Tag 530: Der rote und der blaue See

von Heiko Gärtner
15.06.2015 16:40 Uhr

Wir sind wieder in Bosnien. Vor ein paar Stunden haben wir die Grenze überquert, was reibungslos und ohne besondere Zwischenfälle von Stätten ging. Der Grenzübergang wär beeindruckend schäbig und schien noch halb im Bau zu sein. Eigentlich wollten wir uns deswegen Beschweren und fragen, ob sie in der Nähe nicht vielleicht noch einen schöneren Grenzübergang hätten. Wir ließen es dann aber doch bleiben, zum einen, weil wir hier ja nicht einziehen wollten und zum anderen, weil uns eh niemand verstanden hätte.

Kurz hinter der Grenze gab es eine Art Kloster, das jedoch bis auf zwei Männer vollkommen verlassen war. Beide behaupteten, selbst nichts entscheiden zu können und hatten auch keine Lust jemanden zu suchen, der das konnte. Einer behauptete der Pfarrer sei verreist, der andere meinte, er würde schlafen. Wahrscheinlich stimmte weder das erste, noch das zweite. Auf jeden Fall bedeutete es, dass es für uns hier trotz mehrerer leerstehender Räume und Hallen keinen Platz gab. Dafür fanden wir einige Kilometer weiter eine schöne grüne Wiese abseits der Straße, auf der wir unser Zelt aufbauten. Innen war es jedoch noch zu heiß also setzten wir uns in den Schatten eines Baumes und machten ein richtiges Picknick, mit ausgebreiteten Halstüchern als Decke und mit lauter verschiedenen Leckereien, die wir zuvor von einigen Anwohnern bekommen hatten. Anschließend legten wir uns zurück und sahen den Wolken dabei zu, wie sie über den Himmel zogen. Ich hatte ganz vergessen, wie schön das war. Es ist schon verrückt, wie viel Schönheit das Leben einem bietet und trotzdem hat man ständig das Gefühl, dass irgendetwas anders oder besser sein müsste. An sich sollte nichts leichter sein, als das Leben zu genießen. Warum also fällt uns das so schwer? Kurz bevor wir die Grenze erreicht hatten, wurden wir von einer älteren Dame auf ein Getränk auf ihre Terrasse eingeladen. Dabei erzählte sie uns auch von zwei Seen, die hier ganz in der Nähe sein sollten und die wir uns unbedingt schauen mussten. Da sie oben am Berg lagen und außerdem hinter einer Stadt, durch die wir bereits gewandert waren, steckte sie uns kurzerhand in ihr Auto und fuhr uns hin.

Zunächst erreichten wir den blauen See, der seinen Namen nicht zu Unrecht bekommen hatte. Inmitten eines tiefen Kraters leuchtete sein Wasser tiefblau. Laut einem Schild war er etwa hundert Meter breit und gute hundertfünfzig Meter tief. Im Moment hatte er allerdings einen extrem niedrigen Wasserstand. anhand der Linien in den Felsen konnte man erkennen, dass er normalerweise gute 10 bis 15 Meter Höher war.

Der rote See war ebenfalls ein Kratersee. Er war noch kleiner und noch tiefer und das Gestein der Felsen leuchtete ebenso rot, wie das Wasser blau. Unsere Führerin erzählte uns, dass vor einiger Zeit Forscher aus Deutschland und China den See erkundet hatten. Sie waren hinunter getaucht, bis in einen Schacht, der am Grund des Sees noch weiter nach unten und leicht zur Seite reichte. mehr als zwei Kilometer waren die Forscher darin vorgedrungen, ohne dass sie ein Ende ausmachen konnten. Die Chinesen hatten dabei jedoch berichtet, am Ende wieder Licht gesehen zu haben. Leider hatte ihre Technik nicht ausgereicht um herauszufinden, woher es kam. Das Geheimnis dieses Sees konnte also bis heute nicht gelüftet werden.

Als letztes Abschiedsgeschenk von Kroatien bekamen wir von einem Obsthändler eine komplette Kiste mit Pfirsichen, die wir einfach bei Heiko auf den Wagen stellten. Alle paar Minuten konnten wir dann einen frischen, saftigen Pfirsich herausnehmen. Gott, ist das ein Unterschied zu gepökeltem Schweinespeck!

Spruch des Tages: Es geht nichts über frisches, saftiges Obst!

Höhenmeter: 120m

Tagesetappe: 17 km

Gesamtstrecke: 9564,77 km

Wetter: sonnig und heiß, abends leichte Anwallungen eines Gewitters

Etappenziel: Grüne Wiese, kurz vor Drinovci, Bosnien und Herzegowina

Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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