Blind in die Höhe
Gestern Abend hatten wir dann mal wieder mehr Glück als Sicht. Bei unserem Blindflug durch die nächtliche Stadt, die nur aus blendenden Straßenlaternen und Frontscheinwerfern mir absoluter Dunkelheit dazwischen bestand, haben wir zwei neue Bekannte vom Volksfest wiedergetroffen. Die beiden wollten uns dann doch nicht halbblind im Wald schlafen lassen und haben uns mit in Ihre WG genommen. Dort erwartete uns ein warmer Isomatten Platz am Boden. Allerdings mussten wir feststellen, dass eine unbekannte Wohnung nochmal eine ganz eigene Herausforderung ist. Heiko durfte das mitten in der Nacht dann auch noch einmal deutlich am eigenen Leib spüren. Lothar, hatte uns bereits vorgewarnt: Für einen Blinden dürfen Türen entweder ganz offen oder ganz geschlossen sein. Halboffen ist tödlich! Heiko der sich im Dunkeln mit grünem Star durch die Wohnung tastete, machte damit seine eigene Bekanntschaft. Seine rechte Hand tastete sich rechts ins Freie, seine linke links und sein Kopf traf genau die Türkante dazwischen. Heute Morgen haben wir dann als aller erstes unsere Brillen getauscht. Heiko war (und ist) seit dem also mit dem grauen Star unterwegs, Tobias mit dem grünen. Wir sind dann bereits um 7:00 aufgebrochen um uns auf den Weg zum Hochseilgarten in Velburg zu machen. Wir wurden netterweise ein Stück von einer unserer Gastgeberinnen mitgenommen, die zu ihrer Arbeit gefahren ist und konnten dann noch ein weiteres kleines Stück trampen. Den Rest haben wir dann zu Fuß gemeistert. Mit einigen kleinen unfreiwilligen Umwegen zwar, aber noch so, dass es als erfolgreich durchgehen kann. Jetzt also blind in die Höhe! Den ersten Parcours haben wir noch mit unseren Brillen gemeistert. Ein komisches Gefühl wenn man zwar ungefähr sein Ziel erkennen kann, aber nicht sieht, wo seine Arme und Beine sind, geschweige denn, wo sie hin sollen. Dann kam Level 2: Ein anderer unbekannter Parcours komplett blind. Für jeden mit Höhenangst ist diese Variante wärmstens zu empfehlen. Ob man sich einen oder fünfzig Meter über dem Boden befindet, spielt plötzlich keine Rolle mehr. Dafür werden so Dinge wie Gleichgewicht und Koordination plötzlich zu einer fast unbezwingbaren Herausforderung. Blind zu balancieren ist aber noch nichts im Vergleich zum totalen Blindflug im Flying Fox. Mit unvorstellbarer Geschwindigkeit rast man plötzlich unendlich wirkende 60 m auf einen Baum zu. Die ganze Zeit über rattert es in deinem Kopf: Jetzt schlägst du ein! Jetzt schlägst du ein! Jetzt schlägst du ein! Und nichts passiert! Dann plötzlich: Bumm und es erwischt einen vollkommen unvorbereitet. Der reine Nervenkitzel! Insgesamt stellten wir für uns aber dennoch fest, dass der Hochseilgarten zwar viel mehr Hindernisse bietet als eine Straße, dafür aber auch wesentlich mehr Orientierungspunkte. Man kann sich darin nicht verlaufen. Man kann nicht einmal stürzen, weil man ja gesichert ist. Der Alltag stellt damit doch die wesentlich größere Herausforderung dar. Heikos persönliches Tageshighlight war die Benutzung der öffentlichen Toilette. Erst fand er das Klopapier nicht, weil der Spender leer war, und er die Ersatzrollen nicht finden konnte. Dann wollte die Klobürste nicht aus ihrer Halterung und zum Schluss klemmte noch die Tür und wollte ihn nicht wieder freilassen. Vom Hochseilgarten aus wurden wir freundlicherweise von einem Pärchen mitgenommen, die ebenfalls dort klettern waren und nun zurück nach Nürnberg fuhren. Hier haben wir Ninfa getroffen die uns für die weitere Tour begleiten wird.