Die Fátimaverschwörung

von Franz Bujor
13.07.2014 02:38 Uhr

Doch das Sonnenwunder bestand nicht nur aus dem wundersamen Ereignis am Himmel, das von den 70.000 Anwesenden beobachtet wurde. Wenn man den Berichten glaubt, dann kam es tatsächlich auch zu mehreren Spontanheilungen. Bis heute baut darauf der Glaube an die Wunderheilungen von Fátima auf, die jährlich Millionen von Menschen dazu bewegt hierher zu kommen und ihr Leid an den Platz abzugeben. Wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe, warum auf dem Kirchenvorplatz eine so komische Atmosphäre herrscht. Irgendwie hat man immer das Gefühl, dass hier eine schlechte Energie vorhanden ist, die einen irgendwie runterzieht.

Für die Kinder ging es danach erst einmal Bergauf, da die Mehrheit der Mitmenschen im Dorf sie nun nicht mehr für einfache Spinner hielt. Auch dies zeigt wieder einmal wie abstrakt und pervers wir Menschen oftmals funktionieren, denn die gleichen Menschen, die damals den Kindern das Leben zur Hölle machten, haben später die ersten Hotels und Souvenirläden für die Fátimapilger errichtet um auf ihre Weise von der wundersamen Erscheinung zu profitieren.

Etwa ein Jahr nach der Erscheinung wurde Francisco schwer krank. Er litt Höllenqualen, glaubte jedoch, dass er mit seinem Leid die Welt und vor allem die Sünder erlösen könne, so wie es die heilige Mutter Gottes ihm prophezeit hatte. Angeblich sagte er seiner Cousine sogar, dass er sich mehr von dem Leid wünschen würde, wenn er es nur ertragen könne. Er starb im Frühjahr 1919. Seine Schwester Jacinta erkrankte kurz darauf ebenfalls. Sie bekam Abszesse, eine offene Wunde auf der Brust und Tuberkulose. Auch sie freute sich über das Leid und wurde noch ein paar Mal von Maria besucht bevor sie ein Jahr nach ihrem Bruder verstarb. Der Tod der beiden Kinder wirft weitere Fragen auf.

Angenommen die Kinder haben wirklich etwas göttliches gesehen, so ist es doch komisch, dass sie so kurz danach einfach sterben. Nach allem, was wir von den verschiedenen Medizinleuten über den Kontakt zu Wesen aus der Geisteswelt erfahren haben, hätte diese Begegnung sie eigentlich eher stärken als schwächen müssen. Natürlich gibt es Prüfungen und es kommt auch oft vor, dass einem die eigenen Ängste so arg gespiegelt werden, dass man es nicht aushält, doch die Kinder hatten die Begegnung ja als etwas Positives wahrgenommen, und so hätte es sich eigentlich auch positiv auswirken müssen. Oder gab es vielleicht doch noch tiefere Gründe dafür, dass jeder Engel, wenn er auftaucht erst einmal den Satz „Fürchtet euch nicht!“ auspackt. Ich meine, wenn jemand „Ich war´s nicht!“ sagt, ohne dass man ihn beschuldigt hat, dann ist das ja auch verdächtig. Warum also sagen Engel immer „Fürchtet euch nicht!“ obwohl sie doch angeblich gar nicht zum Fürchten sind?

Doch wenn wir die anderen Welten an dieser Stelle einmal aus dem Spiel lassen, dann ist der Tod der beiden trotzdem noch sehr verdächtig. Die katholische Kirche hat ihre Sichtungen als glaubwürdig anerkannt, was bedeutet, dass sie für den Vatikan irgendeine Art von Bedeutung hatten. Was wäre, wenn die Kinder Hellsichtig gewesen sind und wirklich die Fähigkeit hatten, Ereignisse vorherzusagen? Was wenn es wirklich eine Botschaft aus der Welt der Geister, Spirits, Engel und Götter gab? Waren die beiden Kinder dann vielleicht zu gefährlich? Das eines von ihnen stirbt, kann man sich eingehen lassen. Aber beide innerhalb von zwei Jahren ist schon sehr verdächtig. Noch dazu wo die Todesursache immer etwas anders beschrieben wird. Und wo keiner der Einheimischen in Fátima eine Auskunft zu diesem Thema geben möchte. Könnte es also sein, dass die beiden Kinder zu gefährlich waren? Dass es sicherer war, sie aus dem Weg zu räumen bevor sie etwas verbreiteten, dass der Macht des Vatikans vielleicht schaden konnte?

Natürlich kann man sich fragen, warum die Kirche in diesem Fall nicht einfach gesagt hat, die Kinder seien Spinner und die Marienerscheinung sei nichts als ein Schwindel. Doch zum einen waren 70.000 Menschen, die zumindest einen Teil der Begegnung mitbekommen hatten, vielleicht doch etwas zu viel um alles unter den Teppich zu kehren. Wobei man sagen muss, dass dies wahrscheinlich sogar nicht einmal ein so großes Problem gewesen wäre. Es gab schließlich schon genug mysteriöse Erscheinungen, die von ganzen Menschenmassen gesehen wurden und die im Nachhinein trotzdem als Humbug abgetan worden waren. Man hätte das Ereignis ja einfach mit einem stinknormalen Wetterphänomen erklären können und jeder außer ein paar hartnäckige Zweifler wären zufrieden gewesen. Doch zum anderen war es einfach so, dass die Kirche Marienerscheinungen wie diese brauchte. Wie wollte man die Gläubigen bei Laune halten, wenn das letzte große Wunder bereits 2000 Jahre her war? Es brauchte immer wieder neue Wunder, um den Glauben zu erhalten und was war dafür besser geeignet als drei unschuldige Hirtenkinder, in einem kleinen Dorf, von dem niemand auf der Welt jemals gehört hatte?

Der Vatikan hatte also ein großes Interesse an der Echtheit des Fátimawunders und man muss sagen, dass dieser Plan auch astrein funktioniert hatte. Dazu braucht man sich die alte Schafsweide, die heute das Aufmarschgelände von Fátima ist, nur einmal anzuschauen. Gemeinsam mit den Millionen von Menschen, die hier ununterbrochen durch die Gassen strömen. Wenn es ein Ereignis in den letzten hundert Jahren gab, das der Kirche neue Glaubwürdigkeit verschaffte, dann war es dieses Wunder von Fátima.

Doch damit stand die Kirche natürlich auch in einer Misere, denn jetzt musste sie die Botschaft der Maria ernst nehmen. Was immer die Kinder irgendwann in ihrem Leben darüber sagen würden, würden die Menschen glauben. Das war ein schier unberechenbares Risiko. Ich weiß natürlich nicht, was der Vatikan wirklich damit zu tun hatte, doch was hättet ihr an seiner Stelle getan? Fragt euch das einmal ehrlich.

Gleichzeitig stellt sich jedoch auch die Frage, warum das dritte Kind dann überlebt hat. Dazu hatten wir ebenfalls mehrere Vermutungen. Wenn man einmal davon ausgeht, dass die Kinder wirklich Seher waren, so wie man es ihnen nachsagt, dann war es doch das sicherste, einen von ihnen weiterhin parat zu haben und kontrollieren zu können. Von dem ausgehend, was wir bislang über diese außergewöhnlichen Fähigkeiten wissen, gibt es immer nur ein paar Menschen auf einmal, die eine so klare Verbindung zum Göttlichen haben. Wenn Lucia wirklich mit Gott oder zumindest mit Maria sprechen konnte, dann war es doch gut zu wissen wo sie ist und sich einen guten Draht zu ihr aufzubauen. Hätte man sie ebenfalls getötet, wäre möglicherweise irgendwo auf der Welt ein neuer Mensch aufgetaucht, der eine Gottesverbindung hatte und wer weiß, ob man diesen so leicht erwischt hätte. Lucia war streng gläubig erzogen worden und erkannte den Papst und seinen Mitarbeiterstab daher als Autorität an. Sie war fromm, bereit Leid auf sich zu nehmen und hatte keine allzu hohe Affinität zur Rebellin. Besser hätte es also kaum laufen können. Doch selbst wenn alles nur eine Erfindung war, dann machte das eigentlich kaum einen Unterschied, solange die Menschen daran glaubten.

Ein Jahr nachdem Jacinta gestorben war, kam Lucia auf Geheiß des Bischofs in ein Mädcheninternat nach Spanien. Dort blieb sie zwei Jahre und wurde dann Nonne. Sie lebte zurückgezogen in Tuy in Spanien, später in Coimbra und an anderen Orten. In Tuy begegnete ihr die Gottesmutter am 13. Juni 1929 erneut. Dabei drängte sie sie wieder darauf, den Papst zu überreden, dass er Russland weihen und bekehren solle. Diese Sache mit Russland geht über viele Jahre hinweg weiter und kein Papst ließ sich jemals wirklich dazu bewegen.

Was das ganze soll ist mir noch immer unklar. Die Kommunisten hatten die Katholiken immer wieder verfolgt und im Gegenzug hatte die katholische Kirche den Kommunismus so gut es ging überall verurteilt. Eine Weihung hätte also ein erster Schritt der Begegnung sein können, der vielleicht den kalten Krieg mit all seinen blutigen Schauplätzen in Korea, Vietnam und wo sonst noch, verhindert hätte.

Doch es ist schwer vorstellbar, dass Maria in einer solchen Auseinandersetzung Partei ergreift und dazu rät, die ungläubigen Kommunisten zu bekehren. Es gibt in einem solchen Konflikt keine Guten und keine Bösen. Es gibt verschiedene Menschen, die Macht haben wollen und die jeden, der ihnen im Wege steht als Böse darstellen. Wenn überhaupt, vielleicht gibt es auch nur Menschen, die Macht haben wollen und dafür Kriege inszenieren um die Menschen zu beschäftigen. Aber das ist ein anderes Thema.

Wichtig ist hier glaube ich erst einmal nur, dass bis heute niemand so genau weiß, worum es bei den Botschaften von Fátima wirklich genau ging, denn alles was Lucia veröffentlichte wurde immer erst einmal durch die Kirche gefiltert. Selbst wenn sie sich persönlich an die Öffentlichkeit wandte, so war sie doch immer durch ihren Orden und durch verschiedene Bischöfe beeinflusst, denen sie vertraute.

Spannend wird es aber eigentlich erst ab 1943. Zwei Jahre zuvor hatte Lucia die ersten beiden Geheimnisse von Fátima veröffentlicht. Das dritte sollte nach Anweisung der Maria erst 1960 an die Öffentlichkeit gelangen. 1943 wurde Lucia jedoch schwer krank und es war fraglich, ob sie ihre Krankheit überleben würde. Der Bischof von Fátima drängte sie daraufhin, das Geheimnis aufzuschreiben, nur für den Fall, dass sie doch den Löffel abgeben sollte, bevor sie es jemandem verraten konnte. Soviel also zur Fürsorge der Bischöfe. Es zeigt aber auch, dass die Kirche ein wirklich großes Interesse daran hatte, das Geheimnis zu erfahren. Lucia verweigert sich der Aufforderung zunächst und antwortet, dass sie es nur machen würde, wenn der Bischof es ihr feierlich befehlen würde. Das war für den Bischof kein großer Akt und so hielt er zwei Monate später einen versiegelten Brief mit dem Geheimnis in der Hand.

1960 ist dann endlich das große Jahr gekommen. Der Zeitpunkt ist erreicht, an dem alle Welt vom dritten Geheimnis von Fátima erfahren soll. Hinter verschlossenen Türen liest der Vatikan den Brief von Lucia und behält ihn für sich. In einer öffentlichen Stellungnahme wird nur die Information weitergegeben, dass die Welt niemals erfahren würde, was in dem Brief stand. Lucia wird verboten, jemals mit irgendjemandem darüber zu sprechen. In der darauffolgenden Zeit darf sie nicht einmal Kontakt zu ihrer Familie oder irgendjemandem außerhalb ihres Klosters haben. Was auch immer in diesem Brief gestanden hatte, es musste so heikel für die Vatikanspitze sein, dass es ihr wirklich wichtig war, dass niemand davon erfuhr.

Am 15. November 1966 wendet der Vatikan dann den genialsten Trick in diesem Zusammenhang an, den man sich vorstellen kann. Im sogenannten Codex Iuris Canonici wird es jedem Mitglied der Kirche erlaubt, jederzeit alles über Gottes- und Marienerscheinungen zu veröffentlichen, was er wollte, ohne dass es einer Prüfung bedarf. Mit Ausnahme von Lucia natürlich, der noch immer jedes Wort zu diesem Thema verboten war. Ab diesem Moment konnte jeder über die Fátimabegegnung schreiben was immer ihm gerade in den Sinn kam. Damit wurde es schier unmöglich, irgendetwas echtes unter all den Fantasiegeschichten zu finden.

Am 13. Mai 1967 kommt Papst Paul VI nach Fátima wo er vor 1.000.000 Menschen spricht. Lucia geht zu ihm auf die Bühne und bettelt ihn öffentlich an, mit ihm sprechen zu dürfen, doch er weist sie knallhart ab. Als Person bedeutet die Seherin der Kirche also nichts und ihre Botschaft ist offenbar noch immer zu heikel, als dass man ihr gestatten könnte, irgendwo vor so einer Menschenmenge öffentlich zu sprechen. Selbst wenn man den ganzen Rest der Geschichte weglässt und selbst wenn die Kirche nichts mit dem Tod der beiden anderen Kinder zu tun haben sollte, dann ist allein das bereits ein riesiger Skandal. Stellt euch das einmal vor! Fátima verdankt alles was es ist dieser Frau und ihren zwei verstorbenen Freunden. Doch anstatt ihnen dafür zu danken wird die Frau ihr ganzes Leben lang eingesperrt, von ihrer Familie und der Außenwelt abgeschirmt und dann auch noch öffentlich mit Füßen getreten. Und trotzdem huldigen die Menschen die Fátima besuchen nicht dem Kind, sondern den Päpsten und Kardinälen, mit ihren Prunkbauten, die ihr das Leben zur Hölle machten. Ist das nicht pervers?

Doch die Geschichte geht noch weiter und was immer in diesem Geheimnis enthalten war, es muss deutlich brisanter gewesen sein, als allgemein zugegeben wird.

So verbrachte beispielsweise ein Mann namens P. Alonsos zehn Jahre seines Lebens damit, alles über die Offenbarung von Fátima und die damit verbundenen Intrigen zusammenzutragen, was er finden konnte. Das Ergebnis waren 24 Bände mit je 800 Seiten, die insgesamt 5.396 Originaldokumente enthielten. Wenn jemand 10 Jahre seines Lebens mit diesem Thema füllt, dann muss es ein spannendes Thema sein, denn sonst hätte er irgendwann ein neues Hobby gefunden. 1975 sollten diese Bände veröffentlicht werden. Sie befanden sich bereits im Druck, als die ganze Aktion vom neuen Bischof von Fátima doch noch gestoppt wurde. Er hielt die Druckerpressen an, ließ die bereits gedruckten Werke vernichten und verhinderte die Veröffentlichung vollständig. Was für eine ungeheure Macht mussten der Mann oder seine Organisation haben, dass sie es schafften, einen Verlag in diesem Stadium des Prozesses von einer Veröffentlichung abzuhalten? Sie hatten bereits eine Menge Geld ausgegeben und ihnen war klar, dass die Bände unter den gläubigen Christen der absolute Renner werden mussten. Sie verzichteten damit also auf ein Millionengeschäft! Wer macht so etwas in einer kapitalistischen Gesellschaft, wenn er nicht durch wirklich, wirklich gute Argumente davon überzeugt wird?

Jahre später wurden zwei der 24 Bände doch noch veröffentlicht, beide jedoch so stark zensiert, dass sie kaum noch interessante Informationen enthielten. Vor seinem Tod gelingt es Alonsos noch einige weitere kleine Publikationen zu veröffentlichen, aus denen hervorgeht, dass es sich bei dem Geheimnis von Fátima um Informationen über die obersten Machtstrukturen im Vatikan handelt. Lucia dementiert diese Behauptungen nicht, obwohl sie sonst alle Veröffentlichungen dementierte, die sie für falsch hielt.

1978 wird Johannes Paul II zum Papst gewählt, der Papst, der später bei dem Attentat verletzt wurde. In dieser Zeit werden auch die ersten Stimmen laut, dass es inzwischen mehrere 3. Geheimnisse gibt, bei denen es sich um Fälschungen handelt. Das Attentat selbst fand am 13. Mai 1981 statt. Der Papst wurde damals angeblich genau in dem Moment angeschossen, als es auf das Bild der Fátimaerscheinung auf dem Pullover eines Mädchens blickte. Dabei muss man sich natürlich fragen, warum der Papst so intensiv auf den Pulli des Mädchens gestarrt hat...

Auf jeden Fall überlebte er das Attentat und brachte, wie wir von der jungen Dame aus dem Geburtshaus der Kinder erfahren haben, die Kugel aus seiner Brust mit nach Fátima. Das Attentat ist aber aus einem anderen Grund spannend. Drei Jahre später sagte der damalige Kardinal Ratzinger in einem öffentlichen Interview, dass das dritte Geheimnis noch nicht preisgegeben werden könne, weil die Welt dafür noch nicht bereit sei. Es ziele auf heikle Ereignisse in der Zukunft ab und man wolle eine Massenpanik oder eine Sensationsgeilheit verhindern. Man könne dem Vatikan aber vertrauen, dass er sich um die Angelegenheiten kümmere. Als das Geheimnis dann im Jahr 2000 von dem gleichen Mann veröffentlicht wurde, hieß es plötzlich, dass es sich dabei nur um Ereignisse in der Vergangenheit handele, die keine Bewandtnis mehr hätten. Die letzte Prophezeiung wäre die des Papstattentates von 1981 gewesen. Natürlich kann man jetzt sagen, der Kerl war zu diesem Zeitpunkt bereits ein alter Mann und da kann es schon mal vorkommen, dass er vergisst, was er 15 Jahre zuvor gesagt hat, doch in seiner Position hätte er da vielleicht doch etwas acht geben sollen. Klarer hätte er sich selbst kaum einen Lügner nennen können. Fünf Jahre zuvor wurde übrigens ein Buch mit dem Namen „Ratzinger-Report“ veröffentlicht, dass sein Interview von 1984 in zensierter Form enthält. Durch die Zensur verliert es jede Aussagekraft und das Buch wurde mit einer Erstauflage von 1 Million gedruckt. Warum wollte man, dass die verfälschte Aussage des Kardinals so weit unter den Menschen verbreitet wurde? Wie kommt man überhaupt darauf, ein solches Buch zu schreiben und gleich eine Million Mal zu drucken? Das kommt mir ziemlich übertrieben vor.

Noch weitaus spannender ist jedoch, dass es Lucia auch nach der Veröffentlichung des dritten Geheimnisses jedes Wort darüber verboten wurde. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2005 durfte sie mit niemandem darüber sprechen. Warum hätte man ihr den Mund verbieten sollen, wenn doch bereits alles gesagt war?

Was auch immer Lucia in ihrer Marienbegegnung gehört hatte, es war sicher nicht das, was heute als drittes Geheimnis in den Museum aus dem Santuário ausliegt. Was es war wird man vielleicht nie erfahren, aber vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Wir haben die Sache daher einmal von der anderen Seite aufgezogen. Was könnte eine Nonne wohl für eine Botschaft überbringen, die für den Vatikan so brisant ist, dass er ihre Veröffentlichung auf jeden Fall verhindern muss? Was wäre das schlimmste, das Maria über die katholische Kirche sagen konnte? Es musste schon ein ordentlicher Angriff sein, denn dass der Vatikan ein korrupter Haufen machtgeiler Egomanen ist, der vor Mord, Völkermord, Manipulation und Kindesmissbrauch nicht zurückschreckt, ist ja gemeinhin bekannt und es stört eigentlich niemanden. Ein Senator aus Rom sagte sogar einmal in einem Interview gegenüber dem Focus: “Sie müssen verstehen, dass in meinem Land die Mafia, die Regierung und der Vatikan alle die gleichen Leute sind, und sie haben wirklich nur eine Sorge: den Schutz ihrer Vermögenswerte”

Howard Dee, der ehemalige philippinische Botschafter im Vatikan, sagte, dass Kardinal Ratzinger ihm persönlich bestätigt habe, dass die Botschaften von Akita und Fátima von ihrem Inhalt her identisch sind. Die Akita Prophezeiung lautet folgendermaßen: “Das Werk des Teufels wird sogar die Kirche in einer Weise infiltrieren, dass man Kardinäle gegen Kardinäle, Bischöfe gegen Bischöfe sehen wird. Die Priester, die mich (Maria) verehren,  werden von ihren Mitbrüdern verachtet… Kirchen und Altäre werden geplündert, die Kirche wird voll derer sein, die Kompromisse akzeptieren, und der Dämon wird viele Priester und geweihte Seelen unter Druck setzen, um den Dienst des Herrn zu verlassen.”

Unsere eigene Vermutung war ähnlich. Was wäre, wenn die Gottesmutter Maria in einer Begegnung, die vom Vatikan als authentisch anerkannt worden war, dazu riet, den Vatikan aufzulösen, weil er dem wahren Glauben im Wege steht? Das würde den Papst in eine ordentliche Bedrängnis bringen, aus der er sich nicht so leicht herausmanövrieren könnte. Denn immerhin gilt er als Vertreter Gottes auf Erden und damit als direkt von Gott ermächtigt. Angenommen das wäre wirklich der Fall, dann wäre es Gott sicher nicht Recht, dass sein Vertreter das ihm zugesprochene Amt derart missbraucht, wie es seit Jahrhunderten üblich ist. Ich an Gottes stelle hätte da schon länger mal ein Machtwort gesprochen. Stellt euch einmal vor, was passieren würde, wenn Milliarden von gläubigen Katholiken überall auf der Welt erfahren würden, dass Gott persönlich dem Vatikan seine Macht entzogen hat. Dass ab sofort jeder Mensch dazu aufgefordert ist, den Glauben in sich selbst zu suchen, seine Verantwortung selbst zu übernehmen und auf die göttliche Stimme in seiner eigenen Seele zu hören. Martin Luther hat damit schon einmal eine Spaltung der Kirche ausgelöst und so ein Ereignis könnte durchaus wieder passieren. Um so etwas zu verhindern lohnt es sich dann doch schon mal, eine Seherin für 90 Jahre wegzusperren, einige Lügen aufzutischen und zwei kleine Kinder auf mysteriöse Weise einen qualvollen Tod sterben zu lassen.

Nach den ganzen Recherchen war auch diese Nacht wieder deutlich kürzer als geplant. Dennoch verließen wir Fátima heute endgültig und kehrten dem Santuário den Rücken zu. Damit ist nun auch das zweite Kapitel unserer Reise abgeschlossen und wir wenden uns nun dem Ort zu, in dem der Vatikan seinen Hauptsitz hat. Rom wird unser nächstes großes Etappenziel und ich bin gespannt, was der Papst auf unsere Fragen antwortet, wenn wir ihn dort treffen!

Doch anders als erwartet verfolgte uns Fátima auch heute ein gutes Stück auf unserem Weg. Gut drei Kilometer außerhalb der Stadt kamen wir in den eigentlichen Ort Fátima. Es war der Ort, der bereits vor dem ganzen Prophezeiungswahn existiert hatte und er sah noch immer so aus wie damals. Es gab einen kleinen Friedhof, eine kleine, unspektakuläre Kirche und das Rathaus des Ortes. Außen herum standen ein paar Häuser. Das war alles. Kein Prunk, keine Hotels, keine Widmungen, keine Statuen kein nichts. Nicht einmal Bilder zeugten von dem Trubel, der sich drei Kilometer weiter abspielte. Jetzt verstanden wir auch, wie der ganze Komplex hatte entstehen können. Es hatte dort wirklich nichts gegeben, als eine Schafsweide und die kleine steinerne Hütte der Kinder. Der perfekte Ort also, um eine komplett durchgeplantes Heiligtum zu entwerfen. Der weitere Tag verlief weitgehend Ereignislos. Die Sonne brannte vom Himmel als würde sie dafür bezahlt und wir schwitzten wieder einmal wie die Weltmeister. Um die Mittagsstunden machten wir eine Pause im Schatten und holten dabei den fehlenden Schlaf der letzten Nächte nach.

In Chancelaria wollten wir eigentlich einkehren, doch in der kleinen Ortschaft gab es nichts als eine Post und ein ‚Centro Social’ mit Altenheim. Als besonders sozial stellten sich die Heimleiter leider wieder einmal nicht heraus. Es wirkte fast so, als gäbe es hier die Regel, dass niemand sozial sein durfte, der es außen auf der Tür stehen hatte. In Spanien und Portugal war es wirklich einfacher, ein kostenloses Bett in einem 5 Sterne Hotel zu bekommen, als eine Abstellkammer für ein paar Isomatten in einer kirchlichen oder sozialen Einrichtung. Mit dieser hier hatten wir dann wohl gleich doppelt Pech, denn es war ein kirchliches, soziales Heim. Ich brauchte nicht lange, bis mich die Leute dort wieder so wütend machten, dass ich einfach gehen musste. Es war nicht das Problem, dass sie uns nicht helfen wollten, sondern viel mehr die große Ignoranz und die tödliche Gleichgültigkeit mit der sie uns begegneten. Draußen herrschten 38 Grad im Schatten und das einzige, was sie uns rieten war, 12 Kilometer weiter in den nächsten Ort zu wandern. Dabei verweigerten sie uns sowohl Essen als auch Wasser und verwiesen uns lediglich auf eine kleine Bar am Ortsausgang. Diese hatte dann auch noch geschlossen. Wir hatten noch einiges an Obst und auch unser Wasser reichte noch für den Rest des Tages, doch das konnten die Heimleiter nicht wissen. Sie wussten auch nichts darüber, wie viel Erfahrung wir bereits mit diesem Wetter gemacht hatten oder wie gut wir noch beieinander waren. Es interessierte sie auch nicht. Das einzige worum es ging war, uns wieder loszuwerden. Konnten oder wollten sie nicht sehen, dass sie mit diesem Verhalten riskierten, jemanden in den Tod zu schicken? In unserem Fall war es kein wirkliches Problem, sondern nur der Unmut darüber, dass wir nun schon wieder so spät ankommen würden, dass wir kaum noch zu etwas kamen, doch es hätte ja auch anders sein können.

Der besagte nächste Ort hieß Torres Novas und war sogar recht hübsch. Wir wurden nach einem kurzen Gespräch in das Hotel Dos Cavaleiros eingeladen, wo wir uns noch lange mit der Dame von der Rezeption unterhielten. Sie war die Tochter des Hotelbesitzers und machte eigentlich ein Studium zur Krankenschwester. Im Hotel half sie nur aus, um ihren Vater zu entlasten. Als wir mit ihr über die Situation in Portugal im Allgemeinen und in Fátima im Besonderen sprachen, erklärte sie uns, dass Portugal noch bis vor wenigen Jahren einen Diktator hatte, der so ziemlich jeden Fortschritt verhindert hatte. Die Portugiesen hatten daher lange Zeit nur wenig über die Vorgänge in der übrigen Welt mitbekommen. Auch das jeder Haushalt einen Fernseher besaß, war in Portugal eine eher neue Erscheinung. Ein Großteil der Bevölkerung war bereits sehr alt und stand auch heute noch nicht auf große Veränderungen. So kam es, dass sie aus Gewohnheit immer wieder den gleichen Präsidenten wählten, einfach weil sie ihn mochten. Dass er noch nie irgendetwas bewirkt hatte, spielte dabei für sie keine Rolle.

 

Spruch des Tages: Sie müssen verstehen, dass in meinem Land die Mafia, die Regierung und der Vatikan alle die gleichen Leute sind, und sie haben wirklich nur eine Sorge: den Schutz ihrer Vermögenswerte (Senator aus Rom)

Höhenmeter: 130 m

Tagesetappe: 23 km

Gesamtstrecke: 3807,47 km

Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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