In letzter Sekunde
Schon wieder spürten wir, dass die Zeit für einen Blinden relativ ist. Nur durch Zwischensprints konnten wir in letzter Sekunde den Bahnsteig erreichen. Die Bahn sponserte uns die Zugfahrt nach Augsburg. Es fällt auf, dass man als Sehbehinderter für alles mehr Zeit einplanen sollte. So kamen wir um 2 Uhr am Bahnhof in Augsburg an und hatten drei Stunden um die Strecke von 10 km zum Fernsehstudio zu überwinden. Nach 32 Nachfragen bei Passanten hatten wir endlich den Weg zum Studio gefunden. Immer mehr spüren wir, dass sich nur wenige Menschen in das Schicksal der Blinden einfühlen können und den Weg nicht bildlich beschreiben können. Was wir jedoch auch feststellen können, dass uns sehr viele Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehen und uns gerne helfen. Nach der Maske wurden wir dann vom Studioleiter in die richtige Position im Studio geschoben. Es ist wahrlich ein komisches Gefühl, wenn man nicht die leiseste Ahnung davon hat, wo und in welche Kamera man schauen sollte. Heute war außerdem der heißeste Tag des Jahres. Dass es auch noch die heißeste Nacht werden sollte, war uns nicht bewusst. Durch einen Zufall suchten wir als Blinde einen Swinger Parkplatz auf. Was man als Neublinder übersehen kann sprengt die Vorstellungsgabe. Nach 100 kreisenden Autos auf der Suche nach dem nächsten Augenblick der Lust, sprang Johannes voller Wut mit Unterhose bekleidet aus dem Auto und hielt das nächste Auto auf. Was er nicht wusste, dass er einen schwulen Swinger mit einem Hauch von nichts ansprach. So hätten wir Johannes unseren Leitwolf, fast an die Swinger Szene verloren.
Spruch des Tages: wie man sich bettet so liegt man.