Orientierung in der Wildnis - so klappt es auch ohne Technik

von Shania Tolinka
31.07.2018 20:16 Uhr

Orientierung in der Wildnis - so klappt es auch ohne Technik

Nie mehr verlaufen! Tricks vom Survival-Experten Heiko Gärtner: So orientieren Sie sich in der Wildnis ohne Technik

Bei der Orientierung in freier Wildbahn gibt es drei zentrale Fragen: „Wo bin ich?“ „Wo will ich hin?“, und „Wie stelle ich das an?“ Mit technischen Hilfsmittel wie Handys, Karten, Kompasse, Navigationssysteme und GPS-Geräte kein Problem. Echte Naturliebhaber sollten sich aber auch ohne technischen Schnickschnack orientieren können. Sieben Tipps, die Ihnen helfen, sich nicht zu verlaufen:

Orientierung in der Natur: Wandern mit offenen Augen

Es mag banal klingen, aber tatsächlich ist bei der Orientierung in der Wildnis nichts so wichtig wie die eigene Aufmerksamkeit. Je genauer du deine Umgebung wahrnimmst, desto mehr markante Punkte werden dir auffallen, die dir in vielerlei Hinsicht helfen werden. Das häufigste Problem, dass im Zusammenhang mit der Orientierung auftritt ist, dass wir uns schlichtweg verlaufen. Wir gehen für eine Weile und haben dann keine Ahnung mehr, woher wir überhaupt gekommen sind. Dies passiert nur deshalb, weil wir unsere Umgebung nicht wirklich wahrnehmen. Wir merken uns nicht, woran wir vorbei kommen und können es daher auch nicht wieder erkennen. Je aufmerksamer wir also beobachten, was um uns herum alles existiert, desto leichter fällt es uns auch, den Weg zu erkennen, auf dem wir gekommen sind.

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Zur Orientierung in der Wildnis hilft ein auffälliger Baum

 

Bedenke dabei jedoch, dass du auf dem Rückweg aus der anderen Richtung kommst. Daher ist es wichtig, immer wieder auch einen Blick zurückzuwerfen und zu sehen, wie die Straßen, Bäume und Gebäude aus der anderen Richtung aussehen. Die Orientierung im Wald ist letztlich nicht anders als die in der Stadt. Die Schwierigkeit besteht lediglich darin, dass sich Bäume für unseren oberflächlichen Blick viel stärker ähneln, als Häuser und Straßen. Wir haben das Gefühl, dass ohnehin alles gleich aussieht und so versucht unser Geist in der Regel gar nicht mehr, sich den Weg zu merken. Hier ist es also noch einmal besonders wichtig, mit geöffneten Sinnen unterwegs zu sein. Versuche stets so viel wahrzunehmen wie möglich, nicht nur mit den Augen, sondern auch mit der Nase, den Ohren und den Füßen. Je mehr Informationen über deine Umgebung in dein Bewusstsein gelangen, desto leichter fällt es dir, dich später wieder an den Heimweg zu erinnern.

Zur Person

Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Journalist, Fährtenleser, Weltreisender, Abenteurer, Forscher, Erdheiler und zählt zu den bekanntesten und extremsten Survival-Experten Deutschlands. Er geht der Frage nach, wie wir wieder zu Einheimischen in der Natur werden können. Unter anderem berät er auch diverse TV-Sender zum Thema, Orientierung in der Wildnis.

Klassiker zur Orientierung: das Stricken einer Songline

Eine seit Jahrtausenden bewährte Methode um sich seinen Rückweg zu merken, ist das Stricken einer Songline. Dazu wählt man während des Gehens immer wieder markante Punkte aus – besonders dann wenn man seine Richtung ändert – und baut diese in eine möglichst lebhafte Geschichte ein.

Grünspecht spuren - in die Songline damit!

Am Anfang ist es hilfreich, wenn man die Geschichte laut ausspricht um so einen intensiveren Bezug zu ihr aufzubauen. Wichtig ist jedoch vor allem, dass sie möglichst intensive Bilder, Farben und Gefühle in einem hervorruft, da sie so besonders gut im Kopf haften bleibt.
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Buchtipp von Heiko Gärtner " die natürliche Heilkraft der Bäume"

Buchtipp von Heiko Gärtner ist erschienen: "Die natürliche Heilkraft der Bäume"

Macht man sich nun auf den Rückweg, geht man die einzelnen Stationen der Geschichte in umgekehrter Reihenfolge noch einmal durch und leitet sich so zu seinem Ausgangspunkt zurück. Diese Methode hat allerdings den Nachteil, dass man sich, wenn man sie nicht geübt hat, sehr stark auf die Geschichte und den Weg konzentrieren muss und dadurch kaum Gelegenheit hat die Gegend rechts und links davon wahrzunehmen.

Markierungen setzen - mit Ästen oder Steinen

Wenn du in einem Gebiet bist, in dem es zu wenig auffällige Orientierungspunkte gibt, kannst du deinen Weg auch in regelmäßigen Abständen für die Orientierung in der Wildnis markieren. Am besten eignen sich dafür Äste oder Steine, die du in ungewöhnlichen Formationen anordnest oder an Stellen legst, an denen sie natürlicherweise nicht vorkommen. Je nachdem wo und wie du unterwegs bist, musst du abwägen, ob es in der momentanen Situation hilfreicher ist eine möglichst auffällige Spur zu legen, die dann aber auch von jedem anderen verfolgt werden kann, oder lieber eine, die man nur erkennen kann, wenn man weiß, dass sie da ist. Letztere birgt natürlich die Gefahr, dass du sie selbst übersiehst.

Landmarken - das wichtigste Mittel zur Orientierung

Landmarken sind besondere Merkmale und typischen Gegebenheiten, die eine Landschaft ausmachen und die man gut erkennen kann. Dazu zählen Bergrücken, Flüsse, Waldränder, Schluchten und in unseren Wäldern natürlich auch Wege und Straßen. In einigen Gebieten wie beispielsweise den Apalachen in Virginia, verlaufen die Berge relativ gerade und parallel (in diesem Fall von Südwest nach Nordost). Hat man die Verlaufsrichtung einmal bestimmt, so weiß man automatisch in welche Richtung man läuft, wenn man z.B. einem Tal folgt.

Sobald man dies einmal erkannt hat, kann man sich relativ frei im Gelände bewegen, da man weiß, dass man zum Lager zurückkommt, wenn man beispielsweise so geht, dass der Bergrücken immer rechts von einem ist.

Heiko Gaertner Bergsteiger Survival

Gebirge helfen bei der Orientierung in der Wildnis

Heiko Gärtner: Gebirge helfen bei der Orientierung

Nur wenn man den Berg überquert wird es wichtig, sich neue Landmarken zu suchen, die einen zurück zum Ausgangspunkt führen können. Auch Flüsse sind besonders gute Orientierungshilfen, da sie einem nicht nur einen langfristigen Anhaltspunkt liefern, sondern durch die Fließrichtung auch gleich noch anzeigen, in welche Richtung man gehen muss. Wenn du dich in der Wildnis verirrt hast und den Weg zurück in die Zivilisation suchst, kann dir ein Fluss dabei ebenfalls hervorragende Dienste leisten. Menschen siedeln seit jeher am liebsten am Wasser und so wirst du fast immer früher oder später auf einen Ort oder eine Stadt treffen, wenn du einem Fluss abwärts folgst. Die einzige Ausnahme hierbei sind Wüstengebiete, da Flüsse hier gerne im Sand verlaufen oder austrocknen.

Um hier eine Stadt zu finden, läuft man daher in die Gegenrichtung, also auf die Quelle zu, wo sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Oase befindet, die meist auch von Menschen besucht oder bewohnt wird. Wichtig ist jedoch, dass du dir bewusst machst, dass du nicht der einzige sein wirst, der Flüsse als Orientierungshilfe auswählt. Je nachdem in welchen Regionen der Erde man unterwegs bist, kann es recht riskant sein, direkt neben dem Fluss zu laufen.

Heiko Gärtner: Trail in Kanada - hier trifft man auch auf Bären

In Kanada, Russland und anderen Bärenregionen ist hier die Chance am Größten, auf einen der pelzigen Riesen zu treffen. Wenn Wolf und Bär aufeinandertreffen.

Akustische Zeichen - nutze Deine Ohren

Wenn dir deine Augen nicht weiterhelfen, weil du beispielsweise in einem dichten Wald stehst, in dem alles gleich aus sieht, dann nutze deine Ohren zur Orientierung in der Wildnis. Bleibe dafür einen Moment stehen und achte auf markante Geräusche wie Wasserrauschen, Straßenlärm und dergleichen mehr. Wenn du zurück in eine Stadt finden willst, gibt es meist eine ganze Palette an Geräuschen, die dir verraten, ob du ihr näher kommst und in welche Richtung du weiterziehen musst.

Auch das Rauschen eines Flusses hilft bei der Orientierung

Wichtig ist jedoch, dass du sehr aufmerksam und genau hinhörst, denn oftmals klingen das Rauschen des Windes in den Blättern der Bäume, das Rauschen des Wassers in einem Fluss oder an einer Küste und das Rauschen vorbeifahrender Autos auf einer Autobahn von weitem sehr ähnlich, sodass man sich auch leicht in die Irre führen lassen kann.

Markante Wegpunkte: Wissen, wann man abbiegen muss

Sich orientieren zu können ist im Grunde nicht viel anders, als seine Umgebung kennen zu lernen. Und dies ist am Einfachsten, wenn man auf Besonderheiten, Auffälligkeiten und markante Punkte achtet, so macht es auch die Bundeswehr. Hierzu zählen auffällig gewachsene Bäume, besondere Felsen, dicke Steine und alle anderen ungewöhnlichen Naturerscheinungen, die du ausfindig machen kannst.

Einfach zu merken: ein auffälliger Baum

Du kannst sie entweder in deine Songline mit einbauen, oder dir als wichtige Wegpunkte merken. Ein Fluss oder ein Bergrücken als Orientierungshilfe ist gut und wichtig, aber wenn du dein Lager nicht direkt neben ihnen aufgebaut hast, dann brauchst du etwas, woran du erkennst, wann du in welche Richtung abbiegen musst.

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Orientierung mithilfe der Sonne

Himmelsrichtungen: Orientierung in der Wildnis mit Hilfe der Sonne

Die Sonne wird schon seit der frühsten Menschheitsgeschichte genutzt, um sich anhand der Himmelsrichtungen zu orientieren. So lange wir uns auf der Nordhalbkugel bewegen, wandert die Sonne täglich einmal von Osten über Süden nach Westen. Auf der Südhalbkugel wandert sie dementsprechend über Norden. Sie folgt dabei also sehr klaren Gesetzen, die wir leicht zur Orientierung nutzen können

Orientierung mit Hilfe der Sonne

Eine sehr alte und effektive Methode dafür lässt sich ganz einfach mit einem langen Stock umsetzen, den man senkrecht in den Boden steckt. Nun markierst du das Ende des Schattens mit einem Stein oder etwas ähnlichem und wartest, bis der Schatten ein gutes Stück weitergewandert ist. Je länger du wartest, desto genauer wird die Bestimmung. Das Minimum, damit es funktioniert ist eine ViertelStunde. Wenn du soweit bist, markiere auch das neue Ende des Schattens mit einem Stein und verbinde beide Markierungen mit einer Linie oder einem geraden Stock. Diese Linie verläuft nun ungefähr in Ost-West-Richtung, wobei die zuerst gesetzte Markierung in West-, die zweite in Ostrichtung weist.

Himmelsrichtung mit nach der Uhr

Eine modernere Methode der Orientierung in der Wildnis ist die Bestimmung der Himmelsrichtung, mit Hilfe der Sonne und einer Uhr. Wichtig dabei ist nur, dass man sich stets an der „echten“ Zeit orientieren muss. Im Sommer musst du also von der Uhrzeit, die auf einer Uhr angezeigt wird, eine Stunde abziehen. Hast du nur eine Digitaluhr dabei, lässt sich mittels Papier und Stift auch eine improvisierte Analoguhr basteln, indem du ein Ziffernblatt malst und die 12:00 Marke sowie den Stundenzeiger zur aktuellen Zeit einträgst. Die Technik ist umso genauer, je weiter man vom Äquator entfernt ist.

Halte dafür deine Uhr waagerecht, und richte den Stundenzeiger genau auf die Sonne. Um noch genauer zu sein, kannst du ihn auch anhand des Schattenwurfs eines geraden Objektes ausrichten. Nun denkst du dir eine Linie, die den Winkel zwischen dem Stundenzeiger und der 12:00 Marke genau in der Hälfte teilt. Diese gedachte Linie zeigt auf der Nordhalbkugel in Richtung Süden. Dies wäre bereits eine hilfreiche Übung in der Grundschule, damit Kinder so früh wie möglich lernen können, sich zu orientieren.

Eine Ausnahme bildet die Zeit vor 06:00 und nach 18:00. Hier zeigt die gedachte Linie nach Norden – vorausgesetzt man kann die Sonne um diese Zeit schon sehen. Auf der Südhalbkugel richtet man hingegen die 12:00-Marke auf die Sonne und halbiert den Winkel bis zum Stundenzeiger. Die dabei entstehende gedachte Linie zeigt (zwischen 06:00 und 18:00) nach Norden

Shania Tolinka
Shania Tolinka ist Reflexzonentherapeutin, Altenpflegerin und Blog-Autorin. Das Erwecken und Annehmen der eigenen Weiblichkeit, der Umgang mit traumatischen Erlebnissen, sowie die Frage, wie man bereichernde, erfüllende Beziehungen zu sich, seinem Partner und der Natur aufbauen kann, sind Themen, die ihr besonders am Herzen liegen. Aber auch im Bereich von gesunder Ernährung, Heilmassagen und Heilkräutern ist sie Expertin. Seit 2020 ist sie als Vollzeitmitglied der Lebensabenteurer-Herde dabei.

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