Dschungelcamp Fake: Warum die Kandidaten nicht überleben würden

Die Trickserei als Dschungelcamp Fake
FERNSEHEN Der Neumarkter Abenteurer Heiko Gärtner erklärt, warum die Kandidaten wahrscheinlich nicht einen Tag im australischen Busch überleben würden.
VON UDO METTERLEIN
NEUMARKT. Wer hätte das gedacht? Heiko Gärtner hat die RTL-Show „Ich bin ein Star - holt mich hier raus" mit Begeisterung verfolgt, so oft er nur konnte. Dabei weiß der 29-jährige Neumarkter, dass im Prinzip alles nur Humbug also ein Dschungelcamp Fake ist: „In der Realität würden die Kandidaten wahrscheinlich nicht einmal den ersten Tag im australischen Busch überleben."
Der junge Mann weiß, wovon er spricht. Er ist Natur- und Wildnispädagoge, Jäger, absolvierte eine Ausbildung zum Nationalparkranger und ist Berg- und Höhlenretter bei der Bergwacht Frankenjura. Er erlernte von den Maoris, den Ureinwohnern seines Lieblingslands Neuseeland, eine rituelle Feuershow und ist noch nicht lange von einer Expedition in der Slowakei zurück, bei der er mit fünf Leuten die Fährten von Wölfen und Bären verfolgte, um möglichst nahe an diese Wildtiere heranzukommen.

Stockfisch als Survival Wildnahrung
Wir haben teilweise bei minus 26 Grad im Freien übernachtet", erzählt er im Gespräch mit dem Neumarkter Tagblatt. „Das krasse Gegenteil zu dem, was die Dschungel-Camp-Kandidaten zurzeit erleben", fügt er mit einem Lächeln an, in dem ein gewisser Sarkasmus zu erkennen ist. Denn für Heiko Gärtner ist das ganze Spektakel im australischen Outback ein „Fake", wie man heute sagt, wenn man meint, dass etwas „getürkt" ist.
„Ich mag das, zu beobachten und quasi psychologisch zu analysieren, wie normale Leute in harmlosen Situationen austicken", gibt Gärtner zu, der ein Eigenstudium im Bereich Heilpsychologie und Angstbewältigung betreibt und demnächst ein Buch zu diesen Themen herausgeben wird.
Harmlose Situationen? Nun denn. Kann man das so bezeichnen, wenn meist etwas von Eitelkeit behaftete B- und C- „Promis" in einem wildfremden, gefährlichem Territorium ausgesetzt werden? „Das mit der Gefahr kannst du vergessen", konstatiert Heiko. „Es handelt sich mit Sicherheit um ein abgesperrtes Gelände, in dem das Camp steht. Schließlich wird die Dschungel-Show nicht nur in Deutschland übertragen, sondern erfreut sich auch in vielen anderen Ländern großer Beliebtheit.

Ist das Dschungelcamp Fake? In der Natur können auch Gefahren lauern.
Jeder weiß, dass Australien das Land mit den meisten tödlichen Tieren der Welt ist, dennoch sieht man im Fernsehen nie etwas krabbeln oder kriechen". Dass vor dem Einzug der „Promis" alles „ausgespritzt" - also mit der chemischen Keule behandelt wurde - davon ist Gärtner überzeugt.
„Schlangen wärmen sich gern unter Zelten, Skorpione und Spinnen verhalten sich ähnlich, aber bei den Camp-Bewohnern siehst du ja nicht einmal einen Mückenstich."
Für den Outdoor-Experten sehr verwunderlich, weil sich die „Schauspieler" sogar im Fokus der Kameras mit Deo einsprühen, sorgfältig schminken oder beim Waschen Shampoo benutzen. „Dadurch lockt man das Viehzeug ja eigentlich erst an. Und wir reden hier nicht von harmlosen Mücken, sondern von echt peinigenden, aggressiven Moskitos." Aha. Aber wie macht man es richtig? „Waschbenzin oder Schlamm verwenden", antwortet der polyglotte Neumarkter wie aus der Pistole geschossen und setzt die Kette seiner Beweisführung gleich fort.
Trotz vieler Scheinwerfer, die notwendig sind, um die Szenerie auszuleuchten, sei nie eine Motte oder ein Falter auf dem Fernsehschirm zu erkennen gewesen. „Probier das beispielsweise im Sommer mal im Lengenbachtal aus", rät Gärtner dem Zweifler, der grübelt, ob es sein darf, dass man wirklich so viel Chemie einsetzt, um natürliche Verhältnisse zu schönen. Noch so ein Punkt: Die Darsteller waschen sich stets in glasklarem Wasser und kommen immer mit entrindetem Feuerholz daher. „Und bei der Menge, die täglich benötigt wird, müssten die Prominenten weit in den Dschungel vordringen, was Kollateralschäden in Höhe von annähernd einhundert Prozent zur Folge hätte, weil sie sich verlaufen würden." Dann gibt es ja noch die ekelhaften Prüfungen, bei denen Camp-Bewohner mit dem Ehrgeiz, Dschungel-König zu werden, beispielsweise Krokodil-Augen oder Kakerlaken essen müssen, Cocktails aus Känguru-Penissen schlürfen, in Fisch-Innereien baden oder Spinnen über ihr Gesicht krabbeln lassen sollen. Diesbezüglich zollt ihnen Gärtner sogar etwas Respekt:

Haltet immer mal wieder einen Moment inne um herauszufinden was real ist und was nicht
„Es ist eine große Kunst, den Würgereiz zu unterdrücken", sagt er. Eine lebendige Kakerlake zu zerbeißen und dann zu verschlucken, hält selbst er für eklig, also einer, der Holzwürmer aus eigener Erfahrung im Geschmack als „nussig" bezeichnet. „Die Cocktails sind mit Honig und Zucker gesüßt, die Insekten karamellisiert und gebraten" - da ist sich der Survival-Experte sehr sicher. Handelt es sich um Tierquälerei? Ein klares Jein.

Insekten Notnahrung zum Überleben
„Es geht nicht um bedrohte Arten, es müsste nicht sein, aber bei uns wird so viel geschlachtet, dass es heuchlerisch wäre, sich darüber zu mokieren." Von einer Sache ist Heiko Gärtner allerdings überzeugt: „Der heilige Aspekt der Jagd und die Demut vor der Mutter Erde wird mit Füßen getreten." Doch in einer Gesellschaft, die nur bespaßt und unterhalten werden will, sei das nicht weiter verwunderlich. Kann er dem ganzen Spektakel im Outback resümierend irgendetwas Positives abgewinnen? „Ja. So eine Art von Ehrgefühl gegenüber der Natur zu entwickeln und auch zufrieden zu sein, wenn man nicht so viel hat, ist vielleicht gerade für Menschen, die egozentrisch veranlagt sind, eine wichtige Erfahrung."
Gärtner muss seine Outdoor-Ausrüstung schnüren. Morgen geht es nach Masuren in Polen. Schwer erziehbare Jugendliche sollen beim Erforschen von Höhlen und Klettern wieder „Bodenhaftung" erfahren. Ohne Kameras, ungeschminkt, im Einklang mit der Natur. Eben so, wie es sein soll.
DAS IST DAS RTL-DSCHUNGEL-CAMP
- Quotenhit: Mehr als sechs Millionen Zuschauer verfolgen die Sendung "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!" auf dem Privatsender RTL.
- Spielregeln: Zehn Promis fliegen in den australischen Dschungel, müssen sich dort ekeligen Prüfungen wie zum Beispiel dem tierischen Essen unterziehen und werden Tag und Nacht gefilmt. Die Zuschauer entscheiden per Telefonabstimmung mit Bild, wer nach Hause fliegt. Die Bild Zeitung spricht von einem Dschungelcamp Fake.
- Drehort: RTL hält derweil den genauen Standort des Dschungelcamps geheim. Sicher ist, dass sich der Drehort auf einem Privatgelände in Australien befindet, dafür gibt es Beweise. Das Camp wird auch für andere internationale Fassungen der Dschungel-Show verwendet, etwa für die britische Ausgabe. Eine virtuelle Fahrt bei Google Earth zeigt euch den Weg ins RTL Dschungelcamp. Das Camp soll an der Ostküste Australiens an der Gold Coast liegen, rund 120 km südlich von Brisbane in der Nähe des kleinen Örtchens Murwillumbah. Es ist kein Fake Drehort wie zum Beispiel Tropical Island. Über Google Earth könnt ihr den Drehort des Dschungelcamps mit einer entsprechenden Suchanfrage ausfindig machen.
