Das Medizinrad der Indianer – Aufbau und Bedeutung
Was ist ein schamanisches Medizinrad?
In nahezu allen Naturvölkern gibt es das Bild eines sogenannten „Medizinrades“. Es ist eine Art Symbol, das die Einheit und den Lauf der Dinge und den ewigen Fluss der Wandlung verkörpert. So wie die Sonne ihre Bahn über den Himmel zieht, so befindet sich alles in einem ewigen Fluss, der aus sich stetig wiederholenden Zyklen besteht. Es ist aber auch ein kraftvolles und mächtiges Werkzeug, das für Heilungen, Rituale und Entwicklungsschritte eingesetzt wird, das bei der Kommunikation mit anderen Welten, bzw. Weltebenen hilft und durch das man Unterstützung bei der Beantwortung von Fragen und der Lösung von Problemen bekommen kann.
Anders als in den meisten Naturvölkern stellen wir uns in unserer Kultur den Lauf der Dinge als etwas Lineares vor. Zeit ist für uns ein Strahl, der irgendwo in der unendlichen Vergangenheit anfängt und irgendwo in die unendliche Zukunft führt. Davon ausgehend glauben wir auch, dass Wachstum etwas Lineares ist. Wir fangen klein an und werden immer größer und größer, bis in die Unendlichkeit. Und genau dieses Verhalten erwarten wir auch von uns selbst und von allem, was wir erschaffen. Eine neu gegründete Firma muss ihr Kapital steigern, zu einem bedeutenden Wirtschaftsunternehmen und dann zu einem Global-Player werden und jedes Jahr mehr Gewinne abwerfen. Unser Wirtschaftssystem muss sich als ganzes immer weiter steigern und immer stärker wachsen, bis in die Unendlichkeit. Und auch von uns selbst verlangen wir, dass wir uns stetig verbessern und immer neue Schritte nach vorne machen. Aber ist es wirklich so einfach?
Die Natur: Mehr Zyklen und weniger Strahlen…
Wenn wir die Natur beobachten, dann stellen wir fest, dass jede Entwicklung und jeder Erwachensprozess in Form von Zyklen verläuft. Jeder Monat durchlebt der Mond einen Zyklus, in dem er sich einmal im Kreis um die Erde bewegt und so vom Neumond zum Vollmond und wieder zum Neumond wird. Jedes Jahr ist ein Kreislauf der Jahreszeiten, in denen sich immer wieder die gleichen Zyklen wiederholen.
Jeder Baum lässt im Frühling neue Knospen sprießen, die im Sommer heranwachsen und im Herbst Früchte ausbilden. Im Winter kommt es dann zu einem Zurückziehen der Lebensenergie in die Wurzeln, so dass der Baum im Frühjahr zu neuem Leben erwachen kann. Mit jedem Jahr wächst der Baum heran und durchlebt so seinen eigenen Lebensfrühling, seinen Lebenssommer und seinen Lebensherbst, bis er schließlich stirbt und einen neuen Zyklus in einer vollkommen neuen Form beginnt. Auf diese Weise vereinen sich viele kleine Kreise zu einem großen, der wieder nur Teil eines noch größeren ist. Alle Wesenheiten auf der Erde durchleben diesen Zyklus, durch den sich die Welt als ganzes stetig weiter entwickeln und immer wieder von neuem wandeln kann.
Das Symbol der universellen Einheit
Alles ist miteinander verbunden
Alles im Universum ist eins. Wir alle bestehen aus demselben Grundstoff, derselben Energie des Lebens, einer Urenergie, die meist als bedingungslose Liebe, Schöpferkraft oder auch Gott beschrieben wird. In vielen indigenen Kulturen ist das Medizinrad daher auch ein Symbol für die Verbundenheit, die Einheit bzw. die Ganzheit des Universums. Alle Speichen des Rades haben ihre eigenen Qualitäten, ihre eigenen Eigenschaften, Stärken und Antworten, wie auch jedes Wesen im Universum seine eigene Qualität hat. Und doch ist alles eins. Es gibt nur das Rad als ganzes und was immer sich darin auch befinden mag, ist nur Teil einer großen Einheit. Es ist ein bisschen, wie mit den Wassertropfen in einem Ozean. Die Trennung zwischen ihnen ist rein gedanklich, da alle zusammen das Meer ergeben und alle miteinander verschmelzen.
Das Leben ist ein Traum
So sehen beispielsweise die hawaiianischen Schamanen, wie aber auch die Aborigines das Leben als einen Traum an, der nicht realer ist, als die Träume, die wir in der Nacht haben. Solange wir träumen, glauben wir, dass wir getrennte Wesen sind, die geboren werden und sterben können und dass wir dem Lauf der Zeit unterliegen. Von außen betrachtet sind wir hingegen nur Teile eines ewigen Rades und somit zeitlos und unsterblich. Genau wie die Träume, die wir im Schlaf haben dazu führen, dass wir uns selbst besser kennenlernen können, dienen unsere „Lebensträume“ dazu, dass sich die Urenergie des Universums selbst erfahren kann. Unser Wachstum und unsere Entwicklungsprozesse führen dazu, dass sich Gott, also die Liebe ausdehnen kann.
Die Zusammenhänge des Universums und des Lebens
Um diese universellen Zusammenhänge des Lebens zu veranschaulichen besteht das Medizinrad aus sieben, bzw. in gewisser Hinsicht aus acht Himmelsrichtungen. Die ersten vier (Osten, Süden, Westen und Norden) sind eine Verkörperung des Kreises des Lebens von Geburt, Wachstum, Tod und Wiedergeburt. Die fünfte und sechste Himmelsrichtung (oben und unten) verkörpern die männliche, schöpferische Kraft des Kosmos und die weibliche, zulassende, bzw. empfangende Kraft der Erde. Die siebte Himmelsrichtung ist die Richtung nach innen, zur Mitte, zum Zentrum, zum Herzen und zur bedingungslosen Liebe, aus der alles besteht. Und die achte Richtung, die in diesem Sinne keine eigentliche Richtung mehr ist, ist das Rad als ganzes, das die Einheit des Universums symbolisiert.
Wenn man sich mit offenem Geist, Herz und Verstand mit dem Medizinrad auseinandersetzt, kann man in ihm alle Zusammenhänge des Lebens und des Universums erkennen und die Antwort auf jede nur erdenkliche Frage bekommen.
So aktiviert die männliche, kosmische Kraft den Liebesausdehnungstraum und die weibliche Kraft der Erde lässt durch die Hingabe, das Zulassen und das Wissen, das alles gut wird, die Liebesausdehnung geschehen. Wenn wir im Traum unseres Lebens also Erfolg haben wollen, benötigen wir stets den männlich, aktivierenden und den weiblich, zulassenden Part. Jede Lebensphase besitzt dabei ihre eigenen Qualitäten, ihre eigene Kraft und ihre ganz eigene Medizin. Für alles gibt es eine bestimmte Zeit und jede Zeit hat ihre Berechtigung, ihren Sinn und ihre Bestimmung. Es gibt nichts Falsches.
Vergesst nicht: Gottgeschichten sind unfehlbar, da Gott unfehlbar ist.
Jede Krankheit, jedes Leid oder negatives Gefühl ist somit ein Teil unseres Heilungs- bzw. Erwachens Prozesses. Jedes Nichtwissen ist eine Phase des Lernens, die durch das entstandene Wissensvakuum die Erkenntnis des Erwachens wie magisch in unser Leben zieht. Nichtwissen erzeugt somit einen Hunger auf Wissen. Der Hunger treibt uns an, den Schlüssel zur Erkenntnis zu finden so das wir erkennen, wer wir wirklich sind.
Das Vakuum des Nichtwissens zieht uns förmlich ins Allwissen. Wenn wir erkennen, dass das Innen das Außen widerspiegelt und umgekehrt, verstehen wir auch, dass der Tod nichts Endgültiges, sondern lediglich ein Teil des Traumzykluses der sein kann. So wie der Schlaf zu unserem Tageszyklus gehört, gehört der Tod zu unserem Liebesausdehnungszyklus. Der Lebenstraum ist dabei das Schlafen. Wir erleben den Traum und erarbeiten uns den Weg zur Erkenntnis. Schaffen wir es im Traum nicht, wachen wir durch den Tod auf und erkennen: „Wow, ich bin Gott. Warum hatte ich solch eine Angst vor dem Tod?“
Menschen mit einer Nahtoderfahrung beschreiben stets ein warmes Licht zu dem sie sich magisch hingezogen gefühlt haben. Am liebsten wären sie direkt in dieses Licht eingetaucht. Genau diese Erfahrung, vom Spüren der bedingungslosen Liebe, der Urenergie bzw. des Alllichtes machen wir auch, wenn wir erwachen und erkennen, das wir das Alles sind.
Das Rad des Lebens- bzw. der Liebesausdehnung, in dem sich alles abspielt, ist der Grundbaustein des Universums. Wenn man es versteht, kann man viel über das Leben, über die Zusammenhänge der Natur bzw. der Spiegelfläche erfahren. Dies ist der Grund, warum das Medizinrad in allen indigenen Kulturen eine so große Rolle spielt und warum auch für uns eine so große Bedeutung hat, wenn wir zu Schülern der Natur werden wollen.
Die sieben Himmelsrichtungen des Rades
Der Verlauf und die unterschiedlichen Attribute des Medizinrades unterscheiden sich je nach Kulturkreis, die Kernessenzen sind jedoch immer die gleichen. Das Medizinrad, das wir hier beschreiben stammt von verschiedenen Indianerstämmen Nordamerikas und es enthält auch einige Elemente von Sun Bear und Wabun, sowie der Huichol Indianer aus Mexiko.
Der Osten
Der Beginn des Lebenskreislaufs liegt immer im Osten bei der aufgehenden Sonne. Hier befinden sich die Kräfte und Qualitäten des Morgens, des Frühlings und des Neuanfangs. Da hier der Lebenstraum beginnt, steht der Osten in einer engen Verbindung mit Geburt und Kindheit aber auch mit Neubeginn in jeglicher Form. Es ist die Planungs-, Entwicklungs- und Lernphase, in der wir neue Welten betreten und diese langsam kennenlernen.
Hier sind unsere Gedanken, unsere Ideen und unsere Inspiration sowie unsere Verstandesebene und unser Intellekt zu Hause. Auch spontane Geistesblitze und Erleuchtungen sind hier beheimatet. Der Osten ist die Richtung des Windes und der Luft. Er steht für Frische, Reinigung, Klarheit, Klärung und Flexibilität. Sowohl dem Osten selbst als auch dem mit ihm verbundenen Element der Luft, wird das männliche Geschlecht zugeordnet. Hier aktiviert die männliche Schöpferkraft (in den meisten Kulturen Gott), die Lebensträume der Gottpartikel, also der Wesen im Universum. Das Krafttier, das mit dem Osten fest verbunden ist, ist der Adler und in einigen Kulturen auch der Specht. Die Kraftfarbe des Ostens ist ein strahlendes Sonnengelb.
Der Süden
Die nächste Phase ist die des Südens, des Mittags und des Sommers. Auf unser Leben bezogen ist es die Zeit der größten Aktivität, die Zeit in der wir vom Kind zum Erwachsenen werden, in der wir all unsere kindlichen naiven Handlungsweisen ablegen und in der wir eigenständig unser Leben beschreiten. Es ist die Umsetzungsphase, in der wir unseren Ideen eine Form und eine Gestalt geben, uns selbst und unsere Außenwelt transformieren.
Wir werden in dieser Phase also selbst zum Schöpfer. Es ist die Zeitspanne in der wir unsere Talente und Fähigkeiten ausfeilen und erproben. Die Farbe des Südens ist ein kräftiges Feuerrot und passend dazu ist das mit dieser Richtung verbundene Element das Feuer. Es ist das Element der Wandlung, der Kraft, der Energie und der Hitze. Auch ihm wird ein männliches Geschlecht zugesprochen, da wir hier in der männlich aktiven Phase sind. Der Süden ist die Himmelsrichtung der Gefühle und der emotionalen Welt, aber auch des Willens, der Überzeugung, der Leidenschaft und der Begeisterung. Die Krafttiere, die mit dieser Himmelsrichtung verbunden sind, sind der Wolf und in einigen Traditionen auch der Puma.
Der Westen
Die dritte Phase des Medizinrades ist der Westen. Es ist die Phase des Abends, des Herbstes und des älteren Erwachsenenlebens. In dieser Phase gehen wir vom Aktiv-Sein ins Ernten über. Die Früchte, die wir im Frühjahr gesät und im Sommer gepflegt haben sind nun reif geworden und wir können sie in uns aufnehmen.
Dies gilt sowohl im direkten als auch im übertragenen Sinne, denn der Herbst ist die Resümee Phase, in der wir den Blick nach innen richten, um uns klar zu werden, wohin uns die Wege unserer Jugend und des Erwachsenenseins unseres bisherigen Lebens geführt haben. Der Westen ist die Zeit des Zuhörens, des Loslassens, der Heilung, der Empathie und der Liebe. Man hört nun auf aktiv zu sein, lehnt sich vertrauensvoll zurück und lässt geschehen.
Daher ist der Westen auch mit dem weiblichen, zulassenden, empfangenden Prinzip verbunden. Der Westen ist aber auch die Phase des Erntens, des Sterbens und des Übergangs in die nächste Welt. Das Element, das mit dem Westen verbunden ist, ist das Wasser. Nach dem Verständnis der Indianer hat Wasser ein eigenes Bewusstsein und ist in seiner höchsten und reinsten Form nichts anderes als bedingungslose Liebe. Die Krafttiere des Westens sind die Eule und der Braunbär. Die Kraftfarbe ist ein tiefes Schwarz.
Der Norden
Der Norden, die vierte Phase des Medizinrades, ist die Phase der Nacht, des Traumes, des Schlafens, des Winters und des Jenseits. Wir erwachen nun aus dem Lebenstraum und erkennen im Tod wer wir wirklich sind. Als Mensch haben wir die Möglichkeit, dies entweder anzunehmen oder abzustreiten, so dass wir entweder frei mit einem neuen Lebenszyklus beginnen oder die offenen Themen des letzten Zyklus mit in den nächsten übernehmen können.
Auf unser Leben bezogen ist der Norden die Zeit der Erkenntnis und Weisheit. Wir erfahren, wer wir wirklich sind. Es kommt in der Regel zum Aha-Erlebnis, in der man selbst zum Mentor und zum Lehrer wird. Weil man nun erwacht ist, kann man kann andere ins Licht, also zur Erleuchtung führen. Die Lebenserfahrung, die man über drei Lebensphasen hinweg gesammelt hat, kann man nun mit anderen teilen und an die nächsten Generationen weitergeben. Aus diesem Grund sind es in vielen nativen Kulturen die Großeltern, bzw. die Ältesten, die sich um die Ausbildung un Erziehung der Kinder kümmern.
Gleichzeitig ist der Norden aber auch die Welt der Ahnen und der Toten. Wer durch den Tod geht, sieht das Licht des Alles und erkennt das alles eins ist. Man weiß nun, dass man als das Alles, mit allem kommunizieren kann, da man stets nur mit sich selbst spricht. Der Winter ist hierbei die Zeit, in der alles ruhig und still wird. Die Selbstgespräche verstummen durch die Erleuchtung und man tritt in die heilige Stille ein. Der Norden ist die Jahreszeit die dem formlosen Sein am nächsten ist. Aktivitäten im Außen gibt es nun kaum noch, dafür finden tiefe Wandlungsprozesse auf der geistigen und spirituellen Ebene statt. In dieser Phase besuchen wir eine jenseitige, körperlose Welt, die uns auf einen Neubeginn im Osten vorbereitet.
Gott nimmt uns auf, zeigt uns, wer wir sind und sendet uns zur Liebesausdehnung mit einer neuen Geschichte zurück auf die Erde. Auch dieses Mal vergessen wir wieder wer wir sind und auch dieses Mal ist es Teil unserer Lebensgeschichte, dass wir zu Beginn stark verwirrt und abgelenkt werden, damit wir erst zu einem späteren Zeitpunkt den Pfad zurück ins Licht finden. Denn je länger und verzwickter unser Weg zum Erwachen ist, desto intensiver und tiefer ist die Erfahrung, die Gott, bzw. die Urenergie der Liebe durch uns macht, desto größer ist der Entwicklungserfolg und desto stärker kann sich die Liebe dabei ausdehnen.
Der Tod selbst ist dabei dem Schlaf sehr ähnlich. Wir erwachen aus dem Nachttraum, wie wir auch aus dem illusorischen Lebenstraum erwachen und erkennen, wer wir wirklich sind. Viele Tiere und die meisten Pflanzen ziehen sich im Winter ebenfalls in einen langen, tiefen Schlaf zurück, aus dem sie im Frühling zu neuem Leben erwachen. In dieser Zeit der heiligen Stille öffnet sich unser Herz und verschmilzt mit dem Gottbewusstsein. Wir sind zum Vater aufgefahren und haben erkannt, wer wir sind.
Daher ist dies auch die Phase der Erkenntnis darüber, dass alles gut ist. Wir wissen nun, dass jeder Mörder, Vergewaltiger oder jedes andere Wesen das uns einst verletzt hat, genau wie wir ein Engel der Liebesausdehnung war. Wir erkennen nun, dass die Traumgeschichten von Gott, also uns selbst, rein zur Liebesausdehnung geschrieben wurden, jedoch niemals unser Sein widerspiegeln könnten. Sie sind lediglich eine Illusion, so dass wir uns selbst ausdehnen können. So wie wir beim Lesen eines guten Buchs auch keinen Groll gegen den Mörder hegen, sondern uns stattdessen über die grandios gestrickten Wendungen freuen, die der Autor für uns erschaffen hat, erkennen wir nun, dass auch im Leben alles einem höheren Zweck diente und dass alles, egal wie schmerzhaft es uns im entsprechenden Moment auch vorgekommen sein mag, dazu diente, die Geschichte weiter zu führen.
Das Element, das mit dem Norden in Verbindung steht ist die Erde, der genau wie dem Wasser eine weibliche Kraft zugeordnet wird. Nur durch die weibliche Kraft des Vertrauens und Zulassens, kann sich die Liebe ausdehnen. Die Krafttiere des Nordens sind der Hirsch und der Büffel. Er ist der Bote des neuen Lebens. Seine Farbe ist ein klares, reines Weiß.
Das Unten
Wie bereits erwähnt gibt es im Medizinrad anders als in unserem Verständnis von Himmelsrichtungen, nicht nur vier, sondern sieben verschiedene Richtungen. Die fünfte ist das Unten. Es ist die Richtung von Mutter Erde, in der alle unsichtbaren Naturkräfte beheimatet sind. Hier finden wir unsere Erdung und unseren Kontakt zur Bodenständigkeit. Wir finden hier aber auch den Zugang zu unserer weiblichen Urenergie des Erschaffens. Die Erde ist dabei auch der Schoß, aus dem wir geboren wurden und mit dem jedes Lebewesen permanent in Verbindung steht, da es von ihr genährt wird. Die weibliche Kraft ist also die nährende Kraft durch die aus einem männlichen, aktivierenden Fantasiegedanken Realität werden kann. Wenn wir in der Meditation in die untere Welt eintauchen, können wir daher in einen direkten Kontakt mit Mutter Erde und mit den Geistern und Hütern der Natur treten. Hier hin wenden wir uns, wenn es uns an Sicherheit und Vertrauen mangelt.
Das Oben
Die Gegenrichtung und damit die sechste Himmelsrichtung im Medizinrad ist das Oben. Es ist der Sitz der Urquelle, der männlichen, aktivierenden Schöpferkraft, also dessen, was wir gemeinhin Gott nennen. Doch Gott ist stets das Alles und somit die weibliche und männliche Allenergie. Die obere Welt, sollte aus diesem Grund eher als kosmische Welt bezeichnet werden. Sie ist die ungreifbare, immaterielle Welt, in der alle unsichtbaren Geistwesen beheimatet sind. Hier haben wir die Verbindung und den Kontakt zu Vater Universum.
Das Innen
Die siebte und letzte Himmelsrichtung ist das Innen. Es ist die Richtung unseres eigenen heiligen Herzens des Gottpartikels. Es ist der Funke Gottes. Wenn wir erkennen wer wir sind, ergießt sich die weibliche und männliche Allenergie in unserem Herzenskelch der Bedingungslosen Liebe und wir dehnen uns aus. Im Indischen wird diese Verschmelzung durch die Schlange des Kundalini dargestellt. Durch diesen Vorgang entsteht die Liebesausdehnung.
Dies geschieht dann, wenn wir den Lebensfilm durchschaut haben und wissen das alles Liebe ist und wenn wir nichts mehr verurteilen oder bewerten, sondern bedingungslos annehmen und lieben. Wir wissen, alles ist gut und alles dient der Liebesausdehnung. Genau hier befindet sich der Sitz unseres höheren Selbst und unserer Seele. Es ist der Ort unserer Intuition und unserer Gottpräsenz. Auch die Gegenwärtigkeit und die vollkommene Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt finden wir durch eine Verbindung mit der inneren Herzensrichtung. So wie die vier ersten Himmelsrichtungen den Wandel der Zeit verkörpern, so verkörpert das Innen die vollkommene Zeitlosigkeit, die sogenannte Allgegenwart und die konstante, unsterbliche und unwandelbare Präsenz des Universums.
Wenn wir also das Medizinrad verstanden haben und wissen was es damit auf sich hat, tauchen wir ein ins Void, also in die Allliebe, in das Allwissen, in die Allmacht, in das Allbewusstsein und in die Erkenntnis das es weder Tod, Geburt oder das Leben selbst gibt. Es gibt ja schließlich nicht ein mal eine Zeit.
Die Vollkommenheit des Lebens
Alle sieben Richtungen gemeinsam ergeben die Vollkommenheit des Lebens. Alle Qualitäten, alles Wissen, alle Geheimnisse, liegen in ihnen verborgen. Wenn wir das Medizinrad mit seinen unterschiedlichen Aspekten vollkommen begreifen, begreifen wir auch das „Leben“, viel mehr aber noch das formlose Sein. Je mehr wir den Wandel der Bäume, der Tiere, des Wetters, der Steine und unseres eigenen Organismus im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Tages-, Jahres- und Lebensphasen beobachten, desto mehr werden wir auch selbst wieder ein Teil des „Lebensrades“, bzw. des Liebesrades des Erwachens. Desto mehr werden wir wieder zu einem Einheimischen in der Natur (Schöpfung) und desto stärker können wir auch wieder in unsere innere Harmonie, unsere Gesundheit und unsere göttliche Kraft gelangen.
Unterschiedliche Darstellungen der Medizinräder
Je nach Tradition wird das Medizinrad auf unterschiedliche Weise dargestellt und oft durch Altäre, Steinkreise oder rituelle Plätze sichtbar gemacht. Auch die Krafttiere unterscheiden sich von Clan zu Clan und teilweise werden beispielsweise der Otter, der Lachs, der Biber oder die Schlange noch mit aufgenommen. Mit ihrer Hilfe kann man sich direkt an einen bestimmten Teil oder eine spezielle Phase des Lebenskreislaufs wenden, sich mit seinen Qualitäten und Kräften in der Meditation verbinden oder ganz gezielt eine wichtige Frage in die betreffende Richtung stellen.
Wenn ihr erfahren wollt, wie ihr ein Medizinrad legen und für eure eigene schamanische Heilarbeit nutzen könnt, findet ihr unter "Medizinrad bauen" den passenden Artikel dazu.
Der richtige Kontext
Das Medizinrad ist lediglich ein Teil aus einem weiten Spektrum an traditionellen indianischen Zeremonien und Methoden. Es ist ein uraltes Hilfsmittel um zu heilen und den eigenen Entwicklungsweg voranzutreiben. Für sich alleine ist es bereits ein hilfreiches und kraftvolles Instrument, aber es kann einem nur dann helfen, wenn man es auch in einen größeren Kontext einbetten kann. Es ist wie mit allem. Traumfänger, Horoskope und Mandalas beispielsweise sind ebenfalls machtvolle Instrumente für Heilung, Erwachen und Entwicklung, aber eben nur im richtigen Kontext.
Wenn man sie als Souvenir in einem Supermarkt oder einem Museumskiosk kauft, sind sie eben auch nichts weiter als Souvenirs. Erst wenn man die Zusammenhänge versteht, wenn man erkennt, wie die Natur auf einen selbst oder auf bestimmte Situationen reagiert, wenn man ein aufmerksamer Beobachter und Fährtenleser ist und wenn man selbst wieder zu einem Teil der Naturgemeinschaft wird, ist man in der Lage, wirklich in die anderen Welten einzutauchen und das Medizinrad dabei als Schlüssel zu verwenden.
Werde Teil der Naturgemeinschaft – mit unserem Buch
Bei uns ist es leider sehr schwierig, einen Mentor zu finden, der einem auf diesem Weg an die Hand nehmen und einen führen kann. Daher haben wir uns ein Konzept überlegt, mit dem man direkt durch die Natur, durch Tiere, Pflanzen, Wälder und Bäume lernen kann, zu seiner eigenen Natur zurückzukehren. Wenn ihr euch auf diesen Weg begeben wollt, möchten wir euch daher unser Buch „Die Natürliche Heilkraft der Bäume“ ans Herz legen. Es beschreibt die ersten Schritte, die ein Kind in einem Naturclan geht, um sich zum Heiler und Medizinmann ausbilden zu lassen. Auf die gleiche Weise können wir, wenn wir uns darauf einlassen, zum Schüler und später zum Einheimischen der Natur werden. So können wir Schritt für Schritt unsere Krankheiten, Blockaden und Ängste ablegen und zu immer mehr Freiheit, Harmonie, Wohlstand und Zufriedenheit gelangen.
Anfang April 2020 ist dazu die Neuauflage mit neuem Cover und Design erschienen: Darüber hinaus ist auch die ältere, klassische Version noch immer erhältlich:Mehr über Medizinräder und indianische Traditionen erfahren
Obwohl es einiges an Literatur zum Thema Medizinrad gibt, ist es nicht leicht, hier gute Bücher zu finden. Bücher, die wirklich die alten Traditionen beschreiben und dabei auch in die Tiefe gehen, anstatt nur an der Oberfläche zu kratzen oder ein Mode-Bild zu zeichnen. Wir haben euch deshalb die in unseren Augen besten Bücher zu diesem Thema zusammengestellt und jeweils mit einer kurzen Anmerkung versehen:
Vielen Dank für deinen tollen Blogbeitrag, sehr inspirierend.
Vielen Dank Franz, ich habe eine Ausbildung in Natur und Wildnispädagogik gemacht. Das Medizinrad war etwas was mich von Anfang an, fasziniert hat. Du hast wunderbar geschrieben. Vielen Dank dir und ich wünsche dir eine gute Zeit. Liebe Grüße,Monika
Einfach nur wunderbar beschrieben - vielen herzlichen Dank.
Herzlichst, Linda
Sehr toll geschrieben und beschrieben
Lieber Wanderer. Alles so wunderbar beschrieben. Ich las den Artikel in Teilen, weil ich viel Zeit brauchte, um alles Geschriebene zu verstehen - aber besonders auch zu erleben/fühlen. Dankeschön dafür.
Ich selbst bin eine TanzFrau und mein Hauptschwerpunkt sind natürlich TÄNZE vieler Kulturen, die die MedizinRad-Arbeit thematisch begleiten. Das ist meine TanzHeilungsreise im kleinen und großen Kreis des Ganzen, die ich mit vielen Menschen gerne teile. Herzlich verbunden, Ilse Friedrich