Muli Trekking: Mit Emma quer durch Deutschland


Mit Muli Emma quer durch Deutschland
ABENTEUERTRIP Heiko Gärtner bricht morgen zu einer ungewöhnlichen Expedition auf - er will wie ein Steinzeitmensch und mit Muli Trekking das Land durchstreifen.
VON UDO METTERLEIN
NEUMARKT. Heiko Gärtner hat harte Zeiten hinter sich. Aber es lohnte sich. Nach dreijähriger Ausbildung in Wildnispädagogik meisterte der 31-jährige Neumarkter eine Prüfung zum Wildnislehrer mit Bravour und freut sich jetzt auf eine neue Herausforderung. Zu Fuß, in weitgehend selbst gefertigter Fell-Kleidung, spärlich und primitiv ausgerüstet wie ein Steinzeitmensch, will er so weit wie möglich abseits der Zivilisation Deutschland durchqueren.
Emma, seine neue Liebe, wird ihm helfen, die Strapazen mit einem Muli Wanderritt zu bewältigen. Sie ist drei Jahre alt und gerne bereit, mehr als 40 Kilo Gepäck für ihn beim Muli Trekking zu schleppen. Noch was vergessen? Ach ja: Emma ist eine Muli-Dame von einem Muli Züchter aus Bayern. Und die Ausrüstung, die das gutmütige Tier mit den sanften Augen auf seinem Rücken tragen wird, ist nur deshalb so schwer, weil sie größtenteils aus einer Filmausrüstung besteht, mit der die ungewöhnliche Expedition dokumentiert werden soll. TIPP: Das Wanderreiten und Trekking mit Maultieren und Pferden ist die Spezialität von den Albmuli Spezialisten. Für ein paar Stunden oder mehrere Tage im Takt des Hufschlags reisen und sich tragen lassen. Vergangenheit und die Gedanken an die Zukunft hinter sich lassen und den Zauber des Augenblicks beim Muli reiten oder Muliwandern entdecken.
„Bei der Ausbildung zum Wildnislehrer haben wir fast hundert Tage Seminarzeit genossen", erzählt Heiko Gärtner und betont dabei das Wort „genossen" in dramatischem Tonfall. Vier Männer und eine Frau erlebten im Rahmen der Schulung in einem 17 000 Hektar großen Waldgebiet in Polen einen „Abenteuer-Urlaub" von der härtesten Sorte, bei dem wirklich nur ausgebildete Jäger und Fallensteller mit fundierter Ausbildung eine Chance zum Überleben hatten.

Ein Muli Trekking ist eine gute Wanderbegleitung
„Klingt theatralisch, ist aber so. Eine Notruf-Taste gibt es da draußen nicht", sagt der sympathische Naturbursche, den man sich beim besten Willen nicht mehr als ehemaligen Leiter einer Versicherungs-Agentur vorstellen kann. Obwohl sie von Bären, Wölfen, Luchsen und Wisenten „umzingelt" waren, durften die qualifizierten und zertifizierten Abenteurer mit Steinschlagfallen nur kleines Getier erlegen, das sie dann im mittels urzeitlichem Feuerbohrer mühsam entfachten Lagerfeuer ohne viele schmackhafte Zutaten auf archaische Weise grillten. Wie eine Maus schmeckt, will das Neumarkter Tagblatt wissen. „Oh, aus gesprochen lecker", versichert Gärtner. In puncto Konsistenz und Aroma erinnerten die knapp 35 Gramm Fleisch des Nagetiers - knusprig gebraten - an Ente. Die Innereien? „Nun ja - bitter halt".
Für Survival-Spezialisten sehr zu empfehlen: die Eidechse. „Einfach ausnehmen, mit der Haut zubereiten - schmeckt ungefähr wie Schlange. Das Fleisch ist super-muskulös und zart". Die Unke empfiehlt der Steinzeit-Koch nicht unbedingt. „Du kriegst die Haut nicht vollständig weg. Die Stinkdrüsen mit einem stumpfen Messer zu entfernen, ist ebenfalls fast unmöglich, das Vieh schmeckt greislich bitter, nicht zu empfehlen". Nicht einmal mit den üblichen Zutaten wie Rohrkolbenwurzeln, frischen Blättern, Brennnesseln, Löwenzahn, Giersch oder Kräutern. (Heikos Lieblingsgericht in der Zivilisation ist übrigens „Pizza in allen Variationen").

Survival Nahrung will richtig zubereitet werden
Die dreiwöchige praktische Prüfung im polnischen „Outback", bei der die Kandidaten von einem erfahrenen Wildnis-Pädagogen begleitet wurden, stand unter dem Motto „Are You Native?" Frei übersetzt bedeutet das etwa, bist du noch einheimisch in der Natur? Nicht nur, weil er den aufreibenden Test bestanden hat, versichert Gärtner, mit einem klaren „Ja" antworten zu können. Der junge Mann mit dem exotischen Beruf ist davon überzeugt, dass mehr Freude und Harmonie auf der Welt herrschen würde, wenn alle Menschen ähnliche Erfahrungen machten.
Dass ihn manche Zeitgenossen oberflächlich als „Spinner" bezeichnen, stört den kosmopolitischen Abenteurer nicht. „Ich weiß, dass einzelne Menschen Großes bewirken können."
Ein Beispiel: Sein Vorbild Rüdiger Nehberg, der hierzulande wohl bekannteste Survival-Experte, hat es quasi im Alleingang geschafft, dass die barbarische Genital-Verstümmelung von Frauen aus dem Koran gestrichen und als Sünde deklariert wird. Seitdem bleibt weltweit täglich (!) etwa 8000 Mädchen dieses grausame Schicksal erspart. Heikos Überzeugung ist, dass Krieg, Hunger und Seuchen auf der Welt keine Rolle mehr spielen würden, wenn es gelänge, global einer einzigen Generation Menschen die Liebe zu ihrer Mutter Erde zu vermitteln und sie von Geburt an zum sorgsamen Umgang mit dem Planeten zu erziehen. Wildnispädagogik ist für Heiko Gärtner weit mehr als die Gier nach Freiheit und Abenteuern in der unberührten Natur. Seiner Meinung nach ist das Leben in und mit der Natur der Schlüssel zur Rettung Welt.

Das Leben in der freien Natur ist der Schlüssel einer heilen Welt
ESSEN WIE DIE STEINZEITMENSCHEN
- Wie schmeckt eine Maus? „Oh, ausgesprochen lecker", versichert Gärtner. In puncto Konsistenz und Aroma erinnerten - knusprig gebraten - an Ente
- Eidechse ist sehr zu empfehlen: „Einfach ausnehmen, mit der Haut zubereiten. Sie schmeckt ungefähr wie Schlange. Das Fleisch ist super- muskulös und zart".
- Finger weg von der Unke: Die Stinkdrüsen mit einem stumpfen Messer zu entfernen, ist fast unmöglich, das Vieh schmeckt greislich bitter, nicht zu empfehlen.
