Blindentraining: Wie Blinde lernen, sich zurecht zu finden

von Shania Tolinka
15.08.2012 11:58 Uhr

Zwei „blinde“ Wanderer auf Erkundungstour

 

Heiko Gärtner und Tobias Krüger sind mit Spezialbrillen unterwegs — Blindentraining absolviert — Begleitung

  Von Melanie Kunze   Heiko Gärtner und Tobias Krüger sind zu ihrer Blindentour gestartet. Zwei Wochen lang wollen sie über Stock und Stein wandern. Die Natur genießen und die Umgebung betrachten werden sie dabei nicht. Denn die beiden Männer tragen Brillen, die Blindheit simulieren. NEUMARKT — Die ersten Schritte sind noch ein wenig unsicher im Blindentraining. Heiko Gärtner tastet nach seinem Kumpel Tobias Krüger. Doch der sieht ebenfalls nicht viel und so vertrauen die beiden einfach auf ihren Instinkt — schließlich ist die Strecke gerade und eben. Nach ein paar Metern haben Gärtner und Krüger den Dreh ein wenig raus und gehen beherzt, durch die Neumarkter Badstraße in Richtung Altenheim. Dort wollen die beiden Abenteurer sich mit Menschen unterhalten, die tatsächlich nicht mehr sehen können, bevor es mit ihrer lang geplanten Blindentour richtig losgeht.  
Das Blindentraining mit einem Blindenhund

Das Blindentraining mit einem Blindenhund

 

Ein neuer Blickwinkel

Gärtner und Krüger sehen normalerweise gut, doch für eine Wanderung durch den Landkreis und über die Landkreisgrenzen hinweg, haben sie sich spezielle Brillen ausgeliehen. Diese simulieren beispielsweise eine Sehleistung von nur fünf Prozent oder Erkrankungen wie eine Netzhautablösung. „Wir wollen einen anderen Blickwinkel auf den Alltag haben“, sagt Tobias Krüger. Auf Wanderschaft zieht es die beiden Männer immer wieder. „Die Natur kann heilen, gestresste Menschen finden zur Ruhe“, so Krüger. Mit ihrer neuen Aktion wollen sie auch auf einen bewussten Umgang mit der Natur aufmerksam machen. Bevor es mit Spezialbrillen raus ging, haben der 33-jährige Gärtner und der 27-jährige Krüger ein Blindentraining beim Blindenbeauftragten der Stadt Fürth absolviert. Der zeigte ihnen, wie sie mit einem Blindenstock den Weg erkunden, um nicht ständig gegen eine Ampel oder eine Hauswand zu laufen. Die beiden Neumarkter sind zudem nicht allein unterwegs. Johannes Scheider begleitet sie. Der 20-Jährige hat eine Kamera dabei und dokumentiert die Tour. Nach dem Besuch im Altenheim der Diakonie, ging es für die Wanderer gestern zunächst auf das Jura-Volksfest in Neumarkt. Die nächste Herausforderung wird dann der Hochseilgarten in Velburg sein. Wohin es danach geht, wissen die Abenteurer noch nicht. Vielleicht nach Oberbayern, Richtung Alpen. Im Gepäck haben sie zur Sicherheit 100 Euro. Ansonsten wollen Krüger und Gärtner ohne Geld nach ihrem Blindentraining auskommen, unter freiem Himmel schlafen und die Welt als blinde Wanderer erkunden.  
Blindentour Highlights

Blindentour Highlights

 

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Der Langstock wird häufig noch als Blindenlangstock bezeichnet. Während der Schulung im Langstocktraining, der Langstocktechniken und des Umganges mit Leitgeräten wird der Blinde oder hochgradig Sehbehinderte mit blinden spezifischen Verhaltensweisen zur Bewältigung verschiedener Mobilitätssituationen innerhalb geschlossener Räume, aber auch in der Umwelt vertraut gemacht.

Ziel der Schulung in Orientierung und Mobilität (O&M) mit einem Rehalehrer ist es, blinde und sehbehinderte Menschen im Gebrauch des weißen Langstockes so auszubilden, dass sie diesen als Verkehrsschutzzeichen und als Orientierungshilfe einsetzen können. Um so die durch Blindheit oder Sehbehinderung bedingte Mobilitäts- und Orientierungsbeeinträchtigung so weit wie möglich auszugleichen. Bei der erstmaligen Verordnung von Blindenlangstöcken und/oder Leitgeräten ist eine spezielle Schulung, die im Rahmen eines Mobilitätstrainings durchgeführt wird, erforderlich.

Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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