Reisen mit Esel: Ein Steinzeittrip mit Alfredo
Reisen mit Esel: Ein Steinzeit-Trip mit Großesel Alfredo
EXTREMTOUR Neumarkter Abenteurer und sein Freund auf dem Weg nach Santiago de Compostela
VON UDO METTERLEIN, MZ
NEUMARKT. Heiko Gärtner aus Neumarkt, seines Zeichens Natur- und Wildnispädagoge, Jäger, National- park-Ranger, Kletterer sowie zertifizierter Berg- und Höhlenretter, ist ein Abenteurer, der schon auf allen Kontinenten freiwillig große Strapazen auf sich nahm. Zuletzt, im bitterkalten Winter 2010, absolvierte der 32-Jährige in einem 17 000 Hektar großen Waldgebiet in Polen ein dreiwöchiges Überlebens-Training.
Deutschland-Tour gestrichen
Sein jüngstes Vorhaben, nämlich ausgerüstet wie ein Mensch aus der Steinzeit möglichst weit ab der Zivilisation quer durch Deutschland zu wandern, musste er streichen. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Überall viel zu viel Verkehr und zu wenig Raum", resignierte der 32-jährige Survival-Spezialist nach wochenlanger Recherche. Kurz entschlossen disponierte er geringfügig um. Es traf sich gut, dass Heikos alter Freund, der „Wüstenfuchs" Josef Bogner aus Postbauer-Heng, der schon viel Erfahrung bei der Durchquerung namhafter unfruchtbarer Steppen auf diesem Globus sammelte, seit langer Zeit den Wunsch hegte, einmal auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu wandern. „Da haben wir an die geplanten tausend Kilometer Strecke durch Deutschland einfach noch 1300 drangehängt", grinst Gärtner und krault dem Großesel Alfredo den Kopf.
Bergesel statt Maultier „Emma"
„Noch so eine Änderung. Emma, das Maultier, das uns ursprünglich beim Reisen mit Esel begleiten sollte, ist nach Ansicht eines Tierarztes zu klein und zu schwach. Rupert Beyer aus Stauf bei Neumarkt, der seit vielen Jahren Bergesel züchtet, hat uns schnell und unkompliziert aus der Patsche geholfen - ein echter Pfundskerl! Noch einmal Danke!"
Während sich Heikos Reisebegleiter Josef Bogner den „Luxus" leisten wird, seinen strapazierten Leib mit normalen Lebensmitteln zu verwöhnen, bleibt Gärtner bei seinem Konzept, von dem zu leben, was er findet. Kräuter und Pflanzen, die in der freien Natur wachsen, ab und zu mal kleines Getier wie Mäuse oder Eidechsen und als Leckerbissen - hin und wieder geräuchertes, in dünne Scheiben geschnittenes Dörrfleisch, Nüsse und Getreide. Eher spärlich bemessener Proviant, den er mit sich führt. „Neandertaler haben so was auch dabeigehabt", grinst der diplomierte Wildnislehrer und setzt seinen ledernen Hut auf, der recht gut zum nach mittelalterlichem Muster gefertigten Lederhemd und der „Knickerbocker"-Hose aus Ziegenleder passt.Kleidung ist handgenäht
„Ebenfalls alles Handarbeit", betont Heiko und nimmt seine Mutter Anneliese, die tagelang an einer handelsüblichen Nähmaschine Übermenschliches leistete und jetzt eine kleine Träne zerdrückt, dankbar in den Arm. Vater Karl dreht mit dem bereits auf gepackten Esel Alfredo unermüdlich Runden im groß bemessenen Garten der Familie in Postbauer-Heng, denn das Tier will sich unbedingt bewegen.
Gerade ist auf „Bayern 3" ein kleiner Bericht über den verwegenen Wanderer mit dem Reisen mit Esel gelaufen, vor Ort dreht ein Kamerateam des Bayerischen Fernsehens einen Beitrag, der abends in der „Frankenschau" gezeigt werden wird. Denn Heiko Gärtner hat auch eine Mission: Auf seine ganz spezielle Art und Weise will er intensiven Naturschutz in der Welt etablieren. Er setzt sich auf seiner Homepage (www.wildnisschule.net) dafür ein, „wildes Wissen" im Schulsystem zu verankern.Der Abschied naht
„Also macht's gut", sagen Josef und Heiko, nachdem sie Angehörige, Freunde, Bekannte und Nachbarn ordentlich gedrückt haben. In den ersten Tagen wollen sie 15 bis 20 Kilometer pro Tag zurücklegen, um sich und Alfredo beim Reisen mit Esel einzugewöhnen. Danach werden die Strecken doppelt so lang sein. Geschlafen wird unter freiem Himmel. Feuer wird ausschließlich auf archaische Weise entfacht. Mit Feuerstahl oder Feuerbohrer. Trinkwasser führt man in einem mit Bienenwachs und Leinöl präparierten, selbst gefertigten Lederbeutel und in einer Holzkaraffe mit sich. Santiago de Compostela liegt noch in weiter Ferne hinter den Pyrenäen. Dazwischen Wiesen, Wälder, Berge, Seen und Täler. Anfang Oktober wollen Heiko, Josef und Alfredo am Ziel angelangt sein. Der Einzige, der eine gewisse Gelassenheit an den Tag legt, als die Stunde des Abschieds naht, ist Alfredo, der Großesel.
2300 KILOMETER FAST OHNE GELD UNTERWEGS
Finanzen: Auf seinem 2300 Kilometer langen Weg nach Santiago de Compostela braucht Heiko Gärtner so gut wie kein Geld. Für Esel Alfredo muss allerdings relativ viel Kapital aufgewendet werden. „Selbstverständlich" sind mehrere tierärztliche Untersuchungen, an den Grenzen werden Gebühren für den Vierbeiner erhoben, der Rücktransport in einem Pferde-Anhänger schlägt mit 1500 Euro zu Buche.
Versorgung: Für Futter bei dem reisen mit Esel, das auf dem Weg bei Bauern zugekauft wird, um den Vierbeiner bei Laune zu halten, muss natürlich ebenfalls bar bezahlt werden. Sponsoren: Heiko Gärtner hat keinerlei Sponsoren - wollte sich auch bewusst nicht an große Firmen wenden, da dies seinem Konzept widerspricht. Über kleine Spenden („Schon ein einziger Euro genügt") würde er sich aber sehr freuen. Sein Konto bei der Dresdner-Bank Neumarkt (BLZ: 760 800 40) hat die Nummer 080-616-2200.Mehr Informationen zum Thema Reisen mit Esel:
Ob Eseltrekking, Eselwandern, die Natur erleben, Wissen über Esel erweitern und die Esel erleben, all das wird in vielen Orten angeboten. In Bayern vom Altmühltal über die Alpen bis nach Frankreich, sind die Eselwanderungen ein Highlight.
Esel sind intelligent, sehr sensibel und wachsam - ein Tier mit viel Zuneigung und Interesse am Mensch und seines gleichen. Nicht nur Kinder freunden sich schnell mit Eseln an. Jeder genießt es, mit den vierbeinigen Wanderfreunden auf schmalen Pfaden und Wegen des Murgtals zu wandern. Vom schönen Schwarzwald bis zur Uckermark und nach NRW werden auch Reisen mit Esel Wanderungen und Übernachtung angeboten. Hier erwartet Euch saubere Luft, klares Wasser, Wälder und Wiesen so weit das Auge reicht. Die Eselwanderungen mit Übernachtung in einer netten Hütte direkt an der Eselweide, was gibts schöneres.
Auf dieser Website sind Anbieter aus ganz Deutschland zusammengebracht: Esel-Verleih