Tag 978: Weltkulturerbe
22.08.2016
Das Gewitter in der Nacht ähnelte einem Weltuntergang und passend zu den Blitzen, die durch die Fenster leuchteten, zuckte jedes Mal das Stromnetz zusammen und unsere Lampen begannen zu flackern. In Deutschland wird von den Energiekonzernen immer das Argument gegen erneuerbare Energiequellen vorgebracht, dass man diese nicht zu 100% konstant halten kann, so dass es zu Schwankungen im Stromnetz kommen kann. Und dies dürfe nicht passieren. Man kann sagen, dass das hier etwas anders gehandhabt wird. Hier schwankt die Stromversorgung einfach immer, auch wenn keine alternativen Energien verwendet werden.
Es regnete die ganze Nacht durch und hatte auch am Morgen noch nicht aufgehört. Es war nun nur noch leiser Nieselregen, doch er reichte aus, um es ungemütlich zu machen. Es war kalt und der Wind bließ die Wassertropfen immer direkt in unsere Gesichter.
Dafür aber wirkte der Wald bei diesem Wetter unglaublich mystisch und geheimnisvoll. Mitten in diesem düsteren Nebelwald war es heute wieder Zeit für die Sanktionen, die sich bereits seit ein paar Tagen angespart hatten. Dabei kamen wir wieder auf eine spannende und vollkommen paradoxe Erkenntnis. Die Frage, die seit Tagen in mir Rotiert lautete "Wie kann es sein, dass ich trotz der Schmerzen und des Drucks so lernresistent bin und weiterhin immer die gleichen Fehler mache, selbst wenn ich schon in dem entscheienen Moment merke, was ich da verzapfe?"
Die Antwort war, dass ich sogar unterbewusst ganz gezielt Scheiße baute, gerade weil mein inneres Kind nach den Sanktionen schrieh. Es wollte, dass ich micht mit mir selbst aussöhnte und dafür musste ich zum einen die Angst vor dem Schmerz und zum anderen meinen Selbsthass verlieren. Für mein höheres Selbst war es vollkommen erstrebenswert, so viele Sanktionen wie möglich zu erwirtschaften.
Der Pfarrer in unserem Zielort war wieder einmal nicht zu Hause. Dafür trafen wir aber auf eine nette Nachbarin, die den Pfarrer im Nebenort anrief und uns mit einem Lunchpaket und fünfzig polnischen Talern versorgte. Der Pfarrer war einverstanden und versicherte, dass er uns erwarten würde. Als wir jedoch eintrafen, war der Pfarrer nicht da und wir trafen nur die Familie des Orgelspielers.
Diese jedoch empfing uns gleich herzlich mit einigen Keksen, einem Tee und einer Portion Nudeln. Johanna, die Tochter rief den Pfarrer erneut an und erfuhr, dass dieser noch unterwegs war, um irgendetwas zu erledigen. Bis er wieder komme, könne sie uns ja schon einmal die Kirche zeigen. Es war eine alte orthodoxe, bzw. griechich-katholische Holzkirche, die nun von den Katholiken übernommen worden war. Vor einigen Jahren war sie sogar als Weltkulturerbe der UNESCO eingetragen und seither kamen die Menschen aus aller Welt um sie zu besichtigen.
Am Abend kam Johanna dann noch einmal zu unserer Gästewohnung im Pfarrhaus, um gemeinsam mit uns zu kochen. Auch der Pfarrer stieß hinzu und es wurde eine richtig nette und sogar wieder einmal lustige Abendrunde.
Spruch des Tages: Schreibfehler sind lediglich Spezial-Effekte meiner Tastatur.
Höhenmeter: 560 m Tagesetappe: 28 km Gesamtstrecke: 17.769,27 km Wetter: sonnig und warm, ständiger Gegenwind Etappenziel: Zeltplatz auf einer abhängenden Wiese, 739 04 Raskovice, Tschechien
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