widrigkeiten bestehen zu können. Doch letztlich erreichte er sein Zeil am Ende der Welt. Um Mutter Erde für ihre Unterstützung zu danken, beendete er sein Berber- und Steinzeit-Projekt mit einem heiligen Ritual. Dabei legte er unter anderem ein Medizinrad aus Steinen, um die Verbindung zu den Ahnen und den Geistwesen aufzunehmen und auch ihnen für ihre Unterstützung zu danken.

Der Blick in die Zukunft

Trotz all der Strapazen der vergangenen 100 Tage sah Heiko den tobenden Wellen am Ziel seiner Reise mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Es war eine harte, anstrengende und entbehrungsreiche Zeit gewesen, die er mit seinem Steinzeit-Projekt verbracht hatte. Aber es war auch die Zeit in seinem Leben gewesen, in der er mehr Freiheit, Reichtum und Zufriedenheit gespürt hatte, als je zuvor. Dieses Gefühl, das in diesem Moment in ihm aufkam, legte den Keim für eine neue Idee. Für ihn stand nun fest, dass er für eine Weile zurück in sein altes Leben als Wildnisschulleiter und Survivalstar zurückkehren konnte. Doch es würde nur noch eine Frage der Zeit sein. Eines Tages – das wusste er nun mit Gewissheit – würde er wieder aufbrechen um als Abenteurer, Heiler und Forscher unterwegs zu sein. Und dieses Mal würde es kein Ende mehr geben. Dieses Mal wäre es eine Reise für immer. Eine Lebensreise. Eine Weltreise.
Steinzeit Experiment mit Heiko Gärtner