Tag 1299: Typisch Küste

von Heiko Gärtner
06.01.2018 05:37 Uhr

15.07.2017

Wenn es eine Sache gibt, von der man hier in Schottland etwas versteht, dann ist es Vermarktung. Mit Erreichen der Küste trafen wir nun auch wieder auf größere Touristenorte und wir bekamen die Gelegenheit, eine Touristeninformation zu besuchen um ein paar Infos über unseren aktuellen Aufenthaltsort einzuholen. Wir waren fasziniert und zugleich auch ein bisschen Entsetzt, was für ein Bild von Schottland hier gezeichnet wird. So wurde der Canyon durch den wir gestern entlang der Hauptstraße wandern mussten, als Top-Sehenswürdigkeit angepriesen, ohne auch nur auf einem einzigen Bild, eine Spur der Hauptstraße erkennen zu lassen. Am stärksten beeindruckte uns jedoch, dass es regelrechte Road-Trip-Führer gab, die den Touristen dabei halfen, sich alle Schönheiten des Landes ganz bequem aus dem Auto heraus anzuschauen. Es war also nicht nur Pech, dass es hier so viel Verkehr gab, es war gewünscht. Die meisten Schottland-Touristen waren offenbar tatsächlich Autotourismus.

schottische Küste

schottische Küste

Der größte Hohn war jedoch ein großes Plakat mit der Aufschrift: „Genießen Sie die Schottische Wildnis! Die gute Nachricht für alle Abenteurer: In Schottland dürfen Sie auf allen staatlichen Wiesen und in allen staatlichen Wäldern legal und kostenfrei Zelten!“ Das hört sich natürlich super an, doch wenn man das Land kannte, konnte man fast das dämonische Lachen hören, das sich dahinter verbarg. Schottland war zu über 90% im Privatbesitz und der Rest bestand fast ausschließlich aus Städten, Straßen, Seen, Sümpfen oder Flüssen.

Panorama-Bild der schottischen Küste

Panorama-Bild der schottischen Küste

Für die ersten Kilometer sah es so aus, als würde unser Radweg nun nur noch an der Hauptstraße entlang führen. Dann aber führte er auf die alte Bahntrasse zurück und gewann dadurch etwas Abstand.

Fischerbootd for der schottischen Küste

Fischerbootd for der schottischen Küste

Der Wind war eisig und peitschte uns den kalten Regen ins Gesicht. Ihr könnt euch also vorstellen, wie froh wir waren, dass wie schließlich einen Ort mit geheizter Kirche und freundlichem Kirchenverwalter fanden. Der Mann war ein echter Schotte, wie er im Buche steht, ein richtiger rauer Seebär mit Herz aus Gold und einem lockeren Humor. Dank ihm bekamen wir nicht nur einen Schlafplatz, sondern auch etwas zum Essen, eine heiße Dusche und in meinem Fall eine neue Mütze.

Kleine Fischerboote

Spruch des Tages: Bei so viel Verkehr ist auch die schönste Küste kein Genuss.

Höhenmeter: 490 m

Tagesetappe: 24 km

Gesamtstrecke: 24.169,27 km

Wetter: ständiger Wechsel Zwischen Sonne und Dauerregen

Etappenziel: Gemeindehalle der irischen Kirche, Ballygawley, Nordirland

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Heiko Gärtner
Heiko Gärtner ist Wildnismentor, Extremjournalist, Survivalexperte, Weltreisender und einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Antlitz- und Körperdiagnostik. Nachdem er einige Jahre als Agenturleiter und Verkaufstrainer bei einer großen Versicherungsagentur gearbeitet hat, gab er diesen Job auf, um seiner wahren Berufung zu folgen. Er wurde Nationalparkranger, Berg- und Höhlenretter, arbeitete in einer Greifenwarte und gründete schließlich seine eigene Survival- und Wildnisschule. Seit 2014 wandert er zu Fuß um die Welt und verfasste dabei mehrere Bücher.

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