Orientierung mit Karte und Kompass

von Shania Tolinka
27.08.2020 20:47 Uhr

4 Tipps zur Orientierung mit Karte und Kompass

 

Egal, ob ihr eine Wanderung durch die Naturgebiete Deutschlands macht oder eine Wildnisexpedition in Kanada, es ist stets wichtig, dass ihr wisst wo ihr seid und wohin ihr wollt. Für die Orientierung gibt es heute im Zeitalter der Satelliten gestützten Navigationsgeräte viele technische Hilfsmittel, doch die sicherste und zuverlässigste Variante ist noch immer die Orientierung mit Hilfe von Karte und Kompass. Damit diese leicht von der Hand geht und ihr euch nicht nur auf euer Kartenmaterial, sondern auch auf eure eigenen Fähigkeiten im Umgang damit verlassen könnt, haben wir euch hier einige Tipps als Anleitung zur Orientierung mit Karte und Kompass zusammengestellt.

Kartenmaterial von Kompass

Kartenmaterial von Kompass

1. Das richtige Material auswählen

Um euch mit Hilfe einer Karte und eines Kompass sicher orientieren zu können, müsst ihr zunächst einmal entscheiden, welches Kartenmaterial für eure Belange hilfreich ist und welches nicht. In einer Zeit, in der unser Planet bis auf den Millimeter genau kartiert ist, sollte man eigentlich meinen, dass es nichts Leichteres gibt, als gute Wander- oder Fahrradkarten aufzutreiben. Leider ist dies ganz und gar nicht der Fall. Wirklich gute Karten gibt es im Handel in der Regel nur für ausgeschriebene und viel besuchte Wandergebiete. Gerade in der Grundschule wird es gerne genutzt, den Ausflug mit den Kindern und anschaulichen Wanderkarten durchzuführen. Deutschland ist dabei sehr gut kartiert und hier bekommt ihr für fast alle Regionen Rad- und Wanderkarten, die so genau sind, dass ihr euch auch wirklich nach ihnen richten könnt. In anderen Ländern sieht dies leider schon ganz anders aus. Das beginnt nicht erst ab Afrika oder Indien, sondern schon bei Spanien und Osteuropa. Hier bekommt man fast nur noch Straßenkarten in einem Maßstab von 1:250.000 bis 1:1.000.000. Sie reichen also nur noch aus, um mit dem Auto auf den größeren Verkehrsstraßen unterwegs zu sein, helfen einem als Wanderer oder Radfahrer aber nur noch sehr wenig weiter.

TIPP: Ideal ist es wenn ihr eine Karte im Maßstab von 1:10.000 oder 1:50.000 für euer Wandergebiet auftreiben könnt. Wenn ihr außerhalb von üblichen Wandergebieten unterwegs sein wollt, gibt es teilweise die Möglichkeit, passende Karten bei den zuständigen Stadtverwaltungen und/oder Forstämtern anzufordern. Dies ist jedoch meist recht komplex und zeitaufwändig. Wir selbst haben die Erfahrung gemacht, dass hier Ausdrucke einer topografischen Karte oder eines Satellitenbildes von Google-Maps ebenfalls gute Dienste leistet, wenn man den Ausschnitt passend wählt.

 
Eine typische Landkarte

Eine typische Landkarte

Generell gibt es zwei unterschiedliche Arten von Kartenmaterialien, natürlich auch alternativ für Kinder. Die erste Orientierung mit Karte und Kompass, ist eine sogenannte planimetrische Karte. Auf ihr wird das Gebiet als flache Oberfläche gezeigt, wobei es meist keine Informationen über die Landschaft selbst gibt. Stattdessen sind lediglich Straßen, Wege, Flüsse, Eisenbahnschienen, Dörfer, Städte und Seen eingezeichnet. In diesem Kartenstil sind die meisten Straßenkarten und Stadtpläne gehalten. Die andere Variante ist die topografische Karte, die zusätzlich auch noch Informationen über die Beschaffenheit des Geländes wiedergibt. Hier erkennt ihr also auch Hügel, Berge, Täler, Wälder, Sümpfe und vieles mehr, das euch bei eurer Orientierung unterstützt. Wenn ihr die Möglichkeit habt, solltest ihr daher immer eine topografische Karte verwenden.

Auch in Sachen Kompass gibt es sehr unterschiedliche Materialien. Für die Übung der Orientierung mit der Karte eignen sich vor allem ein Lineal-Kompass oder ein Marschkompass. Der Lineal-Kompass wird hauptsächlich von Wanderern und Bergsteigern benutzt. Er ist leicht und eignet sich durch eine durchsichtige Bodenplatte, auf der der eigentliche Kompass sitzt und die mit Lineal und Winkelangaben versehen ist, besonders gut um Informationen von einer Karte auf die wirkliche Welt zu übertragen oder anderes herum. Der Marschkompass wie auch von der Bundeswehr genutzt ist noch etwas genauer, robust und meist aus Messing oder Bronze, was ihn natürlich auch schwerer macht. Er wird meist von Landvermessern oder Soldaten benutzt und hat 2 Haarvisiere, durch die sich entfernte Objekte besonders gut anpeilen lassen. Dafür lässt er sich schwieriger auf eine Karte übertragen. Wir selbst haben die besten Erfahrungen einer Orientierung mit Karte und Kompass, mit einem Lineal-Kompass gemacht.

 
Eine gute Orientierung mit Karte und Kompass ist für einen Survivalguide unerlässlich

Eine gute Orientierung mit Karte und Kompass ist für einen Survivalguide unerlässlich

 

2. Die Sprache der Karte verstehen

Jede Karte ist ein vereinfacht dargestelltes Abbild der Erdoberfläche, aus der Vogelperspektive, wobei die einzelnen Landschaftsmerkmale als Symbole dargestellt werden. Es ist also gewissermaßen ein verschlüsseltes Bild der Wirklichkeit und wenn man es wieder entschlüsseln will, muss man dazu die Sprache der Karte verstehen. Mit etwas Übung werdet ihr dabei irgendwann so gut werden, dass ihr bei einem Blick auf eine Karte bereits ein Bild der Landschaft im Kopf habt. Die einzelnen Symbole für Wälder, Sumpfgebiete und ähnliches unterscheiden sich dabei je nach Kartentyp und Hersteller. Flüsse und Seen werden hingegen in der Regel als blaue Linien bzw. Flächen eingezeichnet und Straßen meist in Weiß, Gelb, Orange oder Rot, wobei jede Farbe auf eine bestimmte Größe der Straße hindeutet. Eisenbahnlinien sind meist sehr dünne Linien in Grau oder Schwarz, die an den Bahnhöfen etwas dicker werden.

Darüber hinaus gibt es vor allem zwei Dinge, die beim Lesen und der Orientierung mit Karte und Kompass wichtig sind. Das erste ist die Umrechnung des Maßstabes, also die Frage, wie viele Zentimeter auf der Karte, welche reale Entfernung in der Natur ausmachen. Dazu findet ihr auf jeder guten Karte einen sogenannten „Bruch“, also eine kleine Umrechnungsgrafik zwischen Karte und Wirklichkeit. Bei einer Karte mit einem Maßstab von 1:50.000 entspricht ein Zentimeter auf der Karte 500 Meter in der Natur. Wenn ihr dies wisst, könnt ihr nun die Entfernungen abschätzen, die ihr zurücklegen müsst, wenn ihr von einem Punkt auf eurer Karte zu einem anderen kommen wollt. Um die Entfernungen leichter zu bestimmen haben einige Karten ein Gittermuster, sodass ihr nur die Kästchen zählen müsst, um genau zu wissen, wie weit euer Ziel von euch entfernt ist. Wichtig dabei zu wissen ist, dass die Diagonale eines Kästchens 1,4 mal so lang ist, wie seine Seiten. Wenn ihr keine Rasterlinien auf der Karte habt, musst ihr die Entfernung mit einem Hilfsmittel abmessen. Wenn es sich bei eurem Weg um eine gerade Linie handelt, könnt ihr dafür einfach ein Blatt Papier oder etwas Ähnliches nehmen, das ihr dann anschließend neben euren Bruch legt. Wollt ihr hingegen einer kurvigen Straße oder einem gewundenen Fluss folgen, legt ihr diese am besten mit einer Schnur, einem Stück Draht oder etwas Zahnseide nach. Da man hierbei jedoch nie alle Kurven mitmacht, solltet ihr auf das Kilometerergebnis am Ende noch einmal 10 % drauf rechnen, um euch nicht zu vertun.

 
Ein Fluss im Waldgebiet kann gut zur Orientierung dienen

Ein Fluss im Waldgebiet kann gut zur Orientierung dienen

 

Der zweite Punkt ist das Lesen der Höhenlinien. Sofern es sich bei eurer Karte um eine topografische Karte handelt, werdet ihr auf dieser mehrere sehr feine Linien erkennen, die sich meist schlängelig durch das Bild ziehen oder die kleinere und größere Kreise, Eier oder ähnliche Formen bilden. Diese Linien sind die sogenannten Höhenlinien. Es sind gedachte Linien, die alle Punkte miteinander verbinden, die sich auf der gleichen Höhe über dem Meeresspiegel befinden. In der Regel sind zumindest einige dieser Linien an einer Stelle unterbrochen und zeigen hier eine kleine Zahl. Diese verrät den Meterstand über dem Meeresspiegel, auf der sich die Linie befindet. Wenn ihr das System der Höhenlinien einmal verstanden hast, könnt ihr an diesen wichtige Informationen über eure Umgebung und auch über euren Wegverlauf ablesen. Wenn es nahezu keine Höhenlinien auf eurer Karte gibt, zeigt diese ein flaches, ebenes Gebiet an. Je dichter die Höhenlinien beieinander liegen, desto steiler geht hier in der Natur ein Berghang nach oben, bzw. unten. Ihr wisst nun also auf den ersten Blick, dass sich hier ein Berg oder gar ein Gebirge befindet und könnt euch nun auch anhand von diesem orientieren. Gleichzeitig erkennt ihr aber auch, wie anstrengend und steil euer Weg werden wird. Verläuft er parallel zu den Höhenlinien, habt ihr keine Auf- oder Abstiege zu erwarten. Je mehr Höhenlinien er jedoch in kurzem Abstand kreuzt, desto steiler wird er.

 
Eine einfache Kartendarstellung des El Camino de Santiago für Pilger

Eine einfache Kartendarstellung des El Camino de Santiago für Pilger

 

3. Die Karte einnorden

Um euch nun anhand eurer Karte orientieren zu können, ist es zunächst einmal wichtig, dass ihr diese mit der Außenwelt überein bringt. Wenn es nicht anders angegeben wird, dann zeigt die Oberseite eurer Karte stets nach Norden. Wenn ihr eure Karte also so dreht, dass ihr die Oberseite auch wirklich nach Norden haltet, entsprechen die Richtungsangaben auf der Karte genau den Richtungen, die ihr auch in Wirklichkeit einschlagen müsst. Dafür gibt es zwei unterschiedliche Methoden. Die erste ist das Einnorden mit dem Kompass. Hierfür eignet sich besonders der Lineal-Kompass. Dazu richtet man das Lineal der Bodenplatte zunächst so aus, dass es mit der Nordmarkierung auf dem Kompass übereinstimmt. Dann legt man ihn genau an die Oberkante der Karte und dreht alles so lange, bis die Kompassnadel auf die Nordmarkierung zeigt.

Die zweite Methode ist es, die Karte ohne einen Kompass anhand der Landmarken auszurichten. Wenn ihr zum Beispiel wisst, auf welcher Straße ihr euch befindet, und ihr zudem links von euch einen See seht, dann dreht euch so, dass der See auf eurer Karte in die gleiche Richtung zeigt. Je mehr Orientierungspunkte ihr dabei findet, die ihr in Einklang bringen könnt, desto genauer wird eure Ausrichtung.

Ein Kompass zur Orientierung

Ein Kompass zur Orientierung

4. Peilen und bestimmen einer Marschrichtung

Wenn ihr euch im offenen Gelände bewegt, also keiner Landmarke und auch keinem Weg folgt, könnt ihr euch mit Hilfe eurer Karte und eures Kompasses eine Marschrichtung festlegen, der ihr dann folgen könnt. Auf diese Weise verhindert ihr, dass ihr im Kreis lauft oder euer Ziel aus den Augen verliert, wenn ihr es einmal nicht direkt sehen könnt.

Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die erste ist das sogenannte Peilen. Es ist immer dann sinnvoll, wenn es in großer Entfernung ein markantes Objekt gibt, auf das ihr zusteuern möchtet. Wenn ihr einen Marschkompass habt, visiert ihr dafür das Objekt mit den beiden Haarvisieren an und lest dabei die Gradzahl ab, die im Kompass angezeigt wird. Wenn ihr euren Kompass nun so haltet, dass die Nadel mit der Nordmarkierung übereinstimmt, zeigt euch die entsprechende Gradzahl immer genau die Richtung an, in die ihr gehen müsst. Bei einem Lineal-Kompass richtet ihr den Pfeil der Bodenplatte auf das entsprechende Objekt aus und dreht dann das Drehrad eures Kompasses so, dass Nordmarkierung und Kompassnadel übereinstimmen. Nun zeigt der Pfeil der Bodenplatte immer in die Marschrichtung und ihr könnt ihm folgen, bis ihr euer Ziel erreicht habt.

Die zweite Variante bei der Orientierung mit Karte und Kompass eignet sich dann, wenn ihr euer Ziel nicht in Wirklichkeit, sondern nur auf der Karte erkennen könnt. Dazu müsst ihr wiederum als erstes die Karte genau im Kurs einnorden. Anschließend legt ihr eueren Lineal-Kompass so auf die Karte, dass ihr euren aktuellen Standpunkt mit eurem Ziel verbindet und dreht das Rädchen wieder soweit, bis die Nordmarkierung mit der Kompassnadel übereinstimmt. Nun zeigt der Pfeil wiederum in eure Marschrichtung.

Wir wünschen euch nun viel Freude beim Orientieren in der Natur!
Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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