Muli Trekking: Mit Emma quer durch Deutschland

von Shania Tolinka
06.07.2010 20:34 Uhr

Mit Muli Emma quer durch Deutschland

   

ABENTEUERTRIP Heiko Gärtner bricht morgen zu einer ungewöhnlichen Expedition auf - er will wie ein Steinzeitmensch und mit Muli Trekking das Land durchstreifen.

   

VON UDO METTERLEIN

 

NEUMARKT. Heiko  Gärtner  hat  harte Zeiten hinter  sich. Aber es lohnte sich. Nach dreijähriger Ausbildung in Wildnispädagogik  meisterte  der 31-jährige Neumarkter eine Prüfung  zum  Wildnislehrer mit  Bravour und  freut  sich jetzt  auf eine neue Herausforderung. Zu Fuß, in weitgehend  selbst gefertigter Fell-Kleidung, spärlich und  primitiv ausgerüstet wie ein Steinzeitmensch,  will er so weit wie möglich abseits der Zivilisation Deutschland durchqueren.

Emma, seine neue Liebe, wird  ihm helfen, die Strapazen mit einem Muli Wanderritt zu bewältigen. Sie ist drei Jahre alt und gerne bereit, mehr als 40 Kilo Gepäck für ihn beim Muli Trekking zu schleppen. Noch was vergessen? Ach ja: Emma ist eine Muli-Dame von einem Muli Züchter aus Bayern. Und die Ausrüstung, die das gutmütige Tier mit den sanften Augen auf seinem Rücken tragen wird,  ist nur deshalb so schwer, weil sie größtenteils aus einer Filmausrüstung besteht, mit der die ungewöhnliche Expedition dokumentiert werden soll. TIPP: Das Wanderreiten und Trekking mit Maultieren und Pferden ist die Spezialität von den Albmuli Spezialisten. Für ein paar Stunden oder mehrere Tage im Takt des Hufschlags reisen  und sich tragen lassen.
 Vergangenheit und die Gedanken an die Zukunft hinter sich lassen  und den Zauber des Augenblicks beim Muli reiten oder Muliwandern entdecken.

„Bei der Ausbildung zum Wildnislehrer haben wir fast hundert Tage Seminarzeit genossen", erzählt Heiko Gärtner und betont dabei das Wort  „genossen"  in  dramatischem Tonfall. Vier Männer und eine Frau erlebten im Rahmen  der  Schulung in einem 17 000 Hektar  großen Waldgebiet  in Polen einen  „Abenteuer-Urlaub" von der härtesten Sorte, bei dem wirklich  nur  ausgebildete Jäger und Fallensteller mit fundierter Ausbildung eine Chance zum Überleben hatten.

 
Ein Muli Trekking ist eine gute Wanderbegleitung

Ein Muli Trekking ist eine gute Wanderbegleitung

 

„Klingt theatralisch, ist aber so. Eine Notruf-Taste  gibt  es  da draußen nicht",  sagt der sympathische Naturbursche, den man sich beim besten Willen nicht mehr als ehemaligen Leiter einer Versicherungs-Agentur vorstellen kann. Obwohl  sie von  Bären, Wölfen, Luchsen und  Wisenten „umzingelt" waren, durften  die qualifizierten und zertifizierten Abenteurer  mit Steinschlagfallen nur kleines Getier erlegen, das sie dann im mittels urzeitlichem Feuerbohrer  mühsam entfachten Lagerfeuer ohne viele schmackhafte Zutaten  auf archaische  Weise grillten. Wie eine Maus schmeckt, will das Neumarkter Tagblatt wissen. „Oh, aus gesprochen lecker", versichert Gärtner. In puncto Konsistenz und Aroma erinnerten die knapp  35 Gramm Fleisch des Nagetiers - knusprig gebraten - an Ente. Die Innereien? „Nun ja - bitter  halt".

Für  Survival-Spezialisten sehr zu empfehlen: die Eidechse. „Einfach ausnehmen, mit  der Haut zubereiten  - schmeckt ungefähr wie Schlange. Das Fleisch ist super-muskulös und zart". Die Unke empfiehlt der Steinzeit-Koch  nicht unbedingt. „Du kriegst die Haut nicht vollständig weg. Die Stinkdrüsen mit einem stumpfen Messer zu entfernen, ist ebenfalls fast unmöglich, das Vieh schmeckt greislich bitter, nicht zu empfehlen". Nicht einmal mit den üblichen Zutaten wie Rohrkolbenwurzeln, frischen Blättern, Brennnesseln,  Löwenzahn, Giersch oder Kräutern.  (Heikos Lieblingsgericht in der Zivilisation ist übrigens „Pizza in allen Variationen").

 
Survival Nahrung will richtig zubereitet werden

Survival Nahrung will richtig zubereitet werden

 

Die dreiwöchige praktische Prüfung im polnischen „Outback", bei der die Kandidaten  von einem erfahrenen Wildnis-Pädagogen begleitet wurden, stand unter dem Motto „Are You Native?" Frei übersetzt bedeutet das etwa, bist du noch einheimisch in der Natur? Nicht nur, weil er den aufreibenden Test bestanden hat, versichert Gärtner, mit einem klaren „Ja" antworten  zu können.  Der junge Mann mit dem exotischen Beruf ist davon überzeugt, dass mehr Freude und Harmonie auf der Welt herrschen würde, wenn alle Menschen ähnliche Erfahrungen machten.

Dass ihn manche  Zeitgenossen oberflächlich als  „Spinner"  bezeichnen, stört den kosmopolitischen Abenteurer nicht.  „Ich weiß, dass einzelne Menschen Großes bewirken können."

Ein Beispiel: Sein Vorbild Rüdiger Nehberg, der hierzulande wohl bekannteste Survival-Experte, hat es quasi im Alleingang geschafft, dass die barbarische Genital-Verstümmelung von Frauen aus dem Koran gestrichen und als Sünde deklariert wird. Seitdem bleibt weltweit täglich (!) etwa  8000 Mädchen dieses grausame Schicksal erspart. Heikos Überzeugung ist, dass Krieg, Hunger und Seuchen auf der Welt  keine  Rolle mehr spielen würden,  wenn es gelänge, global einer einzigen Generation Menschen  die Liebe zu ihrer  Mutter  Erde zu vermitteln und  sie von Geburt  an zum sorgsamen Umgang mit dem Planeten zu erziehen. Wildnispädagogik ist für Heiko Gärtner weit mehr als die Gier nach Freiheit und Abenteuern in der unberührten Natur. Seiner Meinung nach ist das Leben in und mit der Natur der Schlüssel zur Rettung Welt.

 
Das Leben in der freien Natur ist der Schlüssel einer heilen Welt

Das Leben in der freien Natur ist der Schlüssel einer heilen Welt

 

ESSEN WIE DIE STEINZEITMENSCHEN

  • Wie schmeckt eine Maus? „Oh, ausgesprochen lecker", versichert Gärtner. In puncto Konsistenz und Aroma erinnerten - knusprig gebraten - an Ente
  • Eidechse ist sehr zu empfehlen: „Einfach ausnehmen, mit der Haut zubereiten. Sie schmeckt ungefähr wie Schlange. Das Fleisch ist super- muskulös und zart".
  • Finger weg von der Unke:  Die Stinkdrüsen mit einem stumpfen Messer zu entfernen, ist fast unmöglich, das Vieh schmeckt greislich bitter, nicht zu empfehlen.
Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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