Nur Pilger und Verrückte laufen bei einem Jahrhundertunwetter um die Wette
In ganz Galicien ist die Sintflut ausgebrochen. Bei einer Niederschlagsmenge von 80 Liter pro Quadratmeter, macht das Pilgern besonders viel Spaß, wenn einen der stürmische Wind und den Regen ins Gesicht peitscht. Ein Schlauchboot wäre heute das bessere Fortbewegungsmittel für den Pilgerweg gewesen. Wir mussten teilweise durch 30 cm tiefes Wasser pilgern. Nach wenigen Minuten waren wir bis zur Unterhose durchnässt. Ständig durchfuhr uns ein leichter Schauer von Kälte. Unsere Füße und Hände sahen nach wenigen Stunden aus, wie die von Wasserleichen. Meine Hornhäute und eingetrockneten Blasen schwollen auf und zeigten sich von ihrer schönsten Seite. Heute haben wir in einem alten Heulagerplatz Unterschlupf gefunden.
Spruch des Tages: Nur Pilger und verrückte laufen bei einem Jahrhundertunwetter um die Wette.
Noch 90 km bis Compostela. Ich habe die härteste Freundin aller Zeiten. Niemand wirft mit so viel Wut seinen zerrissenen Regenponcho auf den nassen Boden. Der zwei Euro Plastiklappen war nicht mal den Münzgeldbetrag wert. Nur die gelbe Signalfarbe hätte uns bei einer Überflutung retten können. Kein Mensch würde unter diesen Bedingungen noch mit einer fröhlichen Laune an meiner Seite mit pilgern. Raphaela ist die beste Freundin und Kamerafrau der Welt. Gestern hat sich Raphaela offiziell zur Pilgerschaft bekannt. Ein sehr streng wirkender Pfarrer der meinen Pass abstempelte, wollte eindringlich wissen, warum meine polnische Freundin keinen Pilgerpass hat. Raphaela wird zurzeit öfters für eine Ostdame gehalten und war sofort entsetzt. Als Wiedergutmachung erhielt sie einen kostenlosen Pilgerpass.