Tiere fotografieren in freier Wildbahn: So gelingen Top Fotos!
Wertvolle Tipps zum Tiere fotografieren
Kaum eine Sparte der Fotografie ist so abwechslungsreich und faszinierend wie das Tiere fotografieren. Aber auch kaum eine ist anspruchsvoller. Denn die Fotomodelle haben ihren eigenen Willen, sind meist scheu oder gut getarnt und lassen sich nur selten zu geplanten Posen überreden. Die folgenden 10 Tipps werden euch dabei helfen, schöne, spannende und aussagekräftige Tierfotografien zu machen.
1. Einheimisch werden
Um Tiere fotografieren zu können, muss man ihnen zunächst begegnen. Das ist an einigen Orten sehr einfach. In Zoos beispielsweise oder in Tierparks, auf Bauernhöfen, auf Weiden oder in anderen Gehegen und Käfigen. Wenn ihr an diesen Orten fotografieren wollt, könnt ihr die nächsten beiden Tipps überspringen, denn hier können die Tiere auch dann nicht vor euch flüchten, wenn ihr so auffällig seid, wie ein Rockkonzert in einem Nonnenkloster.
Doch bereits in Nationalparks und in großen Tierfreigehegen, kann es entscheidend sein, die Tiere nicht durch auffälliges Verhalten zu verschrecken. Wenn ihr auf eine Fotosafari gehen wollt, um die Tiere in freier Wildbahn abzulichten, ist Unsichtbarkeit hingegen der wichtigste Faktor. Als Tierfotograf seid ihr nichts anderes als ein Jäger, nur dass ein Schuss euch keine Nahrung, sondern ein gelungenes Foto einbringen soll. Daher ist es wichtig, sich an die gleichen Regeln zu halten, die auch erfolgreiche Jäger befolgen.
Wenn ihr als Fremder in einen Wald kommt, spüren die Tiere euch Anwesenheit sofort. Stellt euch vor, ihr sitzt mit mehreren anderen Menschen gut gelaunt in einem Raum. Nun kommt jemand herein, der den miesesten Tag seines Lebens hatte. Noch ehe er ein einziges Wort sagt, ja noch ehe er überhaupt gesehen wurde, kann jeder von euch seine Anwesenheit wahrnehmen und Stimmung spüren. Tiere sind noch bedeutend feinfühliger als Menschen und nehmen jede Störung in ihrer Umgebung sofort wahr. Daher ist es wichtig, dass ihr keine solche Störung seid. Achtet dabei vor allem auf den Warnruf des Eichelhähers. (Der Ruf klingt ein wenig wie diese hölzernen Ratschen, die Fußballfans verwenden, um Lärm zu machen.) Wenn dieser Wächter des Waldes warnt, wissen alle Tiere im Umkreis, dass sich ein Feind nähert.
Um ein guter Tierfotograf zu werden, müsst ihr daher ein Teil der Natur werden. Tragt aus diesem Grund keine Kleidung in Farben, die in der Natur nicht vorkommen, sondern wählt Erd- oder Grüntöne. Auch Flecktarnung kann hilfreich sein, da es in der Natur normalerweise keine großen, einfarbigen Flächen gibt. Achtet auch darauf, dass ihr keine glitzernden oder funkelnden Objekte am Körper oder an eurer Ausrüstung tragt. Verhaltet euch insgesamt ruhig und unauffällig, vermeidet laute Geräusche und hektische Bewegungen. Das wichtigste dabei ist jedoch die geistige Tarnung. Übersetzt man die Worte der verschiedenen Naturvölker für Jagd wörtlich ins Deutsche, so bedeuten sie stets etwas wie „Ich gehe spazieren mit meinem Bogen“ oder „Ich streife im Wald umher.“ Tut es diesen Völkern gleich und geht nicht mit der Absicht in den Wald, das beste Tierfoto eures Lebens zu schießen. Geht mit eurer Kamera spazieren und lasst den Moment für das perfekte Foto auf euch zukommen.
💡 Tipp:
Vor allem am Anfang wird es euch oft so vorkommen, als gäbe es überhaupt keine interessanten Tiere in den Wäldern, die ihr besucht, da sie euch sehr früh wahrnehmen und dann das Weite suchen. Um dennoch bereits auch in dieser Phase einen Erfolg zu haben, könnt ihr beispielsweise mit einer Wildtierkamera arbeiten. Diese ermöglicht es euch, Tieraufnahmen zu bekommen, während ihr selbst gar nicht vor Ort seid, sodass euch auch niemand wittern kann.
2. Fährtenkunde
Natürlich könnt ihr Glück haben und zufällig einem Tier über den Weg laufen, das lange genug stehen bleibt, um sich von euch fotografieren zu lassen. Wesentlich größer wird eure Erfolgsquote jedoch sein, wenn ihr die Tiere versteht und wisst, wo sie sich wahrscheinlich aufhalten werden. Dies geht am einfachsten, wenn ihr die Spuren der Tiere deuten könnt. Übt euch also in Fährtenkunde und werdet ein Spurenleser. Geht dazu einfach in den nächsten Wald und achtet einmal darauf, was ihr an Fährten alles wahrnehmen könnt. Wo gibt es Fußabdrücke? Wo verlaufen Tierstraßen? Wo liegen angefressene Fichtenzapfen oder Nüsse herum, die auf Eichhörnchen oder Mäuse hinweisen? Wo gibt es Schlafplätze von Rehen oder Bauten von Füchsen, Dachsen oder Kaninchen?
Beschäftigt euch mit den Tieren und lernt, sie zu verstehen. Lernt zu denken und zu fühlen wie die Tiere, die ihr fotografieren möchtet. Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr als Maus auf der Speisekarte von nahezu jedem Fleischfresser steht? Wo würdet ihr euch aufhalten? Wo wärt ihr als Fuchs, wenn ihr diese Mäuse jagen wolltet? Wenn ihr wisst, wo sich in der Nähe Rehschlafplätze befinden und wann die Rehe sie aufsuchen, werden ihr keine Probleme haben, gute Fotos von diesen beeindruckenden Tieren zu machen.
3. Weitwinkelblick
Als Menschen sind wir es gewohnt, ständig zu fokussieren. Das bedeutet, dass wir uns fast immer nur auf einen Punkt konzentrieren, den wir direkt anschauen. Von dort springen wir dann zum nächsten und wieder zum nächsten. Die Fähigkeit zu fokussieren ist sehr hilfreich, denn sie ermöglicht es uns, Gegenstände zu greifen oder auf den Auslöser unserer Kamera zu drücken. Allerdings gibt es einige Situationen, in denen es von Vorteil ist, unfokussiert zu sehen. Wenn ihr euch bei einer Wanderung durch den Wald oder eine andere Landschaft nur auf den Weg vor euch konzentriert, werden euch sehr viele potenzielle Motive entgehen, die sich links und rechts von euch befinden.
Übt euch beim Tiere fotografieren daher im Weitwinkel Blick. Haltet eure Augen geradeaus gerichtet und streckt eure Arme zu beiden Seiten aus, sodass ihr eure Fingerspitzen gerade noch im Augenwinkel sehen können. Dies ist euer Sichtfeld im Weitwinkel Blick. Übt diesen Blick, wenn ihr spazieren geht. Zunächst wird es ungewohnt sein und es wird euch wahrscheinlich schwerfallen, den Blick beizubehalten. Lasst euch davon nicht entmutigen. Bereits nach kurzer Zeit werdet ihr merken, dass ihr von wesentlich mehr Tieren umgeben seid, als ihr bisher dachtet. Der Weitwinkel Blick hat aber auch noch einen weiteren Vorteil.
Fokussiertes sehen ist eine Fähigkeit, die nur Jäger haben. Wenn ihr mit diesem Blick auf ein scheues Tier zugeht, wird es euch als Jäger wahrnehmen und flüchten. Von jemandem fokussiert zu werden ist deutlich spürbar. Ihr könnt es einmal selbst bei Menschen ausprobieren. Beobachtet jemanden mit all eurer Aufmerksamkeit. Selbst wenn er in die andere Richtung blickt und euch gar nicht sieht, wird er sich nach kurzer Zeit zu euch umdrehen, weil er euren Blick spürt. Tiere sind in dieser Hinsicht weitaus feinfühliger als Menschen und spüren euren Blick daher sofort. Wenn ihr das Tier jedoch nicht fokussiert, sondern als Teil der Umgebung wahrnehmt, wird es euch wesentlich dichter heranlassen und länger verweilen. Dies kann ausschlaggebend sein, um ein gutes Foto von ihm zu bekommen.
Achtung:
Mit eurer Kamera müsst ihr das Tier natürlich schon fokussieren, sonst hilft euch das Bild wenig.
4. Tarnen, Täuschen, Schleichen
Wenn die Tiere euch in ihrem Lebensraum akzeptieren und wenn ihr wisst, wo diese sich aufhalten, müsst ihr nur noch nahe genug an sie herankommen, um sie ablichten zu können. Dies ist die wahrscheinlich schwierigste Herausforderung. Werdet daher trickreich und eignet euch verschiedene Techniken der Tarnung an. Mit einem guten Teleobjektiv könnt ihr natürlich auch Fotos von weiter weg machen. Auch damit könnt ihr bereits sehr gute Ergebnisse erzielen. Dennoch ist auch hierbei eine gewisse Mindestnähe erforderlich. Für die meisten Teleobjektive benötigt ihr für starke Vergrößerungen außerdem optimale Lichtverhältnisse. Leider bevorzugen die meisten Tiere jedoch Zeiten und Orte mit schwachem Licht. Daher gilt die Faustregel, je dichter ihr zum Tiere fotografieren herankommt, desto besser sind eure Aussichten auf ein gutes Foto.
Vorsicht:
Wenn ihr versucht, zu nah bewegende Tiere zu fotografieren zu wollen, kann es sein, dass ihr es aufscheucht und am Ende gar kein Foto habt. Tastet euch daher langsam vor und macht zunächst Aufnahmen von weiter weg, bevor ihr euch immer mehr annähert. Je nachdem, was für Tiere ihr fotografieren wollt, solltet ihr dabei auch auf deren eigene Sicherheit achten. Ein Eichhörnchen, das sich bedroht fühlt, wird einfach auf den nächsten Baum flüchten. Ein Bär oder ein Alligator sieht das möglicherweise anders. Alle Pflanzenfresser haben ihre Augen seitlich am Kopf. Dadurch können sie mit einer 360°-Perspektive sehen. Es hilft euch also nichts, sich von hinten an die Tiere anzuschleichen. Die meisten Tiere nehmen vor allem Bewegungen wahr. Daher solltet ihr versuchen, euch so bewegungsarm wie möglich zu bewegen. Das klingt zunächst paradox, ist aber eigentlich ganz simpel. Bewegt euch langsam und bedächtig. Haltet eure Arme am Körper (ohne das übliche Pendeln) und vermeidet das Auf- und Abwippen des Körpers beim Gehen. So wie euer Gang zu einer fließenden Bewegung wird, die sehr viel weniger Aufmerksamkeit erzeugt. Beobachtet einmal Katzen bei der Jagd. Sie haben den gleichen Gang und kommen so sehr nahe an ihre Beute heran.
Vorsicht:
Um wirklich unerkannt zu bleiben, müsst ihr euch so langsam bewegen, dass ihr einen handelsüblichen Bewegungsmelder austricksen könnt! Auch Tarnen kann sehr hilfreich sein. Wenn ihr zum Beispiel eine Futter- oder Wasserstelle oder einen Schlafplatz gefunden habt, könnt ihr dort mit einem Tarnzelt auf die Tiere warten. Als sehr nützlich haben sich auch sogenannte Hotchill-Anzüge erwiesen. Das sind Ganzkörperanzüge, an denen man Grünzeug aus der Umgebung befestigen kann, sodass man gänzlich mit dieser verschmilzt.
5. Anlocken
Das alte Prinzip vom Berg und Propheten funktioniert auch in der Tierfotografie. Wenn ihr nicht nah genug an ein Tier herankommt, dann lasst es zu euch kommen. Alles was ihr dafür braucht ist ein gutes Versteck und ein passender Köder. Auch hier ist es wichtig, dass ihr zunächst anhand der Zeichen erkennt, welche Tiere in der Umgebung leben. Elche im Bayrischen Wald in Deutschland anlocken zu wollen, dürfte ein schwieriges Unterfangen werden, es sei denn, die befinden sich im Tiergehege. Sucht euch dann einen Ort, der euch eine gute Deckung aber auch gute Sicht bietet und baut evtl. ein Tarnzelt auf. Um Tiere anlocken zu können, braucht ihr einen Köder, der den Tieren schmeckt und der in dieser Gegend wenig bis gar nicht vorkommt. Mit einem Maiskolben im Maisfeld zu ködern macht wenig Sinn. Der gleiche Köder in einem Fichtenwald hingegen kann Wunder wirken. Werdet beim Tiere fotografieren kreativ und experimentiert mit verschiedenen Arten von Ködern. Nuss-Nougat-Creme beispielsweise ist bei weit mehr Spezien beliebt als nur beim Menschen, während Erdnussbutter meist verschmäht wird. Das wichtigste ist jedoch Geduld. Macht euch bewusst, dass der Mensch seit Jahrtausenden ein Störenfried in der Natur ist, dem alle Wesen mit größter Skepsis gegenüberstehen. Geben Sie den Tieren daher Zeit, sich an euch zu gewöhnen. Es kann sein, dass ihr mehrere Tage in Folge immer wieder an den gleichen Platz zurückkehren müsst, bis euch die wildlebenden Nachbarn akzeptieren, dass ihr nicht der Feind seid.