Der Jakobsweg geht zu Ende: Nur noch 300 km bis Santiago

von Shania Tolinka
30.09.2010 13:47 Uhr

Das Jakobsweg Ende naht: Nur noch 300 Kilometer bis Santiago de Compostela

   

EXKLUSIV Der Neumarkter Abenteurer Heiko Gärtner marschiert 3000 Kilometer - abseits der Zivilisation. Einmal pro Woche berichtet das Tagblatt über seine Reise.

     

UNTERWEGS MIT HEIKO RTNER

 

NEUMARKT. Heiko Gärtner neigt am Telefon zum Feixen: „Knapp 300 Kilometer sind es noch bis zum Ende der Welt. Das Jakobsweg Ende schaffen wir mit links“! Santiago de Compostela liegt für den diplomierten Wildnis-Pädagogen sozusagen in greifbarer Nähe, da stören ihn auch zwei Gebirgskämme, die 1300 beziehungsweise 1500 Meter hoch sind und überwunden werden wollen, nicht wirklich.

 
gebirge spanien

Gebirge in Spanien

Das „wir" im ersten Satz des 31-Jährigen war übrigens  kein  Versprecher: seit drei Tagen marschiert Gärtners Freundin Raphaela wieder tapfer an dessen Seite, gönnt sich allerdings ein wenig mehr Komfort als ihr Lebensgefährte.  Sie nächtigt  im winddichten Einmann-Zelt, gut verpackt  in einem kuscheligen Schlafsack.  „Dafür sehe ich aus wie das Michelin-Männchen", lacht Heiko schon wieder. Um bitter kalte Nächte auf mehr als tausend Höhenmetern mit Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt zu  überstehen, stopft er Unmengen von Stroh oder trockenem Gras in seine Kleidung - „das ist echt ein Geheimtipp für Überlebenskünstler wie mich".

Eine  „grausame  Zeit" mit Magen- und Darmkrämpfen, Durchfall und Erbrechen hat er hinter sich. Die Ursache für die plötzlich auftretenden Beschwerden in der Nähe der Stadt Leon war verschmutztes Wasser, das er - wie viele  andere  Pilger -  ahnungslos aus „Trinkwasser-Säulen" zapfte. Seinen Mineralien-Haushalt  hätte er  gerne auf natürliche Art mit Heilkräutern ausgeglichen,  aber die waren in der kargen Steppenlandschaft nirgends zu finden. Folglich musste er eine Apotheke  aufsuchen,  „und  so eine  Menschenschlange wie dort habe ich lange nicht  mehr gesehen",  versichert er. Sauer ist er auf die zuständigen spanischen Behörden, die es offenbar nicht für nötig hielten, entsprechende Warnungen an den „Pilger-Brunnen" anzubringen.  „Aber was soll's? Ich habe 15 Stunden  am Stück geschlafen und die Wunden an meinen Füßen sind relativ gut verheilt".

 
Das Jakobsweg Ende naht bereits

Das Jakobsweg Ende naht bereits

 

Nach langen Etappen durch monotone, Baum- und Hügellose Landschaften fühlt sich der Extrem-Wanderer in luftigen Höhen kurz vor seinem „Einmarsch" in die Provinz Galicien nahe dem Jakobsweg Ende pudelwohl. „Obwohl mir ein Einheimischer versichert hat, dass da noch was auf mich zukommt", ergänzt er. Diese Region auf der iberischen Halbinsel sei „rau, grün und wunderbar - so ähnlich wie Irland". Allerdings liege die Regenwahrscheinlichkeit in dieser Jahreszeit dort bei über 90 Prozent.

„Da kann man nichts machen, außerdem bin  ich auf  meinem langen Marsch längst wasserdicht geworden"  - Heikos blendend gute Laune ist sogar am Telefon ansteckend. Freundin Raphaela kam mit seinen Eltern nach Spanien, ab und zu gehen Karl und  Anneliese Gärtner ein paar Kilometer auf „zivilen" Abschnitten mit,  machen ansonsten aber Urlaub und lassen sich in guten Hotels verwöhnen. In spätestens zehn Tagen will der Sohnemann zusammen mit ihnen und seiner Freundin Erinnerungsfotos vor der Kathedrale in Santiago de Compostela am Jakobsweg Ende schießen. Dann wird er etwas mehr  als 3000 Kilometer auf Schusters Rappen zurückgelegt haben und sich zufrieden an das mulmige Bauchgefühl beim Start in Postbauer-Heng am 7. Juli erinnern.

Durch die vielen Wegweiser kommt jeder Pilger an sein Ziel

Durch die vielen Wegweiser kommt jeder Pilger an sein Ziel

 

Tipps um das Jakobsweg Ende zu erreichen:

Zunächst sollten Sie sich als Anfänger überlegen, welche Art der Reise auf dem Jakobsweg das Richtige zum Einsteig für Sie ist. Diese Frage hängt ganz einfach davon ab, wie Sie Ihren Jakobsweg erleben oder pilgern möchten. Es gibt so viele Möglichkeiten und Arten den Jakobsweg zu gehen, wie es Jakobswege selbst gibt.

Es gibt die Möglichkeit in Herbergen zu übernachten. Schlafzimmer und Duschräume sind hier für alle gemeinsam und wer zuerst kommt, malt zuerst. Das bedeutet auch, dass es sein kann, dass Sie an einem Ort keine Unterkunft mehr bekommen und so lange weiter wandern müssen, bis ein Platz in einer Herberge frei ist. Dafür können Sie jeden Tag neu entscheiden, wie weit Sie heute wandern möchten. Und Sie tragen Ihr Gepäck selbst. Bei der Übernachtung in Herbergen müssen Sie ggf. auch eine erweiterte Ausrüstung, z.B. Schlafsack, Isomatte usw. mitnehmen und tragen.

Wählen Sie die Tagesetappen so, dass Sie sie schaffen können. Vielleicht sind Sie sportlich, aber nicht ans Wandern gewohnt und sehen kein Problem darin 30 Km an einem Tag zu laufen? Sie sollten jedoch unbedingt die Rahmenbedingungen beachten. Jeden Tag zu wandern ist eine andere Belastung, als ein einziges Mal eine längere Strecke zurück zu legen.

Verschiedene Routen und Karten sind wichtiger denn je. Sie können anfangs auch die Tagesetappen verkürzen. Ein Beispiel für Spanien: Die letzten 100 km von Sarria nach Santiago lassen sich in 7 Tagen wandern mit einer langen Tagesetappe von 30 km. Sie können aber auch diese lange Etappe in 2 Tage aufteilen und die Strecke in 8 Tagen bis nach Santiago de Compostela wandern. Wenn Sie es gemütlicher angehen möchten oder sich die Tagesetappen nicht zutrauen, können Sie auch die letzten 100 km von Sarria nach Santiago auf 12 Tage ausweiten und wandern pro Tag Strecken mit maximal 15 Km Länge. Diese Variante ist auch bestens für Anfänger auf dem Jakobsweg geeignet. Unter Abenteuerwege findet man erste Informationen und passende Tipps vor.

Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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