Gründe für Massentierhaltung

von Franz Bujor
09.01.2014 22:40 Uhr
 

Was sind die Gründe für Massentierhaltung - unser heutiges Thema

Als wir heute in der Früh aufstanden, wartete im Wohnzimmer bereits ein leckeres und überaus reichhaltiges Frühstück auf uns. Lore war bereits zur Arbeit gegangen und hatte uns einen kleinen Abschiedszettel hingelegt: „Lasst es euch schmecken! Ich wünsche euch einen guten Weg und passt gut auf euch auf. Für den Notfall habt ihr hier meine Telefonnummer. Liebe Grüße Lore“ von so einer lieben Bewirtung hätten wir auf dem Weg nach Rothenburg nicht einmal zu träumen gewagt. Vor allem wussten wir auch nicht, dass heute so ein interessantes und gern verdrängtes Thema für die Gründe von Massentierhaltung auf uns zukommt.

aussicht ins taubertal

Die weite Aussicht ins Taubertal

Mit dem Erreichen von Rothenburg ob der Tauber hatten wir auch unseren ersten Jakobsreiseführer durchgearbeitet. Heute haben wir also zum ersten Mal den zweiten Führer „Der Jakobsweg – Rothenburg ob der Tauber bis Speyer“ von Renate Florl aufgeschlagen. Oder besser gesagt angeklickt, denn wir haben ihn ja aus gewichtstechnischen Gründen in digitalisierter Form dabei. Ohne diesen wichtigen Wanderführer wären wir auch wieder gleich am Anfang aufgeschmissen gewesen, denn in der Rothenburger Innenstadt sind Jakobs Wegweiser aus irgendeinem Grund verboten. Dafür begrüßte uns der heutige Tag dann mit dem bisher beeindruckendsten Streckenabschnitt.

Weiter geht's, mit dem zweiten Jakobsführer

Vor uns öffnete sich das Taubertal in das unser Weg über einen schlängelnden, steilen Pfad hinabführte. Die Aussicht war gewaltig. Unten angekommen liefen wir an einer ebenso beeindruckenden Kirche vorbei und unter einer alten, steinernen Brücke hindurch. Wie zu erwarten gewesen war, mussten wir kurze Zeit später natürlich auf der anderen Seite wieder hinauf, aber für den Ausblick hatte es sich allemal gelohnt. Das fanden wir sogar noch unterm Keuchen und Schnaufen.

truthahnfarm

Die entdeckte Truthahn-Farm

Truthähne so weit das Auge reichte

Noch lange konnten wir auf die Türme der Stadt zurückblicken, während wir über die Hochebene liefen. Von hier an kamen wir in ein Agrargebiet, dass wir bis zum späten Nachmittag nicht mehr verließen. Wohin wir auch sahen, soweit das Auge reichte, gab es nur Felder. Hin und wieder unterbrochen durch vereinzelte Baumgruppen oder kleine Ortschaften, in denen die Menschen lebten, die sich um die Felder kümmerten. Als wir an einem riesigen Stall vorbeikamen, aus dem es ununterbrochen fiepte und schnatterte, konnten wir unsere Neugier nicht mehr zügeln. Wir ahnten es bereits, denn viele Gründe sprachen dafür, das hierbei alles auf eine Massentierhaltung hindeutete.

puter

Puter in der Massentierhaltung

Wir stellten unsere Wagen ab und kletterten auf den Betonsims um durch die Fenster ins Innere sehen zu können. Es verschlug uns fast den Atem. In der großen Halle lebten dicht an dicht gedrängt mindestens 3000 Truthähne. Sie hockten so eng aufeinander, dass sie sich nicht bewegen konnten, ohne einen ihrer Artgenossen anzurempeln. Was ist hier genau der Sinn der Massentierhaltung? Die Tiere so gut es geht zu quälen? Wie eine Welle in einem Fußballstadion ging immer wieder ein Intervall artiges Raunen oder Schimpfen durch die Menge. Als wir den Tieren in die Augen blickten, spürten wir eine tiefe Traurigkeit, die von ihnen ausging. Der Sinn der artgerechten Haltung, ging wohl mehr als schief!

Warten auf den Tod, der Sinn der Massentierhaltung?

Bei unserem Weiterweg mussten wir noch lange an die eingepferchten Vögel denken. Der Bauer Stief, bei dem wir vor einigen Tagen übernachtet hatten, hatte uns erzählt, wie stark die Auflagen für den Tötungsprozess von Zuchttieren sind, um den Sinn der Massentierhaltung zu gewähren. Warum aber machen wir solch einen Aufstand um das Töten, wenn die Tiere niemals leben durften? Denn leben kann man es nicht nennen. Es ist vielmehr ein Warten auf den Tod. Und diese Truthahn-Zucht ist da ja keine tragische Ausnahme. Sie ist vielmehr der einzige Weg, mit der sich der Bauer, der sie betreibt, noch über Wasser halten kann.

Ein freundlicher Landwirt, den wir einige Kilometer später trafen, schilderte uns die andere Seite der Medaille. Er war gerade in Rente gegangen und seine Tochter wollte den Hof nicht übernehmen. Damit war er der letzte in einem jahrhundertealten Familienbetrieb, der nun aufgelöst wurde. Es tat ihm weh, aber er konnte seine Tochter gut verstehen. Mit 50 Hektar Land könne man heute keinen Betrieb mehr führen. Wäre er nicht pensioniert worden, hätte er den Betrieb demnächst dennoch aufgeben müssen. „Man kann nur entweder riesig werden, oder aufhören“, sagte er. „Mehr Optionen hast du als Landwirt heute nicht mehr.“ Wie will ein Landwirt seine Nahrung auf gesunde und ethisch vertretbare Weise produzieren, wenn niemand bereit ist, diese Qualität zu bezahlen? Welche Gründe der Massentierhaltung kann man noch vertreten?

pilgerweg rothenburg

Der Pilgerweg in Rothenburg

Dem Bauer bleibt nichts übrig!

Ein Brathähnchen kostet an der Imbissbude 3,20 €. Zieh davon einmal die Standgebühren, das Gehalt des Verkäufers, die Energiekosten, das Wasser und das Futter für das Tier und die Kosten für die Schlachtung ab, dann weißt du, was ein Bauer davon am Ende übrig hat! Doch wie soll uns unsere Nahrung heilen und gesund halten, wenn sie unter so kranken Bedingungen aufwächst? Wie soll sie uns positive Energie geben, wenn es im Leben der Tiere und auch der Pflanzen nichts Positives gab? Irgendwie sind wir schon ein komisches Volk geworden, das die Gründe der Massentierhaltung auch noch unterstützen will.

Falls ihr mehr über den Sinn oder die Vor- und Nachteile der Massentierhaltung erfahren wollt, so kann man sich über eine offizielle Tabelle mit den aktuellen Informationen aus dem Jahr 2019 kundig machen. Vielleicht fragt ihr euch auch, warum Massentierhaltung erlaubt ist? Und wie viele Tiere sterben jährlich an der Massentierhaltung? Dieses unangenehme Thema geht uns alle etwas an und wegzusehen, wäre einfach nur feige. Die Pro- und Contra-Debatte wird uns manchmal auch im Unterricht nahegelegt, je nachdem wie sehr sich für die Tierquälerei interessiert wird, dies kann manchmal sogar regional unterschiedlich sein.

Die Gedankenkraft der Essiggurken

Am späten Nachmittag kamen wir dann durch ein größeres Waldstück und gelangten schließlich nach Schrozberg. Unsere Füße waren inzwischen so Platt, das wir Briefe damit hätten frankieren können. An der Pfarrei begrüßte uns die Frau des Pfarrers, die uns ins Gemeindehaus führte, wo wir die Nacht verbringen dürfen. Bevor wir es uns hier jedoch häuslich einrichteten, machten wir noch einen kleinen Streifzug durch den Ort. In der hauseigenen Schlachterei, natürlich ohne die bekannten Gründe der Massentierhaltung, bekamen wir von der Besitzerin ein unvergleichliches Abendessen. Heiko hatte sich bereits seit gestern Mittag Essiggurken gewünscht, und jetzt fragte die freundliche Dame, ob wir nicht auch noch ein paar Essiggurken zu unserer Wurst haben möchten. Wir können es noch immer kaum fassen, wie herzlich die Menschen sind, und wie passgenau es mit dem Sinn der Anziehungskraft der Gedanken immer wieder funktioniert.

Spruch des Tages: Essen ist ein Bedürfnis – Genießen ist eine Kunst!

Tagesetappe: 24,5 km

Gesamtstrecke: 178,37 km

Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

Schreibe einen Kommentar:

Speichere Namen, Email und Webseite im Browser fur zukunftige kommentare