Reisen mit Esel: Ein Steinzeittrip mit Alfredo

von Shania Tolinka
08.07.2010 12:28 Uhr

Reisen mit Esel: Ein Steinzeit-Trip mit Großesel Alfredo

   

EXTREMTOUR Neumarkter Abenteurer und sein Freund auf dem Weg nach Santiago de Compostela

 

VON UDO METTERLEIN, MZ

   

NEUMARKT. Heiko  Gärtner   aus  Neumarkt, seines Zeichens Natur- und Wildnispädagoge, Jäger, National- park-Ranger, Kletterer sowie zertifizierter Berg- und Höhlenretter, ist ein Abenteurer, der schon auf allen Kontinenten freiwillig große Strapazen  auf sich nahm. Zuletzt, im bitterkalten Winter 2010, absolvierte der 32-Jährige in einem 17 000 Hektar großen Waldgebiet in Polen ein dreiwöchiges Überlebens-Training.

 
Der Steinzeit Trip geht nach Santiago de Compostela

Der Steinzeit Trip geht nach Santiago de Compostela

 

Deutschland-Tour gestrichen

Sein jüngstes  Vorhaben, nämlich  ausgerüstet wie ein Mensch aus der Steinzeit möglichst  weit ab der Zivilisation quer durch  Deutschland zu wandern, musste  er streichen.  „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Überall viel zu viel Verkehr  und  zu wenig  Raum", resignierte  der 32-jährige Survival-Spezialist nach wochenlanger Recherche. Kurz entschlossen disponierte er geringfügig um. Es traf sich gut, dass Heikos  alter  Freund,  der „Wüstenfuchs" Josef Bogner aus Postbauer-Heng,  der schon  viel Erfahrung  bei der Durchquerung namhafter unfruchtbarer Steppen auf diesem Globus sammelte, seit langer Zeit den Wunsch hegte, einmal auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu wandern. „Da haben wir an die geplanten tausend  Kilometer Strecke durch Deutschland einfach noch  1300  drangehängt", grinst  Gärtner und  krault  dem Großesel Alfredo den Kopf.

Bergesel statt Maultier „Emma"

„Noch so eine Änderung.  Emma, das Maultier, das uns ursprünglich beim Reisen mit Esel begleiten sollte, ist nach Ansicht eines Tierarztes  zu klein  und  zu schwach.  Rupert Beyer aus Stauf bei Neumarkt, der seit vielen Jahren Bergesel züchtet, hat uns schnell und unkompliziert aus der Patsche geholfen  - ein echter  Pfundskerl! Noch einmal Danke!"

 
Pilgern mit Esel? Nicht jeder Esel ist für eine solch große Tour bereit

Pilgern mit Esel? Nicht jeder Esel ist für eine solch große Tour bereit

    Während sich Heikos Reisebegleiter  Josef Bogner den  „Luxus" leisten wird, seinen strapazierten Leib mit normalen  Lebensmitteln zu  verwöhnen,  bleibt  Gärtner  bei seinem  Konzept, von dem zu leben, was er findet. Kräuter und Pflanzen, die in der freien Natur wachsen, ab und zu mal kleines Getier wie Mäuse oder Eidechsen und als Leckerbissen - hin und wieder geräuchertes, in dünne Scheiben geschnittenes Dörrfleisch, Nüsse und Getreide. Eher spärlich bemessener Proviant, den er mit sich führt. „Neandertaler haben  so was auch  dabeigehabt", grinst der diplomierte Wildnislehrer und setzt seinen ledernen Hut auf, der recht gut zum nach mittelalterlichem Muster gefertigten Lederhemd und der „Knickerbocker"-Hose aus Ziegenleder passt.

Kleidung ist handgenäht

„Ebenfalls alles Handarbeit", betont Heiko und nimmt seine Mutter Anneliese, die tagelang an einer handelsüblichen Nähmaschine Übermenschliches leistete und jetzt eine kleine Träne zerdrückt, dankbar in den Arm. Vater Karl dreht  mit  dem bereits  auf gepackten Esel  Alfredo unermüdlich Runden  im  groß  bemessenen  Garten der Familie  in  Postbauer-Heng,  denn das Tier will sich unbedingt bewegen.

Gerade ist auf „Bayern 3" ein kleiner Bericht über den verwegenen Wanderer mit dem Reisen mit Esel gelaufen, vor Ort dreht  ein Kamerateam  des Bayerischen  Fernsehens einen  Beitrag, der abends in der „Frankenschau" gezeigt werden  wird. Denn Heiko Gärtner hat auch eine Mission: Auf seine ganz spezielle Art und  Weise  will  er intensiven Naturschutz in der Welt etablieren.  Er setzt sich auf seiner Homepage (www.wildnisschule.net) dafür ein, „wildes Wissen"  im  Schulsystem  zu verankern.

Der Abschied naht

„Also macht's  gut",  sagen  Josef und Heiko, nachdem  sie Angehörige, Freunde, Bekannte  und  Nachbarn ordentlich gedrückt haben. In den ersten Tagen wollen  sie 15 bis 20 Kilometer pro Tag zurücklegen,  um sich und Alfredo beim Reisen mit Esel einzugewöhnen. Danach werden die Strecken doppelt  so lang sein. Geschlafen wird unter freiem Himmel. Feuer wird  ausschließlich auf archaische  Weise entfacht.  Mit Feuerstahl oder Feuerbohrer. Trinkwasser führt man in einem  mit  Bienenwachs  und Leinöl präparierten, selbst gefertigten Lederbeutel  und  in einer  Holzkaraffe mit sich. Santiago de Compostela liegt noch in weiter Ferne hinter  den Pyrenäen. Dazwischen Wiesen, Wälder, Berge, Seen und Täler. Anfang Oktober wollen  Heiko,  Josef und  Alfredo am Ziel angelangt sein. Der Einzige, der eine gewisse  Gelassenheit  an  den  Tag legt, als die Stunde des Abschieds naht, ist Alfredo, der Großesel.

   
Geschlafen wird während der Steinzeit Tour unter einem Leinen Tarp

Geschlafen wird während der Steinzeit Tour unter einem Leinen Tarp

 

2300 KILOMETER FAST OHNE GELD UNTERWEGS

Finanzen: Auf seinem 2300 Kilometer langen Weg nach Santiago de Compostela braucht Heiko Gärtner so gut wie kein Geld. Für Esel Alfredo muss allerdings relativ viel Kapital aufgewendet werden. „Selbstverständlich" sind mehrere tierärztliche Untersuchungen, an den Grenzen werden Gebühren für den Vierbeiner erhoben, der Rücktransport in einem Pferde-Anhänger schlägt mit 1500 Euro zu Buche.

Versorgung: Für Futter bei dem reisen mit Esel, das auf dem Weg bei Bauern zugekauft wird, um den Vierbeiner bei Laune zu halten, muss natürlich ebenfalls bar bezahlt werden. Sponsoren: Heiko Gärtner hat keinerlei Sponsoren - wollte sich auch bewusst nicht an große Firmen wenden, da dies seinem Konzept widerspricht. Über kleine Spenden („Schon ein einziger Euro genügt") würde er sich aber sehr freuen. Sein Konto bei der Dresdner-Bank Neumarkt (BLZ: 760 800 40) hat die Nummer 080-616-2200.  
Eine Pause im Schatten ist für einen Pilger genau das richtige

Eine Pause im Schatten ist für einen Pilger genau das richtige

Mehr Informationen zum Thema Reisen mit Esel:

 

Ob Eseltrekking, Eselwandern, die Natur erleben, Wissen über Esel erweitern und die Esel erleben, all das wird in vielen Orten angeboten. In Bayern vom Altmühltal über die Alpen bis nach Frankreich, sind die Eselwanderungen ein Highlight.

Esel sind intelligent, sehr sensibel und wachsam - ein Tier mit viel Zuneigung und Interesse am Mensch und seines gleichen. Nicht nur Kinder freunden sich schnell mit Eseln an. Jeder genießt es, mit den vierbeinigen Wanderfreunden auf schmalen Pfaden und Wegen des Murgtals zu wandern. Vom schönen Schwarzwald bis zur Uckermark und nach NRW werden auch Reisen mit Esel Wanderungen und Übernachtung angeboten. Hier erwartet Euch saubere Luft, klares Wasser, Wälder und Wiesen so weit das Auge reicht. Die Eselwanderungen mit Übernachtung in einer netten Hütte direkt an der Eselweide, was gibts schöneres.

Auf dieser Website sind Anbieter aus ganz Deutschland zusammengebracht: Esel-Verleih
Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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