Pflegeheim der Barmherzigen Brüder - Erfahrungsbericht

von Franz Bujor
30.01.2014 13:21 Uhr
 

Die Barmherzigen Brüder - wir durften uns sehr wohl fühlen!

Wie so oft, wenn man sich viele Sorgen über etwas macht, stellen sich diese im Nachhinein als völlig unbegründet heraus und genau war es bei unserem Aufenthalt der Barmherzigen Brüder. Natürlich ist es etwas früh, nach einem Tag in Frankreich zu sagen, dass wir hier locker durchkommen werden. Aber unsere ersten Erfahrungen gaben uns bereits sehr viel von der Zuversicht zurück, die wir gestern verloren haben. Doch der Reihe nach.

Unsere Nacht im Pflegeheim der Barmherzigen Brüder war so gut, dass wir gerne noch etwas geblieben wären. Es waren nur Nuancen in denen sich dieses Heim vom letzten Unterschied, in dem wir eine Nacht verbringen durften. Und doch führten diese Nuancen dazu, dass man sich gleich viel wohler fühlte. Der Speisesaal beispielsweise war an ein kleines Café angegliedert und schlicht aber geschmackvoll eingerichtet. Dadurch hatte man das Gefühl in einem Restaurant und nicht in einer Kantine zu sitzen. Das Essen war noch immer kein Highlight aber deutlich besser. Es war so, dass man sich gut vorstellen konnte, es für einige Wochen zu essen ohne das man es leid ist. Ähnlich wie das in Mittelklassehotels, in denen man sich zwar wieder auf die eigene Küche zu Hause freut, aber dennoch sehr zufrieden ist.

Die Saar Schleuse in der Nähe der Barmherzigen Brüder

Die Saar Schleuse in der Nähe der Barmherzigen Brüder

Auch die Mischung aus Altenpflegeheim, Behindertenheim und Heim für Alkoholkranke machte sehr viel aus, denn so konnten Gespräche zwischen den Generationen entstehen. Zwar waren auch hier die sich unterhaltenen Bewohner deutlich in der Unterzahl, aber die Stimmung unter ihnen wirkte bei weitem nicht so trostlos. Auch dieses Mal waren die älteren Herrschaften und vor allem die älteren Damen begeistert von unserem Besuch. Es war wieder einmal spannend zu sehen, wie viel ein bisschen Abwechslung in einem Menschen verändert. Wenn man es wirklich schaffen würde, regelmäßig jüngere Menschen in Altenheime einzuladen, egal ob sie mit den Bewohnern verwandt sind oder nicht, dann könnte man das Leben der Bewohner dort bedeutend bereichern. Eine ältere Dame die uns am Abendbrot- und am Frühstückstisch besuchte, segnete uns zum Abschied sogar und versprach, dass sie im Vormittagsgottesdienst für uns beten würde.

Das Krankenhaus und das Seniorenzentrum der Barmherzigen Brüder in vielen Orten und Städten, verstehen die medizinische und pflegerische Betreuung als Teil einer Betreuung, die den ganzen Menschen umfasst. Aber auch für den Arbeitnehmer wird bei den Barmherzigen Brüdern in Regensburg, viel als gern gesehener Arbeitgeber unternommen. Gesund und fit am Arbeitsplatz ist ein Motto davon. Im Krankenhaus wurde für die angestellten Mitarbeiter ein breites Angebot zusammengestellt, um sich fit zu halten bzw. zu machen oder auch einfach mal nur abzuschalten. Viele verschiedene Termine informieren auch in der MAV Regensburg über viele Möglichkeiten und was auf den Stationen geboten ist.

Im Pflegeheim der Barmherzigen Brüder konnten wir unserer Zweitlieblingstätigkeit nachgehen

Im Pflegeheim der Barmherzigen Brüder konnten wir unserer Zweitlieblingstätigkeit nachgehen

Der Jakobsweg führte uns der Saar entlang

Der Jakobsweg trieb wieder einmal seine Späße mit uns. Aus dem Park der Barmherzigen Brüder führte er uns durch die kleine Ortschaft und schlängelte sich dann hinter den Gärten über eine schlammige Wiese. Anschließend ging es eine steile Treppe mit etwa 60 Stufen hinauf auf eine Eisenbahnbrücke, die uns über die Saar führte. Auf der anderen Seite mussten wir uns dann entscheiden. Entweder wir gingen eine steile Treppe mit etwa 60 Stufen wieder nach unten oder wir folgten der Brücke bis zum Ende und kreuzen danach zwei Schnellstraßen um wieder auf den Wanderweg zu gelangen. Wir entschieden uns für die ungefährlichere Variante und kreuzten die Schnellstraßen.

Von nun an führte uns der Wanderweg an der Saar entlang. Etwa zwei Stunden nach unserem Aufbruch kamen wir dann an eine Stelle, von der aus wir einige bekannte Gebäude auf der gegenüberliegenden Flusseite sehen konnten. Das Altenheim der Barmherzigen Brüder war gerade einmal 200 m Luftlinie von uns entfernt. Klasse," dachten wir, 200 m haben wir schon, jetzt fehlen nur noch 24800 m!"

Frankreich selbst empfing uns wieder einmal mit strahlendem Sonnenschein und auch die Menschen waren unvergleichbar freundlich. Zweimal hielten sogar Autos an, um uns einen guten Weg zu wünschen. An einer kleinen Ortschaft trafen wir auf zwei Frauen, die gerade mit ihrem Hund spazieren gingen. Wir grüßten sie auf Französisch und sie fingen sofort ein Gespräch mit uns an. Als sie merkten, dass wir kein Wort verstanden, wechselten sie die Sprache und erzählten im lotringer Platt. Bis nach Metz konnten wir noch Glück haben immer wieder auf Menschen zu stoßen, die Deutsch mit diesem Dialekt sprachen. Denn das ganze Gebiet war so oft zwischen Deutschland und Frankreich hin und her erobert  worden, dass zumindest die ältere Generation noch zweisprachig aufgewachsen war. Die beiden Damen versorgten uns auch mit einigen lebenswichtigen Vokabeln wie Pfarrer, Mönche, Kloster und Kirche. Damit konnten wir uns zumindest schon mal nach den Menschen durchfragen, bei denen wir die besten Chancen auf einen Schlafplatz hatten.

ausgefallener briefkasten

Wir erblickten einen ausgefallenen Briefkasten vor seinem Haus

Die Landschaft bekam ein neues Gesicht

Noch beeindruckender als die Unterschiede bei den Menschen war jedoch das völlig neue Gesicht, dass die Landschaft angenommen hatte. Wir waren nur ein paar hundert Meter von der Grenze und der Barmherzigen Brüder entfernt und doch wirkte es wie in einer anderen Welt. Wenn wir bisher gedacht hatten, in Deutschland große Felder gesehen zu haben, dann mussten wir zugeben, dass das nichts war im Vergleich zu der Landwirtschaft, die hier betrieben wurde. Wir befanden uns mitten in einer ausgedehnten Hügellandschaft in der man Kilometer über Kilometer in die Ferne sehen konnte. Und soweit das Auge reichte ersteckten sie Wiesen und Felder. Hätte man uns in diesem Moment in Ameisen verwandelt, hätten wir uns nicht kleiner fühlen können, als wir es eh schon taten. Jetzt wussten wir, warum wir am Vortag auf den entspannten Bauhofarbeiter getroffen waren. Schritt für Schritt, langsam ohne jede Hast. Anders würde man in dieser Gegend unterm Laufen verrückt werden. Doch der Weg selbst war hier deutlich mehr unser Freund, als auf der heimischen Seite der Grenze. Er war gut ausgeschildert und führte über gut ausgebaute Wege, ohne große Schlenker, Steigungen oder Abhänge in Richtung Metz.

In einem kleinen Ort kurz nach unserer Begegnung mit den beiden Damen, schauten wir uns das erste Mal nach einer Kirche um. Es gab zwar ein Pfarrhaus, aber hier hatte man bereits die Klingel abmontiert. Nach dem, was wir wussten, waren die Kirchen selbst in Frankreich üblicherweise abgeschlossen. Doch hier war sie offen. Im Inneren traf ich auf einige Herrschaften, die gerade dabei waren Gesangsbücher zu sortieren. Jedenfalls glaube ich, dass sie das taten. Vielleicht signierten sie sie auch oder malten lustige Bildchen hinein. In meinem schönsten, neu gelernten Französisch fragte ich die Dame, die mir am nächsten stand: Prêtre?" Pfarrer?" Sie antwortete ebenfalls auf Französisch und ich war überrascht wie viel ich verstand. Es gab hier keinen Pfarrer mehr und der den es gab, der war für 5 Gemeinden verantwortlich und wohnte in einer anderen. Das gleiche Spiel also, wie in Deutschland. Da ich offenbar dennoch recht verwirrt aussah, fragte mich die Frau ob ich deutscher sei. Als ich bejahte wandte sie sich an ihre Mitstreiter und fragte wer von ihnen Deutsch verstehe. Es meldete sich eine kleine Frau, die mich von da an unter ihre Fittiche nahm. Sie verpasste mir als erstes zwei Stempel in unsere Pilgerbüchlein und  gab mir dann die Adresse des Pfarrers in Cocheren.

In Cocheren lernten wir französich und die Herzlichkeit kennen

In Cocheren lernten wir französich und die Herzlichkeit kennen

bettelmoench franz

Franz auf dem Pilgerweg als Bettelmönch

In Cocheren versuchten wir es dann erneut. Das Pfarrhaus fanden wir zwar nicht, dafür aber das Rathaus. Dort traf ich wieder auf eine Frau, die Deutsch verstand. Dennoch war es nicht leicht ihr zu erklären, warum wir ohne Geld unterwegs waren. Sie rief den Pfarrer an, der uns kurzerhand abwimmelte mit der Begründung er hätte keinen Platz. Alternativ gab es noch ein Naturfreundehaus, in dem die Übernachtung normalerweise 15 € kostete. Einige Minuten innerer Anspannung später hatten wir dort einen Platz. Es befand sich direkt gegenüber dem Rathaus. Als wir dort ankamen, trafen wir auf einen Mann, der kein Lothringisch sprach und mir damit die Chance gab, mein Französisch nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Es reichte um verständlich zu machen, dass ich mit der Frau aus dem Rathaus gesprochen hatte, woraufhin wir als erstes einmal einen Kaffee angeboten bekamen. Gerade als die Konversation schwierig wurde, kam eine Frau, die sowohl Deutsch sprach, als auch über uns bescheid wusste. Sie zeigte uns das Haus und brachte uns dann auch noch ein wenig Französisch bei. Schließlich schrieb sie uns sogar noch einen Zettel auf Französisch, den wir in Zukunft den Menschen zeigen konnten, wenn wir einen Schlafplatz brauchten. Er erklärte, dass wir Jakobspilger waren, kein Geld hatten und uns über jede Art der Übernachtungsmöglichkeit freuten. Damit wir weiterhin so viel Glück, wie auch bei den Barmherzigen Brüder haben.

weltenbummler1 tobias

weltenbummler1 tobias

Überfordernde Herzlichkeit?

Am Abend bekamen wir dann noch Besuch von einer Nordic-Walking-Gruppe, die uns direkt in ihre Runde mit aufnahm und uns abwechselnd auf Französisch und auf Deutsch über unsere Reise ausfragte. Von so viel Herzlichkeit waren wir fast ein bisschen überfordert. Der einzige Minuspunkt, den wir uns bei unseren neuen Freunden einfingen war der, dass wir keine allzu großen Rammstein-Fans waren.

Egal wo man auf dieser Welt hinkommt, wenn es eine Band aus Deutschland gibt, die bekannt ist, dann ist es Rammstein. Das war in Serbien, Guatemala, Neuseeland, Kanada und Australien so und es ist auch hier nicht anders.

Auch um unser Abendessen mussten wir uns keine Sorgen machen. Im Haus gab es Nudeln und Tomatensauce, die wir uns zubereiten durften. Damit ist unser erster Tag in Frankreich also schon mal ein voller Erfolg!

Spruch des Tages: Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muss man es aber vorwärts. (Sören Kierkegaard)

Tagesetappe: 23,5 km

Gesamtstrecke: 621,77 km
Franz Bujor
Franz Bujor ist Wandermönch, Web-Nomade und Autor. Nach einem Studium in Kulturwissenschaften, bei dem er unter anderem bei einem Maya-Volk in Guatemala gelebt und in einem Kinderheim in Serbien gearbeitet hat, war er zunächst als Erlebnispädagoge und Wildnismentor tätig. 2014 ließ er sein bürgerliches Leben hinter sich und reist seither zu Fuß und ohne Geld um die Welt. Neben seinem eigenen Entwicklungsweg schreibt Franz besonders gerne über geschichtliche und gesellschaftliche Themen.

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